Elisabeth Wilhelm vom Mentoringprojekt des Andersraum e. V.

Dass junge queere Menschen im Berufsleben erheblicher Diskriminierung ausgesetzt sind, ist wissenschaftlich belegt. Queere Jugendliche haben einen besonderen Bedarf an Schutz und Beratung in dieser ohnehin nicht einfachen Lebensphase. Das im Mai gestartete Mentoringprojekt des queeren Jugendzentrums QueerUnity unter dem Dach des Andersraum e.V. möchte hierzu einen Beitrag leisten. Eine der ersten Mentor*innen, die sich dafür zur Verfügung gestellt haben, ist Elisabeth Wilhelm.

Der Andersraum e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in der Nordstadt Hannovers. Angetrieben von der Vision „Damit du so sein kannst wie du bist“ macht der Andersraum Antidiskriminierungs- und Empowermentarbeit mit Schwerpunkt sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität (LSBT*IQ). Verschiedene queere Gruppen und Projekte sind im Andersraum entstanden oder haben hier ihre Heimat gefunden. So auch QueerUnity, das erste queere Jugendzentrum in Hannover, das sich als „zweites Wohnzimmer“ und Rückzugsort begreift, in dem junge nicht-heterosexuelle Menschen sein können, wie sie sind.
Elisabeth Wilhelm, die selbst häufig Veranstaltungen des Andersraums besucht, wurde bei einer solchen Gelegenheit angesprochen, ob sie sich vorstellen könne, sich als Mentorin für das neue Programm zu engagieren, das sich an Jugendliche von 14 bis 27 Jahren richtet. Die Sozialwissenschaftlerin und Soziologin ist Angestellte der Stadt Hannover im Kulturbereich und arbeitet für den Zusammenschluss von Einrichtungen der Erwachsenenbildung und Migrant*innen-Selbsthilfeorganisationen ALBuM. Die Förderung von Vielfalt, wenn auch vorrangig im interkulturellen Bereich, ist also ihr Job. „Die Projekte des Andersraums finde ich total wichtig und unterstützenswert. Natürlich bin ich dabei“, so Wilhelm, die sich schon im Studium mit Geschlechterforschung beschäftigt hat. Auch in ihrem heutigen Arbeitsfeld kümmert sie sich um den Diversity-Bereich des ALBuM-Netzwerks.
Zum Start des Projekts füllen Mentor*innen und Mentees eine Art Steckbrief aus, anhand dessen optimale „Matches“ gefunden werden. Die Mentor*innen, 21 sind es bisher, kommen aus verschiedenen Branchen. Sie arbeiten zum Beispiel bei der Bundesagentur für Arbeit, Continental, Göing, Hannover 96, TUI, der Uni Hamburg oder eben bei der Landeshauptstadt Hannover.
Im Rahmen einer digitalen Auftaktveranstaltung haben die Mentor*innen sich vorgestellt, es konnten Fragen gestellt werden und sieben Mentoring-Tandems haben sich bereits gefunden. In Eins-zu-eins-Treffen können die Tandems nun über berufliche Optionen, Ideen und Hindernisse sprechen, genauso wie über Probleme beim Outing oder Dinge, die einfach dran sind. „Der Start ins Berufsleben ist ja mit vielen Ängsten verbunden“, so Wilhelm, „das trifft für queere junge Menschen, die vielleicht gerade erst dabei sind, ihre Identität auszubilden, natürlich besonders stark zu. In vielen Unternehmen findet momentan ein kultureller Wandel statt und es gibt gute Ansätze und auch bereits gut implementierte Prozesse, sich mit Diversität nicht nur in religiösen oder ethnischen Belangen, sondern auch hinsichtlich der sexuellen Orientierung zu befassen. Oft gehört das schon zur Strategie der Firmen beim Run auf die klügsten Köpfe. Aber frag mal bei einem Kleinunternehmen nach einem Diversity-Management. Das wird dort nicht der Fokus sein, anders als bei international agierenden Konzernen wie zum Beispiel Volkswagen. Natürlich kann auch in kleinen Unternehmen ein super Klima herrschen für Schwule, Lesben und Trans*Personen. Die Frage ist dann, wie die innerbetrieblichen Prozesse sind, wie oder ob überhaupt darüber gesprochen wird, wenn queeren jungen Menschen dann doch Hürden begegnen.“
Zusätzlich zu den Tandem-Treffen finden nun zweimal im Jahr Socializing-Events mit allen zusammen statt. Viermal jährlich soll es Netzwerk- und Fortbildungsevents für Mentor*innen und Workshops für Mentees geben.

  ● Annika Bachem

Weitere Informationen finden Interessierte auf der Website des
Jugendzentrums unter www.queerunity.de/mentoring


Schlagwörter:

Diesen Beitrag kommentieren

Stadtkind twittert