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Stadtkinder essen: NY-Italian

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Stadtkinder essen: NY-Italian


Buffetrestaurants – der Ort, der jedweder Barbarei Vorschub leistet und an dem man hervorragend das Niveau der Gäste erkennen kann. Die Einen lieben es, die Anderen nicht. Denn eigentlich ist es ja kein Geheimnis: In den meisten Restaurants dieser Art ist die Qualität bestenfalls medioker, jedenfalls dann, wenn sie mit unschlagbar günstigen Preisen werben. Ende der Vorurteilsaufzählerei. Wir haben uns aufgemacht um herauszufinden, wie sich das in Sachen Qualität und Preis im „NY-Italian“ verhält.

Ziemlich unscheinbar in der Striehlstraße gelegen, befindet sich das Restaurant im Untergeschoss und erinnert damit an die für New York typischen Kellerrestaurants. Das Problem hier wie da ist das gleiche: Keine Fenster. Was schade ist, denn so kann niemand von draußen die tatsächlich geschmackvolle Einrichtung sehen. Leider ist nicht viel los, deshalb kommen wir in den Genuss einer gründlichen Buffet-Führung durch die freundliche Servicekraft. Es gibt Tomatensuppe, eine Burger-Station zum Burger-selber-Bauen, eine Hotdog-Station, ein Pizza-, Salat-, Pasta-, Dessert- und ein Eisbuffet und außerdem eine Candybar. Zusätzlich haben wir die Wahl zwischen diversen Kaltgetränken, auch Bier und Wein sind im Buffetpreis von 29,90€ pro Person inbegriffen.

Wir staunen über die große Auswahl: Vier Pasta-Sorten, vier unterschiedliche Saucen, Hähnchenflügel, Pommes frites, Garnelen… Wir versuchen, von allem ein bisschen zu probieren. Ich bin ein wenig traurig, weil ich auf die Nummer eins der italo-amerikanischen Gerichte gehofft, es aber nicht entdeckt habe: Spaghetti mit Fleischbällchen. So richtig Susi und Strolch-mäßig. Schade! Und nein, es ist nicht das Gleiche wie Spaghetti Bolognese! Ich finde mich also damit ab und bastele mir stattdessen einen Hotdog. Gleich der nächste Skandal: Kein Sauerkraut.

Da wir unsere Burger am liebsten noch halblebendig essen, die Pattys aber fertig gebraten sind, verzichten wir darauf, uns einen zusammenzubauen und zu probieren.
Mit einer bunten Auswahl an Gerichten setzen wir uns an unseren Platz und fangen an zu testen.
Es ist alles in Ordnung, nur etwas zu wenig heiß – „Schlingtemperatur“ nennt man das wohl.
Was wir feststellen: Vieles ist nicht haus-, bzw. selbstgemacht, die Desserts kommen aus der Tüte oder aus dem Froster.

Und noch einmal die Frage: Was will man auch erwarten? Kleine Kalkulationsübung. Wenn man, sagen wir mal, drei Kaltgetränke nimmt, ist man anderswo schon gut und gerne 12€ los. Bleiben 17,90€ fürs Essen. Wenn es einem um Masse statt Klasse geht, ist das preislich völlig okay.
Und wer Fine Dining erwartet, sollte sich lieber selbst fragen, wie er auf die Idee gekommen ist, dies in einem Buffetrestaurant zu suchen. Was also ist das Fazit?
Für eine Firmenweihnachtsfeier ist das sicher eine Supersache, denn hier dürfte jeder irgendwas finden, das ihm oder ihr schmeckt. Auch, wenn man zwei pubertierende Teenagerjungs zuhause hat, die einem die Haare vom Kopf fressen und auf Junkfood stehen, ist dieses Restaurant eine Topadresse.

Wer gerne in Fastfoodketten einkehrt, wird hier glücklich.
Und zwar von Donnerstags bis Sonntags und an Feiertagen:
Abendbuffet: Donnerstag bis Sonntag, 17:30-22:00 Uhr
Mittagsbuffet: Samstag 11:30-14:00 Uhr
Brunchbuffet: Sonn- und Feiertags 10:30-14:00 Uhr.

NY ITALIAN Hannover City
Striehlstraße 10
30159 Hannover

0162 7880673
info@ny-italian.com
Betreiber: Fun Areas Deutschland GmbH

Mehr Informationen: www.ny-italian.com/hannover-city

IH, Fotos: Gero Drnek

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Jugendbetreuung und Katastrophenschutz bei den Johannitern

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Jugendbetreuung und Katastrophenschutz bei den Johannitern


Wer anderen Menschen helfen möchte und Blaulichtthemen spannend findet, ist bei den Johannitern genau richtig. Ganz vielseitig können hier ehrenamtlich Helfende ihre Expertise und Zeit einbringen. Marcellina ist eine von ihnen – sie ist Jugendbetreuerin bei den „Kurzen“ und beim Katastrophenschutz tätig.

„Mich macht das einfach glücklich, wenn ich Menschen lächeln sehe, dieses Danke zurückbekomme und einfach weiß, dass es diesen Menschen jetzt besser geht“, erzählt Marcellina. Die 20-Jährige macht gerade ihre Ausbildung als Kinderkrankenschwester, in ihrer freien Zeit engagiert sie sich ehrenamtlich bei den Johannitern. Als Jugendbetreuerin setzt sie sich mit den „Kurzen“, mit Kids zwischen fünf und zwölf Jahren, jeden Dienstag auf kreative Weise mit Erster Hilfe auseinander. Dazu gehören nicht nur theoretische Kenntnisse, sondern auch praktische Übungen.
„Wir haben zum Beispiel Organpuppen, mit denen sich die Kinder das ein bisschen besser vorstellen können, was man überhaupt für Organe hat“, erzählt sie. Das Angebot ist für die „Kurzen“ kostenlos. „Mir macht es einfach Spaß und Freude, den Kindern das alles beizubringen und zu sehen, wie schnell die Gruppen zusammenwachsen. Und auch zu sehen, wie jedes Kind wächst und wie vielseitig die sind“, erzählt Marcellina.

Vor sechs Jahren saß sie selbst auf der anderen Seite, Marcellina ist seit ihrem 14. Lebensjahr bei den Johannitern: „Ich habe auch selbst in der Jugend angefangen und mich dann quasi hochgearbeitet in die SEG“, erklärt sie. SEG – das steht für Schnelle-Einsatz-Gruppe und ist ein Teil des Katastrophenschutzes. Denn neben ihrer Jugendarbeit engagiert sie sich auch hier ehrenamtlich.

Die Aufgabenfelder sind dabei super vielfältig: Durchführung von Evakuierungen bei Bombenentschärfungen, die Suche nach vermissten Personen mit ausgebildeten Suchhunden oder die Unterstützung von Sanitätsdiensten, bei Konzerten, Messen und Festivals – all das können Aufgaben der Ehrenamtlichen sein.
Für den Fall der Fälle hat jedes Mitglied ein digitales Meldegerät und bekommt so über Einsätze Bescheid. „Mir macht der Katastrophenschutz so viel Spaß, weil das sehr vielseitig ist. Man lernt auch eine Menge über sich, seine Stärken, seine Schwächen kennen. Aber auch in dem medizinischen, technischen, handwerklichen Bereich und bei der Kommunikation mit den Patient*innen lernt man mega viel“, erklärt sie.

Mehrere Ärzte und Ärztinnen, Rettungsfachpersonal, Rettungsassistent*innen, Rettungssanitäter*inne und Sanitätshelfer*innen sind Teil der Schnell-Einsatz-Gruppe, auch Marcellina hat durch ihre Ausbildung einen medizinischen Hintergrund. Rundum ausgebildet muss man aber nicht sein, wenn man bei Einsätzen des Katastrophenschutzes mitwirken möchte, nur einen Sanitätshelfer, „den muss man haben.“ Diese Kurse werden aber regelmäßig angeboten. „Dann lernt man einfach nochmal die medizinische Basis, damit alle auf einem Stand sind, was die Grundkenntnisse angeht“, erklärt Marcellina. Entscheidend ist vor allem die Motivation: „Man sollte einfach Lust darauf haben, Sachen zu lernen, sich auf neue Sachen einzustellen und während Einsätzen mit den Leuten zu interagieren und zu kommunizieren. Und auch einfach Freude an der Arbeit zu haben, das ist das Wichtigste“, betont sie.

Für die Arbeit als Jugendbetreuerin muss die Juleica-Ausbildung, die Ausbildung zur Jugendleiter*in abgeschlossen werden. „Um bei der Jugend mitzumachen, muss man auf jeden Fall Spaß an der Arbeit mit Menschen haben, kommunikativ sein und Menschen gerne etwas beibringen wollen“, erklärt sie. „Wenn man gerne etwas mit Kindern macht, medizinisches Interesse hat, Menschen helfen möchte, dann kann man sich sehr gerne bei uns melden. Alle sind hier herzlich eingeladen. Ob bei der Jugend, der SEG oder anderen Bereichen – wir suchen immer Leute, die uns unterstützen wollen und freuen uns über Verstärkung!“

Jule Merx

Johanniter Ortsverband Hannover-Wasserturm
Kabelkamp 3, 30179 Hannover
Tel. 0800 0511 112.
www.johanniter.de/juh/lv-ndsbr/rv-niedersachsen-mitte/

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Der besondere Laden: Öznur-Art Galerie & Atelier

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Der besondere Laden: Öznur-Art Galerie & Atelier


Inmitten der List befindet sich Öznur Kökels kleine Welt – Öznur-Art Galerie & Atelier. Egal, ob man professionell zeichnen lernen möchte, sich künstlerisch austoben oder einfach die eigene kreative Seite entdecken will: In Öznurs Kursen taucht sie mit Interessierten in die Welt der Kunst ein. Alles unter dem Motto, die innere Farbe zu entdecken.

„Wir müssen Hand in Hand als Künstler*innen diese Welt schön machen. Welche Religion, welche Sprache, ist für mich dabei egal“, meint Öznur Kökel, Künstlerin und Inhaberin von Öznur-Art Galerie & Atelier in der List. „In meiner kleinen Welt habe ich das geschafft“. Ihre kleine Welt ist ihr Laden ganz in der Nähe des Lister Platzes. Die Wände um sie herum sind mit ihren eigenen Kunstwerken geschmückt, auf dem Tisch an der Fensterfront stapeln sich Pinsel, Farben, Staffeleien – all das, was sie für ihre Kurse und Workshops braucht. Denn ihre Räumlichkeiten nutzt Öznur nicht nur als Galerie. Hier bietet sie anderen Menschen die Möglichkeit, ihre künstlerische Leidenschaft zu entdecken.

Ob in Mappenvorbereitungskursen, Manga-Zeichenkursen, Kunstkursen für Jugendliche und Erwachsene, themenspezifischen Workshops oder Firmenfeiern: In den Kunstkursen der professionellen Künstlerin lernen die Teilnehmenden verschiedene Techniken der Malerei und Zeichnung kennen und können ihre eigenen Projekte in einer kleinen Gruppe realisieren. „Du musst immer zuerst sehen lernen. Bei meinem Unterricht zeige ich zuerst, wie man richtig sehen kann – Form, Licht“, erklärt sie. Erst dann geht es ans Papier. „Ich zeige, wie man richtig mit Stift und Papier umgeht. Schritt für Schritt: Grundtechniken, Zeichentechniken, Schattierungen, dann Farbe. Wenn man keine Geduld hat, sage ich immer, sollte man zu Hause bleiben.“

Öznurs eigene Kreativität fand schon früh ihre Anfänge, ihre Leidenschaft für Formen und Farben entdeckte sie bereits im Kindesalter. Vieles brachte sie sich selbst bei, dann folgte ein Kunststudium an der Universität „Dokuz Eylül“ in Izmir in der Türkei. „Ich habe richtig intensiv Kunst, Maltechniken und Grundtechniken gelernt. Von der Wurzel an.“

Ihr Weg führte sie nach Hannover. „Ich konnte am Anfang kein Deutsch, das war sehr hart für mich. In Izmir bin ich professionelle Künstlerin, habe ein Diplom“ – in Deutschland hatte sie erstmal nichts. „Aber ich habe sofort mit der Kunst weitergemacht. Ich habe in meinem Koffer viele Farben mitgebracht“, erinnert sie sich schmunzelnd. Und es dauerte nicht lange, bis sie wieder die Kunstbühne betrat. Ende der 90er Jahre stellte sie in der Stadtbibliothek in Seelze ihre Kunstwerke aus, viele weitere Ausstellungen folgten. Sie begann Unterricht zu geben, wie auch schon ihre Eltern, die beide Lehrer waren. 2013 gründete sie dann Öznur-Art Galerie & Atelier. Denn trotz Kursen und Workshops hat Öznur keineswegs mit der eigenen Kunst aufgehört. Immer sonntags zieht sich die Künstlerin in ihr kleines Atelier zu Hause zurück und schafft neue Kunstwerke. „Das ist meine schöne Zeit. Mit Pinsel und mit Farbe.“

Auf ihrem Weg hat Öznur viele Hürden überwunden. Und auch heute ist das Leben als selbstständige Künstlerin nicht immer leicht. „Wenn Menschen durch die Tür gucken, sagt man mir oft ,Oh, du hast einen sehr schönen Beruf’“, erzählt sie. „Aber oft ist das schon ganz schön viel. Alles organisieren, Miete, jährliche Nachzahlungen. Die eine Seite ist wunderschön, die andere Seite ist hart“, meint Öznur. Doch unterkriegen lässt sie sich davon nicht. „Mein Ziel ist meine besondere Farbe zu finden. Ich male jeden Tag. Ich lerne jeden Tag etwas Neues. Das ist nicht das Ende. Ich muss noch die richtige Farbe finden. Es ist egal, welche Farbe, aber das ist mein Ziel. Ich habe Erfahrung mit meinem Beruf, ich bin professionelle Künstlerin. Aber ich möchte in dieser Richtung weitermachen, ohne Ende.“

Jule Merx

Öznur-Art Galerie & Atelier
Lister Straße 11, 30163 Hannover
www.oznur-art.de
Instagram @oznurart und @oznurkokel

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Stadtgeschichte(n) im November: Halim-Dener-Platz

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Stadtgeschichte(n) im November: Halim-Dener-Platz


Jeden Monat gibt es eine Stadtgeschichte im STADTKIND, eine Geschichte eben, die etwas über die Stadt erzählt…

In dieser Ausgabe mal eine Geschichte zu einer noch etwas jüngeren Namensgebung.

Lange hatte die Rasenfläche zwischen Velvetstraße und Pfarrlandstraße, gleich neben dem Pfarrlandplatz mit der AWO-Kindertagestätte, keinen Namen. Was natürlich verwundert, denn neben der Limmerstraße ist dieser Platz einer der belebtesten in Linden-Nord. Viele kennen und schätzen seine zentrale Lage und die perfekte Mischung aus buntem Spielplatz mit tobenden Kindern und ruhigem Ort, der zum Verweilen auf einer der Bänke einlädt. Hier trifft nachmittags der spielende Nachwuchs auf junggebliebene Ältere, die regelmäßig ihre Tischtennis-Schläger auspacken und ein Turnier veranstalten.
Ein friedliches, städtisches Miteinander.
Doch wie gesagt, lange Jahre fehlte ein Name.

Doch dann wurde am 30. Juni 1994 der 16-Jährige Halim Dener auf dem Steintorplatz in Hannover von einem SEK-Polizisten in Zivil beim Plakatieren erwischt und erschossen. Der Beamte behauptete später, es sei ein Versehen gewesen und er wurde freigesprochen. Halim Dener war damals als unbegleiteter Minderjähriger erst wenige Wochen zuvor nach Deutschland geflüchtet, um Schutz zu suchen. Er klebte in der Nacht Plakate der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans „ERNK“, die seit 1993 in Deutschland verboten ist, wie alle PKK-nahen Organisationen. Im Zuge der großen Trauerkundgebung mit vielen Kurd*innen wurde nun darüber diskutiert, jenen Platz, der in Hannover so sehr für ein friedliches und freundschaftliches Miteinander steht, nach Halim Dener zu benennen. Um damit nicht nur die Erinnerung an den jungen Mann zu erhalten, sondern gleichzeitig nachhaltig auf die Problematik von Polizeigewalt und Racial Profiling hinzuweisen und nicht zuletzt auch auf die dringende Notwendigkeit einer Aussöhnung zwischen Kurd*innen und der Türkei.

Schnell war man sich damals einig, die Umbenennung wurde im Bezirksrat nur kurz diskutiert und einstimmig beschlossen, die Klage eines Umbenennungsgegners ein paar Wochen später vom Verwaltungsgericht abgewiesen.
Tja, und seither heißt der Platz nun Halim-Dener-Platz.
Und wenn im kommenden Jahr der 30. Todestag von Halim Dener auf diesem Platz feierlich, aber vor allem freundschaftlich mit einem deutsch-türkisch-kurdischen Friedensfest begangen wird (sogar ein Auftritt des Polizeiorchesters ist geplant und die Reiterstaffel ist mit einer Kinderaktion vertreten), dann dürfte Hannover mal wieder im Mittelpunkt des bundesdeutschen Interesses stehen.

Denn Hannover zeigt einmal mehr, wie man es richtig macht. Aussöhnung, Verständigung, Freundschaft, Miteinander – nur so gelingt Verzeihen.

Nicht zuletzt: Als wir ein Foto für diesen Artikel machen wollten, haben wir kein Schild gefunden. Wahrscheinlich war es kaputt und wird gerade repariert. Wir hoffen, die Stadt schafft es recht bald, das Schild wieder dort aufzustellen, wo es hingehört.

Mette Vöge

 

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Politisches: Auf deutschen Straßen…


Es hat nicht lange gedauert, nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober, bis der Konflikt – wobei das wahrscheinlich ein viel zu harmloses Wort ist – auch auf den Straßen in Deutschland angekommen ist. In Berlin-Neukölln verteilten Sympathisanten der Hamas kurz nach dem Angriff Süßigkeiten, in den Tagen darauf gab es viele pro-palästinensische Demonstrationen. Es gab offenen Judenhass, Davidsterne wurden an Türen geschmiert, israelische Fahnen heruntergerissen und teilweise angezündet, Israel das Existenzrecht abgesprochen. Und als dann nahe eines Krankenhauses in Gaza irgendetwas explodierte, war man sich in sehr vielen Ländern einig, dass dafür auf jeden Fall eine Rakete aus Israel verantwortlich sein musste. Der Hass kannte fortan fast keine Grenzen mehr.

Einige Faktenchecks später ist klar, dass noch nicht viel klar ist, dass aber eine israelische Rakete als Ursache der Tragödie wohl ausfällt. Und das ist mehr als logisch. Aus was für einem Grund sollte Israel auf ein vollbesetztes Krankenhaus in Gaza feuern? Um damit weltweit den Hass zu schüren? Um damit Juden auf der ganzen Welt in Gefahr zu bringen? Ein solcher Angriff Israels wäre nur dann zu verstehen, wenn Israel es gezielt auf palästinensische Zivilisten abgesehen hätte. Israel hat es aber nur auf die Hamas abgesehen. Es war im Gegenteil die Hamas, die es zuvor auf israelische Zivilisten abgesehen hatte.

Und nun? Bricht sich der Antisemitismus in Deutschland und weltweit Bahn. Man kann das nur mit deutlichen Worten verurteilen. Es ist widerlich. Und umso mehr ist zu begrüßen, dass die Politik in Deutschland bereits deutliche Worte gefunden hat, adressiert an all jene, die jetzt ihren Judenhass auf die Straße tragen. Es ist richtig und wichtig, das in Deutschland nicht zuzulassen und hart zu bestrafen. Auch dann, wenn der Krieg, den Israel in den kommenden Wochen gegen die Hamas führen wird, noch viele Zivilisten tötet. Es ist völlig klar, wir werden tote Frauen und Kinder sehen, grausame, schreckliche Bilder. Doch man kann dazu schon jetzt eine Frage stellen: War nicht genug Zeit, die Kinder und Frauen zu evakuieren? Es ist ein bekanntes Vorgehen der Hamas, sich hinter Zivilisten zu verstecken, sie als Schutzschilde zu missbrauchen und die Getöteten dann für die eigene Propaganda einzusetzen. Genau das sollten alle im Hinterkopf haben, die in den nächsten Wochen an Israel appellieren werden, das Töten zu beenden. Schon jetzt gibt es viele Stimmen, die fordern, Israel solle sich human verhalten, solle die Waffen schweigen lassen, solle nicht weiter bombardieren und nicht einmarschieren. Viele dieser Stimmen haben auch schon für das Ende von Waffenlieferungen an die Ukraine plädiert. Sie werden demnächst wieder ähnlich argumentieren. Die Waffen müssen sofort schweigen, koste es, was es wolle.

Es würde eine Menge kosten. Was tun, wenn du deinem Gegner die andere Wange hinhältst, und der bringt dich hämisch lachend um? Genau das ist keine theoretische Phrase, sondern für Israel einer Erfahrung der letzten Jahre und Jahrzehnte. Jeder Rückzug, jedes Zugeständnis Israels wurde letztlich als Schwäche interpretiert. Man hat auf der anderen Seite nicht ebenfalls einen Schritt zurück gemacht, sondern einen jubelnden Schritt nach vorne.

Aber haben die Israelis nicht auch einen großen Anteil an all dem Hass und den schlimmen Zuständen? Was ist mit all den zerstörten Brunnen? Was ist mit der Siedlungspolitik, der Landnahme, der Verdrängung der palästinensischen Bevölkerung? Hat Israel nicht eine Mitverantwortung? Es wird in diesen Tagen oft gefragt, ob man Israel für seine Politik jetzt nicht mehr kritisieren darf. Doch, man darf. Und nein, man ist kein Antisemit, wenn man Israel dafür kritisiert, in den letzten Jahren nicht mehr an einer nachhaltigen Lösung gearbeitet zu haben. Oder wenn man Benjamin Netanjahu für einen fragwürdigen Populisten hält, der Israel zunehmend schwächt.

Leider wird an dieser Stelle aber kaum differenziert. Der Grat zum Antisemitismus ist schmal und der Hass auf die Juden wird auch bei uns in den nächsten Wochen weiter zunehmen, mit jedem getöteten Kind. Der Druck auf Israel wird täglich wachsen. Aber leider hat Israel gar keine Wahl. Und es ist genau das, was hierzulande noch nicht so ganz verstanden wird. Was machst du, wenn du von Nachbarn umgeben bist, die dich allesamt ins Meer werfen wollen, die dich ertränken wollen? Was machst du, wenn dir Menschlichkeit als Schwäche ausgelegt wird? Wenn dein freiwilliger Rückzug für die andere Seite ein Sieg wäre, der den nächsten Angriff befeuert? Israel kann im Moment gar nicht anders, Israel muss versuchen, mit allen Mitteln die Hamas auszulöschen. Erst danach wird es wieder eine Chance geben für mehr Frieden in der Region. Man kann nur hoffen, dass die anderen Staaten und Organisationen in der Region jetzt nicht in diesen Krieg einsteigen. Genau darum muss sich die internationale Diplomatie in den kommenden Tagen und Wochen in erster Linie kümmern.

Und auf den deutschen Straßen? Muss es darum gehen, Judenhass zu unterbinden. Übrigens nicht nur auf den Straßen, sondern ebenso in den Schulen, in den Universitäten, in Vereinen. Und vor allem auch in den sozialen Netzwerken. Was dort in den Tagen nach dem Angriff der Hamas auf Israel an Lügen kursierte, war wirklich beängstigend. Genauso beängstigend wie die Tatsache, dass es Menschen gibt, die all diesen Mist bereitwillig glauben und nicht hinterfragen.

POL

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bonataxi: Die Erfindung der Langsamkeit Oder: Ruhe bitte!

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bonataxi: Die Erfindung der Langsamkeit Oder: Ruhe bitte!


Die Erfindung der Langsamkeit. Oder: Ruhe, bitte!“ lautet der Titel von Maura Eccos Bild aus dem Jahr 2021, das zu seinem Zyklus „Friedhof – Ein Ort, der mich erdet“ zählt. Entstanden ist es im japanischen Sapporo, wo Ecco die Vorzüge der naturalistischen Pleinairfotografie für sich entdeckte.

Ecco fotografierte die gemächlich auf den Strand zurollenden Wellen kopfüber. Durch diesen turnerischen Kunstgriff bekommen sie die Anmut(ung) eines Vorhangs, der sich auf den Bühnenboden senkt, um zu signalisieren, dass nun Ruhe herrschen möge. Wie nappiert ergießen sich die Wellen von oben nach unten. Eine reduzierte Farbpalette, die sich auf Blau-, Grau- und Weißtöne konzentriert, überlässt dem eleganten Schwung des Wasserspiels den Vortritt im Buhlen um die Aufmerksamkeit des Betrachters.

In seiner Einfachheit erinnert das Foto an Höhlenmalerei, was nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken ist, dass Ecco ein zartes Gespür für die Vorhangform entwickelt. Sublim codiert er die archaische Kraft des Meeres, als ließe sich diese vom Fallen eines Bühnenvorhangs zähmen, und schafft damit ein gleichermaßen bukolisch wie transzendent wirkendes Amalgam. Das Verknüpfen der Motive Vorhang und Meer mag überdies als Reminiszenz an Maurice Risch, den Mitbegründer der französischen Maritim-Soziologie, gelten.

Die Aufnahme wurde zuerst als großformatiger Fotodruck auf Holz veröffentlicht, damit ein kontemplatives Eintauchen in das Bildmotiv das Nachspüren des zentralen Bildthemas, nämlich Ruhe, erleichtert. Der Künstler verbildlicht hier Ruhe, jedoch nicht notwendigerweise Friedhofsruhe.

bonnataxi@gmx.de

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