Ein offener Brief… an die niedersächsischen Finanzämter

Liebe niedersächsische Finanzverwaltung, herzlichen Glückwunsch! Es ist so weit: Niedersachsen hat das Faxgerät beerdigt. Am 1. Juli 2025, so hat es die Landespressestelle verkündet, habt ihr euch offiziell von einem der zuverlässigsten Begleiter deutscher Bürokratie getrennt – dem heiligen Rattern, dem Neuigkeiten versprechenden Quieken, dem weißen Rauschen der Verwaltung, der grauen Eminenz zwischen Klammeraffe und Lochverstärker: dem Faxgerät. Dann doch schon …

Man muss es euch lassen – das ist mutig. Denn wer Fax sagt, meint schließlich auch: „Warum einfach, wenn es auch analog geht?“ Für Einfachheit ist ein deutsches Finanzamt schließlich nicht zu haben, weshalb dieser Schritt fast schon progressiv anmutet. Jetzt also seid ihr wild entschlossen, der Zukunft eine Chance zu geben (eigentlich eher der Gegenwart, aber heben wir uns die Spitzfindigkeiten lieber für Anlage S auf). Doch die Welt der Technik reibt sich noch immer verwundert die Augen: Niedersachsen faxt nicht mehr.

Welcher Technikpionier euch auch immer gesteckt haben mag, dass das Internet inzwischen keine Modeerscheinung mehr ist, dass E-Mails kein Hexenwerk sind, dass Menschen heutzutage PDF-Dateien per Smartphone unterschreiben, während sie im Bus sitzen: Danke!

Wir hoffen natürlich, dass ihr keine Entzugserscheinungen bekommen mangels der typischen Faxgerätgeräusche – an dieses hypnotische Piepen, Rattern und Zittern des Papiers kann man sich ja schnell gewöhnen. Klug wird sein, für den Fall der Fälle Seelsorgende bereitzustellen.

Dennoch, alles hat seine Zeit. Und wie sagt man so schön: Wer zu spät faxt, den bestraft das Leben.

Doch nun zur alles entscheidenden Frage: Was plant ihr als nächstes, ihr lieben niedersächsischen Finanzämter? Wird in naher Zukunft vielleicht die Brieftaube als offizielles Kommunikationsmittel abgelöst? Oder wird der Rohrpostschacht im Keller endlich stillgelegt, damit Platz für einen modernen Server entsteht – oder gar, Achtung Vision, für schnelles Internet, das nicht nur werktags zwischen 9 und 10 Uhr sporadisch funktioniert? Wird etwa Heinz-Rüdiger, der in achter Familiengeneration in Hannover das Paternoster bedient, entlassen?

Vielleicht wird alles besser. Vielleicht dürfen wir sogar hoffen, dass Formulare eines Tages digital ausfüllbar sind, ohne dass die Hälfte des Textes beim Abspeichern verschwindet? Und wie steht es um das elektronische Elster-Portal – wird es irgendwann ein Passwortsystem einführen, das nicht aus 17 Hieroglyphen, einer Blutprobe und dem DNS-Code unseres Erstgeborenen besteht?

Gibt es vielleicht sogar Pläne, künftig PDFs hochladen zu dürfen, ohne dass sie „aus Gründen der Sicherheit“ erst ausgedruckt, ausgefüllt, wieder eingescannt, erneut ausgedruckt und dann per Brief geschickt werden müssen (gut, wir sehen ein, das ist nun wirklich zu verwegen)? Bei so viel Fortschritt rechnen wir jetzt natürlich mit weiteren Schlagzeilen, zum Beispiel: „Das Diensttelefon ist jetzt auch außerhalb der Mittagspause besetzt!“, „Antworten auf E-Mails in unter 14 Werktagen!“ oder „Sachbearbeitung durch Menschen statt durch kafkaeske Zufallsgeneratoren!“ Ja, die Spannung steigt. Man spürt direkt: Niedersachsen ist bereit für den digitalen Quantensprung – von 1996 direkt ins Jahr 2012. Wir gratulieren noch einmal, warnen aber auch ausdrücklich: Die Zivilgesellschaft hat das Fax nicht vergessen, rechnet besser mit einer „Initiative zum Erhalt analoger Lebensqualität“. Mit Stickern und allem. „Ich faxe, also bin ich!“ – Widerstandsgruppen mit Thermopapier und Resttinte.

Liebe Finanzverwaltung, bleibt standhaft. Ihr habt ein Zeichen gesetzt. In Sachen Fortschritt ist Niedersachsen jetzt das Kalifornien der Verwaltung. Nur mit weniger Sonne. Und mehr Kopien in dreifacher Ausfertigung. In diesem Sinne: Adieu, Faxgerät, Willkommen, Zukunft! Vielleicht.

Mit zukunftsoffenen Grüßen, die Stadtkinder mit WLAN und Hoffnung.


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