Randgruppenbeleidigung im Juli: Spielplatzsportler*innen

Randgruppenbeleidigung im Juli: Spielplatzsportler*innen

Diese kleinen Scheißer! Du hast Feierabend, du gehst nach Hause, du hast dich gerade entschieden, dein Fitness-Abo heute ausnahmsweise auszulassen, weil das Wetter viel zu gut ist. Lieber noch irgendwo auf die Wiese, ein Kaltgetränk, ein bisschen chillen. Und dann siehst du sie, da drüben, auf dem Spielplatz in der Nachbarschaft, aufdringlich schnaufend und stöhnend – die Spielplatz-Sportler*innen.

Was dagegen einzuwenden ist, sein Geld nicht ins Fitnessstudio zu tragen, sondern an der frischen Luft die Klettergerüste auf den Spielplätzen als Trainingsgeräte zu missbrauchen? ALLES! Das ist Exhibitionismus pur! Fein definierte Muskelpakete glänzen ölig in der Sonne, der Schweiß fließt in Strömen, man kann es riechen aus hundert Metern Entfernung. Sie bewundern sich gegenseitig, während sie ihre Übungen machen, sie finden sich unendlich geil. Und sie gehen davon aus, dass auch alle anderen sie unendlich geil finden. Tun wir aber nicht! Euer Anblick ist eine aufdringliche Zumutung, das ist beinahe Nötigung.

Wir müssen ja nicht hinsehen? Okay, wie wäre es dann ohne Rums-Bums-Hip-Hop? Wenn ihr aufhört, eure Umwelt zuzudröhnen, während ihr pumpt und schwitzt, fällt es uns vielleicht leichter, euer Elend zu ignorieren. Aber wenn der Bass aus euren Musikboxen bis hoch in den sechsten Stock dröhnt, ist das nicht so leicht. Es ist im Gegenteil Terror. Doch natürlich beschwert sich niemand, denn wer will sich schon mit einer Horde verschwitzter Muskel-Dödel anlegen, die da irgendwas auf Spielplätzen kompensieren, über was wir hier lieber nicht nachdenken wollen.

Gebt die Spielplätze zurück! Sie gehören den Kindern! Und den Eltern. Hört endlich auf, eure Mitmenschen zu verstören! Nach jedem Spielplatzbesuch muss man wieder alles neu erklären: Nein, ein Sixpack ist nicht normal, dafür muss man hart trainieren und sich sehr bewusst ernähren und hat entsprechend weniger Zeit, schlaue Bücher zu lesen. Ja, stimmt, darum sind diese öligen Gestalten auf dem Spielplatz wahrscheinlich ein bisschen doof. Nein, ich kann nicht 30 Liegestütze auf einem Arm machen, das ist aber auch gar nicht schlimm. Nein, die Mama von der Laura guckt da nicht ständig hin. Und ich auch nicht. Verdammt noch mal!

Hingucken ist absolut verboten. Du kannst noch so viel Mitleid in deinen Blick legen, sie nehmen es trotzdem als Kompliment, boostern mit deinem Blick ihr Ego und pumpen nur noch heftiger. Publikum motiviert sie. Manche missverstehen die Blicke auch grundsätzlich als Flirtversuch und zwinkern dir zu. Bitte! Wer will von öligen Gestalten auf Spielplätzen angezwinkert werden?

Liebe Spielplatzsportler*innen, sucht euch bitte einen anderen Ort, fahrt in irgendeinen Wald und macht dort Klimmzüge an den Ästen. Wir haben keine Lust mehr, auf euren glitschigen Schweißflecken auszurutschen. Inzwischen muss man ja den gesamten Spielplatz streuen, ehe die Kinder dort gefahrlos spielen können. Glücklicherweise gibt es meist genug Sand vor Ort. Übrigens, Stadt Hannover, gelangen die öligen Hinterlassenschaften nicht ins Grundwasser? Gibt es da nicht irgendeine Strafe? Oder wenigstens eine Gebühr?
Linn Bongard


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