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Ein offener Brief… an Markus Söder

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Ein offener Brief… an Markus Söder


Foto: Josef A. Preiselbauer / Pixabay.com

Lieber Markus, wir schon wieder! Mit einem Gruß zum neuen Jahr, aufrichtigen Glückwünschen zu deinen genialen Wahlkampfideen und einem beherzten „Weiter so!“. Kann man Wahlkampf eigentlich noch besser machen? Du hast es wirklich verstanden und verinnerlicht: Es gibt grundsätzlich zwei relevante Gruppen in Deutschland. Da sind einmal die Leute, die sich noch verantwortlich fühlen, die nachdenken, die grübeln, die auch mal in einem Faktencheck stöbern. Diese verdammten woken Arschlöcher lesen zwischendurch ein Buch, im Zweifel sogar ein Sachbuch, sie glotzen MAITHINK X im Zweiten und hängen an den Lippen von Professor Harald Lesch. Diese Gruppe ist absolut zu vernachlässigen, weil man sie sowieso nicht kriegt. Die wählen die Grünen oder die Linken oder eventuell aus taktischen Gründen mal die SPD, aber die würden niemals die CDU wählen, oder in Bayern die CSU, sie sind also für deinen Kanzlerplan „Söder-2029“ völlig irrelevant.

Was nicht so tragisch ist, weil sie auch als Wählergruppe zunehmend kleiner und irrelevanter werden. Wahlen gewinnt man mit den anderen. Mit denen, die sich das alles nicht mehr gefallen lassen, die sich ihre Bratwurst nicht verbieten lassen, die überhaupt nicht einsehen, warum ausgerechnet sie im Sommer ihren Pool nicht mit Wasser füllen dürfen, die kurz gesagt diesen ganzen grünen Mist nicht glauben und lieber alles feiern, was ihnen in den Kram passt. Mehr Döner, weniger Ausländer. Echte deutsche Werte und Tugenden. Zwei Geschlechter. Deutsche Ingenieurskunst. Keine absurden Experimente. Das ist die Zielgruppe, die man in Deutschland für sich gewinnen muss.

Diese Leute wollen bedient werden. Sie wollen die richtigen Wohlfühlgeschichten hören. Sie wollen hören, dass sie nicht allein sind und auf der richtigen Seite stehen. Also nicht auf der woken Arschgesichter-Seite. Sie wollen Teil der Mehrheit sein. Weswegen es auch sehr klug ist, beizeiten eine Gruppe als Minderheit und Hassobjekt zu definieren. Jemand muss Schuld haben. Und du, lieber Markus, hast das sehr schön verinnerlicht. Die Grünen sind vom Satan besessen. Sie wollen uns alle mit ihrem veganen Scheiß vergiften. Sie wollen uns das Leben verbieten. Klar, das alles ist auch ein bisschen AfD-Sound, aber es nützt ja nichts. Man kann den Rechten ja nicht einfach dieses herrlich willige Stimmvieh überlassen.

Natürlich weißt du, dass du die Idioten bedienst, die Deppen von der letzten Bank, die egoistischen, verfressenen Arschlöcher, die sich gerne Gartenzwerge in den Vorgarten stellen und bei heruntergelassenen Jalousien sonntags so richtig die Sau rauslassen, bevor es zum Gottesdienst geht. Ganz normale Deutsche eben, die nicht weiter springen als sie müssen und nicht weiter denken als die eigene Nase lang ist. Die einfach gerne alles glauben, was ihnen in den Kram passt. Sie wollen gar nichts wissen. Sie wollen angelogen werden. Sie sehnen sich nach Populismus, nach einfachen Antworten. Soll man sich dem als ambitionierter Politiker verweigern? Im Gegenteil. Man muss genau die Show abliefern, die gewünscht wird. Und dabei ist alles erlaubt, selbst ein Kniefall in Warschau. Das ist nicht „eine der größten Geschmacklosigkeiten“, ein „absoluter Tiefpunkt“ oder „Selbstbesoffenheit“, das ist einfach nur klug kalkuliert. Da sind alle Synapsen genau richtig verdrahtet.

Du lieber Markus, weißt einfach, dass deine Zielgruppe nicht weiß, wer Willy Brandt war, was der in Deutschland für einen Job hatte und dass der sich auch mal in Warschau die Hose dreckig gemacht hat. Du hast nur Respekt gezeigt, davor sollte man Respekt haben. Klar. Wir Södern uns die Welt, wie sie uns gefällt. VA

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Ein offener Brief… an Olaf Scholz

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Ein offener Brief… an Olaf Scholz


Lieber Olaf, was du für ein unfassbarer Fuchs bist! Großartig! Wie sie dir und euch momentan alle auf den Leim gehen. Vor allem die CDU. Ganz großes Kino. Jetzt fühlen sie sich total sicher. Boris hat abgedankt. Du bist der Kanzlerkandidat. Die schlechteste Wahl. Weil du ernsthaft zu glauben scheinst, noch eine Chance zu haben. Völlig irre. Die Union reibt sich die Hände. Da leidet jemand ganz offensichtlich an galoppierendem Realitätsverlust. So einen wird niemand wählen. Der liebe Friedrich muss sich jetzt nur noch zurücklehnen und bis zum 23. Februar den Mund halten. Die Union fühlt sich bereits als sicherer Sieger.

Der erste Teil des Plans ist damit schon aufgegangen. Alles läuft nach Drehbuch. Ein genialer Schachzug. Denn natürlich weißt du, lieber Olaf, dass du keine Chance hast. Dass die SPD mit dir als Kanzlerkandidat wahrscheinlich unter zehn Prozent landen würde. Natürlich weißt du, dass du abdanken musst. Und natürlich habt ihr das alles im Willy-Brandt-Haus längst bis ins Detail durchgesprochen. Der nächste Kanzler wird natürlich Boris Pistorius heißen. Aber dazu muss das Timing stimmen. Und ein Wechsel zu Pistorius wäre jetzt, vor Weihnachten, noch ein bisschen zu früh gewesen. Die CDU hätte während der Feiertage Zeit gehabt, mal nachzusehen, was im Verteidigungsministerium nicht ganz so gut gelaufen ist in letzter Zeit. Oder was Boris möglicherweise damals, als OB in Osnabrück, verkackt hat. Also habt ihr euch entschlossen, sie erst Mitte Januar so richtig kalt zu erwischen.

Vielleicht auch erst Ende Januar. Ein guter Plan. Denn die Leute entscheiden sich ja mittlerweile sehr spontan. Niemand denkt noch groß nach oder liest Wahlprogramme, die meisten machen ihr Kreuz aus dem Bauch heraus. Darum hat die Kandidaten-Rochade noch Zeit. Da dürfen ruhig noch ein paar Tage ins Land gehen. Tage vor Weihnachten, in denen du in Talkshows den grenzdebilen Träumer geben wirst. In denen du von deinen „Erfolgen“ als Kanzler sprechen wirst. Und dass die Leute ja gesehen haben, wie schwierig Koalitionen sind, weswegen du nun auch die absolute Mehrheit anstrebst. Und dann kommen die Feiertage und du wirst dich, so steht’s im Drehbuch, vollständig aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Kein Lebenszeichen bis zum 2. Januar. Niemand wird auch nur irgendwo dein Gesicht sehen.

Aber dann, am 2. Januar, geschäftiges Treiben vor dem Willy-Brandt-Haus. Du wirst dort auftauchen, Boris wird da sein, natürlich auch Stephan Weil und Lars Klingbeil. Saskia Esken nicht, weil ihr der nichts gesagt habt, aus Angst, dass sie sich wieder irgendwo verplappert. Und dann werdet ihr nach ein paar Stunden wieder erscheinen, mit ernsten Gesichtern, und ohne jeden Kommentar in eure Limousinen steigen, während im Hintergrund aus dem Schornstein weißer Rauch aufsteigt. Wobei du vor dem Einsteigen noch schnell Boris die Hand schütteln und ihm freundschaftlich auf die Schulter klopfen wirst. Und die Tage danach: Schweigen. Aber natürlich werden sie in den Medien nicht schweigen. Im Gegenteil. Die Spekulationen werden explodieren.

Und dann, irgendwann Mitte, Ende Januar, wirst du eine Pressekonferenz einberufen und eine Erklärung vom Teleprompter ablesen. „Mein sehr verehrten Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger“, wirst du sagen, „sie alle haben sicher gerätselt in den vergangenen Tagen, was vor sich geht, warum ich über die Feiertage von der Bildfläche verschwunden war. Nun, ich habe sehr viel nachgedacht über sehr große Fragen. Was ist eigentlich meine Aufgabe als Politiker, als Kanzler? Meine Aufgabe ist es, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Und weil eines wirklich sonnenklar ist, musste ich einen Entschluss fassen. Sie kennen die Umfragen. Mit mir als Kanzlerkandidat würden wir in Deutschland Friedrich Merz als Kanzler bekommen. Das wäre ohne Zweifel ein fürchterlicher Schaden für das deutsche Volk. Und darum ist ganz klar, was ich zu tun habe. Ich ziehe hiermit meine Kanzlerkandidatur zurück und schlage Boris Pistorius vor. Ich erweise damit meiner Partei und dem deutschen Volk einen letzten großen Dienst. Diese Entscheidung krönt meine Bilanz eines sehr erfolgreichen Bundeskanzlers.“ Abgang Olaf. Auftritt Boris. Alles wird gut! Danke, lieber Olaf! VA

Ein offener Brief… an Olaf Scholz

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Ein offener Brief…an Kamala Harris

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Ein offener Brief…an Kamala Harris


Liebe Kamala, gar keine Frage, du wirst es! Wir glauben fest daran! Alles andere wäre Betrug. Wenn du es nicht wirst, dann hat der irre Elon die Wahl gekauft. Ganz klarer Fall. Womit wir auch schon fast bei dem Grund unseres Briefes sind. Du musst unbedingt handeln, sobald du das Steuer in deinen Händen hast. Sonst wird es irgendwann doch böse enden. Schau dich mal um. Die Leute sprechen alle nur von Pest oder Cholera. Sie vertrauen euch nicht mehr. Sie vertrauen nicht den Demokraten und nicht den Republikanern. Sie glauben nicht daran, dass ihr tatsächlich irgendwelche Probleme löst. Dass sich mit euch wirklich irgendetwas nachhaltig zum Guten wenden könnte. Sie glauben nicht mehr an den amerikanischen Traum. Sie sind desillusioniert, müde und enttäuscht.

Klar, ein paar glauben noch an den Weihnachtsmann. Alle, die Trump für einen Messias halten. Oder jetzt halt dich für die große Erlöserin. Aber die meisten Amerikaner wissen schon sehr genau, dass es – egal mit wem – einfach weitergehen wird wie bisher. Arm bleibt arm, reich wird immer reicher. Auch du, liebe Kamala, wirst daran nichts ändern, es sei denn, du bist tatsächlich heimlich eine Kommunistin. Wovon wir aber nicht ausgehen. Das hat sich der liebe Donald bestimmt nur ausgedacht.

Egal, zurück zum Punkt: Die Leute glauben nicht mehr an die Demokratie. Sie finden das System korrupt, sie vermuten, dass im Hintergrund irgendwelche sehr reichen Menschen die Fäden ziehen. Und jetzt mal so ganz unter uns, liebe Kamala, wir wissen beide, dass das so weit von der Realität gar nicht entfernt ist. Die Spenden fließen reichlich, sie helfen beim Wahlkampf, aber niemand spendet so ganz selbstlos. Zumindest nicht die, die richtig tief in die Tasche greifen. Und auch du wirst deine Rechnungen bezahlen müssen, sprich den einen oder anderen Wunsch erfüllen müssen. Und die Höhe der Summen wird dabei die Rangliste deiner Agenda bestimmen. Und ja, jetzt kannst du sagen: alles nicht so schlimm, ist ja schon eine Weile so, war bei Obama auch nicht anders. Aber ist das wirklich ein Argument, nichts zu ändern? Wäre es nicht an der Zeit, eure Plutokratie wieder in eine echte Demokratie zu verwandeln? Wäre das nicht schön?

Wie wäre es mit folgender Idee? Du sammelst weiter Spenden ein (übrigens großes Kompliment für deinen Internetauftritt, mit nur wenigen Klicks kann man echt viele Dollars loswerden), was ja gerade ziemlich erfolgreich läuft, du drehst zum Endspurt noch einmal richtig auf, du steckst jeden Cent in diese Wahl. Aber wenn du es dann geschafft hast, und wenn im Anschluss der Bürgerkrieg vorbei ist, du überlebt hast und tatsächlich im Weißen Haus sitzt, dann kommst du mit einer Gesetzesinitiative um die Ecke. Dann werden einfach kurzerhand alle Spenden, ob groß oder klein, an politische Parteien in den USA verboten. Und dann ist die verdammte Plutokratie von jetzt auf gleich am Ende, dann ist der Spuk endlich vorbei.

Klar, da kann man jetzt auch Gegenargumente finden. Dass zum Beispiel ohne die Spendenmöglichkeit erst recht nur noch Leute eine Chance auf das Präsidentenamt haben, die richtig, richtig reich sind. Und dann wird am Ende demnächst Elon Musk amerikanischer Präsident. Gott bewahre! Aber da lässt sich doch bestimmt irgendein Dreh finden. Vielleicht können man einfach die erlaubten Vermögen begrenzen. 50 Millionen, und alles darüber ist unanständig und verboten. Oder ist das schon Kommunismus? Vielleicht fragen wir da mal vorsichtshalber besser Donald. VA

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Editorial 04-2025

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Editorial 04-2025


Für diese April-Ausgabe habe ich mich mit Christian Katz unterhalten, neuer
Chef der Hannover Marketing und Tourismus GmbH, der künftig neben
Hans Nolte dafür sorgen wird, Hannover „zu verkaufen“. Und bei Cristian
ist mir wieder das passiert, was ich während unserer 20 Jahre Stadtkind (Ja,
wir haben unseren Geburtstag vergessen. Kann ja mal passieren. Wir feiern
nach, wenn wir 25 werden. Versprochen!) schon sehr oft erlebt habe. Ich
spreche mit jemandem, der nicht aus Hannover kommt, und Hannover ist
ganz klar die schönste Stadt Deutschlands. So viel Grün, so kurze Wege, so
viel Kultur, so nette Menschen. Während alle, die in Hannover geboren sind,
für ihre Stadt oft nur ein Schulterzucken übrighaben. Bloß keine Superlative,
lieber den Ball flachhalten. Größter Stadtwald Europas? „Komm, es ist
einfach ein Wald, zufällig mitten in der Stadt.“ Das ist dieses typische Understatement.
Und auch den Grund, warum Zugezogene so schwärmen, haben
mir gebürtige Hannoveranerinnen bereits verraten: „Die Neuen müssen sich den ganzen Mist hier ja irgendwie schönreden.“ Klar. Das leuchtet ein. Christian Katz will nichts schönreden. Auf leere Flaschen wahnsinnig bunte Etiketten kleben, um sie besser zu verkaufen, das klingt für ihn eher nach einer fragwürdigen Strategie. Er setzt lieber auf das, was da ist. Und das ist ja tatsächlich eine ganze Menge. Hannover braucht nur ein bisschen Zeit. Man muss sich unsere Stadt sozusagen erobern. Die Türen gehen stellenweise nicht von allein auf. Vielleicht müsste mal jemand eine Art Bedienungsanleitung schreiben. Das Gespräch mit Christian beginnt auf Seite 54. Und noch schnell ein paar Worte zur Wahl. Wobei, nein, erst ein paar Worte für alle netten Nachrichtenschreiberinnen, die sich darüber beklagen,
dass ich ahnungsloses Schlafschaf die Frechheit besitze, hier auf der
Seite 3 ständig meinen linksgrünen Mist zu verzapfen. Immer wieder gerne!
Euer „Lob“ ist mein Antrieb. Es macht mir wirklich viel Freude. Also, die
Wahl. Ist wie erwartet ausgegangen. Ich hatte die CDU/CSU ein bisschen
über der 30 gesehen, aber klar, wer im Bundestag mit den Rechten spielt,
muss sich vielleicht nicht wundern, wenn manche lieber das Original bevorzugen.
Ich hatte, wie wohl alle, die Linken nicht ganz so stark geschätzt.
Beim Rest lag ich ziemlich richtig. Und ein paar Hoffnungen sind auch in
Erfüllung gegangen. Wobei, meine Gedanken zum BSW und zur FDP verrate
ich nicht. Ich will mich nicht auf södersches Nachtretniveau begeben.
Jetzt haben wir also nach der Wahl zuerst alle gemeinsam herausgefunden,
dass die CDU/CSU vor der Wahl ein bisschen geflunkert hat, um es
mal charmant auszudrücken. Und wir haben herausgefunden, dass plötzlich
viele Milliarden da sind, die vorher anscheinend nicht da waren. Und jetzt
bekommen wir demnächst wieder eine „Große (und sehr reiche) Koalition“,
die gar keine mehr ist, weil die SPD ja nur auf Platz 3 gelandet ist. Ich hoffe
wirklich sehr, dass die Verantwortlichen dieses Geld klug ausgeben. Und
vor allem, dass sie ihre Hausaufgaben machen, bevor sie es ausgeben. Erst
die Bürokratie, dann der Rest. Ansonsten versickern die Milliarden, weil
irgendwelche Faxe nicht rechtzeitig ankommen. Bitte versaut es nicht. Es
ist nicht euer Geld, es sind die Schulden unserer Kinder, also gebt euch verdammt
noch mal Mühe.

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Editorial 03-2025

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Editorial 03-2025


in dieser Ausgabe habe ich mit Aurélie Alemany gesprochen. Sie ist seit dem 1.
Juli 2024 CEO von enercity. Mich hat vor allem interessiert, wie weit wir eigentlich
mit der Energiewende sind, insgesamt und in Hannover und Region. Liegen
wir gut im Rennen? Welche Ziele hat sich unser kommunaler Energiedienstleister
gesetzt? Getroffen habe ich eine sehr sympathische und humorvolle, aber vor
allem sehr kompetente Frau. Aurélie Alemany weiß genau, wovon sie spricht, sie
drückt sich nicht um Antworten, sie hat eine klare Meinung und eine ebensolche
Haltung. Und sie hat über ihr Unternehmen hinaus auch Hannover im Blick. Wie
geht es dem Standort, wie ist es um Hannovers Image bestellt, wie um die Kultur
und die Lebensqualität? enercity will ein Teil der Antwort sein und entsprechend
engagiert man sich beispielsweise in der Kultur. Mehr dazu ab Seite 54.
Und nun natürlich zur Wahl. Die für mich noch ein paar Tage in der Zukunft
liegt. Und wenn diese März-Ausgabe erscheint, schon ein paar Tage Vergangenheit
sein wird. Ich habe bereits einige Wahlen hinter mir, aber ich war selten so
verunsichert und ratlos wie vor dieser Wahl. Ich mache mir Sorgen um unsere
Demokratie. Mir ist das alles inzwischen zu flach. Populismus ist eher die Regel
als die Ausnahme. Ich kann die politischen Debatten kaum noch ertragen.
Werden diese Leute es demnächst richten in Deutschland? Ich habe durchaus
begründete Zweifel.
Aber ich mache mir nicht allein Sorgen um Deutschland. Ich mache mir darüber
hinaus ganz allgemein Sorgen, in welche Richtung sich unsere Welt mit Trump,
Putin und Jinping drehen wird. Mir schwant nichts Gutes. Wir sehen einen Präsidenten
in Amerika, der mit atemberaubender Geschwindigkeit die Demokratie
im eigenen Land schleift und alte Freundschaften aufkündigt. Der Begriff „Disruption“
umschreibt recht genau, was Donald Trump gemeinsam mit Elon Musk
veranstaltet. Man steht schon jetzt fassungslos vor einem riesigen Scherbenhaufen.
Und ist sich allgemein recht einig: Dieser Typ ist total irre. Aber ist er das
wirklich? Oder folgt er nur seiner ganz eigenen Agenda, jenseits aller Menschlichkeit?
Was Trump momentan tut, das hat er lange angekündigt. Überrascht
sein darf wirklich niemand.
Doch in Europa und Deutschland war und ist man offensichtlich überrascht.
Und weiter uneinig. Das kann und darf so nicht weitergehen. Deutschland hat
nur in dieser Gemeinschaft eine Chance, die kommenden Jahre unbeschadet zu
überstehen. Es braucht ein geeintes und entschlossenes Europa, das dem Recht
des Stärkeren etwas entgegensetzt. Das die Menschenrechte verteidigt. Und das
auch beim Klima weiter auf Kurs bleibt. Möglich wäre so ein starkes Europa.
Man bräuchte dazu allerdings in den Ländern echte Europäer. Schade, dass wir
so einen Europäer in Deutschland nicht hatten während der vergangenen Ampel-
Jahre. Ich glaube, dass die Kanzlerschaft von Olaf Scholz in den Geschichtsbüchern
vor allem mit zwei katastrophalen, historischen Fehlern verbunden sein
wird. Der erste Fehler: Die zögerliche Unterstützung der Ukraine mit Waffen.
Der zweite Fehler: Europa vernachlässigt zu haben. Obwohl die Wahrscheinlichkeit
auf eine zweite Amtszeit Trumps relativ groß war. Olaf Scholz hat Emmanuel
Macron wiederholt auflaufen lassen. Dass man die vergangenen Jahre
nicht genutzt hat, um sich in Europa gemeinsam auf das Worst-Case-Szenario
namens Trump vorzubereiten, das ist ein Versäumnis, dass sich sehr wahrscheinlich
noch bitter rächen wird.
Gibt es Hoffnung, dass sich das angemessen schnell ändern wird in nächster Zeit?
Nein, denn die Länder in Europa denken momentan eher wieder in nationalen
Grenzen, was sich mit einem Kanzler Friedrich Merz wahrscheinlich auch bei uns
nicht ändern wird. Aber gut, es ist
jetzt, wie es ist. Wohin wird uns diese
Wahl bringen? „Schaun mer mal,
dann sehn mer scho“, hat der Kaiser
gesagt. Ja, was bleibt uns übrig …

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Editorial 02-2025

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Editorial 02-2025


Liebe Leser*innen,

in dieser Ausgabe habe ich mit Vanessa Erstmann gesprochen, die man in Hannover vor allem als Vorsitzende des Jazz Clubs kennt. Darüber haben wir auch gesprochen, aber nicht nur. Denn sie hat ein wirklich lesenswertes Buch geschrieben. „Reden wir von Hannover – das wird genügend harmlos sein“, so der Titel. Ein Zitat von Lessing, der Hannover ganz gerne mal aufs Korn genommen hat. Wir wissen, er hatte bis heute zahlreiche Nachahmer. „Eine Stadt auf der Suche nach ihrem Image“, so lautet der Untertitel. Und das stimmt. Hannover sucht seit Jahren. Ob man inzwischen fündig geworden ist oder zumindest weiß, woran es hapert, dazu mehr ab Seite 54.

Deutschland arbeitet momentan ebenfalls an seinem Image. Aber ob das in die richtige Richtung geht, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Ganz ehrlich, wenn ich mir das Schauspiel ansehe, was da gerade unter dem Titel „Wahlkampf“ aufgeführt wird, dann wird mir angst und bange. Es ist eine Tragödie und stellenweise gar nicht mehr auszuhalten. Das populistische Getöse von allen Seiten macht mich einigermaßen ratlos. Was ist das für ein Niveau? Ich hätte gerne wieder faktenbasierte und sachorientierte Debatten um echte Lösungen für tatsächliche Probleme. Ist das zu viel verlangt? Ein bisschen weniger Sandkasten? Ich möchte, dass wir darüber sprechen, in was für einem Land wir eigentlich leben wollen. „Mehr Milei oder Musk wagen“, hat Christian Lindner neulich vorgeschlagen. Ernsthaft? Braucht Deutschland wirklich Disruption? Ich denke eher, Deutschland braucht endlich mal wieder eine kluge, zukunftsorientierte Strategie. Vielleicht auch eine Vision. Oder ein paar mehr Visionen.

Es gibt eine Partei, die hat ganz offensichtlich eine Strategie, das ist die AfD. Und leider scheint diese Strategie immer mehr aufzugehen. Mittlerweile haben sich fast alle vor ihren Karren spannen lassen. Wenn man beispielsweise Friedrich Merz in diesen Tagen so zuhört, darf der sich über Beifall von ganz rechts überhaupt nicht wundern. Wobei ich einen ähnlichen Trend durchaus auch bei den anderen Parteien sehe. Der Wind weht zunehmend ausländerfeindlicher in Deutschland. Und alle hängen brav ihr Fähnchen in den Wind, um es sich ja nicht mit den besorgten Bürgerinnen und Bürgern zu verscherzen. Geht’s noch?

Ich frage mich die ganze Zeit, wo der empörte Aufschrei aus der Mitte unserer Gesellschaft bleibt. Oder ist das jetzt das neue Deutschland? Egoistisch, hart, inhuman, destruktiv? In letzter Zeit erzählen mir mehr und mehr gute Freunde mit und ohne Zuwanderungsgeschichte, dass sie darüber nachdenken, Deutschland zu verlassen. Ich kann das inzwischen sehr gut nachvollziehen. Aber wohin? Das ist die große Frage. Wir sehen diese Tendenz ja überall. Und ich will auch gar nicht gehen. Ich will den Alice Weidels dieser Welt nicht das Land überlassen. Ich will in die andere, in die entgegengesetzte Richtung. Und ja, darum werde ich am 23. Februar zur Wahl gehen. Und eine demokratische Partei wählen. In der Hoffnung, dass die demokratischen Parteien nach der Wahl vielleicht wieder zur Vernunft kommen. Und die echten Probleme angehen. Bitte keine Scheindebatten und Nebelkerzen mehr, bitte keine großen Versprechungen mehr, bitte einfach mal die Schnauze halten, die Ärmel hochkrempeln und abliefern. Das würde ich mir wünschen.

Die demokratischen Parteien haben aus meiner Sicht nur noch diese eine Chance. Wenn sie es in den kommenden vier Jahren nicht hinbekommen, den Populismus zu überwinden, idealistische Gräben zuzuschütten und konstruktiv miteinander zu arbeiten, dann werden wir 2029 die Quittung bekommen. Und das kann, das darf nicht sein!

Editorial 02-2025

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