„Es ist alles voller Kacknachrichten, immerzu. Wir müssten mal wieder was Positives machen, was Schönes, Leichtes, Versöhnliches.“, sage ich zum Chef. Da die Welt schlimm genug ist, habe ich diesen Glücksbärchi-Gedanken, dass man sich zur Abwechslung mal auf was Fröhliches konzentrieren könnte. Ich recherchiere also ein bisschen; da wird’s ja wohl was geben! Plötzlich lande ich auf der Homepage eines Magazins, das sich ausschließlich mit schönen Dingen beschäftigt. Allerdings nicht mit schönen Dingen nach Art von Makkaroni mit Käse oder Nackenmassagen, sondern mit teurem Luxuskrempel. Auf dem Cover dieses Magazins finden sich gutaussehende und irre erfolgreiche Menschen, Patrick Dempsey, Victoria Swarowski, you name it. Im Heft selbst wird die lesende Person darauf hingewiesen, dass dringend, absolut, sofort die Bar im Ritz Carlton in Wolfsburg getestet werden muss, weil sie zu einer der besten Hotelbars der Welt gekürt wurde. Und wenn man schon mal da ist, kann man auch gleich im „Aqua“ essen gehen, da das drei Michelin-Sterne hat. Aber nur, wenn man sich selbst zuvor mit dem neuesten Wässerchen von Francis Kurkdjian eingerieben hat, das immerhin schon ab 180 Euro für 35ml zu haben ist. Und wenn einem das alles nicht gefällt, fährt man halt kurz mal auf Genussreise nach Lissabon (Top-Hotel für nur 382 Euro pro Nacht). Das Magazin behauptet: „Faszinierende Luxusreisen, ausgezeichnete Sterneküche, innovative Wohnideen, individuelle Beauty- und Pflegetipps sowie aktuelle Lifestyle-Themen – dies alles gibt’s bei uns“. Und ich frag mich: Das sind die Themen, auf die es ankommt? Wirklich? Wollen wir doch mal sehen! Gegendert wird im Heft zum Beispiel nicht, was im Umkehrschluss bedeutet: Feelgood gibt es nur für den binären Menschen. Erster Grund fürs Canceln. Weiter: Jede Art von Wohlfühlmoment ist hier untrennbar mit Konsum verbunden und zwar zu unerhört hohen Preisen. Zweiter Grund fürs Canceln. Im Grunde kann man direkt aufhören zu zählen, es reicht ja so schon für den Preis des unsympathischsten Magazins aller Zeiten. Wenn das Luxus ist, möchte ich keinen, bitte. Schnell weg von dieser Seite, sonst werde ich noch ernsthaft sauer. Auf der nächsten Homepage finde ich ein Magazin, das so ziemlich das Gegenteil von oben Genanntem propagiert: Ganz, wie es derzeit modern ist, mit bunten, naiven und proportional uneleganten Illustrationen dekoriert, reihen sich affirmative Kalendersprüche aneinander, hier und da gibt es informative Artikel über die kontemplative Wirkung, die es haben kann, Steine mit Wolle zu umweben und welche Romane man lesen muss, um sich unausweichlich selbst zu finden, sein inneres Sonstwas anzunehmen, zu umarmen und fortan mit sich selbst im Einklang durchs Leben zu gehen. Hm. Na, ob das besser ist? Immerhin haben beide Magazine haufenweise Leser, und zwar deutlich mehr als unser kleines Käseblatt. Die Aussagen darin stehen einander diametral gegenüber. „Kauf dir alles und du wirst glücklich sein“ versus „hör auf, dir auch nur irgendwas zu kaufen, dann wirst du glücklich sein“. Und was davon stimmt jetzt? Nichts. Alles. Für jede*n gibt es eine andere Wahrheit, mit anderen Zielen und anderen Verfahrensweisen. Von Makkaroni mit Käse steht aber nirgends auch nur irgendwas. Dabei kann ich mir keineswegs vorstellen, dass ich die einzige Person sein soll, die bei dessen Verzehr Glück empfindet. Jedenfalls mehr als beim Erstellen eines Moodboards, einem intensiven Zwiegespräch mit meinem Darm oder einer Fahrradtour durch das Alte Land. Aber: Whatever floats your boat. Die alles entscheidende Frage, ob man dafür aber extra ein Magazin braucht (oder gar mehrere), kann aber relativ deutlich mit einem „Nein, zur Hölle, auf gar keinen Fall!“ beantwortet werden.

