Marion Pusch

Ethikprofessorin, interdisziplinäre Künstlerin
Sternzeichen: Jungfrau

Die Honorarprofessorin für Ethik und Interdisziplinäre Kommunikation lehrt beides seit 1997 an Unis und FHs in Hannover und Hildesheim. Mit ihrem Institut für Ethik, Werte und Humankompetenz unterstützt sie zudem seit 15 Jahren Unternehmen als Beraterin für Wertemanagement. Seit 2012 ist sie freischaffende Künstlerin und hat vergangenes Jahr den Verein Point of Smile gegründet, mit dem sie interdisziplinäre Kunstprojekte ins Leben ruft. Die vielseitig gelehrte Lehrende und Kreative ist 56 Jahre alt und wohnt mit ihrem Kater dort, wohin andere ihre Ausflüge machen – in Hannover Herrenhausen.

Wir besuchen die gebürtige Hannoveranerin in ihrem Atelier in Hannover-Hainholz. Als sie es vor fünf Jahren anmietete, war sie noch alleine in dem riesigen Gebäude. Doch heute – inzwischen befinden sich hier dutzende Ateliers und Künstlerwerkstätten – ist sie heilfroh, dass sie den Mut gehabt hat, als erste den einsamen Backsteinbau zu beleben. Zwischen bunten Bildern und praktischer Kunst wie ihrem „Highheel-Baum“, an dem sich hübsche Füßlinge dekorativ aufbewahren lassen, erzählt uns die energiegeladene Denkerin/Macherin von ihrem mäandernden Lebensweg.

Nach der ersten Ausbildung und Tätigkeit als Floristin hat sie lange in Kunstprojekten mitgewirkt und mit dem Gedanken gespielt, Kunst zu studieren, sich schließlich aber für Gartenbau entschieden. Als Agraringenieurin führte sie eine Zeit lang Auftragsversuche durch, dann kam die Promotion – und zwar interdisziplinär zum Thema „Ethische und ganzheitliche Ansätze für die universitäre Lehre“, an das sie das Thema „Mensch-Natur-Verhältnis“ aufgehängt hat. „Was für mich damals sehr erschütternd war, war, dass mich selbst Professoren fragten, was ich denn mit Interdisziplinarität wolle und meinten, dass ich mich damit nicht auf den Sockel stellen könne. Und auch heute wird Interdisziplinarität häufig oberflächlich benutzt; die Dinge werden nicht in Form einer Synthese zusammengeführt, sondern wie Buchseiten aneinander geheftet – aber man muss unterschiedliche Denkweisen schon gedanklich miteinander verknüpfen, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen. Ich halte das Erlernen von Interdisziplinarität für extrem wichtig. Nach langjährigen Erfahrungen im Netzwerk für interdisziplinäre Ursachenforschung habe ich mich intensiv dafür eingesetzt, Interdisziplinarität umfassender zu etablieren. Das ist unglaublich schwer; selbst an vielen Hochschulen ist der Horizont dafür, dass man interdisziplinäres Denken erlernen sollte, nicht hinreichend vorhanden.“ Trotzdem folgten Lehraufträge an der HAWK in Hildesheim, der Leibniz Universität Hannover und der Leibniz FH Hannover und schließlich die Honorar-Professur ehrenhalber.  Nicht nur, aber auch zum Gelderwerb machte sich die realistische Idealistin mit ihrem zweiten Schwerpunkt, Ethik und Werte, als Unternehmensberaterin selbstständig – und bekam anfangs kaum Aufträge. „Ich war immer ein Stückchen zu früh mit den Dingen. Wenn man Gedanken bringt, die ungewohnt sind, erntet man erstmal Lächler. Heute ist das anders. Ein Unternehmen, das keine Unternehmenswerte hat, kann sich am Markt ungleich schwerer nachhaltig positionieren.“ Sie ist dran geblieben, weil es ihr Herzensthema war, wie sie betont. „Ich möchte Gedankenimpulse geben, weil ich der Überzeugung bin, wie Plato es sagte, dass Ideen die Welt regieren. Wenn wir die richtigen Ideen haben, können wir eine wunderbare Welt schaffen.“ Vor  ein paar Jahren merkte sie, dass sie wieder mehr Kreatives, Künstlerisches brauchte nach der langen Zeit, die sie in der Wirtschaft und Wissenschaft unterwegs gewesen war. „Es wollte ganz viel aus mir raus, das war wie ein Stau von 30 Jahren. Nicht nur, dass Ideen die Welt regieren, sondern sie liegen auch in der Luft. Sie kommen dann angerauscht, wenn man sich selbst vergisst und loslässt.“ Nun schlägt sich ihr ganzheitlicher Ansatz in ihrer Kunst nieder: „Interdisziplinäre Kunst bedeutet, unterschiedliche Bereiche der Kunst, aber auch Kunst mit Wirtschaft, Philosophie, Wissenschaft zusammen zu bringen. In der Essenz ist es alles Eins – nur unterschiedliche Ausdrucksformen von Erkenntnissen.“ Dafür hat sie den Point of Smile e.V. gegründet, einen gemeinnützigen Verein für interdisziplinäre Kunst und Kultur. „Ich möchte Win-Win-Situationen schaffen und Kunst dafür nutzen, Brücken zu bauen, wo Worte fehlen. Natürlich kann ich auch die Pfötchen nicht von Ethik lassen. Alles hängt eben mit Allem zusammen. Und es geht um Allgemeinverständlichkeit, Teilhabe und interdisziplinäre Bildung – um Kunst, Philosophie und Wissenschaft für jedermann.“

Mehr zum aktuellen Projekt „Leibniz lebt: Es gibt nichts Totes!“ auf Seite 44 im aktuellen STADTKIND- Heft und unter www.leibnizlebt.de.

 

Kurz nachgefragt …

Was macht mehr Spaß: Ideen entwickeln oder umsetzen?
Beides. Ideen, die ich entwickle, möchte ich auch umsetzen.

Was braucht mehr Zeit?
Ideen zu haben ist leicht, Ideen zu realisieren ist Knochenarbeit, äußerste Disziplin und hohe Selbstmotivation.

Ihr Motto?
Wer etwas will, sucht Wege; wer etwas nicht will, sucht Gründe.

Was ist für Sie der wichtigste ideelle bzw. ethische Wert? 
Menschlichkeit. Für mich ist das Wichtigste, dass die Menschen sich immer wieder, am besten täglich, darauf fokussieren, mit Liebe zu handeln.

Was wird überbewertet?
Der scheinbare Vorteil von Egoismus. Ist völlig überbewertet.

Interview und Foto: Anke Wittkopp


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