Tonträger im Januar

Messina: Sponsored Post
Die junge Band aus dem schweizerischen Winterthur hat sich um die Vermarktung ihres Debüts scheinbar ebenso viele Gedanken gemacht wie über ihren Sound. Sie erfanden zu jedem Song eine Marke und ein Produkt, Überthema: Motorsport. Wer sich davon nicht ablenken lässt, entdeckt moderne, vielschichtige elektronische Popsongs, die alles haben, was ein guter Popsong braucht.

 

 

 

 

U.T.A.: No More No Less
Wenn sich Musiker:innen nur mit Gitarre auf die Bühne stellen, ist es gut, wenn da ein bisschen mehr schwingt, als „nur“ eine schöne Stimme. Bei der Dortmunder Blues- und Folksängerin schwingt viel mehr: raue Untertöne ebenso wie ganz zart hingetupfte. Sie maunzt und flüstert und setzt ihre (wunderschöne) Stimme so gekonnt ein, dass es viel mehr als ein Fingerschnippen dazu gar nicht braucht.

 

 

 

 

Bosudong Cooler: Sand
Indie-Folk-Rock und Americana aus Busan: Bosudong Cooler, die beim diesjährigen Reeperbahn Festival zu Gast waren, beweisen, dass Südkorea auch anderes als K-Pop-Boybands wie BTS hervorbringt. Nach ihrer EP „Yeah, I don‘t want it“ von 2019 ein Debütalbum mit der neuen Frontfrau Kim Min-ji, perlender Gitarre und einem samtig-leichten, manchmal erfrischend angeschrägten Sound.

 

 

 

 

Albert Luxus: YinYin
Was so sehr nach einem einzelnen Singer-Songwriter im Seidenanzug klingt, ist das Duo aus Matthias Albert Sänger und Andreas Kiwitt. Ersterer Sänger, zweiter Schlagzeuger, machen sie schon ewig gemeinsam Musik. Ein schönes, unprätentiöses und klug betextetes Indiepop-Album über das Ungleichgewicht der Welt in klassischer Rock-Instrumentierung plus Solina String Ensemble-Synthesizer.

 

 

 

 

Kaak: Schrei Doch
Vier Musiker in klassischer Bandbesetzung und mit unüberhörbarem Faible für die Neunziger inklusive regelmäßiger, kleinerer Hardcore-Explosionen: Das klingt eher vorhersehbar, überrascht aber immer wieder, und das ganz einfach durch richtig gutes Songwriting. In bester Billy Talent-Manier, nur eine Etage tiefer, kippt der sympathisch angepisste Gesang von Frontmann Leon Kaak immer wieder in Screaming.

 

 

 

 

Spidergawd: VI
Sie wollen doch nur rocken. Ebenso verlässlich wie die Trondheimer, ursprünglich ein Nebenprojekt der Psychedelic-Progband Motorpsycho, ihre Alben mir römischen Ziffern durchzählen, bleiben sie stilistisch geradeaus: Stonerrock mit Saxofon. Dank Neuzugang, dem zweiten Leadgitarristen Brynjar Takle Ohr, verschiebt sich der Sound der Trondheimer noch ein wenig hin zu klassischem Thin Lizzy-Rock mit ein wenig Saxofon.

 

 

 

 

Omnium Gatherum: Origin
Die Melodic-Death-Metal Band aus dem finnischen Kotka schlägt zum neunten Mal zu. Nachdem sie erst sieben Jahre nach ihrer Gründung mit einem Debütalbum aufwarten konnten, zeichnen die Mannen sich seither durch eine hartnäckige Präsenz aus – zahlreiche Wechsel auf allen Positionen außer der des Leadgitarristen und Haupt-Songschreibers Markus Vanhala, inbegriffen. Stilistisch besticht man durch den Wechsel von melodischen, mehrstimmigen Klargesängen und den Genre-immanenten Growls, getragen von oft bestechend schönen, epischen Klangbildern und Vanhalas tadelloser Gitarrenarbeit. Progressive Tempo- und Stimmungswechsel sorgen für ein durchgehend kurzweiliges Erlebnis für alle, die sich mit den besagten Growls anfreunden können. Nicht zu unterschätzen ist hierbei, dass Shouter Jukka Pelkonen, gemessen am Kollegium der Death-Metal-Gemeinde, eher gute Laune verbreitet.

 

Eldovar: A Story Of Darkness & Light
Ein ausuferndes Werk zwischen Rock, Prog und Alternative ist die Frucht der Zusammenarbeit der Berliner Band Kadavar mit der Heavy-Psych-Band Elder, Berliner Neu-Immigranten aus Massachusetts. Zwischen März und Juni 2021 verschanzte man sich in Kadavars Robotor Studios in Berlin und tat, was jeder für sich gerade nicht konnte: jammen und einfach fließen lassen. Das Projekt gewann an Struktur und brachte in einer kreativen Kernschmelze Musik hervor, die sphärisch-rauschhaft bis prügelnd ebenso den bissigen Druck von Kadavar wie auch die feineren Ornamente von Elder durchschimmern lässt. Irgendwann steht fest: Das hier darf nicht nur irgendeine Session unter befreundeten Musikern bleiben. Das hier muss ein Album werden. Mit der Single „Blood Moon Night“, partiell eine echte Pink Floyd-Hommage, liefert Eldovar vielleicht das schönste Gitarren-Intro des Jahres.
● Annika Bachem


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