Literarisches: Bettina Maaß-Münster

Es beginnt mit einer Szene – ein einziger Moment, der Bettina Maaß-Münster nicht mehr loslässt. Kein ausgefeilter Plot, kein Masterplan, nur ein Gefühl. „Ich hatte plötzlich eine einzelne Szene im Kopf, mit einem Funken einer Idee, worum es gehen könnte“, erzählt sie. „Um diese Szene herum ist das ganze Gerüst des Buches entstanden.“
Ihr neuer Mystery-Thriller „Sterben musst du“ führt in die Abgründe der menschlichen Psyche.

Die Protagonistin Laura Sands versucht nach einer gescheiterten Ehe voller Gewalt und Missbrauch, ihr Leben neu aufzubauen – doch die Vergangenheit lässt sie nicht los.Als ihr gewalttätiger Ex-Mann aus dem Gefängnis entlassen wird und ein geheimnisvoller Immobilienkunde in ihr Leben tritt, verschwimmen Realität und Bedrohung zu einem Geflecht aus Angst, Verlangen und unheilvoller Vorahnung. „Wenn man authentisch schreiben will, darf man keine Grenzen setzen – denn die gibt es im realen Leben auch nicht“, sagt Maaß-Münster. „Man muss sich bewusst machen, dass es wirklich böse Menschen gibt, die anders denken und fühlen als ‚normale‘ Menschen.“ Beim Schreiben habe sie selbst oft innehalten müssen, um wieder in die eigene Wirklichkeit zurückzufinden – „aber das ist gut so. Das zeigt, wie intensiv das Schreiben ist – und genau das sollen die Lesenden auch spüren.“ Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen: „Die Herausforderung war, dass die Emotionen beider Ebenen ein schlüssiges Ganzes ergeben – wie Zahnräder, die sich gegenseitig antreiben.“ So entsteht ein Erzählfluss, der die Lesenden in Lauras Innenwelt zieht: zwischen Trauma und Neubeginn, zwischen Angst und der Sehnsucht nach Selbstbestimmung. Diese Selbstbestimmung lässt in dem Thriller auch eine feministische Dimension erkennen. „Ich hoffe, dass mein Buch dazu beiträgt, Themen wie häusliche Gewalt und emotionale Abhängigkeit sichtbarer zu machen. Noch immer sind sie oft unsichtbar im Alltag. Viele Frauen erkennen erst spät, dass sie in einer toxischen Beziehung gefangen sind – und wenn sie es begreifen, hindern sie Angst und Scham lange daran, sich zu befreien.“ Ihr Roman will das Bewusstsein schärfen, aber auch Mut machen: „Es gibt Lichter am Ende des Tunnels. Man kann sich ein neues, von Glück erfülltes Leben schaffen.“ Mit Figuren wie dem charmant undurchsichtigen Michael Harris lotet Maaß-Münster die feinen Grenzen zwischen Vertrauen, Anziehung und Gefahr aus. „Er ist eine Figur, die Laura auf die Probe stellt – er zwingt sie, sich mit ihren tiefsten Ängsten, aber auch Sehnsüchten auseinanderzusetzen.“ Auch sprachlich zeigt die Autorin ihre Kunst. Die Atmosphäre ist dicht, sinnlich und beklemmend zugleich: „Ich kann eine Stunde an einem Satz feilen, um das perfekte Wort zu finden. Die Lesenden sollen die Luft im Raum schmecken, den Angstschweiß riechen, zittern, hoffen, fühlen – als wären sie selbst Teil der Geschichte.“ Dass Maaß-Münster zwischen Hannover und Irland pendelt, spiegelt sich in ihrem Schreiben wider. „Diese zwei Welten inspirieren mich ungemein. Sie öffnen meinen Blick – und damit auch den meiner Figuren.“ Am Ende aber bleibt das, was sie antreibt: die Leidenschaft, Emotionen so zu schreiben, dass sie körperlich spürbar werden. „Eine Leserin schrieb mir, sie habe beim Lesen gezittert, geweint, gelacht – und wollte sofort wieder von vorn anfangen. Schöner kann man es kaum sagen.“ Bettina Maaß-Münsters Sterben musst du ist ein eindringlicher Roman über weibliche Stärke, über Angst und Erlösung – und darüber, dass Überleben manchmal der mutigste Akt von allen ist.

Edition Textzirkus, 450Seiten, 16,50 Euro / Foto: © Bettina Maaß-Münster


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