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Zur guten Nacht: Das interkontinentale Trinkgelage

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Zur guten Nacht: Das interkontinentale Trinkgelage


Eines schönen Tages im November 1863: Der dänische König Friedrich VII war gerade gestorben und sein Nachfolger, Christian IX, war frisch im Amt. Und wie das so ist mit neuen Besen – wir kennen das dieser Tage gut von unserem Kanzler – gehen da schon mal die Allmachtsphantasien mit einem durch und man redet eine Menge Quatsch. So auch König Christian. Der stellte nämlich beim Durchgehen seiner Papiere fest: „Ach Mensch! Ich bin ja gar nicht bloß König von Dänemark! Ich bin ja auch noch Herzog von Holstein, Schleswig und Sachsen-Lauenburg. Wo ist Letzteres noch mal genau? Ach, egal! Wo Schleswig ist, weiß ich. Das ist ein Lehen von mir? Kuck mal an. So, so, Holstein gehörte bis vor 50 Jahren noch zum heiligen Römischen Reich. Na, da hätte ich auch selber drauf kommen können.“ So faselte er vor sich hin, kritzelte wild auf der Karte herum und beschloss dann: „Klarer Fall! Schleswig und Holstein mit all seinen Inseln und Halligen soll fortan zu Dänemark gehören! Weg mit den Nationalliberalen, das gehört jetzt alles mir!“ Sprach‘s und machte sich daran, ein Pamphlet zu schreiben, das er, ganz wichtig, „Novemberverfassung“ nannte. Das schien ihm kreativ und passend. Nämliche Nationalliberalen, sowohl deutsche als auch dänische, hatten sich dort in den letzten 200 Jahren recht wohl gefühlt – nicht großartig von der dänischen Krone und den bekloppten Deutschen behelligt. Doch jetzt sah die Sache anders aus. König Christian also: „Meins! Meins! Meins!“ und die Preußen daraufhin so: „Äääähh, nein?!“. Danach ein Vierteljahr lang „nein, doch, oh!“ – man kennt das –, bis die Preußen schließlich zusammen mit ihren österreichischen Kumpels fanden, sie müssten da jetzt mal hin und die Sache klären. Hämisch setzten sie ihre preußischen Füße über Eider und Levensau. Diese Flüsse stellten die Grenze dar und die Dänen fanden das nicht lustig. „Haut ab, ihr ollen Speckdänen! Das Gebiet hängt an Deutschland dran, also gehört es uns!“. Die Dänen, in ihrem Nationalstolz gekränkt, antworteten vermutlich so was wie „Du må være skør!“, was man ungefähr mit „Das könnt ihr so was von knicken!“ übersetzen könnte. Handgemenge. Fast ein Dreivierteljahr lang, von Februar bis Oktober 1864, gab es Fratzengeballer am laufenden Band und die Preußen gewannen am Ende.

Plötzlich sahen sich Schleswig, Holstein, die Nordfriesischen Inseln und Halligen mit preußischem Kokolores konfrontiert. Wehrpflicht und solcher Quatsch. „Nein, danke schön, da verzichten wir!“ und ein hoher Prozentsatz der Friesen suchte das Weite. Das ganz Weite. Um präzise zu sein: Amerika. Bis dahin war es ein ziemliches Stück, weshalb die Meisten bereits in New York die Nase voll vom Reisen hatten und gleich da blieben. So bildete sich schnell eine große friesische Gemeinschaft, was sich einige Jahrzehnte später und noch mal später als nützlich erweisen sollte. Denn auch die beiden großen Kriege trieben weitere Auswanderer nach Ellis Island, so dass zeitweise mehr Friesen in New York lebten als auf den Inseln Amrum und Föhr. Aber sie vermissten ihr Zuhause! Und was machen viele Auswanderer, wenn sie Heimweh bekommen? Wir kennen das von RTL II: Sie fangen das Trinken an. Zum Glück hatte Präsident Roosevelt den Fusel schon 1933 wieder freigegeben und die Friesen konnten sich ganz legal einen hinter die Binde kippen. Half aber alles nichts, das Heimweh blieb. Deshalb nutzen Viele das wirtschaftlich starke Amerika, um noch ein paar Jahre lang ordentlich Geld zu verdienen, welches sie dann zurück nach Norddeutschland trugen. Allerdings hatten sie Gefallen an den amerikanischen Cocktails gefunden, solch tolles Zeug gab‘s nämlich Zuhause nicht. Also nahmen sie davon auch noch was mit, um daheim mit ihrer weltmännischen Lebensart prahlen zu können. Und so kam der Manhattan nach Norddeutschland, wenn auch in leicht abgewandelter Form. Dort erfreute er sich großer Beliebtheit und man stellte mit Genugtuung fest: Egal, ob man „Prost!“, „Skål!“, „Sündjhaid!“ oder sogar „Cheers!“ sagt, wenn man sein Glas hebt und dabei freundlich nickt, verstehen alle, was gemeint ist. Warum soll man sich da noch kloppen?

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Zur guten Nacht: Der sizilianische Rosenelf

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Zur guten Nacht: Der sizilianische Rosenelf


Weit weg im Norden Siziliens liegt die Isola delle Femmine, die Fraueninsel. Dort finden sich nicht nur eine reichhaltige Flora, sondern auch eine überreiche Fauna. So sind zum Beispiel gelbgrüne Zornnattern und Ruineneidechsen dort beheimatet. Und, man kann es sich anhand des Namens denken, sehr viele Frauen. Um den Umstand, wie es einst dazu kam, ranken sich Gerüchte. Einige erzählen von einem ehemaligen Frauengefängnis, aber auch von einem Exil für verstoßene türkische Frauen ist die Rede. So oder so, die Männer auf dieser Insel waren in der Unterzahl. Einer von ihnen zog daraus den Schluss, dass er sich in seiner Beziehung keine Mühe mehr geben müsse, seine Frau könne schließlich froh sein, überhaupt ein männliches Exemplar abbekommen zu haben. Seine Freunde ließen sich von dieser Theorie nur allzu leicht überzeugen und so herrschte bald in sämtlichen Betten auf der kleinen Insel Flaute.

Und man kennt ja die Italiener, auch die Sizilianer bilden da keine Ausnahme: Katholisch bis ins Mark. Ständig beten sie zu irgendeinem Sankt Sowienoch und in diesem Fall beteten die Frauen, dass die Leidenschaft in die Herzen und Lenden ihrer Männer zurückkehren möge.

Eines Nachts dann schlich eine kleine Gestalt in einen Garten, brach eine wunderschöne Rose ab und kletterte damit durch ein offenes Fenster, ehe sie wenig später ohne Rose zurückkam und in der Dunkelheit verschwand. Als die Frau des Hauses am Morgen erwachte, glaubte sie, nicht richtig zu sehen: Klemmte doch quer zwischen den Zähnen ihres schlafenden Mannes eine rote Rose! Begeistert ob dieser romantischen Geste warf sie sich nun voller Leidenschaft auf ihren Ehegatten. Jener war kurzfristig perplex, hatte er doch keine Ahnung, wo diese Rose hergekommen war, aber, durch und durch ein Mann, würde er das natürlich niemals zugeben. Die plötzlich wieder entfachte Leidenschaft war zwar schön, der Mann jedoch fragte sich, wo wohl die Rose hergekommen sein mochte. Gab es einen anderen Mann? Er wurde eifersüchtig! Seine Frau, ihm einst gleichgültig geworden, wurde von ihm nun wieder glühend umworben. Zwar gab es ein bisschen Ärger wegen der ganzen Eifersucht, aber umso leidenschaftlichere Versöhnungen. Dies blieb auch den Nachbarn nicht verborgen, denen, aus deren Garten die Rose gestohlen worden war. Beide verdächtigten den jeweils anderen, die schöne Blume gepflückt zu haben und beäugten einander argwöhnisch, während sie des Nachts grün vor Neid auf die stürmischen Nachbarn in ihren Betten lagen. Bis wieder eine kleine Gestalt durchs offene Fenster stieg und eine Rose zurückließ. Bald schon war in sämtlichen Ehebetten auf der Isola delle Femmine der Bär los. Der Rosen-Elf sah seine Arbeit erledigt und setzte seinen Siegeszug woanders fort. Durch jeweils eine einzige wohl platzierte Rose gelang es ihm, in Carini einen ganzen Straßenzug, dann ein komplettes Stadtviertel von Capaci und schließlich halb Palermo in amouröser Hinsicht wiederzubeleben und in einen Rausch der Leidenschaft zu führen.

Selbst heute spricht man noch von den „langen heißen Nächten damals in Palermo“ und senkt mit geröteten Wangen den Kopf. Es gibt keinen Grund, näher auszuführen, was zu jener Zeit dort geschehen ist, das wissen schließlich alle. Auch, wenn einige Romantikverweigerer, solche, die nie den betörenden Duft einer Rose in der Nase hatten, geschweige denn, eine im Mund, behaupten, all das hätte mit der überaus guten Weinernte in diesem Jahr zu tun. Der Wein sei gar billiger als Wasser gewesen, weshalb mehr getrunken wurde und allein das habe Zungen und Hüften gelockert. Rosen-Elf! Pah, Humbug!

Jener Rosen-Elf machte sich nun auf, den Rest der Welt in Liebe wieder zu vereinen, zog erst nach Amsterdam (mit Tulpen klappte das ganze Unterfangen aber nur so halbgut), dann nach Berlin, wo sich seine Spur verlor. Vermutlich macht er seit längerer Zeit Urlaub und sammelt seine Kräfte, denn wie wir alle wissen, gibt es auf dieser Welt gerade sehr viel für ihn zu tun.

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Zur guten Nacht: Der Prinz auf der Edamame

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Zur guten Nacht: Der Prinz auf der Edamame


Der Prinz auf der Edamame

Es war einmal eine Prinzessin, die wollte einen Prinzen heiraten, aber es sollte ein wirklicher Prinz sein. Da reiste sie in der ganzen Welt herum, um einen solchen zu finden, aber überall war etwas im Wege. Prinzen gab es genug, aber ob es wirkliche Prinzen waren, konnte sie nicht herausbringen. Immer war etwas, das nicht so ganz in der Ordnung war. Da kam sie dann wieder nach Hause und war ganz traurig, denn sie wollte doch so gern einen wirklichen Prinzen haben. Eines Abends zog ein schreckliches Gewitter auf; es blitzte und donnerte, der Regen strömte herunter, es war ganz entsetzlich! Da klopfte es an das Tor, und der alte König ging hin, um aufzumachen. Es war ein Prinz, der draußen stand. Aber, o Gott! wie sah der von dem Regen und dem bösen Wetter aus! Das Wasser lief ihm von den Haaren und Kleidern herunter; es lief in die Schnäbel der Schuhe hinein und an den Hacken wieder heraus. Und doch sagte er, dass er ein wirklicher Prinz sei.
„Ja, das werden wir schon erfahren!“ dachte die alte Königin. Aber sie sagte nichts. Sie erinnerte sich an das alte Märchen von Hans Christian Andersen, „die Prinzessin auf der Erbse“, in dem die Prinzessin durch zwanzig Matratzen und zwanzig weitere Eiderdaunendecken hindurch gespürt hatte, dass ganz unten eine Erbse gelegen und diese ihren Schlaf empfindlich gestört hatte. Durch diese Empfindlichkeit hatte die Prinzessin sich damals als solche authentifiziert. „Versuch macht kluch!“ beschloss die alte Königin. Früher am Abend hatte man sich vom Asiaten um die Ecke Essen kommen lassen und es war noch etwas übrig. Die Königin nahm also eine Edamame, klemmte sie unter die Bettstatt des Prinzen, lehnte sich zurück und wartete gespannt auf den Morgen.

Der Prinz indes war müde. Der Tag war lang gewesen und das Wetter beschissen. Er wollte einfach nur noch schlafen und kroch erschöpft ins Bett. Genervt stöhnte er auf: „Irgendwas piekt hier doch!“ Er nahm den ganzen Matratzenstapel auseinander. Aha! Ein kleiner grüner Knubbel! Mit Daumen und Zeigefinger hielt er ihn hoch. Seltsam, dachte er, wie zum Henker kommt eine Edamame in mein Bett? Was haben sie in diesem Haus bloß für seltsame Gepflogenheiten? Egal, beschloss er, immerhin gewährten sie ihm Obdach und die Prinzessin des Hauses war auch absolut nicht zu verachten. Sie schien nicht uninteressiert an seiner Person zu sein, das wollte er durch Kleinlichkeit in Sauberkeitsfragen nicht aufs Spiel setzen, schob sich die Edamame kurzerhand in den Mund und aß sie auf. Dann schlief er erschöpft ein.

Als er am nächsten Morgen frisch und ausgeruht erwacht und zum Frühstück herunter gekommen war, wurde er von der königlichen Gastfamilie neugierig beäugt. Wie er denn geschlafen habe?

„Ganz ausgezeichnet, vielen Dank! Ich bin ein ganz neuer Mensch!“

Mit der Reaktion des Königs darauf war nicht zu rechnen gewesen. „Betrüger!“ schrie der, „Raus! Aber zackig!“ Und so wurde der Prinz vor die Tür gesetzt, ehe er merkte, wie ihm geschah. Ohne Frühstück. Im Inneren des Schlosses brach eine Diskussion los: „Ich glaube, er war ein echter Prinz, nur einfach sehr, sehr müde!“ rief die Prinzessin gerade. „Er hat den Test nicht bestanden! Willst du wirklich einen heiraten, der auf Gemüse liegt, ohne es zu merken?“ keifte die Königin zurück. „Er hat mir gefallen! Außerdem möchte ich mich wirklich nicht die auf Ratschläge eines lange toten dänischen Kinderbuchautoren verlassen. Sowieso: Kinderbuchautor. Da kannste ja heutzutage nicht mal Kanzler mit werden!“ Der König stöhnte: „Mädels, keine Politik am frühen Morgen.“ Er nickte seiner Tochter zu: „Dann hol ihn halt wieder rein!“

Der Prinz stand noch draußen vor dem Palast und überlegte ein bisschen bedröppelt, was er jetzt tun sollte, als er hinter sich Schritte hörte. Die Prinzessin! Sie hatte gerötete Wangen, schüttelte ihn und rief: „Wo ist die Bohne? Hast du die Bohne nicht gesehen? Was hast du damit gemacht?“

„Ähm… Ich habe sie…gegessen?!“

„Was? Warum das denn?“

„Zum Einen sah sie noch recht frisch aus. Zum Anderen dachte ich mir, wenn ihr mich hier schon übernachten lasst, will ich bestimmt nicht so undankbar sein und mich beschweren, nur weil irgendwas in meinem Bett liegt!“

Die Prinzessin war begeistert von dieser Antwort: Der Prinz war also in jeder Hinsicht feinfühlig, nicht bloß am Rücken! Den würde sie behalten.

MB

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Zur guten Nacht: Süßes Blut

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Zur guten Nacht: Süßes Blut



Hinter einem Bett an der Wand unter dem Teppich, näher als du denkst, da wohnte einmal eine kleine Bettwanzenfamilie ihr stilles und heimliches Leben. Mama Bettwanze und Papa Bettwanze, und die vier Kinder, davon zwei Mädchen. Und eines Tages, da lächelte Mama Bettwanze mal wieder den ganzen Tag so seltsam selig und entrückt vor sich hin, und Papa Bettwanze war zwar hin und wieder schwer von Begriff, aber diesen Gesichtsausdruck seiner Frau kannte er. „Du hast schon wieder irgendwo ein Ei versteckt. Wir werden bald fünf Kinderchen haben, oder?“, fragte er ernst und sie nickte lächelnd. Doch sein Gesicht blieb ernst und er runzelte besorgt die Stirn. „Wir müssen ab jetzt aber wirklich aufpassen“, sagte er nachdenklich. „Wir dürfen nicht noch mehr werden, wir alle haben einen gesunden Appetit. Wenn wir zu viele sind, dann werden unsere Menschen nicht mehr davon ausgehen, dass sie eine zu trockene Haut haben oder dass Mücken ihr Unwesen treiben, sondern der Ursache der kleinen roten Pusteln auf den Grund gehen. Und du kennst die Geschichten, was passiert, wenn die Menschen von unserer Existenz erfahren.“ Natürlich kannte seine Frau diese Geschichten von den übelsten Gas- und Giftmorden. Sie wollte lieber nicht daran denken. „Ja, wir müssen aufpassen“, sagte sie. „Aber wir haben ja unsere spezielle Bisstechnik, mit der wir nur sehr kleine Pusteln produzieren. Sie werden uns schon nicht erwischen.“ Doch ihr Mann schüttelte ungeduldig den Kopf. „Bisstechnik hin oder her, eine Nummer Sechs sollten wir unbedingt vermeiden. Die Nummer Fünf ist schon heikel genug.“ Seine Frau nickte. Und dann sah sie Nummer Fünf, der ein bisschen früher als erwartet aus seinem Ei gekrochen war. Und Nummer Fünf knurrte der Magen. Aber er musste sich ein bisschen gedulden, es war noch keine Menschenschlafenszeit. Als die Zeit gekommen war, machten sie sich sogleich auf den Weg. Seine Mutter begleitete ihn beim ersten Bissausflug, so wie es in der Familie von jeher Sitte war, um ihrem Nachwuchs das Geheimnis des sanften Bisses zu lehren. Gut gesättigt kehrten beide ein bisschen später zurück. Doch was war das? Plötzlich erklang ein ohrenbetäubendes Geschrei. Wo kam das her? Stritten ihre Menschen? Mama und Papa Bettwanze und alle fünf Kinder krabbelten aus ihrem Versteck und lugten hinter dem Bettpfosten hervor. Und dann sahen sie es. Da stand gegenüber an der Wand ein sehr kleines Bettchen. Und davor stand einer ihrer beiden Menschen und hielt ein sehr viel kleineres Menschlein in den Armen, das erbärmlich schrie. „Hat einer von euch das kleine Menschlein gebissen?“, fragte der Vater streng, aber die Kinder waren sich keiner Schuld bewusst. „Das dürft ihr nämlich niemals tun. Sie achten sehr auf ihre kleinen Kinder.“ Und die Fünf nickten eifrig. Doch schon in der folgenden Nacht schlich sich Nummer Fünf leise davon. Er musste einfach mal probieren, er konnte den menschlichen Nachwuchs die ganze Zeit riechen und es duftete einfach zu verlockend. Er würde so sanft zubeißen, dass der Kleine nicht einmal aufwachen würde. So krabbelte er in das kleine Bettchen. Und es war ein Fest. Herrlich süßes Blut. Die erwachsenen Menschen schmeckten dagegen fast ein bisschen ekelhaft bitter. Schon in der darauffolgenden Nacht schlich Nummer Fünf wieder zum Kinderbettchen. Doch als er gerade hochklettern wollte, entdeckte er hinter sich seine vier neugierigen Geschwister. Und sie alle krabbelten in dieser Nacht zu dem Menschennachwuchs ins Bettchen. Auch in der nächsten und der darauffolgenden Nacht. Das Menschenkind wurde blass und blasser. „Es ist nicht gut, was wir tun“, sagte eines der Mädchen in der dritten Nacht. „Wir saugen dem kleinen Kerl sein ganzes Blut raus. Wir müssen aufpassen, dass dieser Mensch uns nicht stirbt.“ Duch die anderen blickten sie nur mit blutverschmierten Mündern und gierigen Augen an. Und das Mädchen sah sie trinken und schmatzen, dann siegte auch ihre Gier. In der darauffolgenden Nacht war das Menschenkind verschwunden. Und auch die Eltern tauchten nicht auf. Dafür kamen irgendwann ein paar Gestalten weißen Schutzanzügen mit Gasmasken. Und sie rückten Möbel beiseite und suchten in jeder Ecke. Und die Moral von der Geschicht: Gier lohnt sich nicht. Nie. GAH

Foto: Zdenek Macat

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