Liebe Sahra, warum? Das kannst du doch nicht machen! Du kannst dich doch jetzt nicht aus deiner eigenen Ich-AG zurückziehen. Du warst unser Trost, unser Fels in der Brandung. Mit dir konnten wir mutig gegen alles sein. Gegen Migration, gegen Waffenlieferungen, gegen Gendersternchen, gegen das Establishment, gegen das System, gegen die USA, gegen die EU, gegen die NATO, gegen westliche Doppelmoral. Du warst unser Rundum-sorglos-Paket. Mit dir konnten wir auf die Ukraine scheißen und uns dabei gut fühlen. Als echte Pazifisten. So konnten wir auch für etwas sein. Für Frieden. Egal, wie viele Menschenleben so ein Frieden auch kostet. Du hast für uns regelmäßig die Fakten so sortiert, dass es gepasst hat. Wir haben uns nur zu gerne hinter dir versammelt. Das BSW, endlich gab es eine Heimat für uns Empörungskonservative.
Es hat sich so gut angefühlt, zu jenen zu gehören, die die Weisheit mit Löffeln gefressen haben. Zu denen mit dem Durchblick. Zu denen, die die ganz großen Zusammenhänge durchschauen. Deutschland, regiert und inzwischen fast ruiniert von irrlichternden Eliten. Und du, die einsame Mahnerin, die Stimme der Vernunft. Du hast uns alle abgeholt, uns frustrierten Linke, uns desillusionierte Sozialdemokraten, uns enttäuschte Liberale, uns hadernde Konservative, uns Menschen, die sich darüber gefreut haben, dass es „endlich mal jemand sagt“. Wer ist denn schuld an den steigenden Mieten? Klar, „die da oben“. Und wer hat für die steigenden Energiepreise gesorgt? Der Westen, der schlicht versagt hat. Und natürlich die gefährlichen Grünen. Und wer hat die Gesellschaft verunsichert? Die Medien. Die dich jetzt ignorieren, seit der Bundestagswahl – was du regelmäßig in den Talk-Shows vehement kritisierst.
Nein, liebe Sahra, du darfst diesen Schritt nicht gehen. Das BSW wird ohne dich ganz schnell in die Bedeutungslosigkeit abrutschen und verschwinden. Und dann? Wie sollen wir künftig mit gutem Gewissen weiter ausländerfeindlich sein? Du weißt schon, keine Ressentiments, es geht nur ums Steuern und Begrenzen. Zwinkersmiley. Wie sollen wir uns künftig im Spiegel ansehen können, ohne dich als Lichtgestalt hinter uns, die für unseren Heiligenschein sorgt? Das kannst du echt nicht machen!
Wer soll denn jetzt all die Talkshow-Sendeplätze füllen? Wer soll Markus Lanz mit stoischer Ruhe erklären, warum Deutschland wirtschaftlich kaputtgespart wird und völlig überreguliert ist und wer das zu verantworten hat? Wer soll mit diesem ganz speziellen Blick alle strafen, die es einfach nicht kapieren wollen? Und was wir aus uns YouTube-Jüngern und unserem sonntäglichen, heiligen Wagenknecht-Orakel? Was machen mir, wenn wir nicht mehr anschließend stundenlang in den Kommentarspalten unsere persönliche Apokalypse zusammengoogeln? Soll all das alles jetzt einfach enden? Das kannst du uns nicht antun. Wenn du jetzt gehst, droht uns eine politische Hungersnot.
Wir bitten dich, liebe Sahra, geh nicht ganz, verabschiede dich nicht vollständig aus der Politik, wir brauchen weiter diese Mischung aus Wirtschaftspaternalismus, Nationalliebe und Anti-Globalisierungs-Rhetorik. Wo sollen wir denn hin, ohne dich? Gründe einfach eine neue Partei, das BSWONODQ – das Bündnis Sahra Wagenknecht ohne nervige Ossis die quertreiben. Bitte, bitte! Lass uns nicht allein!

