Stadtkinder essen: Steuerndieb

Einmal ans andere Ende Hannovers hat es uns verschlagen, um am nordöstlichen Rand der Eilenriede in einem besonderen Restaurant essen zu gehen. Schließlich ist ein Geburtstagsmensch inkognito dabei, da darf es etwas Besonderes sein. Wir steuern den Steuerndieb an. Beim Namen muss man gedanklich erstmal spontane Assoziationen loswerden, denkt man doch unweigerlich an den eher geschmacklosen Hinterzieher. Doch eigentlich hat man schon beim zusätzlichen -n Zweifel. Also schnell mal auf der Website nachlesen und tatsächlich: es hat damit so gar nichts zu tun. Das „steuern“ leitet sich vielmehr vom Wort stören ab. Hier lagen nämlich Anfang des 14. Jahrhunderts Wachleute auf der Lauer, um Holzdiebe bei ihrer Arbeit zu steuern äh, stören. Und weil man von dieser Arbeit nicht leben konnte, hat man sich dank Schanklizenz etwas dazuverdient …

Heute wird hier nicht mehr gelauert und auch nicht nur ausgeschenkt – es wird bei Tagungen, Hochzeiten und anderen Anlässen im großen Wintergarten fein aufgetischt. Und nach der Feierei hat man sogar die Möglichkeit, in einem der sieben Zimmern zu nächtigen. An hungrige Spaziergänger*innen wird am Imbissfenster mit Suppe, Wurst, Kaffee und Kuchen gedacht. Von der mittelalterlichen Vergangenheit zeugt also heute höchstens der Blick ins Holzig-Grüne, nachdem man das, von außen etwas dunkel anmutende Gasthaus, betreten hat. Der Raum ist schmal, wie außen holzverkleidet, gediegen eingerichtet und mit silbernen Platztellern und Kerzenleuchtern eingedeckt. Große Fenster erstrecken sich über die gesamte Breite und geben den Blick frei auf die Terrasse und den Stadtwald.

Das Ambiente macht etwas mit uns. Wir setzen uns und überlegen, wie man laut Knigge eigentlich an einem feinen Tisch sitzen sollte, machen den Rücken aber gleich wieder etwas gemütlich-rund, um einen Blick in die Karte zu werfen. Das Angebot wirkt so ansprechend wie überschaubar. Die aufgeschlossene Bedienung hat direkt Speisevorschläge für das Kind, das uns freundlicherweise begleitet. Der Apfelpfannkuchen (7,50 Euro) soll es sein, und da man auf einem süßen Bein nicht stehen kann, gibt es eine Zitronenlimo (3,20 Euro) zum Runterspülen dazu. Wir entscheiden uns für ein 3-Gänge-Überraschungsmenü mit Fleisch (39,50 Euro). Auch eine vegane Variante und eine mit Fisch stehen zur Auswahl, sowie das vegetarische Gericht mit überbackener Aubergine (29,50 Euro). Vorweg ein Pfifferlings-Süppchen (12,50 Euro) und alkoholfreies Bier (Weizen 6,30 Euro, Pils 4,90 Euro), da sind wir uns einig.

Kaum bestellt kommt schon ein Gruß aus der Küche. Das Rindercarpaccio mit etwas grünem Spargel und Croutons zergeht auf der Zunge und lässt uns vorfreudig auf die Suppe schauen, die uns kurz danach erreicht. Das Kind schmaust derweil bereits am Pfannkuchen und schließt genüsslich die Augen – Schulnote 2 sagt es, sieht aber eher nach einer glatten 1 aus. Zurück zur Suppe – einer cremig-pilzigen Leckerei mit sahniger Haube und den Croutons, die uns schon beim Amuse gueule gefallen haben. Dieses Süppchen schmeckt nach Wald und Herbst, genauso wie man sich ein Pfifferlings-Süppchen wünscht – und ist entsprechend schnell weggelöffelt.

Wir rutschten zufrieden tiefer in die bequemen Sitzmöbel. Bis zum Hauptgang wird es etwas länger dauern, was auf frische Zubereitung schließen lässt und gerne ausgehalten wird. Dann kommen schließlich die zwei freundlichen Servicekräfte zurück, mit Tellern die so geheimnis- wie verheißungsvoll von silbernen Abdeckglocken (á la Kellner Grobi aus der Sesamstraße) verdeckt werden. Zum Vorschein kommt die Aubergine, mit Käse überbacken, nebst bunt-knackigem Gemüseallerlei und buttriger Soße. Der Hauptgang des Überraschungsmenüs entpuppte sich als Entenbrust und -keule mit Kohl und Knödelchen. Die knusprige Käsehaube der Aubergine steht der Haut der Ente in nichts nach.

Nach ein paar hin- und her getauschten Probierhappen zufriedenes Nicken. Wir haben jeweils das richtige Gericht gewählt, es muss nicht zu neidvollen Tauschangeboten kommen. Nach dem Hauptgang aktiviert der Jubilar noch tapfer den Nachtischmagen – zum Espresso gibt es ein Vanilleparfait in Mini-Gugelhupfform. Das Kind hat natürlich von allem probieren dürfen und braucht nun auch dringend noch etwas Süßes – ein klassisches Erdbeereis mit Sahne. Das kann dem Pfannkuchen zwar nicht das Wasser reichen, wird aber trotzdem nicht alt. Satt und zufrieden sinken wir noch tiefer in die Sitzschalen, doch lange währt die Gemütlichkeit nicht. Beim Kind macht sich der Zuckerpegel bemerkbar, es wird Zeit zu gehen.

Jana Eichler

Steuerndieb

Steuerndieb 1, 30655 Hannover

Tel.: 0511 909 960

steuerndieb@t-online.de

www.steuerndieb.de

Öffnungszeiten: Mo. und Do. geschlossen

Geöffnet: Di. Mi. Fr. Sa. 11.30-15 Uhr und 18-22 Uhr, So. 11.30-17 Uhr (So. Küche bis 15 Uhr) ab 10 Gäste öffnen wir jeden weiteren Tag, Die Öffnungszeiten beziehen sich auf die Küchenzeiten, (nach Absprache) können danach Kaffee und Kuchen sowie weitere Getränke geordert werden.


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