Rüpel

Quasi noch an der Limmerstraße gelegen, dort, wo an der Ecke Kötnerholzweg vorher das Vino y mas lokalisiert war, hat Lennart Röbbel Ende Juni einen Concept Store für schöne Dinge und Lebensmittel aufgemacht. Der 32-Jährige lernte im Sternehaus Ole Deele und bietet in seinem Bistro gutbürgerliche, kreative Gemüseküche an, die Saison- und Produktvielfalt der Region im Stilmix aus Aromen und Texturen abwechslungsreich in Szene setzt. Zum Mitnehmen, Selberkochen oder vor Ort mit Freunden teilen.

Im Oktober steht nur noch ein Stehtisch vor der Tür, auf selbstgezimmerten „Fenster-Bänken“ können ein paar Menschen draußen vor dem Schaufensterplatz sitzen, doch der Terrassenbereich wird ohnehin erst wieder im Frühjahr interessant. Momentan ist es interessanter zu wissen, dass man keineswegs die Öffnungszeiten verpasst hat, wenn man erfolglos an der Klinke rüttelt – hier heißt es Augenkontakt zur Servicekraft suchen, dann steht man auch nicht lange wie ein ungebetener Gast vor der rüpelhaft verschlossenen Tür.
Ab 17 Uhr kann man die eigentlich sehr freundlichen Angestellten dann zum Öffnen herbeizwinkern, damit man im kleinen Bistro schon einmal die Einmachgläser bewundern kann, in denen der Küchenchef Chili, Gemüse oder Knoblauch fermentiert. Röbbel hat eine eigene Essigkultur angelegt, die sich bei jedem Ansatz weiterentwickelt und seine Essige einzigartig macht. Den hauseigenen Apfel-, Birnen- oder Hagebuttenessig, Lauchöl oder Quittensirup, das Dressing vom hauseigenen Miso, was sich auch in einigen Speisen wiederfindet, spritzigen Apfel-Quitten-Schaumwein mit 100% Frucht aus dem Schaumburger Land, Gemüsesuppe oder Zwiebelaufstrich und vieles mehr kann man hier erstehen, je nach Jahreszeit, Zeit und Laune des Herstellers. An fast allen Dingen im Ladenlokal finden sich kleine Klebchen, die auf schöne Geschenkideen hinweisen – eventuell zum Selberaussuchen auf der Weihnachtsfeier, denn Privat- und Firmenfeiern werden vom Rüpel ab 12 Personen ausgerichtet. Je nach Lust und Laune wird Rüpel-Röbbel sein Angebot und seine Karte ergänzen und verändern, einmal im Monat ist ein „Supper-Club“ mit Sieben-Gänge-Menü (für 80 Euro) geplant.
Wer jetzt sofort Hunger hat, wird an der Theke fündig, wo es eine Schüssel schnelles Essen auf die Hand (für 11,90 Euro) gibt, quasi eine Probier-Kombi aus den Tapas des Hauses. Von diesem „Zeug zum Teilen mit Freunden“ braucht es nach eigener Erfahrung zu zweit mindestens sechs Portiönchen, sollte einer der beiden groß sein und einen gesunden Appetit mitbringen. Wir haben uns das Testessen abgeholt und stürzen uns vorfreudig auf die witzigen Kerbelknollen (für 11,50 Euro) – zwergenhütchenhafte Kerbelwurzeln, die von schmackhafter Knoblauch-Miso-Mayo und knusprigen Chips aus der Edelknolle umlagert und mit dem ihr eigenen Küchenkraut und anderen kräftiggrünen Blättern gekrönt sind. Der Echte Kerbel oder Gartenkerbel ähnelt vom Aroma her der Petersilie und dem Anis, der nussige, leicht süßliche Geschmack der Knolle erinnert an Edelkastanien. Das Wintergemüse ist selten, reift nach der Ernte noch bis zu vier Monate nach und ist daher auch recht teuer. Eine inspirierende Neu- bzw. Wiederentdeckung und ein Dankeschön an den Knollen-Flüsterer, der sie so ansprechend vorstellt! Der Knödel aus Sauerteigbrot (für 11 Euro) mit Lauch besticht optisch durch die gelb-orangenen Blüten der Kapuzinerkresse und eine Liegewiese aus giftgrüner Spinat- oder Petersiliencreme (unsere Meinungen gehen hier auseinander, mögen tun wir sie beide), was mitsamt der Kresseblätter auch kulinarisch zu einem delikaten Ergebnis führt. Nur der Kürbis (für 12 Euro) sieht – zumindest nach dem Transport – nach nichts aus und muss im Verbund mit dem umschmeichelnden Apfelmus, zarten Blättchen und einem Zweierlei von gerösteten und fein gemahlenen Kürbiskernen erst den Geschmackstest bravourös bestehen, um uns ebenfalls für sich einzunehmen.
Das Spiel am Tellerrand mit den Texturen, Temperaturen, Aromen und Farben beherrscht der Rüpel an der Straßenecke ziemlich perfekt. Sein Konzept an der Kreuzung aus Sternchen-Bistro und Imbisstheke preist Gemüseküche für jeden an – doch sicherlich nicht für jeden Tag, das muss man bei den Preisen dann doch dazusagen. Wer allerdings die Geschichten über seine Gerichte, die Produkte und deren Erzeuger, Philosophie und Einstellung zur Kulinaristik mit einpreist, wird den Rüpel trotzdem mit zufriedenem Lächeln verlassen, um an einem anderen, nicht so alltäglichen Tag zum nächsten Gemüseschmaus zurückzukehren.
● Anke Wittkopp
Kötnerholzweg 30
30451 Hannover
0172/158 67 52
Öffnungszeiten
Do–Sa, 7–24 Uhr
Küche von 17.30–22 Uhr


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