Kambies Amini

Kambies Amini ist gebürtiger Hannoveraner, der nach jeweils kurzen Aufenthalten in Teheran, Hamburg und Bad Oeynhausen inzwischen seiner Heimatstadt die Treue hält. Er studierte Humanmedizin und spezialisierte sich schließlich mit dem Facharzt auf die Psychiatrie und Psychotherapie. Der Kunst und Literatur widmet er sich gleichzeitig mit zahlreichen Ausstellungen sowie Romanen. Nach „Tigon“ und „Paradies, irgendwie“ ist mit „Der Prothesenschöpfer“ jetzt sein drittes Werk erschienen.

„Schönheit und Chaos“ sagt er, haben seine Berufswahl entschieden, Psychiater zu werden. Eine Aussage, die viel Interpretationsspielraum lässt. Auf Fragen über seine Person und Profession antwortet Kambies Amini generell eher vage und scheint den Leser oder Zuhörer in seiner eigenen Gedankenwelt anregen zu wollen. Man meint sofort, einen psychologischen Ansatz in der Art seiner Antworten zu erkennen. Zusätzlich weisen seine Aussagen eine Gegensätzlichkeit auf, die eine charmante Ratlosigkeit hinterlässt. Der Versuch, ihn als Person besser zu greifen, mündet in eine nahezu erfolglosen Internetrecherche. Auf der Website des Autors mit den iranischen Wurzeln werden nur die wichtigsten Eckdaten seiner Vita präsentiert, aber keine Auskunft über sein Leben oder seine Werke geliefert. Alles, was Amini betrifft, liegt im Auge des Betrachters. Genauso, wie eine „passende Bezeichnung“ für seine Tätigkeit zu finden. Ist er Autor, Psychiater oder Künstler? Neben seinen Romanen und seiner Arbeit widmet Amini seine Zeit auch der Kunst. Bereits vier Ausstellungen, zwei davon als Einzelausstellung, kann der Künstler auf seiner Website vermerken. Seine Werke wurden unter anderem im Café Mezzo, aber auch überregional, z. B. in Berlin, ausgestellt. Auf die Frage, wie er sich selbst definieren würde, erhält man eine typisch ambivalente Antwort: „Ich bin ein Psychiater, ein Autor, ein Künstler und ich bin kein Psychiater, kein Autor und kein Künstler.“ Verschwimmende Grenzen also. Deshalb lautet seine persönliche Personenbeschreibung: „Ich bin ein 24/7 Psychiatrie-Kunst-Literatur-Perpetuum mobile.“ Gesellschaft und deren Konvention sind für Kambies Amini eher schwierige Begriffe. Der Umgang mit bzw. die Einstellung zu diesen spiegelt sich ein Stück weit in seiner Literatur: „Zu der Gesellschaft und den Konventionen, was auch immer das sein mag, verbindet mich eine fast paradox anmutende Amour fou. Einerseits geht es weder mit der Gesellschaft und den Konventionen und andererseits geht es auch nicht ohne die Gesellschaft und die Konventionen.“ Der Titel „Der Prothesenschöpfer“ greift diesen Zwiespalt auf: „Prothesenschöpfer“ leitet sich von dem Freud­schen Zitat „Der Mensch ist sozusagen eine Art Prothesengott geworden“ ab. Amini erklärt: „Wir Menschen müssen mit unserer Unvollkommenheit, unserem Unbehagen und unseren Ängsten irgendwie klarkommen, mit unseren Prothesen/Neurosen, mit der Tatsache, dass wir anderen und uns selbst Prothesen/Narben/Neurosen zufügen.“ Der Protagonist seines Romans, ebenfalls Psychiater iranischer Abstammung, versucht es als sozialer Aussteiger, der im Alter von 50 Jahren seinem Beruf nur noch einen Tag im Monat nachgeht. Er will ein abgeschiedenes Dasein fristen, muss dabei jedoch einsehen, dass sich sowohl Innenleben als auch Außenwelt nicht so einfach ignorieren lassen. Wenn man das so liest, erinnert es an Amini – er selbst bestreitet eine eindeutige Parallele, räumt jedoch gewisse Ähnlichkeiten ein. Nicht umsonst verleiht er keinem seiner Protagonisten einen Namen, sagt, sie bräuchten keinen. Der wohldosierte Umgang mit Informationen zur eigenen.

Text: Eleni Maurischat

 

 

Prothesenschöpfer
edition fischer
216 Seiten
11,90 Euro

 


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