Es ist heiß. Mindestens 40.000 Grad, unter manchen Dächern bestimmt 45.000. „Koch was Schönes und schreib darüber!“ sagt der Chef. „Die Leute mögen das!“. Na sicher. Draußen herrschen Temperaturen, die dafür sorgen, dass ich jeden Imbissbudenbesitzer der Stadt in meine Nachtgebete einschließe. Ich möchte nicht mal etwas erwärmen – geschweige denn kochen. Nudeln, das geht. Rein in den Topf, 9 Minuten lang den Kopf im Gefrierfach kühlen, Nudeln abgießen, fertig. Und was dazu? Eis vielleicht? Wieso eigentlich nicht?
Da sich mir bei dem Gedanken an Schinken-Sahne- oder Bolognese-Eis der Magen dreht, entscheide ich mich für Tomate. Das könnte ganz hübsch aussehen und bestimmt auch recht gut schmecken. Nur: Wie kriegt man es hin, dass alles auch schön geschmeidig vor sich hin schmilzt und ich nachher nicht einen roten harten Ball auf meinen Nudeln habe?
Thermik ist das Stichwort. Kurz im Schulwissen der Physik gekramt: Dichte ist die Masse im Verhältnis zum Volumen. Wusste ich natürlich! Fett hat eine geringere Dichte als Wasser. Wenn ich also schön viel Sahne in die Sauce gebe, müsste das Eis nachher ganz cremig und fluffig werden. Also, hoffentlich. Ich will ja kein rotes Kratzeis haben.
Ich stelle also bereit: Olivenöl, zwei Knoblauchzehen, 50ml Wasser, 2 Esslöffel Tomatenmark, 2 Esslöffel Zucker, 200ml passierte Tomaten, Salz, Pfeffer, Basilikum und etwas Chili. Ich gebe einen großzügigen Schuss Olivenöl in den Topf und füge, sobald dies heiß ist, den Knoblauch hinzu. Der soll keinesfalls Farbe kriegen, sondern nur ein bisschen sautieren. Bevor das zu heiß wird und Öl und Knoblauch gleichsam bitter werden, kommen Tomatenmark, Zucker und Wasser dazu. Gründlich umrühren, bis sich alles klumpenfrei verbunden hat, dann die passierten Tomaten rein. 10 Minuten bei ganz wenig Hitze köcheln lassen, dann wird die Sauce mit Salz, Pfeffer und Chili abgeschmeckt. Die Sauce lasse ich vollständig erkalten (hahaha, bei den Temperaturen, oder was?!), bevor ich den gehackten Basilikum unterrühre. Der würde sonst grau, das wollen wir ja nicht.
Nun schlage ich einen Becher Schlagsahne auf und hebe die Sahnemasse vorsichtig unter die Tomatensauce, bevor ich die Mischung in die Eismaschine gebe.
Die lasse ich eine Stunde lang laufen und gebe das Eis danach noch für eine weitere Stunde ins Gefrierfach. Natürlich geht‘s auch ohne Eismaschine. Einfach die Mischung in einer Schüssel für vier Stunden in den Froster stellen und einmal stündlich kräftig durchrühren.
Weil ich ein ziemlicher Angeber bin, mache ich auch noch Parmesanchips dazu – statt Eiswaffel: Ich reibe den Parmesan fein und gebe teelöffelweise kleine Häufchen aufs Blech, die ich dann bei 200°C für ein paar Minuten im Ofen backe. Ich bleibe vor dem Ofen stehen und passe auf – wer weggeht, verliert, die Grenze von „heller geschmolzener Matsch“ zu „Holzkohle“ ist nämlich fließend.
Ich lasse die Chips kurz abkühlen und tupfe das überschüssige Fett mit Küchenpapier ab (noch mehr Fett braucht wirklich niemand).
Auf die gekochten, heißen Spaghetti gebe ich nun eine Kugel des Tomateneises, signiere mein Werk schwungvoll mit etwas Crema di Balsamico, dekoriere mit dem Parmesanchip, frischen Tomaten, etwas Basilikum und serviere. Lecker. Meine Leute mögen das. Mist, hat der Chef doch wieder Recht gehabt.
IH

