Tonträger im August

Might: Might
Kurz nach Auflösung ihres Trios Deamon’s Child im Januar hoben Ana Muhi und Sven Missullis ihre Band Might aus der Taufe. Hier macht das Ehepaar jetzt erstmal alles alleine. Unbeirrt, aber doch stark geprägt von der hereingebrochenen Pandemie, liefern die beiden mit ihrem Debütalbum einen von wenigen hellen Momenten durchzogenen, noisig düsteren, schwer krachenden Soundtrack zum neuen Normal.

 

 

 

Sofie: Cult Survivor
Eine hypnotisch-verschlafene Grundstimmung zieht sich durch das Debütalbum der US-Amerikanerin mit österreichischen und iranischen Wurzeln. Aus Los Angeles, wo sie als DJ und Label-Mitarbeiterin eher HipHop, Funk und Soul verbunden war, nach Wien zurückgekehrt, sind ihre Songs überraschend poppig geraten. Gutes Songwriting unter einer manchmal etwas dicken Schicht Watte.

 

 

 

 

The Hu: The Gereg Deluxe
Die Deluxe-Ausgabe ihres aufsehenerregenden 2019er Debüts: Der Sound von mongolischem Kehlkopfgesang und traditioneller Instrumente wie die Pferdekopfgeige oder Topshur, eine zweisaitige Gitarre, bilden mit bekannten westlichen Rock-Strukturen ein gelungenes Amalgam, mit dem die Männer aus Ulaanbaatar die Festivalsaison 2019 erfolgreich aufgemischt haben.

 

 

 

 

Portmonee: 404
Ein schönes Debütalbum zwischen Indie-Deutschrock, Pop und Gisbert zu Knyphausen: Benannt nach einer Dead-Link-Fehlermeldung im Netz, abwechslungsreich und immer solide ist das Werk der Berliner Band, bei der es keinerlei Schmerzen bereitet, dass die Texte deutsch sind – im Gegenteil. Rotzig und schlau halten sie die Spannung, wenn es musikalisch vielleicht ein bisschen beliebig wird.

 

 

 

Alex Izenberg:
Caravan Château
Nach seinem Debüt „Harlequin“ zog sich der kalifornische Singer- Songwriter für ein paar Jahre in sein Universum zurück. Von dort bringt er jetzt elf schräg-schöne Songs mit, von ein bisschen versponnen bis ganz großes Kino. Gleichermaßen leicht wie sperrig und getragen von Izenbergs heiser tönender Stimme, sind sie ein Fest für alle, denen allzuviel musikalische Glätte suspekt ist.

 

 

 

Protomartyr:
Ultimate Success Today
Das fünfte Album der Postpunk-Formation aus Detroit reiht 10 atmosphärisch düstere, krachige, überwiegend maulig in The Fall-Manier vorgetragene Songperlen aneinander, die durchaus, wie das melancholisch-schöne „The Aphorist“ geeignet sind, ein Lichtlein anzuzünden. Der letzte Titel „Worm In Heaven“ setzt ein weltuntergangsmäßig trauriges, schrecklich schönes Fanal.

 

 

Gösta Berlings Saga: Konkret Musik
Der Name der schwedischen Instrumental-Progrockband bezieht sich auf das Romandebüt von Selma Lagerlöf. Selbst bescheinigten sie sich schon früh nerdige Tendenzen und nannten sich „that band your unmarried, childless uncle with that beard and the weird smell likes”. Keine zwei Monate nach ihrem überraschend und quasi unangekündigt herausgebrachten Livealbum „Artefacts“ ist hier nun ihr sechstes Studioalbum, für das die fünf Stockholmer exzessiv mit Sythesizern experimentiert haben. Und die kommen nicht nur in den verträumt-ruhigen Passage zum Tragen, sondern geben den treibend-groovigen Tracks einen gewissen Captain Future-Touch, oder auch einen Hauch Kraftwerk. Die 12 Stücke sind vertrackt, aber alles andere als unzugänglich, und so kurzweilig, dass die Idee, Gesang zu vermissen, nicht aufkommt. Weder bei müffelnden Prog-Opas, noch bei allen anderen.

 

L.A. Salami: The Cause of Doubt & A Reason To Have Faith
Der Londoner Poet und Singer-Songwriter Lookman Adekunle Salami, dessen Stimme an The Flamimg Lips’ Wayne Coyne erinnert, schlendert auf seinem dritten Album wunderbar lässig durch die Genres und nimmt mit, was nicht niet- und nagelfest ist. Nichts wirkt aber zusammengeschraubt, wenn er Rap, Folk, Psychedelic und Pop zu wildesten, versponnenen Kombinationen verbindet, weil alles fließt. Schon der Eröffnungs- und Titelsong ist ein ungestüm wilder Ritt durch die psychedelisch verzerrte Landschaft. „Ich mag die Idee von polierter, sorgsam arrangierter Musik, aber ich mag auch die Ehrlichkeit von Dingen, die fast auseinanderfallen“, sagt der Brite mit nigerianischen Wurzeln, dessen Verehrung für Bob Dylan auch hier immer wieder auf das Schönste hörbar wird. Aber dann rappt er auch gleich wieder, als hätte er nie was anderes gemacht.
 Annika Bachem


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