Stadtkinder kochen Kolatschen

Als mein Freund und ich im Urlaub waren, fiel unser Blick auf ein Haus, das nicht zu den anderen passen wollte. Es wirkte irgendwie osteuropäisch – und das mitten in Amerika! Draußen stand dran „Kolatschen“. Mein Freund mutmaßte, jemand habe einfach seinen Namen an das Haus geschrieben. „Aber nein,“ sagte ich, „das ist doch ein Gebäck!“ „Ach, Illifred, was du dir immer so ausdenkst!“ Zum Glück konnte ich mithilfe des Internets beweisen, dass ich Recht hatte (und ich habe so gerne Recht).

Das Gebäck interessierte uns nicht unbedingt, wohl aber das Wort. In all seiner seltsamen Phonetik! Es klingt so lautmalerisch wie ungeschickt, dabei doch irgendwie bemitleidenswert. Ab sofort benutzten wir es, wann immer möglich. Als Verb: Lass uns zum Mississippi runterkolatschen! Oder auch: Ich kolatsch dir gleich eine! Für unbestimmte Gegenstände, für die man sonst „Dingsda“ verwendet. Als Maßeinheit wie in „25 Kolatschen pro Meter“ – immerzu. Nach unserer Rückkehr machte das Wort wie durch Zauberhand (oder -mund) die Runde. Schließlich forschte ich über den Ursprung des Gebäcks mit dem putzigen Namen. Und siehe da: Sie stammen aus Böhmen im heutigen Tschechien. Der Schutzpatron der Böhmen war der heilige Wenzel. Er hatte sogar eine Krone, die Wenzelkrone. Der Mädchenname meiner Mutter ist Wenzel, was sie, so will es das Kolatschengesetz, zur leibhaftigen Kolatschenkönigin macht. Mich demzufolge zur Kolatschenprinzessin. Aufgemerkt, liebes Volk, wir schreiten nun zur Tat, dieses besondere Gebäck herzustellen.

Ein halber Würfel Hefe, 400g Mehl, eine Prise Salz, 170ml Milch, 50g Butter, ein Ei und 60g Zucker werden zunächst gebraucht. Milch und Butter werden in einem Topf leicht erwärmt. Würdet ihr ein Baby darin baden? Dann ist die Temperatur gut. Aus den Zutaten wird jetzt ein Hefeteig geknetet, der dann an einem warmen Ort eine gute Stunde vor sich hinkolatscht.

In der Zwischenzeit können wir schon mal alles für die Füllung zusammentragen. Der gemeine Kolatsche wünscht mit einer Quarkmasse, Mohn und Pflaumenmus gefüllt zu werden.

Für die Quarkmasse brauchen wir 250g selbigen (bloß kein Magerquark, das ist schließlich ein tschechisches Rezept!), ein Ei, 50g Zucker und einen Esslöffel Speisestärke. Das alles wird gut verrührt – einfach! Vom Pflaumenmus brauchen wir etwa zwei großzügige Esslöffel voll – auch einfach. Das mit dem Mohn ist etwas schwieriger. Wir brauchen 80g Blaumohn, 120ml Milch, 30g Zucker und einen halben Teelöffel Zimt. Das alles wird nun kurz aufgekocht und darf, unter ständigem Rühren, so lange vor sich hinblubbern, bis die Milch verkocht ist. Das dauert vielleicht 4, 5 Minuten – aber lasst das Zeug bloß nicht aus den Augen, es setzt sofort am Topf an.

Jetzt noch die Streusel: 50g Butter, 50g Zucker und 80g Mehl werden dafür miteinander verknetet.

Mittlerweile sollte der Teig sein Volumen verdoppelt haben. Wir teilen ihn jetzt in zehn gleich große Portionen (meine wiegen je 75g), machen Taler von etwa zehn Zentimeter Durchmesser daraus und setzen diese auf ein Blech mit Backpapier. Abstand halten, als wäre es 2020! Die Taler werden jetzt mit Milch bepinselt, dann kommt nun die Quarkmasse drauf. Einen kleinen Teigrand lassen wir an den Seiten aber stehen, aus Sicherheitsgründen. Mittig darauf setzen wir einen Teelöffel der Mohnfüllung und dekorieren dann mit einigen kreativen Klecksen Pflaumenmus. Zu guter Letzt kommen noch die Streusel zum Einsatz. Ab in den Ofen mit den Kolatschen! Und zwar bei 180°C Ober-/Unterhitze für etwa 20 Minuten. Gut gemacht, Volk! Aber bevor ihr euch das alles alleine reinkolatscht, nicht vergessen, dem heiligen Wenzel (oder mir) einen Zehnt abzugeben!

IH


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