Ein offener Brief an …Katherina Reiche

Liebe Katherina, lass dir das nicht gefallen! Zieh das jetzt durch, bau die Gaskraftwerke, egal was Brüssel sagt. Du hattest 20 Gigawatt versprochen, du musst jetzt Wort halten. Für uns alle – die wir in weiser Voraussicht unser Geld bei jenen Konzernen angelegt haben, die demnächst Milliarden verdienen werden. Was ist da eigentlich schiefgelaufen in Brüssel? Hast du vergessen, rechtzeitig mit den richtigen Leuten zu sprechen und die Türen zu ölen?

Vergossene Milch. Jetzt muss es umso mehr darum gehen, den Menschen die Gaskraftwerke als alternativlos zu verkaufen. Das muss weiterhin auf mehreren Ebenen passieren. Erstens musst du die „Dunkelflaute“ noch viel mehr als großen Teufel an die Wand malen. Das Motto: Grüner Strom schafft Unsicherheit. Mit Wind- und Solarenergie wackelt das Netz. Darum: Mehr Statements von der Sorte wie nach dem großen Ausfall in Spanien. „Der Blackout auf der Iberischen Halbinsel hat gezeigt, wie verwundbar unser Stromsystem sein kann“, hast du gesagt. Gar nicht so übel. Die grünen Energien können uns potenziell jederzeit ins Chaos stürzen. „Wir müssen gewappnet sein.“ Und klar: Gaskraftwerke sind die Lösung. Das freut die früheren Kollegen von Westenergie. Und es spielt bei all dem gar keine Rolle, dass der Stromausfall in Spanien wohl rein gar nichts mit erneuerbaren Energien zu tun hatte, sondern vielmehr mit einem ziemlich maroden Netz. Fakt ist, was die Leute glauben. Also immer schön die Geschichte vom guten, sicheren Strom (Gas) und vom schlechten, unsicheren Strom (Sonne und Wind) erzählen.

Aber das ist wie gesagt nur der erste Teil. Gleichzeitig musst du die Fortschritte bei der Stromspeicherung weiter kleinreden. Klar, die Preise für Batteriespeicher fallen, die neuen Natrium-Ionen-Batterien kommen jetzt sogar ohne kritische Rohstoffe aus und die Installation von Großspeichern wächst rasant – aber auf Gaskraftwerke können wir (natürlich) trotzdem nicht verzichten. Auch wenn immer mehr Menschen demnächst zu Hause ihren Strom speichern werden. Nein, die Zukunft sind Gaskraftwerke. Du, liebe Katherina, musst das immer wieder sagen, bei jeder Gelegenheit, damit die Leute das weiter glauben. Und das tust du ja auch. Da freut sich die fossile Lobby. Und falls die Leute trotzdem beginnen, an deinen Gaskraftwerken zu zweifeln, musst du einfach mit Atomkraftwerken drohen. Denn irgendwie muss ja die Grundlast gesichert werden. Atomkraftwerke funktionieren in Deutschland. Die Leute fressen fast alles, wenn sie nur das nicht fressen müssen.

Und nicht zuletzt bleibt natürlich Intransparenz deine vornehmste Aufgabe. Mauern, auf Anfragen nicht reagieren. Und immer schön satte Gebühren für IFG-Unterlagen verlangen, obwohl ein Gericht solche Praktiken bereits als rechtswidrig eingeschätzt hat. Ist vielleicht nicht legal, aber vollkommen egal. Sie können ja versuchen, sich gegen diese Praxis zu wehren. Mal sehen, wer finanziell am Ende mehr Ausdauer hat. So geht’s. Das ist der Job einer Bundesministerin für Wirtschaft und Energie. Und falls es 2029 mit einer Fortsetzung nicht klappt, sind die Sessel in der alten Branche schon vorgewärmt.

Wichtig ist, jetzt nicht ins Wanken zu geraten, angesichts irgendwelcher renitenter Brüssel-Beamten. Dann werden es halt nur 12 Gigawatt. Das reicht immer noch lässig für die Altersvorsorge. Gaskraftwerke helfen. Sie helfen dir, sie helfen uns und sie helfen der fossilen Energiewirtschaft. Es muss dir weiter darum gehen, zu bremsen, wo immer du kannst, liebe Katherina. Damit die fossilen Renditen noch eine Weile weitersprudeln. Dein Schaden wird es nicht sein.


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