Tag Archive | "2021-09"

Botschafterin der Kulturen – Krisenberatung für Flüchtlinge und Migrant*innen

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Botschafterin der Kulturen – Krisenberatung für Flüchtlinge und Migrant*innen


Foto: hannoverimpulsWenn Shakila Nawazy über ihre Arbeit als Flüchtlingsberaterin spricht, dann leuchten ihre Augen. Man spürt, dass die in Afghanistan geborene Frau mit Herz und Seele im Einsatz ist, um ihre „Schützlinge“ zu beraten, ihnen zu helfen oder manchmal auch einfach nur zuzuhören. Ihr Ziel ist es, Ratsuchende bei der Integration in die deutsche Gesellschaft zu unterstützen, ohne dass diese dabei die eigene kulturelle Identität verlieren. Seit 2015 ist sie als Unternehmerin mit ihrer Krisenberatung für Geflüchtete und Migrant*innen erfolgreich im Unternehmerinnen-Zentrum Hannover selbstständig tätig.

DShakila Nawazy bietet Einzel-, Paar- und Familienberatung an, hat eine eigene Selbsthilfegruppe, ist Dolmetscherin und klärt in Vorträgen in ganz Niedersachsen über das Thema Integration auf. Denn hier gibt es auf beiden Seiten immer wieder viel Informationsbedarf. Heute ist sie die vom Amtsgericht bestellte gesetzliche Betreuerin von rund 70 Personen, die Hilfestellungen in allen Lebenslagen benötigen. Einige von ihnen sind schwer traumatisiert, krank und oft hoffnungslos – und leben mit der Angst, wieder abgeschoben zu werden. Shakila Nawazy setzt sich für sie ein, organisiert notfalls auch Demos und sorgt dafür, dass sie trotz ihrer Probleme nach einem Gespräch oft mit einem Lächeln nach Hause gehen. Dabei bietet sie Raum für viele Fragestellungen: Wo gibt es, was ich suche? Wie verhalte ich mich richtig? Wo finde ich die passende Schule? Und auch bei Eheproblemen steht sie notfalls bis zur Scheidung beratend zur Seite.
Die unternehmerische Idee entstand kurz nach Ende ihres Jurastudiums, als Shakila wegen des Bürgerkrieges mit ihrer Familie von Kabul nach Deutschland geflohen ist und wie nahezu alle Geflüchteten vor dem Nichts stand. Sie erinnert sich: „Ich konnte die Sprache nicht, mein Studium wurde nicht anerkannt, ich durfte nicht arbeiten. Ich lernte Deutsch, habe das deutsche Abitur gemacht und konnte schließlich auch studieren. Heute bin ich Diplom-Sozialpädagogin, Sozialarbeiterin und systematische Familien- und Sozialtherapeutin. Und natürlich kommt mir auch mein Jurastudium zugute. Nach vielen Jahren als Beraterin für asyl- und sozialrechtliche Fragen habe ich mich 2015 selbstständig gemacht. Im Unternehmerinnen-Zentrum Hannover (UZH) habe ich seitdem mein berufliches Zuhause gefunden. Das UZH ist die zentrale Anlaufstelle für Gründerinnen und Unternehmerinnen und unterstützt Frauen in allen Phasen der Unternehmensführung – angefangen bei günstigem Arbeitsraum mit geeigneter Büro-Infrastruktur bis hin zu Zugang zu Berater*innen, relevanten Kontakten und interessanten Netzwerken. Statt eines typisch deutschen Besprechungstisches steht in meinem Büro ein großes, gemütliches Sofa. Dazu gibt es immer Tee und Süßigkeiten. Das schafft von Anfang an eine behagliche und schon fast private Atmosphäre. Mein größter Erfolg? Wenn jemand aus meinem Kreis eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt. Und genau das ist immer wieder mein Ziel!“
Anderen Gründerinnen legt sie ans Herz: „Glaubt an euch und die eigenen Fähigkeiten! Holt euch die bestmögliche Unterstützung und stellt so viele Fragen wie möglich. Ich habe bei hannoverimpuls – das Unternehmerinnen-Zentrum gehört seit 2017 als Tochtergesellschaft dazu – von Anfang an eine tolle Unterstützung bekommen. Sei es bei der Beratung oder auch mit einer Förderung zur Miete. Ich habe nette Menschen kennengelernt und mich von Anfang an hier im UZH sehr wohl gefühlt.“

Fotos: hannoverimpuls

Krisenberatung für Flüchtlinge & Migranten
Shakila Nawazy
Hohestr. 11
30449 Hannover
Tel. (0511) 92 4001 23
Mobil 0178 5410780
www.krisenberatung-nawazy.com
www.avsar-te.de

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Tonträger im September

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Tonträger im September


Thomsen: III
René Thomsen stellt im Hauptberuf mit seiner Firma Backline Rental Beschallungstechik und Instrumente auf die Bühnen Europas und ist, seit er einst in den 1980ern als Roadie anfing, aus der hiesigen Musikszene nicht mehr wegzudenken. Was er sonst so macht, mit den Jungs zum Beispiel, ist auf seinem dritten Album eindrucksvoll nachzuhören: Heavy Metal in bewährter Judas Priest-Manier.

 

 

 

Bayuk: Exactly The Amount Of Steps From My Bed To Your Door
Bands wie Bloc Party oder die düster-schöne Welt des Danger Mouse/Sparklehorse Albums „Dark Night Of The Soul“ blitzen hier auf. Es ist das zweite Album des Wahlberliners Magnus Hesse, der als einen seiner größten Einflussgeber den Regisseur David Lynch nennt. Dafür sind die Songs aber bei aller unterschwelligen Düsternis eigentlich zu schön.

 

 

 

Tora: A Force Majeure
Das dritte Album der australischen Elektroband, einer genre-fluiden Versammlung von Multi-Instrumentalisten, Songwritern, Produzenten und einem Goldkehlchen namens Jo Loewenthal als Leadsänger. Inspiriert von James Blake, Bon Iver oder Frank Ocean und der Tatsache, dass man Lockdown-bedingt zusammen in einem Amsterdamer Tonstudio isoliert war, liefern sie 11 strahlend frische Songs.

 

 

 

Slothrust: Parallel Timeline
Das Cover täuscht etwas anderes an, aber das fünfte der US-amerikanischen Band um Sängerin Leah Wellbaum ist in weiten Teilen ein waschechtes Rock-Album. Mit viel Raum für Improvisation operieren die ausgebildeten Musiker mit Hintergrund in Klassik, Jazz und Blues von schräg und wild bis fast kitschig. Beim genauen Hinsehen entdeckt man eine fette Motte unter dem Regenbogen.

 

 

 

 

John Carroll Kirby: Septet
Inspiriert von seinem für einen Auftritt zusammengetrommelten Septett, nahm der Jazzer mit dem untrüglichen Gespür für Groove live und innerhalb nur weniger Tage sein erstes eigenes Ensemble-Album auf – zusammen mit sechs Kollegen, klar. „P64 By My Side”, der schönste Track, ist benannt nach dem in Los Angeles heimischen Puma, der dafür bekannt ist, LA’s Autobahnen zu überqueren.

 

 

 

 

Villagers: Fever Dreams
Das 5. Studioalbum der irischen Band um Singer-Songwriter Conor J. O’Brian versammelt hypnotische, seltsam unscharf flirrende Popsongs mit Flaming Lips-Einschlag, unterlegt von locker hingetupften Bläsereinlagen. Mit „Circles In The Firing Line“ klingen etwas düstere, dissonante und sogar rockige Töne an, die sich aber bald wieder in der schräg-verträumten Grundstimmung verlieren.

 

 

 

 

Songs Of Boda: Garland
Was früher Country hieß, heißt heute Americana, zumindest sofern es einen künstlerischen Anspruch für sich reklamiert. Und dass man selbstverständlich auch als Schwede in diesem Genre zu Hause sein kann, zeigt der Songwriter Daniel Boda Skoglund aka Songs Of Boda auf das Allerschönste. Mit seinem Hintergrund als Musiker bei Daniel Norgren und Rambling Nicholas Heron setzt Skoglund 2015 mit seinem Debüt „Loophole“ zur Solokarriere an. Auf „Garland“, seinem vierten Album, sind es die mit „Millionen-Dollar-Harmonien“ sehr treffend bezeichneten Melodiebögen, die, mit charakteristisch knarzig-schräger Stimme vorgetragen, auf dem Grenzstreifen zwischen Kitsch und Klasse immer genau auf der richtigen Seite landen. Hier ist Platz für ein ausuferndes Saxofon oder eine wilde Basslinie und das „Erdige“ ist kein Dogma – die Rhythmusgruppe kann auch mal (scheinbar) vom Atari kommen.

 

 

A Kew’s Tag: Hephioz
Art-Rock meets Prog-Metal: Mit proggig-überdrehten Metalparts, frickeligen, virtuosen Gitarren und fordernden Rhythmen ist das dritte Album der Hannoveraner etwas für Leute, die Freude daran haben, sich nicht zu sehr einlullen zu lassen. Ihre Liebe zu (halb-)akustischen Gitarren zeigt sich schon im ansonsten unübersetzbaren, lautmalerischen Bandnamen, viel schöner aber im hymnischen Opener „T.R.U.T.H.“. Sie wandeln auf den Spuren skandinavischer Vorbilder wie Opeth und Haken oder, viel näher, The Hirsch Effekt. Aufgenommen im Magic Mile Studio, gemischt von Christoph Hessler (The Intersphere) und gemastert in Jens Bogrens Fascination Street Recording Studio (Opeth, Devin Townsend), erzählen A Kew’s Tag mit ihrem Konzeptalbum die der slawischen Mythologie entnommene Sage vom Feuervogel „Hephioz“.
 ● Annika Bachem

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Café und Restaurant Steintormasch

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Café und Restaurant Steintormasch


Inmitten der Kleingartenidylle am Georgengarten bietet sich dem Spaziergänger oder Karikaturenmuseumsbesucher die Gelegenheit, seinen Hunger mit neugestalteten Klassikern der saisonalen und regionalen Küche von der Currywurst über das hausgemachte Sauerfleisch mit Zwiebelsalat bis zum Kalbsschnitzel Wiener Art, aber auch mit Veggie und Pulled Pork Burgern sowie verschiedenen Nudelgerichten zu stillen. Auch Familien- und Betriebsfeiern für zehn oder über einhundert Personen, Grillevents im Biergarten, Gänseessen oder Weihnachts- und Osterbrunch richtet Gastgeber Ulf Spanier aus, der das Haus Anfang 2017 von seinem Vorgänger Dieter Golinski übernahm, nachdem er drei Jahre lang als Küchenchef dort gearbeitet hatte. Kuchen und Torten in einer zeitgemäßen Interpretation sind im urigen Biergarten, der über 200 Plätze verfügt, ebenso zu haben wie herzhafte Süppchen, Salatvariationen mit Produkten aus der Region oder Ofenkartoffeln.

Rund um den Kleingartenverein „Vereinigte Steintormasch e.V.“ mit den Kolonien Rosendorf, Georgengarten, Königsworth, Wiesengrund und Dornröschen sah es Anfang 1898 noch ganz anders aus. Das unkultivierte Land wurde als Müllhalde benutzt, Unkraut wucherte auf dem Brachgelände. Die ersten Pioniere der Schrebergartenbewegung begannen hier, ein Stückchen Land nach dem anderen zu kultivieren, schlossen sich unter sogenannten Flurbezeichnungen zu Kolonien zusammen. So entstand im Jahre 1900 die Kolonie Poggenhausen, heute bekannt unter dem Namen Königsworth. Das Leinehochwasser aber überschwemmte regelmäßig im Winter das Gelände der Steintormasch, bis 1918 der Leine-Kanal fertiggestellt und die Hochwassermisere weitestgehend beendet wurde. Nachdem die Lauben nach dem Zuschütten der Bombentrichter der über 200 Sprengbomben des letzten Luftangriffs der Alliierten vom 28. März 1945 in Gemeinschaftsarbeit wieder aufgebaut waren, kam im Februar 1946 ein erneuter Rückschlag für die Steintormasch: Die größte Hochwasserflut, die Hannover jemals erlebt hat, setzte das Gelände meterhoch unter Wasser. Aber auch dieses Problem wurde von den Kleingärtnern gemeinsam behoben. Heute ist der Verein mit seinen 816 Gärten und seinen ca. 900 aktiven und passiven Mitgliedern der größte Kleingartenverein Niedersachsens.
Nicht nur für Schrebergärtner und -gärtnerinnen gibt es im gut besuchten Biergarten hinter der Hecke zum kühlen Grauburgunder oder trüben Alster vom Fass feine Fischteller wie auf der Haut gebratenes Lachssteak mit Pasta (für 18,50 Euro), Scholle oder Zanderfilet, aber auch der bescheidenere Matjes mit Speckbohnen und Bratkartoffeln (für 11,50 Euro) ist eine gute Wahl. Nett, dass der Koch ein kleines Glas mit der typischen Hausfrauen-Sauce dazugestellt hat, auch wenn wir uns für die „Holsteiner Art“ entschieden haben. Die bestens gewürzte Speckstippe findet sich ebenfalls unter den Bratkartoffeln des Tagesgerichts, dem Schnitzel (bzw. den zwei Schnitzeln!) mit der wohlgeratenen Pfifferling-Rahmsauce (für 13,90 Euro). An den Nachbartischen kommen andere Vertreter von der Pfifferling-Sonderkarte wie Ravioli (den euphorischen Bemerkungen nach zu urteilen) ausgesprochen positiv an. Ebenso gut gefällt uns die Senf-Vinaigrette des Hauses, die sich auf den beigelegten kleinen Salatbouquets erschmecken lässt, und dass der Kellner neben vollen Tabletts auf den Händen auch ein paar lockere Sprüche auf den Lippen trägt.
Das Lauch-Risotto weist tatsächlich einen kräftigen Hauch von Lauch auf, der schön abgestimmt ist. Kleine Tomätchen, frisches Basilikum und gehobelter Parmesan sind darüber gestreut, vor allem der Parmesan hätte aber ruhig noch verschwenderischer in das Risotto gehört. So ist dessen Konsistenz völlig in Ordnung, aber für den nur vagen Geschmack und die nicht gerade üppige Menge gibt es hier ein paar Abzüge beim Begeisterungssturm. Die Idee mit dem grünen Spargel, und dass dieser al dente belassen sowie mit Butter bissfest charamelisiert wurde, macht das Tellergericht dann aber doch zu einer ganz appetitlichen Angelegenheit (für 10,50 Euro). Ein schönes Ende erhält der Abend, als besagter Kellner trotz Küchenschluss noch zwei Kugeln Eis aus der Hinterhand zaubert und wir beschließen, demnächst einmal eine Runde Minigolf auf dem naheliegenden Platz zu spielen und den Spätsommer noch einmal in diesem netten Cafégarten ausklingen zu lassen.

● Anke Wittkopp

In der Steintormasch 5
30167 Hannover
www.steintormasch-cafe.de
Öffnungszeiten:
Di – So ab 11:30 Uhr
durchgehend warme Küche bis 21 Uhr

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Neu in der Stadt im September

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Neu in der Stadt im September


Miniaturwelten der Geschichte
Robert Packeiser ist Kunst- und Geschichtslehrer an der Wilhelm-Raabe-Schule Hannover – und er ist Playmobil-Enthusiast: Seit seinem dritten Lebensjahr faszinieren ihn die kleinen Spielfiguren, aus denen er heutzutage am liebsten detailreiche Dioramen bastelt, die historische Szenen oder berühmte Gemälde darstellen. Seit dem 6. August sind einige seiner Kunstwerke im Basement der Ernst-August-Galerie in dem neu geschaffenen Museum „Miniaturwelten der Geschichte“ zu sehen. Die erste, durch die neu gegründete gemeinnützige Gesellschaft Bildung und Spiel – BuS initiierte Ausstellung widmet sich schlaglichtartig der deutschen Geschichte – vom Aufeinandertreffen der Römer und der Germanen bis zum Mauerfall 1989. In einem weiteren Diorama beschäftigt sich Packeiser visionär mit der Stadt der Zukunft, inklusive erneuerbarer Energieversorgung und autofreier Mobilität in der Stadt im Grünen. Einige der bunten 3D-Wimmelbilder wurden bereits 2019 im Historischen Museum ausgestellt, wo sie mehr als 60.000 Besucher*innen anlockten. Ein weiteres Diorama mit dem Thema „Mauerfall“ anlässlich des 20-jährigen Jubiläums zur Deutschen Einheit sorgte mit einer Ausstellung in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin deutschlandweit für viel Beachtung. Das Museum ist im Erdgeschoss der Ernst-August-Galerie zu finden. Ernst-August-Platz 2, 30159 Hannover. Öffnungszeiten: Mo–Fr 8–18 Uhr und Sa 8–20 Uhr.

 

Durch die Blume
Seit einigen Jahren erfreut sich das Thriftshopping immer größerer Beliebtheit – mit positiven Auswirkungen auf den eigenen Geldbeutel, aber auch das Klima, da getragene Klamotten so möglichst lange in Gebrauch bleiben. Am 10. Juli ist eine weitere heiße Adresse für Secondhandwaren in Hannover dazugekommen. Dann haben nämlich Ilker Atilgan und Olivia Pum in Linden ihren Laden „Durch die Blume“ eröffnet. Das Warensortiment, das in erster Linie aus Kleidungsstücken und Accessoires besteht, wird täglich neu aufgefüllt. Im hinteren Bereich des Ladens ist ein „Pop-up-Regal“ zu finden, auf dem im monatlichen Wechsel lokale Anbieter*innen handgemachten Schmuck oder Mode verkaufen. Außerdem können sich Kund*innen während des Stöberns mit verschiedenen Getränken versorgen und teilweise einzigartige Drinks in Hannover genießen – am besten auf der sonnigen Außenfläche auf dem Schmuckplatz, wo beispielsweise Weinschorle im Pfälzer Dubbeglas serviert wird und es immer freitagnachmittags „Sekt o’clock“ schlägt. Dann erhalten Durstige zwischen 15 und 18 Uhr den Harte Liebe Sekt für nur 2,50 Euro. Für die Zukunft plant „Durch die Blume“ viele spannende Veranstaltungen anzubieten, zum Beispiel DJ Sessions, Kooperationen mit lokalen Geschäften aus Hannover, Ausstellungen und Lesungen. Ahlemer Straße 3, 30451 Hannover. Öffnungszeiten: Di–Sa 12–20 Uhr.

 

L’Osteria Garbsen
Nach planmäßig neun Monaten Bauzeit ist es nun soweit: Am 27. August hat „La famiglia“ L’Osteria die Fertigstellung ihres neuen Standortes in Garbsen feiern können. Errichtet wurde das Gebäude in engem Schulterschluss mit dem Familienunternehmen Möbel Hesse auf dessen Gelände, direkt an der B6. Hier kann man ab sofort beliebte Highlights aus der italienischen Küche kosten, allen voran Pizzen, Nudelgerichte und Antipasti sowie liebevoll hergestellte Eiskreationen und hausgemachtes Tiramisu. Das stimmungsvolle Ambiente in den modern und doch heimelig einrichteten Räumlichkeiten lädt zum Plaudern, Feiern und Genießen ein. Die erste L’Osteria öffnete ihre Pforten 1999 in Nürnberg. Der Erfolg des „netten Italieners von nebenan“ bestärkte die Gründer Friedemann Findeis und Klaus Rader, das Konzept in den folgenden Jahren auch bundesweit in die Innenstädte zu tragen. Heute ist die L’Osteria an 130 Standorten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, der Niederlande, Tschechien, Frankreich und Luxemburg vertreten. Der neue Standort in Garbsen ist bereits der dritte in der Region Hannover. Die anderen beiden Restaurants sind zentral in der Lavesstraße und in der Vahrenwalder Straße gelegen. Robert-Hesse-Straße 3, 30827 Garbsen. Öffnungszeiten: So–Do 12–22 Uhr, Fr–Sa 12–23 Uhr. Kontakt: Tel. 089 38 98 98 90. Mehr Infos auf www.losteria.net.

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Ein letztes Wort im September

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Ein letztes Wort im September


Herr Weil, wir starten in einen ganz wichtigen Monat, am 26. September ist Bundestagswahl. Wir führen dieses Interview Mitte August und nach den aktuellen Umfragen sieht es für Olaf Scholz gar nicht mehr so schlecht aus. Und auch die SPD hat leicht hinzugewonnen, während die CDU/CSU verloren hat. Ich schätze mal, Ihre Stimmung ist nicht die Schlechteste …     
Das stimmt, die Stimmung hat sich deutlich verändert, nicht nur meine Stimmung, sondern vor allem die der Wählerinnen und Wähler. Wenige Wochen vor der Wahl ist das Ergebnis komplett offen und bei der wichtigsten Frage liegt die SPD inzwischen deutlich vorne – wer hat die beste Kandidatin oder den besten Kandidaten für das Kanzleramt?

Gleichwohl ist Olaf Scholz bei den Wählerinnen und Wählern wesentlich beliebter als die SPD. Ihre Partei kommt nur ganz allmählich in Schwung. Was raten Sie der SPD zum Endspurt?
Die K-Frage ist entscheidend, das zeigt sich immer deutlicher. Die Herangehensweise von Olaf Scholz erweist sich gerade als sehr erfolgreich. Es wird und muss viele nachhaltige Veränderungen geben in den nächsten Jahren und dann ist es gut, wenn jemand am Steuer steht, der weiß, was er tut, der Erfahrung hat und nicht wankelmütig ist.

Wenn ich ehrlich bin, habe ich bei der Frage, ob ich mir einen Kanzler Olaf Scholz vorstellen kann, vor ein paar Wochen noch gelacht und abgewunken. Dann kam der „Wahlkampf“ von Annalena Baerbock und Armin Laschet. Hätten Sie gedacht, dass die beiden eine so schlechte Figur machen?
Natürlich haben Annalena Baerbock und Armin Laschet Fehler gemacht, aber das allein ist es nicht. Wir erleben eine Zeit der Krisen und da fragen sich viele Leute ganz automatisch, wem sie das schwierigste und wichtigste politische Amt in Deutschland zutrauen. Olaf Scholz hat diese Kragenweite.

Was mir allerdings nach wie vor fehlt in diesem Wahlkampf, das sind die Inhalte. Man findet schöne Worte für große Pläne, aber über die Umsetzung wird kaum gesprochen, konkret wird es nur selten. Woran liegt das?
Ist das wirklich so? Die SPD sagt in ihrem Zukunftsprogramm schon sehr klar, wie sie beispielsweise bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen herstellen will. Ich nenne nur ein paar Stichworte: Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde, Garantie für Ausbildung, Tarifverträge leichter allgemein verbindlich erklärbar machen, Abschaffung der Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne Sachgrund, ab dem ersten Tag gleicher Lohn für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter wie Festangestellte, Rechtsanspruch auf mobile Arbeit, Arbeits- und Ruhezeiten auch im Homeoffice, ein Recht auf Nichterreichbarkeitszeiten, auf eine gute technische Ausstattung etc. Ziemlich konkret, oder?

Trotzdem, wenn man den Wählerinnen und Wählern zu klar die Wahrheit sagt, wird man nicht gewählt – ist das nicht die Erkenntnis, nach der sich alle ausrichten?
Nein, auch da möchte ich Ihnen widersprechen: Bei entscheidenden Fragen sind die Ansagen von Olaf Scholz sehr klar. Bereits seit langem weisen wir darauf hin, dass der Strombedarf in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich steigen wird, weil wir anstatt fossiler Energieträger mehr Strom im Verkehr, in der Industrie und beim Heizen einsetzen werden. Wir brauchen also einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, mehr Tempo beim Ausbau der Stromnetze, der Bahnstrecken, der Wasserstoffleitungen und der Ladesäulen für Elektroautos. Die dafür notwendigen Planungsverfahren müssen beschleunigt und Bürgerbeteiligungen müssen gebündelt werden. Für diese unbequemen Wahrheiten gibt es beileibe nicht nur Zustimmung, aber es ist trotzdem so.

Zur Wahrheit gehört auch, dass nach den derzeitigen Umfragen Rot-Rot-Grün zumindest nicht mehr ausgeschlossen ist. In der SPD heben bei der Frage immer alle reflexartig abwehrend die Hände. Warum eigentlich? Wäre das nicht eine Chance für Deutschland?
Jetzt kämpft erst einmal jede Partei für sich. Was die Linke angeht, ist es im Übrigen nun einmal so, dass ein großer Teil dieser Partei lieber Opposition sein will und es deswegen einen heillosen internen Streit gibt.

Die Schnittmengen der drei Parteien sind in vielen Bereichen sehr groß. Weitaus größer als die Schnittmengen jeder der drei Parteien mit der CDU/CSU oder der FDP. Man könnte sehr viel auf den Weg bringen …
Wie die nächste Bundesregierung aussieht, ist im Moment komplett offen und die Regierungsbildung könnte ziemlich schwierig werden. Da wird auch Kompromissfähigkeit gefragt sein. Es wird jedenfalls spannend, so wie es derzeit ausschaut.

Wenn ich mich so umschaue, was momentan passiert, dann muss die Politik schleunigst eine ganze Menge auf den Weg bringen. Beim Klima läuft uns die Zeit davon, aber auch in vielen anderen Bereichen gibt es dringenden Handlungsbedarf. Beispielsweise hat sich auch in Deutschland die Schere zwischen Arm und Reich in den vergangenen Jahren noch weiter geöffnet. Wie sorgt die SPD für mehr Gerechtigkeit?
Das ist tatsächlich eine Schlüsselfrage. Die Pläne zur Sicherstellung fairer Löhne und Arbeitsbedingungen haben ich Ihnen schon beschrieben. Wir wollen, dass der Zugang zum Arbeitslosengeld erleichtert und die Lebensleistungen stärker berücksichtigt werden: Wer länger eingezahlt hat, soll zukünftig auch länger Arbeitslosengeld I beziehen. Die Grundsicherung wollen wir zu einem Bürgergeld weiterentwickeln, das digital und unkompliziert zugänglich sein soll. Die Regelsätze sollen zu einem Leben in Würde ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Mit der SPD würde ein Recht auf Förderung beim Nachholen eines Berufsabschlusses eingeführt und ein Weiterbildungs-Bonus. Olaf Scholz verspricht den Neubau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich – ein Blick nach Hamburg zeigt, dass es ihm ernst ist mit einer engagierten Wohnungsbaupolitik. Er steht für ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium in angespannten Wohnlagen und für ein Entfristen der Mietpreisbremse. Junge Familien sollen von guten Kitas und Schulen, von mehr Betreuungszeiten und einem deutlich höheren Kindergeld profitieren. Die SPD will die gesetzliche Rente stärken und für ein dauerhaftes Rentenniveau von mindestens 48 Prozent sorgen. Ich höre an dieser Stelle mal auf, oder?

Die SPD war von 1998 bis 2003 und von 2013 bis heute an der Regierung beteiligt. Ich finde es durchaus nachvollziehbar, dass viele Wählerinnen und Wähler der SPD nicht mehr allzu viel zutrauen. Sie auch?
Doch, ich traue der SPD jede Menge zu, aber sie muss dazu auch die Gelegenheit haben. Viele Initiativen der SPD, die auf eine größere soziale Gerechtigkeit und eine konsequentere Energiewende ausgerichtet waren, sind am Widerstand der CDU gescheitert. Und vieles andere hat die SPD gegen harten Widerstand dennoch durchsetzen können. Denken sie an die Grundrente, die weitreichenden Regelungen zur Kurzarbeit während der Pandemie oder in der Zukunft Tariflöhne für Beschäftige in der Altenpflege. Auf der Habenseite stehen schon eine Menge Themen.

Zum Schluss noch ganz persönlich, was haben Sie aus den Ereignissen der letzten Wochen und Monate gelernt, hinsichtlich der Pandemie, aber auch hinsichtlich der großen Umweltkatastrophen der letzten Zeit?
Dass wir, unsere Gesellschaft und unsere Umwelt verletzlicher sind, als wir gemeint haben. Dass wir zusammenhalten und uns gegenseitig helfen müssen. Und wie wichtig ein gut funktionierender Staat und eine verantwortungsvoll handelnde Politik sind.

Muss die Politik nicht dringend viel unbürokratischer, entschlossener und pragmatischer werden?
Das stimmt voll und ganz – wir müssen schneller werden. Ganz generell beim Umweltschutz und auch bei der Herstellung von mehr Gerechtigkeit. Aber es gibt nicht nur Grund zur Selbstkritik, sondern auch zum Selbstbewusstsein. Wir sind im Grundsatz schon ganz gut aufgestellt in Deutschland, das zeigt sich im internationalen Vergleich und das hat sich auch in der Corona-Krise gezeigt.
  ● Interview: Lars Kompa

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Coming Home

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Coming Home


Ich lebe in Zweieinhalb-Zimmer-Liedern und in Roman-Wohnmobilen. Ich bin zu Hause in Kinderreim-Kammern, Lyrik-Lofts und Film-Appartements.
„Heimat“ hatte für mich immer mit Kultur zu tun. Und mit Sprache. Meine Kindheit verbrachte ich unter anderem in einem kleinen oberhessischen Dialekt-Fachwerkhaus. Dort heißt eine Kuh „Kou“, zwei Kühe „Kie“ und der Hahn „Gickel“.  Das Huhn heißt „Hingkel“, ein kleines Küchenmesser „Kneipche“ und der Flur „Ern“. Höre ich diese Wörter, habe ich die Illusion von Heimat. Auch wenn ich in einem Film ein englisches Weihnachtslied höre, habe ich dieses Gefühl. Oder wenn jemand auf der Straße „Yallah“ oder „Challas“ ruft.
Ich war fünf als ich nach Deutschland kam. Vorher hatten wir in Jordanien und in England gelebt. Bei uns zu Hause wurde in heiterem babylonischen Durcheinander Englisch, Deutsch und Arabisch gesprochen. Ich weiß nicht, welche Sprache ich mit wem sprach. Relativ sicher ist, dass ich mich mit meiner Mutter auf Deutsch unterhielt. Beziehungsweise auf Hessisch. Sicher ist auch, dass ich mit meinem Vater kein Deutsch sprach. Weil er es nicht beherrschte. In welcher Sprache ich mit meinen Geschwistern kommunizierte, kann ich nicht sagen. Vermutlich mal so, mal so.
In Deutschland besuchte ich dann einen Kindergarten. Dort diskutierte ich täglich mit den anderen Kindern darüber, ob das Ding mit den Flügeln auf dem Dach nun ein „helicopter“ oder ein „Hubschrauber“ sei, ob wir unsere Bildchen mit „sellotape“ oder „Tesa“ an die Wand klebten oder ob es zum Nachtisch ein Stück „Battiach“ oder „Wassermelone“ gab.  Trotz meiner übersichtlichen Arabisch-Kenntnisse – diese Sprache konnte ich von allen am schlechtesten – existierten manche Dinge, vor allem Nahrungsmittel, für mich nur auf Arabisch. Wie eben die Wassermelone, der Joghurt („Laban“), Okra-Schoten („Bamja“) oder Zucchini („Kusa“). Meine deutsche Mutter kochte fast nur jordanische Gerichte.
An meinem ersten Morgen im Kindergarten in Kassel zeigte mir die „Tante“ die Räume. Ich hieß damals nicht nur hinten „El Kurdi“, sondern vorne auch noch „Samer“ und hatte grade ein halbes Jahr in Jordanien verbracht. Die Kindergärtnerin ging wohl davon aus, dass ich schlecht Deutsch spräche. „Hier im Schlafraum“, sagte sie langsam und sehr deutlich „halten alle Kinder ihren Mittagsschlaf.“ Sie nahm eine Wolldecke von einem der Klappbettchen und hielt sie hoch: „Und damit decken wir uns zu. Wie heißt das denn in deiner Sprache?“ Ich dachte nach und sagte: „Koldr!“  Die nette Kindergärtnerin versuchte mir das vermeintlich arabische Wort nachzusprechen. Es gelang ihr so mittel.
Aus irgendeinem Grund brannte sich dieses ebenso unschuldige wie unwichtige Gespräch in mein Hirn ein. Vielleicht, weil es mein erster Tag in einer neuen Welt war. Als ich mich viele Jahre später mal wieder daran erinnerte, hatte ich eine Erleuchtung. Ich verstand plötzlich, was sie mit „in deiner Sprache“ gemeint hatte. Ich verstand, was da wirklich passiert war. Und stellte mir vor, wie die arme Frau irgendwann im Urlaub in Kairo oder Marrakesch nachts an einer Hotel-Rezeption um eine zusätzliche Wolldecke bittet, und dabei stolz das arabische Wort „Koldr“ benutzt. Und der Rezeptionist sie verwirrt und ratlos anstarrt. Weil „Koldr“ selbstverständlich nicht Arabisch ist. Sondern Oberhessisch. Um genau zu sein: „Croafelder Platt“, der Dialekt des Heimatdorfes meiner Mutter – Crainfeld im Vogelsberg. „Croafelder Platt“ war die Sprache, in der meine Geschwister und ich vermutlich unsere ersten Worte gesprochen hatten. Unsere Muttersprache.
Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal seit meiner Kindheit ein Wochenende in Crainfeld verbrachte, versuchte ich – natürlich – Croafelderisch „zou schwazze“. Ich konnte es noch. Einigermaßen. Aber sonst konnte es kaum jemand. Nur noch die ganz Alten. Alle anderen sprachen Hochdeutsch mit einem leichten hessischen Sound, der aber nicht spezifisch nach Vogelsberg klang, sondern so, wie Menschen auch anderswo in Mittel- und Südhessen klingen. Und im Hessischen Rundfunk. Sie sprachen ein gemäßigtes, homogenisiertes HR-Hessisch.
Ich kam mir vor wie ein Amisch. Als seien meine Vorfahren vor Generationen ausgewandert und hätten ihre Sprache mitgenommen, in der Fremde gepflegt und konserviert – während in der Heimat der Dialekt verändert, vereinfacht und schließlich bis zur Unkenntlichkeit abgeschliffen wurde.
Ich war ein Zeitreisender. Nach Hause gekommen, nur leider 50 Jahre zu spät. Ich war ein heimatvertriebener Dialekt-Überlebender.  ● Hartmut El Kurdi

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