Chiara Raimondi

Chiara Raimondi

Jazzsängerin und Komponistin

Was haben Wayne Shorter, Benny Golson und Michael Legrand gemeinsam? Teilen sich die drei Jazzgiganten vielleicht eine entfernte Tante? Haben alle mal die Hand von Miles Davis geschüttelt? Vielleicht. Gemeinsam haben sie auf jeden Fall, dass die hannoversche Jazzsängerin und Komponistin Chiara Raimondi sich auf ihrem bereits im April erschienen Studioalbum „Sospesa“ neben Eigenkompositionen auch an Covern bekannter Stücke der oben erwähnten Größen probiert.

„Wenn ich komponiere, muss ich mich mit der Musik verbunden fühlen“, schwärmt Chiara Raimondi im Interview. Michael Legrands „You Must Believe in Spring“ sei eine so schöne Ballade, dass sie unbedingt ihre Essenz erhalten wolle: die Melodie. Bei der Umsetzung arbeitet Raimondi fast schon minimalistisch. Einfach nur ein Saxophon, dazu die starke Stimme. Im Musikvideo steht man zu zweit im kargen Wald. Erste Knospen entfalten sich im Unterholz, während sie den Frühling mit den Zeilen „Just think if winter comes, can spring be far behind?“ heraufbeschwört. Raimondi stammt ursprünglich aus der mittelitalienischen Region um Urbino südöstlich von Florenz. „Meine Mutter hat immer gesungen, mein Vater Flöte und mein Bruder Klavier gespielt.“

Vor ungefähr fünf Jahren begann sie ihr Masterstudium an der Hochschule für Musik, Theater und Medien, nachdem sie die Stadt bereits als junge Erasmus-Studentin kennenlernen durfte. „Für mich war das sehr wichtig, denn hier habe ich angefangen, meine eigene Musik zu komponieren. Das kreative Umfeld war inspirierend und die Stadt bietet viel für junge Musiker. Von meiner Lehrerin, Romy Camerun, konnte ich viel lernen. Ich habe angefangen zu schreiben, um mich selbst zu suchen: wer ist Chiara als Musikerin?“ Die rhetorische Frage beantwortet sie gleich selbst. Sie liebe Jazz, aber nicht ausschließlich. Ein Selbstverständnis, dass sich auch in ihren Projekten widerspiegelt: Raimondi singt in drei Bands unterschiedlicher Stilrichtungen und plant sogar, tanzbare Musik zu schreiben. In freier Besetzung wurde schon mal gejammt und Spaß gemacht habe es auch, verrät sie. Zu den Hausgeistern gehören Ella Fitzgerald, Wayne Shorter, Dee Dee Bridgewater, Kurt Elling, aber gestartet hat die musikalische Biografie mit klassischem Rock von Janis Joplin, Jimi Hendrix und Led Zeppelin. Eine Definition von Jazz, der herkömmlicherweise von der Synergie mit anderen Genres und Musiktraditionen lebt, sei für sie schwer greifbar. „Ganz grob würde ich sagen, dass ich Modern Jazz mache. Mich beeinflussen viele Richtungen wie Soul, World Music oder Folk. Ich mag auch guten Pop und liebe es einfach, wenn sich die Stile mischen.“

Im Titel ihres ersten Albums „Sospesa“, was auf Deutsch so viel wie „schwebend“ bedeutet, schwingt aber auch das melancholische Gefühl der Entwurzelung mit. Es entspringt der räumlichen Entfernung zu Heimatland, Familie und Freunden und beschreibt insgeheim den persönlichen Wachstumsprozess. „Mit diesem Gefühl habe ich komponiert. Es liegt irgendwo zwischen der Hoffnung, die mir dieses Land gibt und meinen Wurzeln. Ich bin in einen Schwebezustand gefallen und habe einfach geschaut, was passiert.“ Und sie weiß diesen Zustand kreativ zu nutzen. Unter dem 2014 von der UNESCO verliehenen Titel „City of Music“ pflegt Hannover in diesem Jahr vor allem den kulturellen Austausch mit anderen europäischen Ländern. Kurzerhand hat sie mit Musikern aus Bologna und der Band Massimo Valentini Jumble Music aus Pesaro einen Austausch organisiert, bei dem im Rahmen der Jazzwoche gemeinsam auf der Bühne performt wurde. Und sich so ein Stück Italien nach Deutschland geholt.

Text: Laura Smail

Am 26.11., 20 Uhr, steht Chiara Raimondi mit The Stomping Sugar Group im Swing Salon Linden im Tango Milieu Hannover auf der Bühne.

Weitere Infos, Songs und Live-Termine unter: www.chiararaimondi.com


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