Literarisches: Liane Wagner

Mit gleich zwei neuen Werken meldet sich Liane Wagner in diesem Herbst zu Wort: dem
Roman Bei Omika – Ein Kokon aus hellen Tagen und dem Gedichtband Im Zeitenwechsel –
Lyrische Gedanken. Zwei Bücher, zwei Formen – und doch eine gemeinsame Quelle. Beide
sind gespeist aus Erinnerungen, Beobachtungen, Sehnsüchten und den feinen
Zwischentönen des Lebens. „Der Roman beschreibt vieles aus der Sicht des Kindes, der
Heranwachsenden. Die Gedichte dagegen werfen einen Blick in die Seele einer
Erwachsenen und setzen sich mit Liebe, Gesellschaft, Politik, Natur und Umwelt
auseinander“, sagt die Autorin.
Bei Omika führt die Leserinnen zurück ins Rumänien der 1960er- und 70er-Jahre. Es ist die Geschichte einer Kindheit voller Geborgenheit, getragen von der Großmutter – und zugleich von der Begegnung mit Murli, dem „fremden Bruder“. Emilie, die Erzählerin, wächst als Einzelkind auf, umgeben von Erwachsenen, aber ohne Geschwister. In Murli, einem Jungen aus schwierigen Verhältnissen, findet sie zum ersten Mal eine Vertrautheit, die dieser Leerstelle etwas entgegensetzt. Damit verwebt Wagner persönliche Erinnerungen mit einem größeren gesellschaftlichen Panorama: Bürokratie, Vorurteile, der Umgang mit sozial Schwachen, Verlust. „Ja, das Buch ist auch ein Zeitzeugnis. Es war meine Absicht, diese Aspekte des damaligen Lebens in Rumänien – nicht im Vordergrund, aber am Rande – festzuhalten.“ Besonders eindrücklich sind die sinnlichen Details: Gerüche, Farben, Geräusche, die Atmosphäre des Sommers. „Sprache ist für mich das Sine qua non, die unabdingbare Voraussetzung für mein Schreiben. Sie hält Gefühle, Erlebtes, Situationen fest. Ohne Sprache gäbe es für mich keine Geschichten, keine Gedichte.“ Während der Roman aus der Vergangenheit schöpft, richtet der Band Im Zeitenwechsel den Blick auf das Hier und Jetzt. In den Gedichten verbinden sich Naturbilder mit Reflexionen über Liebe, Vergänglichkeit, gesellschaftliche Fragen. „Wir leben nicht auf einer Insel. Alles ist miteinander verbunden. Wir sind nur ein Teil eines komplexen Lebensraums“, betont Wagner. Die Natur ist dabei immer wieder Motiv und Resonanzraum – Meer, Strand, Bäume, Himmel. „Sie ist für mich Inspirationsquelle, Projektionsfläche und Lebensgrundlage zugleich. Sie spendet mir Kraft, gibt Geborgenheit – und es macht mich traurig, wenn ich menschlichen Egoismus erlebe.“ Ob in Prosa oder Lyrik – immer wieder schwingt die Sehnsucht mit: nach Nähe, nach Freiheit, nach Geborgenheit. „Ich glaube schon, dass Sehnsucht ein Motor meines Schreibens ist. Aber ebenso wichtig ist der Wunsch, Geschichten und Gedanken mit anderen zu teilen – und Resonanz zu erhalten.“ Wagner unterscheidet klar zwischen den Ausdrucksformen: „Wenn das Schicksal eines Menschen mich bewegt, schreibe ich Prosa. Wenn starke Gefühle meine Seele bedrängen, dann kommt das lyrische Ich ins Spiel.“ Beides entsteht aus Emotionen, manchmal eruptiv, manchmal nach längerer Inkubation. Und was sollen die Leserinnen aus den Büchern mitnehmen?
„Natürlich Trost, Inspiration und eigene Erinnerungen. Aber mein großer Wunsch ist, dass sie
auch mehr Heiterkeit und Zuversicht in ihren Alltag tragen. Dass sie lächeln, sich an eigene
Erlebnisse erinnern und bestärkt werden – in der Liebe zu Mitmenschen und zur Natur.“ So
werden Roman und Gedichtband zu zwei Seiten derselben literarischen Handschrift: die eine
erzählt von einer Kindheit zwischen Wärme und Härten, die andere reflektiert die Gegenwart
im Spiegel der Natur. Gemeinsam ergeben sie ein Werk, das tief in die Vergangenheit greift
und zugleich hochaktuell klingt – getragen von dem, was Liane Wagner antreibt: Sehnsucht,
Erinnerung und der Wunsch, das Erlebte weiterzugeben.
Shaker Media, 202 Seiten, 18,90 Euro (Roman) und Shaker Media, 136 Seiten, 19,90 Euro
(Gedichtband)


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