Eislädchen

Eis ist seine Leidenschaft: Anar Aliyev, gebürtig aus Moskau und seit gut zehn Jahren in Deutschland, hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Seit 2018 betreibt er in der Robertstraße in der List sein Eislädchen, in dem er handgemachtes Eis für jeden Geschmack verkauft. Im April 2021 ist ein zweites, größeres Etablissement auf der Lister Meile dazugekommen, das sich jetzt schon größter Beliebtheit erfreut. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es hier immer wieder überraschende Sorten abseits des Mainstreams gibt – und bei den Zutaten auf beste Qualität gesetzt wird.    

Anar Aliyev hat einen sehr feinen Gaumen und stellt bei Lebensmitteln höchste Anforderungen an den Geschmack. „Ich bin viel unterwegs und probiere überall als Erstes das Essen. Wenn es mir schmeckt, überlege ich gleich, ob man daraus auch Eis machen könnte“, erklärt er. In Aserbaidschan, wo er aufgewachsen ist und Jura studierte, begann er damit, hobbymäßig an verschiedenen Eiskreationen zu tüfteln. Nachdem er nach Deutschland gekommen war, widmete er sich ganz dem Eis – und bildete sich fortlaufend weiter. So hat er bei Eismanufakturen im ganzen Land gelernt, zuletzt in Rostock bei einem Eismacher, der schon 40 Jahre im Geschäft ist. Jetzt ruft er bei Anar an, um seinen Rat einzuholen. „Ich lache und frage: ‚Veräppelst du mich?‘ Aber er sagt: ‚Nein, ich möchte wirklich wissen, wie du das machst!‘ Auf so einem Kompliment will ich mich aber nicht ausruhen. Ich bleibe nicht stehen, ich will mich immer weiterentwickeln und verbessern.“
Die Rezepte – bislang über 150! – entwickelt Anar in seinem eigenen Eislabor in der Wunstorfer Straße, in dem er täglich die Sorten anrührt, die er am selben Tag in seinen beiden Läden verkauft. Die dabei verwendeten Zutaten sind frisch und von bester Qualität – von vorgefertigten Konzentraten hält er überhaupt nichts. „Pistazien, Walnüsse, Haselnüsse – das alles rösten wir selber. Meine Mama macht das für mich, sie unterstützt mich auf diese Weise. Auch meine Schwestern helfen mir aus. Und bis vor seinem Tod hat auch mein Papa mir sehr geholfen, indem er Walnüsse für mich geknackt hat. Ja, das ist eine Heidenarbeit, man könnte sie auch geschält kaufen. Aber dann haben sie bereits von ihrem Aroma verloren.“
Bei seinen Eissorten setzt er gerne auf ungewöhnliche Kombinationen wie zum Beispiel Ziegenkäse mit karamellisierter Feige, die sehr gut ankommen. Auch weniger bekannte Früchte aus Südamerika finden häufig Verwendung, zum Beispiel Lucuma, Feijoa, Cherimoya oder Guanábana. Von diesen Früchten will Anar demnächst Fotos im Laden aufhängen, damit seine Kundschaft sich besser vorstellen kann, woraus ihr Eis besteht. Qualität und Exotik haben natürlich  ihren Preis. „Die Kugel kostet bei mir normalerweise 1,50 Euro. Es gibt aber auch teurere Sorten, zum Beispiel eine, für die ich Weintrauben-Most aus Italien verwende, aus dem machen die den teuersten Champagner. Der ist so köstlich, da braucht man keinen Zucker mehr! Für dieses Eis nehme ich zwei Euro pro Kugel, und ich dachte zuerst: Das mache ich einmal und nie wieder, das ist bestimmt zu teuer für die Leute. Doch viele haben es probiert – und jetzt kommen sie wieder und fragen, wann ich diese Sorte nochmal mache.“
Von den 24 bis 28 Sorten, die täglich in der Vitrine angeboten werden, sind immer drei oder vier exotisch. Den Rest machen bekanntere Standardsorten wie Erdbeer, Vanille, Zitrone oder Stracciatella aus. Aber auch hier sind die Zutaten topp: „Ich benutze zum Beispiel Senga Sengana Erdbeeren, die sind sehr groß und schön dunkelrot. Und Vanilleschoten aus Tahiti. Die sind viel dicker als die aus Madagaskar oder Bourbon, die die meisten gewohnt sind. Sie werden normalerweise bei der Parfümherstellung verwendet, weil der Geruch so intensiv ist – und das ist auch der Geschmack. Sie sind deshalb besonders teuer: 900 Euro kostet das Kilo! Aber das schmeckt man auch.“
Auch an regnerischen Tagen lohnt sich ein Besuch im Eislädchen, das nicht nur kalte Süßspeisen wie Eis und Sorbet bietet, sondern auch Waffeln, natürlich aus selbstgemachtem Teig. Und auch hier gibt es eine Besonderheit: „Neben den normalen haben wir auch Waffel-Pommes, also Waffeln in kleiner Stäbchenform wie Pommes frites. Dazu servieren wir ;Ketchup‘, in Wahrheit Erdbeersauce, oder ‚Mayonnaise‘, also weiße Schokolade. Ich habe solche Waffeln bislang noch nirgendwo gesehen. So bin ich eben: Ich will immer neue Dinge ausprobieren und der Erste sein, der das macht.“
Am liebsten würde Anar den ganzen Tag nur im Labor sein und an neuen Rezepturen arbeiten, aber der Verkauf gehört eben auch dazu. Momentan sucht das Eislädchen deshalb neue Mitarbeiter, die auf 450-Euro-Basis beschäftigt werden. Dass ihm einmal die Ideen ausgehen könnten, fürchtet Anar nicht. Die nächsten Geschmacksexperimente sind bereits in Planung: „Ich mache zu Hause manchmal Tiramisu-Cantuccino als Dessert. Das würde ich gerne einmal als Eis ausprobieren. Außerdem habe ich im Kopf ein Eis aus getrockneter Pflaume und Speck. Ich weiß, das klingt ungewöhnlich. Aber aus Erfahrung kann ich sagen, dass Speck im Eis gar nicht wie Speck schmeckt, sondern nussig. Irgendwann werde ich das mal probieren!“    ●   Text und Foto Anja Dolatta

Eislädchen, Lister Meile 54, 30161 Hannover
Öffnungszeiten: Di–So 13–18 Uhr
Mehr Infos auf den Facebook- und
Instagramseiten des Eislädchens


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