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Literarisches: Anke Weber

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Literarisches: Anke Weber


Raucherecke

Ein Roman über Trennung, Selbstfindung, gemeinsam gerauchte Zigaretten und beiläufige Begegnungen, die das Leben nachhaltig verändern können. Der erste Erwachsenenroman der Autorin Anke Weber begleitet die frisch getrennte Ella dabei, wie sie versucht, mit ihrem Single-Leben klarzukommen. Denn das Leben geht weiter und treibt sie, wo immer sie auch hingeht, in die Raucherecke. Dort führt sie Gespräche über Beziehungen, das Leben und den Tod, die Stadt und das Dorf, Hunde, Tattoos, Sprache, Sex und das Alleinsein. Alle Raucher*innen finden sich in gewohnter Umgebung wieder, während alle anderen einen Einblick bekommen, was dort eigentlich immer besprochen wird.

Ella wacht eines Morgens nach fünf Jahren Beziehung als Single auf. Nick hat mit ihr Schluss gemacht. Mit nur fünf Worten. Fragen, Selbstzweifel und Alleinseins-Ängste treiben die 27-jährige Online-Journalistin umher. Antworten findet sie dort, wo die Idee für den Roman entstanden ist – in Raucherecken. Orte an denen vielfältige Gespräche, teilweise auch sehr persönlicher Art, zwischen ganz unterschiedlichen Menschen geführt werden. Quer durch Generationen und Gesellschaftsschichten. „Manchmal hallen solche Gespräche nach und haben sogar das Potenzial, das eigene Denken und Handeln nachhaltig zu verändern“, sagt Anke Weber.

Während wir die Protagonistin in unterschiedliche Situationen begleiten, springt die Autorin immer wieder in die Köpfe der anderen Charaktere: Menschen aus verschiedenen Generationen, mit unterschiedlicher Herkunft und individuellen Lebensumständen.

Ella hat, ebenso wie Anke Weber, zwei Erlebniswelten: Land und Stadt. Da die Autorin selbst in Hannover zur Schule gegangen ist und gearbeitet hat, während sie auf dem Land lebte und bis heute lebt, ist die namenlose Stadt im Roman auch von der Landeshauptstadt inspiriert. Immer wieder tauchen Orte auf, die Hannoveraner*innen bekannt vorkommen werden. Mittlerweile ist sie immer noch häufig in der Stadt unterwegs. Zum Essen gehen, Shoppen oder um Konzerte und Ausstellungen zu besuchen – alles, was auf dem Dorf nur begrenzt möglich ist. Sie erzählt auch, dass es das Hannover aus ihrer Jugend so nicht mehr gibt. „Damals war die Passerelle noch ein spannender Ort, an dem ich oft Zeit verbracht habe, weil es dort viel Straßenmusik und Shops jenseits des Mainstreams gab“. Anke Weber war über 20 Jahre Redakteurin beim Radio und schreibt heute die Kolumne „mein Landleben“ für verschiedene Zeitungen.

Während viele andere Romane häufig von besonders außergewöhnlichen Erlebnissen oder Umständen im Leben einer Person handeln, erzählt „Raucherecke“ von ganz gewöhnlichen Alltagssituationen. Man hat das Gefühl, die Situationen, in denen Ella sich wiederfindet, selbst genau so erleben zu können. Der Roman handelt also vom normalen Leben. „Exakt das war von Anfang an geplant“, erzählt Weber.

Weniger „normal“ als die erlebten Situationen von Ella ist der Fakt, dass es eine eigene Playlist zum Buch gibt. „Erstmals habe ich das bei meinem Festival-Roman ,Nayra und Jo – Der Beat einer Liebe‘ gemacht. Da Musik ein wesentlicher Bestandteil dieses Festival-Romans ist, lag es auf der Hand, Playlists zur Story zu veröffentlichen. Das hat mir Spaß gemacht und deshalb habe ich es einfach wiederholt“, sagt Weber zu den Beweggründen hinter der Entscheidung.

Inhaltliche Inspiration kam aus Alltagssituationen und Begegnungen mit anderen Menschen. Aber auch gesellschaftliche Themen wie Feminismus werden angeschnitten, ohne aufgesetzt zu wirken. Der Roman macht Mut, sich neu zu erfinden und anderen Menschen offen zu begegnen, ohne sich selbst zu verraten. Denn durch diese Begegnungen und die daraus entstehenden Gespräche eröffnet sich die Möglichkeit, mehr über sich selbst zu lernen. Und Anke Weber lässt uns durch die verschiedenen Charaktere in ihrem Roman erahnen, dass Selbstfindung niemals endet.

Lukas Butterbrod

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Der Freundeskreis im Gespräch mit Anika Brehme und Olaf Jähner

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Der Freundeskreis im Gespräch mit Anika Brehme und Olaf Jähner


Heute haben wir mit Anika Brehme und Olaf Jähner zwei echte Ehrenamtsexpert*innen im Gespräch. Beide sind Mitglieder im Freundeskreis, im Sport ehrenamtlich engagiert und organisieren zudem beruflich das Freiwilligenmanagement. Anika Brehme ist stellvertretende Geschäftsführerin des Stadtsportbundes, Olaf Jähner Geschäftsführer des Niedersächsischen Turner-Bundes. Außerdem haben sie gemeinsam die Zukunftswerkstatt des Freundeskreises moderiert.

1. Ehrenamt = Leidenschaft – was heißt das für euch?

Olaf Jähner:
Es macht einfach viel Freude, für andere da zu sein. Ich trage in meinen Ehrenämtern dazu bei, dass das Leben für andere lebenswerter wird. Und das bereichert wiederum mein Leben – es bekommt Sinn. Genau das ist pure Leidenschaft.

Anika Brehme:
Ehrenamt ist für mich gelebte Selbstwirksamkeit. Ich freue mich, wenn meine Ideen umgesetzt werden und ich Raum zur Mitgestaltung habe. In meinem eigenen Engagement im Sport liegt mir besonders die Begleitung junger Menschen bei der Übernahme von Verantwortung am Herzen. Ich versuche, dafür gute Rahmenbedingungen zu schaffen.

2. Warum ist ehrenamtliches Engagement für unsere Gesellschaft – und für Hannover – so wichtig?

Olaf Jähner:
Unsere Stadtgesellschaft – und Gesellschaft überhaupt – wird schnell langweilig, wenn alle Aktivitäten staatlich organisiert sind. Warum? Weil es die Menschen sind, die mit Kreativität und Leidenschaft gestalten – besonders dann, wenn sie sich frei entfalten können. So entsteht eine unglaubliche Vielfalt an Aktionen, Initiativen und Projekten, die uns zusammenbringen und Gemeinschaft erlebbar machen.

Anika Brehme:
Ehrenamtliches Engagement schafft Verbindung zwischen Menschen, die sich in anderen Kontexten vielleicht nie begegnen würden. Es bringt unterschiedliche Kulturen und Generationen mit einem gemeinsamen Ziel zusammen. Hannover ist eine bunte, vielfältige Stadt – das wird über die vielen ehrenamtlichen Organisationen auch sichtbar.

3. Kennt ihr vorbildliche Projekte in Hannover?

Olaf Jähner:
Da ich aus dem Sport komme, fasziniert mich immer wieder der Verein handicap-kickers.de. Dort wird inklusiv Fußball gespielt.

Anika Brehme:
Und dort wird nicht nur Sport getrieben, sondern auch das Engagement inklusiv gedacht – bis hin zur Qualifizierung! Ja, wir durften dort lernen, was alles möglich ist, wenn ein Verein mutig Neues ausprobiert und daran glaubt, dass sich der Einsatz lohnt.

4. Wie müssen Vereine sich aufstellen, um ehrenamtliche Mitarbeitende zu finden?

Olaf Jähner:
Kurz gesagt: Vereine brauchen eine engagementfreundliche Kultur.
Sie müssen in der Lage sein, Aufgaben anzubieten, die zu den Fähigkeiten, Kompetenzen und Leidenschaften der Menschen passen. Dazu brauchen sie ein auf freiwilliges Engagement angepasstes „Personalmanagement“ – also eine Begleitung vom Einstieg bis zum Ausscheiden.

Anika Brehme:
Im Idealfall müssen Vereine gar nicht aktiv suchen, sondern zeigen, dass sie Orte sind, an denen man eigene Ideen einbringen und umsetzen kann. Dann entstehen tolle Beispiele – wie bei einem traditionellen Ruderverein, der durch eine Blühwiese mit mehreren Bienenvölkern jetzt eigenen Honig produziert. Einfach, weil es Mitglieder gab, die Lust hatten, das auszuprobieren. Diesen Mut wünsche ich vielen traditionellen Vereinen. Denn zufriedene Engagierte ziehen weitere Mitstreiter*innen an.

5. Ihr habt die Zukunftswerkstatt des Freundeskreises moderiert – was macht diesen Verein aus eurer Sicht besonders?

Olaf Jähner:
Der Freundeskreis vereint bürgerschaftliches Engagement mit gesellschaftlich relevanten Initiativen. Er stärkt die Bindung seiner Mitglieder durch exklusive Aktionen und tritt nach außen als sichtbarer Akteur der Stadtgesellschaft auf. Ein Verein, in dem es sich lohnt, Mitglied zu sein.

Anika Brehme:
Mich hat die Vielfältigkeit der Themen begeistert – und die Leidenschaft, mit der sich die Mitglieder für die Stadtgesellschaft einsetzen. Ich habe eine große und langjährige Verbundenheit erlebt. Vom Vorstand bis zur Mitgliedschaft ist spürbar: Alle eint die Liebe zu Hannover und der Wunsch, sie mit anderen zu teilen.

6. Welche Chancen hat der Freundeskreis Hannover in Zukunft?

Olaf Jähner:
Sehr gute – wenn es gelingt, die Balance zu halten: zwischen dem Nutzen für die Mitglieder und dem öffentlichen Auftreten durch gezielte Initiativen in der Stadtgesellschaft.

Anika Brehme:
Ich bin sicher, dass es dem Freundeskreis auch künftig gelingt, viele relevante Organisationen und Menschen in Hannover zusammenzubringen – und damit eine gefragte Stimme der Stadt zu bleiben. Die Demonstration auf dem Opernplatz im Januar 2024 hat gezeigt, welche Kraft in diesem Verein steckt, Menschen in Bewegung zu bringen.

7. Warum sollten sich Menschen in Hannover im Freundeskreis engagieren?

Anika Brehme:
Im Freundeskreis gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten für Engagement – ob projektbezogen oder langfristig, thematisch breit gefächert. Wer Austausch und Mitgestaltung sucht für das, was Hannover lebenswert macht, ist hier genau richtig.

8. Euer Wunsch für den Freundeskreis Hannover e.V.?

Olaf Jähner:
Lasst nicht nach in eurem Tun. Ihr bereichert das Stadtleben und seid ein unverzichtbarer Teil einer lebenswerten Landeshauptstadt.

Anika Brehme:
Bitte nutzt weiterhin die Leidenschaft eurer Mitglieder, um eine starke Stimme für Hannover zu bleiben. Diese Engagementgemeinschaft aus Kultur, Politik, Sport, Wirtschaft, Wissenschaft und Religion schafft im Rahmen eines Bürgervereins einen großen Mehrwert für ein liebens- und lebenswertes Hannover.

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Ehrenamtliches Engagement: Tierschutzhof Hannover Land – Alter Mühlenhof

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Ehrenamtliches Engagement: Tierschutzhof Hannover Land – Alter Mühlenhof


Ein Zuhause auf Lebenszeit – auf dem Tierschutzhof „Alter Mühlenhof“ finden Tiere mit schwerer Vergangenheit ein neues Zuhause. Ohne Streichelzoo-Atmosphäre und mit klaren Regeln zeigt der Hof, wie viel Verantwortung artgerechte Tierhaltung bedeutet – und welche Schicksale und Geschichten hinter den geretteten Tieren stecken.

Etwas abgelegen, umgeben von Feldern, liegt der kleine Gnadenhof in der Nähe von Neustadt am Rübenberge. Hier leben gerettete Ziegen, Schafe, Ponys, Esel, Hunde und zwei Wildschweine. Sie alle haben ihre eigene Geschichte: Die drei Ziegen Paprika, Zitrone und Gänseblümchen kommen aus einem Milchbetrieb, wo sie als Nachwuchs von Milchziegen geschlachtet werden sollten.

Pony Daisy lebte in einem Reitstall, in dem es nur selten nach draußen durfte. Es leidet an Asthma und ist im Offenstall auf dem Mühlenhof nun immer an der frischen Luft und darf ihren Lebensabend in Ruhe genießen.

Die wohl längste Reise hat der Esel Pancho hinter sich: Er kam vor ein paar Jahren aus Rumänien, wo er zuvor auf Feldern arbeiten musste.

Die Versorgung all dieser Tiere ist mit viel Arbeit verbunden. Kathrin Hannawald ist die einzige hauptamtliche Tierpflegerin auf dem Hof. Sie kümmert sich sieben Tage die Woche um ihre Schützlinge. Unterstützt wird sie dabei von Ehrenamtlichen wie Nora Begitt.

Gemeinsam mit Kathrin veranstaltet sie den „Besuchertag“. An jedem zweiten Samstag im Monat (von April bis Dezember) öffnet der Gnadenhof seine Türen für Interessierte. Besucherinnen und Besucher können den Tieren begegnen, sie streicheln – wenn diese es zulassen – und etwas über Tierschutz lernen. Besonders Familien kommen gerne, um ihren Kindern erste Erfahrungen im respektvollen Umgang mit Tieren zu ermöglichen.

Kathrin und Nora nutzen den Besuchertag auch, um darüber aufzuklären, was alles zu verantwortungsbewusster und artgerechter Tierhaltung dazugehört. „Wir haben zum Beispiel unseren Franz. Er kann nur Heusuppe essen, weil ihm jahrelang nicht die Zähne gemacht wurden. Dass man sich bei Ponys auch um so etwas kümmern muss, wussten seine früheren Besitzer nicht und er leidet noch heute darunter.“ erklärt Kathrin.

Das Ehrenamt auf dem Gnadenhof erfordert Einsatzbereitschaft – und auch die Bereitschaft, sich mal die Hände schmutzig zu machen.

„Wer hier ehrenamtlich mithelfen möchte, sollte bereit sein, die eigene Komfortzone zu verlassen“, sagt Nora. Helfende Hände sind immer herzlich willkommen – und besonders Menschen, die engagiert und handwerklich geschickt sind und eigene Ideen mitbringen. So gibt es im Gehege der Ziegen beispielsweise eine selbstgebaute Brücke aus Holzpaletten und alte Traktorreifen zum Klettern. Neben der aktiven Mitarbeit besteht auch die Möglichkeit, eine Tierpatenschaft zu übernehmen und den Hof finanziell oder mit Futterspenden zu unterstützen.

Tierschutzhof Hannover Land e.V.

Alter Mühlenhof“ in Borstel

Im Mühlenfeld 1

31535 Neustadt am Rübenberge

Tel.: 0174 977 88 56

E-Mail: tierschutzhof-hannover-land-e.v@web.de

www.tierschutzhof-hannover-land..de

Spendenkonto:

Tierschutzhof Hannover Land e.V.

IBAN: DE47 2505 0180 0901 0351 65

SWIFT-BIC: SPKHDE2HXXX

Besuchertag: jeden zweiten Samstag im Monat (April-Dezember) von 13 – 16 Uhr

Henrike Meyer

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Stadtkinder bewältigen den Alltag: Ich wäre gerne wie Wallis Simpson

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Stadtkinder bewältigen den Alltag: Ich wäre gerne wie Wallis Simpson


Dass wir uns da richtig verstehen: Ich habe es nicht auf einen Prinzen abgesehen, nichts weniger als das. Aber ich kann nicht umhin, diese Frau zu bewundern: Eine zweifach geschiedene Amerikanerin, die sich den damaligen Prince of Wales geschnappt hat, noch während sie mitten in ihrer zweiten Ehe steckte. Obwohl weder besonders hübsch noch reizvoll nach damals gängigen Maßstäben und erst recht keine „angemessene Partie“.

Ehrlicherweise, das muss man offen zugeben, sollen ihre Erziehung und ihre Umgangsformen mehr als nur ein bisschen zu wünschen übrig gelassen haben, beziehungsweise sollen sie der Erwähnung gar nicht wert gewesen sein. Den Mann, der später kurzzeitig König Edward VIII war (bis Simpson ihn zum Abdanken brachte), öffentlich bei seinem Rufnamen David zu nennen – Skandal! Bei öffentlichen Anlässen murrend herumzustehen und sich zu beschweren, dass man statt eines Kinderheimes viel lieber ein Kaufhaus hätte aufsuchen können – undenkbar. Kurz: Wallis Simpson war ein Störfaktor. Nicht nur für die Krone, die von ihrer Existenz ebenso wenig begeistert war wie der Rest des Commonwealths. Unbeliebter als sie war vermutlich nur Gareth Southgate nach seinem verschossenen Elfmeter gegen Deutschland bei der Euro 1996 und selbst das nur kurz. Diese Frau war nicht tragbar, für niemanden. Besonders nett soll sie auch nicht gewesen sein. Und das größte Ärgernis von allen: Sie hat drauf geschissen. Sie hat die Regeln nicht gebrochen, sondern gleich ganz ignoriert und das war ihre Geheimwaffe. Dass ihre Existenz eigentlich ein großer Glücksfall für die britische Krone, ach was, für die ganze Welt war, möchte eigentlich bis heute niemand gerne zugeben. Aber Fakt ist, dass Edward VIII im Grunde genommen ein Trottel war. Ein Dulli, der einerseits die Nazis irgendwie cool fand und nicht uninteressiert daran schien, mit ihnen zu paktieren, andererseits viel zu unkonventionell war, um das Amt eines konstitutionellen Monarchen adäquat auszuüben. So war es doch ein Segen für alle, dass Simpson ihn nach nicht einmal einem Jahr, sogar noch vor der Krönung, aus dem Amt gebumst hat. Einzig Patricia Knatchbull, geborene Mountbatten, erkannte diesen Glücksfall und schlug vor, eine Statue von Wallis Simpson errichten zu lassen, da man ohne sie niemals in den Genuss von Königin Elizabeth II gekommen sei. Aber genug der Politik und in aller Kürze: Wallis Simpson war ein fieses Arschloch, wie sie selbst sehr genau wusste. Und in diesem Wissen hat sie sich etabliert und sich ein schönes Leben gemacht.

Oscar Wilde hat einmal gesagt: „Hör nichts Böses, sag nichts Böses und du wirst niemals zu einer Party eingeladen.“ und außerdem „Um populär zu bleiben, muss man mittelmäßig sein.“ Zwei Richtlinien, an die sich Wallis Simpson offenbar immer gehalten hat, wie übrigens auch Oscar Wilde selbst. Und genau das ist es, worauf ich neidisch bin: Den Mut zu haben, sich unbeliebt zu machen. Ich würde sehr gerne Sätze sagen wie: „Deine Scheiße interessiert mich nicht, hör auf, mich damit zu belästigen!“ oder „Diese Party ist so langweilig wie ein Diavortrag über Ölradiatoren. Ich gehe jetzt irgendwo hin, wo es lustiger ist als hier, Guantanamo, zum Beispiel!“

Das würde mir gefallen! Ich würde mir dann gefallen! Stattdessen hör ich zu, wenn jemand langweiligen Kram erzählt, reagiere angemessen darauf und bleibe auf schlechten Partys so lange, bis es einigermaßen vertretbar ist, sich vom Acker zu machen. Und alles deswegen, weil ich nicht möchte, dass sich meinetwegen jemand schlecht fühlt. Sicherlich, es gibt bestimmt auch einen Mittelweg, aber den zu finden, ist noch viel schwieriger. Nein, ich will das ganze Paket: Fies sein und trotzdem eingeladen werden. Genau wie Wallis Simpson.

IH

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Stadtkinder kochen Cooper-Marmelade

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Stadtkinder kochen Cooper-Marmelade


Eigentlich bin ich nicht so Eine. Wirklich nicht. Ich bin einfach kein Marmeladentyp. Vor vielen Jahren, als es hier im Heft noch das Format „Küchenpsychologie“ gab, schrieb ich mal darüber, wie Marmeladenesser so ticken und dass Erbeermarmeladenesser die Traditionalisten unter den Marmeladenessern seien und all solchen Quatsch. Dazu gehöre ich nicht. Auch kann ich nicht behaupten, auf der Suche nach dem heiligen Marmeladengral gewesen zu sein, denn ich wusste die ganze Zeit, wo sich die Marmelade befindet, die ich gerne essen möchte: In England.

Und zwar für sage und schreibe acht Pfund pro Glas. Acht Pfund! Brennt denen der Hut? Oder viel mehr die Beefeatergrenadiermütze? Kulinarisches Gatekeeping ist eine Frechheit, das denke ich mir jedes Mal, wenn einer was von geheimen Familienrezepten quatscht. Und doch wollte ich in den Genuss von Cooper’s Oxford Marmalade (wird wirklich so geschrieben) kommen.

Also recherchierte ich, denn das kann ich gut, und stieß nach einiger Suche auf ein englisches Rezept aus dem Jahr 1867, handgeschrieben in feinster alter Ronde-Kalligraphie und von einem netten Menschen ins Netz gestellt. Sogar mit dem Hinweis, man könne, sofern man kein Bitterorangenöl hat (hab ich nicht), genau so gut Angostura nehmen (hab ich). Und schon lässt sich sehr schön selber Bitterorangenmarmelade kochen und Fortnum’s und Harrod’s können einen mal.

Ich bin kein Gatekeeper und teile gern; aber als Reminiszenz habe ich das feine Zeug Cooper-Marmelade getauft. Hier, bitte schön:

Wir brauchen etwa anderthalb Kilo Orangen. Am besten Sevilla, aber andere Saftorangen tun es auch. Dazu noch etwa ein Glas Orangensaft, 500g Gelierzucker 2:1, Angostura und einige Teefilter (oder Stücke von Feinstrumpfhosen). Das war’s schon. Nichts Geheimnisvolles oder Seltenes wie Haare einer jungfräulichen Person der britischen Thronfolge, keine von einem anglikanischen Priester gesegnete Zauberapfelsine, nichts dergleichen.

Unsere Orangen werden jetzt gewaschen, kommen in einen großen Kochtopf und werden knapp mit Wasser bedeckt. Nun kochen wir sie bei mäßiger Hitze. Doch, wirklich! Und zwar eine halbe Stunde lang. Dann werfen wir sie kurz in Eiswasser und schon lassen sie sich pellen wie hartgekochte Eier. Was wir auch tun und dann das Weiße von der Schale trennen. Das geht mit gekochten Orangen so viel einfacher als im Rohzustand, dass es geradezu ein Vergnügen ist. Die orangene Schale hacken wir jetzt sehr klein und tun sie schon mal in eine Schüssel. Das Weiße stopfen wir in den Teefilter (nicht alles, aber eine großzügige Handvoll). Jetzt schneiden wir die Filets aus den Orangen und hacken auch die klein, der weiße Fruchtkörper kann ggf. noch mit ins Beutelchen. Gemeinsam mit der Schale wird das Fruchtfleisch nun gewogen und mit dem Orangensaft auf ein Kilogramm aufgefüllt. Jetzt kommt alles – Orangenausbeute, Teefilter und Gelierzucker – in einen Topf und wird aufgekocht. Dann geben wir einige Spritzer Angostura dazu (15 vielleicht), während der Teefilter nach drei, vier Minuten heraus genommen wird. Kurz Gelierprobe machen: Jau, wird fest! Dann die Marmelade noch in Gläser füllen (vier Halblitergläser sollten reichen), abkühlen lassen und den Engländern eine lange Nase drehen.

IH

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Stadtkinder essen: Jiji‘s Tacos & Bowls

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Stadtkinder essen: Jiji‘s Tacos & Bowls


Mitten in der Altstadt, genauer gesagt, an der Ecke Schmiede- und Grupenstraße, befindet sich seit kurzem der neue Place to be für Insta-Babes und solche, die sich dafür halten: Jiji‘s Tacos & Bowls. An Instagram hängt unser Herz nicht so besonders, aber dafür an Essen umso mehr, weshalb der Laden natürlich dringend ausprobiert werden musste. Online sah das nämlich alles sehr hübsch und appetitlich aus, aber vielleicht hat da auch jemand einen Filter über die Bilder gelegt – wir werden es herausfinden.

Auf den ersten Blick stellen wir fest: Optisch macht der Laden eine Menge her. Im Boho-Stil eingerichtet, Möbel aus Bambus und Wasserhyazinthe, massenhaft Pflanzen wie Efeutute und Bogenhanf, Trockengräser und Makrameegedöns. Der feuchte Traum einer jeden freigeistigen Studienanfängerin und wirklich sehr instagrammable. Wir werden freundlich begrüßt und bekommen die Karte in die Hand gedrückt, die selbstverständlich auf einem Klemmbrett befestigt ist, macht man ja heute so. Apropos, macht man heute so: Auch hier gibt es dieses unsägliche Piepser-Verfahren: Man geht zum Tresen, bestellt, bekommt einen Piepser und wenn das Essen fertig ist, quiekt der Apparat und man muss sich seine Mahlzeit abholen. Ein ausgesprochen unsympathisches Konzept, das da immer mehr um sich greift, hat es doch rein gar nichts mit wirklichem Service zu tun, aber nun denn.

Wir dackeln also, nachdem wir unsere Auswahl getroffen haben, zurück zum Counter und bestellen: Pulled Chicken Quesadillas mit Avocadocreme, Cheddar und Zwiebeln (3 Stück 11,95 Euro), Cauliflower Bites Bowl mit Blumenkohl im Teigmantel, mit Reis, Kraut, Avocadocreme, Pico de gallo, eingelegten roten Zwiebeln, Frühlingszwiebeln und Nachotopping (13,50 Euro), überbackene Nachos mit Cheddar, Zwiebeln, Karotten-Joghurt-Creme und Avocadocreme (9,30 Euro) und, weil wir schon mal hier sind und Freitag ist, zwei Cocktails. Mai Tai und Mojito (je 7,95 Euro).

Der Piepser gibt uns bald darauf Bescheid und wir holen unser Essen ab. Wie auch der Rest des Ladens wirkt es optisch sehr ansprechend, jetzt geht es ans Testen. Erst mal die Cocktails: Hätten wir mal lieber eine Cola bestellt! Beide Getränke schmecken zu süß und nach Instantpulver, der sogenannte Mai Tai wird von einem penetranten Mandelaroma überlagert, während man beim Mojito nach Minzgeschmack suchen muss. Suchen muss man auch die Pico de gallo bei der Blumenkohl-Bowl, nur leider vergeblich. Eigentlich handelt es sich um eine Salsa aus gehackten Tomaten und frischen Kräutern. Auf unserer Bowl befindet sich aber eine, Pardon, rote Convenience-Schlempe, die im Geschmack an das erinnert, worin Baked Beans aus der Dose für gewöhnlich schwimmen. Die roten Zwiebeln sind nicht eingelegt sondern roh, der Reis ist in Ordnung, aber ungewürzt, für den Blumenkohl gilt das Gleiche. Der allerdings schmeckt, als sei der Frittiervorgang schon eine Weile her – und kaltes frittiertes Gemüse ist nicht gerade ein Hochgenuss. Alles in allem essbar. Die Quesadillas sind in Summe solide, wenn auch recht ereignislos. Auf die Idee, den Cheddar auf den Nachos zu verteilen, ist man hier nicht gekommen, ein Käseklumpen liegt zentriert auf den überraschend guten Chips. Tja.

Es gab mal einen bösen Spruch über die frühere Tennisspielerin Anna Kournikova: „Sieht gut aus, gewinnt selten.“ Lässt sich leider 1 zu 1 auf das Essen von Jiji‘s Tacos & Bowls anwenden. Aber es kann nicht immer Wimbledon sein, vielleicht haben wir einfach einen sehr schlechten Tag erwischt.

Wer sein Glück trotzdem versuchen möchte:

Jiji‘s Tacos & Bowls

Schmiedestraße 6

30159 Hannover

Di.-Do.: 12-14.30 Uhr, 17-21 Uhr

Fr.-Sa.: 12-23 Uhr

So.: 12.30-20 Uhr

IH

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