Tonträger im November

Carlini, Dodo Leo & Martin: The Life And Time Of Johnny La Mosca
Das vierte Album des hannoverschen Singer-Songwriter-Trios ist eine bunte Reise oder auch eine Geschichtensammlung, erzählt aus der Perspektive einer Fliege. Und erzählt wird tatsächlich sehr viel, denn die 15 Songs (Blues, Poprock und mit dem Opener „Guarda Qui“ ein wunderbarer Italo-Hit) werden jeweils von Zwischentexten flankiert.

 

 

 

 

Cream Flow: Smooth Vibes
Band- und Albumtitel sind hier Programm. Cremig-soft, flockig und 80er-Jahre-mäßig smooth kommen die Kompositionen von Pit Schwaar daher, wunderbar dargeboten von der Sängerin Agnes Hapsari, der zweiten Hälfte des Duos. Ergänzt von ein paar gern gecoverten Jazz-Pop-Klassikern ist das nichts für Freunde von Ecken und Kanten, aber der perfekte Soundtrack für ein Stündchen Weltflucht.

 

 

 


Panda Lux: Fun Fun Fun

Es puckert und klackert hinterm Synthie-Teppich und dem zurückgenommenen Gesang von Silvan Kuntz, der mit seinen Bandkollegen Moritz Widrig, Janos Minjssen und Samuel Kuntz ein wunderbares, zweites Album aufgenommen hat. Hochkreative Stimmungsbilder aus Synthpop, auch schon mal mit Flamencorhythmus, sind den Schweizern da gelungen, für die das Genre Indie-Pop einfach zu kurz greift.

 

 

 

 

Jónsi: Shiver
Zehn Jahre hat sich Jón Thór Birgisson, Sänger der isländischen Genre-Sprenger Sigur Rós, nach seinem ersten Soloalbum „Go“ Zeit gelassen, bevor er nun mit „Shiver“ ein zweites nachlegt. Düstere Ambient-Klänge zwischen elektronischen Experimentalkrachern und sehr zart klingelnden, verträumt-filigranen Geweben gehen hier über in herzzerreißend melancholische, fast poppige Sphären.

 

 

 

 

Culk: Zerstreuen Über Euch
Das zweite Album der vierköpfigen Wiener Shoegaze-Band um Sängerin Sophie Löw, die erfrischend schlecht gelaunt „böse Miene zum bösen Spiel“ macht, und das mit subtilen Texten, die in den düster bis melancholisch schönen Songs perfekt aufgehoben sind. Nach ihrem vielgelobten Debüt „Culk“ ein zweites, sehr nachdrückliches „Hier“ einer Band, von der man noch viel mehr hören möchte.

 

 

 

 

Pain Of Salvation: Panther
Einfach zu gut, um es in der derzeitigen Veröffentlichungsflut untergehen zu lassen. Die fast 30-jährige Geschichte der schwedischen Progressive Metal-Band um Sänger Daniel Gildenlöw sprengt hier den Rahmen, genauso wie das elektronisch-experimentelle „Panther“ eventuelle Genregrenzen. Progressiv im allerbesten Sinn, umfassen die neun Tracks das gesamte dynamische Spektrum.

 

 

 

 

Christian Kjellvander: About Love And Loving Again
Der schwedische Singer-Songwriter ist ein Meister der ruhigen Töne, mit der Stimme eines sehr maskulinen Engels oder auch des kleinen Bruders von Nick Cave. Zehn prägende Jahre seiner Jugend verbrauchte Kjellvander mit seiner Familie in Texas, bevor er mit 16 Jahren nach Schweden zurückkehrte, hörbar mit der staubigen Wüste im Herzen. Mit seinem neunten Album liefert er einen großen, breitwandig melancholischen Soundtrack zum Herbstblues. In jedem der sieben Songperlen spürt man aber förmlich wie der Engel einem Wim-Wenders-like die Hand auf die Schulter legt und die Gedanken sich zum Positiven wenden. Größtenteils mit dem Schlagzeuger Per Nordmark und dem Keyboarder Pelle Anderson im Stockholmer Kellerstudio live eingespielt, changieren die Stücke zwischen krachig-düster und betörend schön, ohne auch nur in Sichtweite der Kitschgrenze zu geraten.

 

 

 

Seamus Fogarty: A Bag Of Eyes
Das dritte Album des Iren aus London, der sich hier von Gitarrenlastigkeit ab- und Synthies zugewandt hat. So entstanden nerdig-melancholische Elektro-Folksongs mit viel Banjo, relativ irren Saxophonklängen und einem Lächeln im Knopfloch. Kakophonische Momente wechseln mit solchen, in denen plötzlich die Sonne durch die Wolken scheint.
„Es ist ein bisschen von allem in den Mixer geworfen“, so Fogarty, „aber es vermischt sich nicht immer alles.“ Mit Beiträgen von seinem Bruder John Fogarty, Leo Abrahams, Euan Hinshelwood, Meilyr Jones, Emma Smith, Aram Zarikian, Pete Baker, Johnny Wells und nicht zuletzt Fogarty’s Tochter Nora, die wildes Geschrei beisteuert. Fein gewobene, harmonisch-melodische Parts müssen erst einmal unter einer Schicht Sperrigem hervorgehört werden, strahlen dann aber umso heller.
● Annika Bachem


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