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Ein offener Brief an Lisa Paus

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Ein offener Brief an Lisa Paus


Ganz genau, liebe Lisa,

Eier aus Stahl! Zeig dem Lindner mal so richtig, wo der Hammer hängt. Wird höchste Zeit, dass der einen Tritt in die aufgeblasenen Cojones bekommt, stellvertretend für seinen gesamten Sauhaufen. Es ist verdammt gut, richtig wohltuend, dass du jetzt einfach mal deinen niederen Instinkten nachgegeben hast. Natürlich war es Blödsinn, sein Wachstumschancengesetz zu blockieren und an die Kindergrundsicherung zu knüpfen – aber geil war’s trotzdem.

Allein wie das klingt – Wachstumschancengesetz. Das riecht ja schon von Weitem nach FDP, nach Lobby und Klüngel. Da will wieder einer mit Ansage auf den größten Haufen scheißen, oder? Ist doch so. Während er die Kinder mit ein paar wenigen Milliarden abspeisen möchte. Man schüttelt sich. Vor allem, wenn man sich dann auch noch diese altklugen Einlassungen anhören muss, darüber, dass die Eltern solcher Kinder ja mit mehr Geld gar nichts anfangen könnten, dass man besser in die Sprachförderung, Integration und Beschäftigungsfähigkeit der Eltern investieren sollte, die ja meistens einen Migrationshintergrund hätten. Was steckt da drin? Richtig, dass die Eltern der Kinder sich von dem Geldsegen nur Zigaretten und Schnaps kaufen würden.

Jedes fünfte Kind ist in Deutschland armutsgefährdet, besonders betroffen sind die Kinder von Alleinerziehenden. Und Christian Lindner verbreitet krude Thesen über eingewanderte Armut und Eltern, die das ihren Kindern zugedachte Geld verprassen. Inhaltlich kaum haltbar, aber man erkennt eine gewissen Grundhaltung. Armen zu helfen ist Quatsch, weil die Armen selbst schuld sind an ihrer Armut.

In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir alle uns nicht selten gekrümmt vor beinahe körperlichen Schmerzen, wenn Christian Lindner mit seiner FDP mal wieder irgendwas blockiert oder verwässert hat, inzwischen haben aber schon mehrere Tropfen das Fass zum Überlaufen gebracht. Wir sind wütend. Christian Lindner, bitte, bitte, einfach mal die Fresse halten! Und das, genau das, liebe Lisa, hast du gedacht, bei deinen letzten Treffen mit ihm. Wir haben dir das angesehen. Es war nicht schwer zu erkennen.

Wir können es dir so gut nachfühlen. Liebe Lisa, wir bewundern dich sehr. Nicht nur dafür, dass du dem Lindner bei solchen Treffen nicht mit Anlauf ins Gesicht springst. Allein, was du an Kritik aushalten und einstecken musstest in den Tagen nach deiner Blockade, war bestimmt keine Freude. Du wirst jetzt von vielen kollektiv gehasst. Lass dich bitte trotzdem nicht beirren. Viel Feind, viel Ehr. Mach weiter so. Bleib hart und stark. Kein Meter Boden mehr für diesen neoliberalen Haufen von gestern mit den Thesen und Überzeugungen von vorgestern. Die FDP wird mehr und mehr zu Deutschlands Sargnagel, wenn nicht endlich mal jemand mit der Faust auf den Tisch haut. Und tja, der Scholz wird das wohl eher nicht übernehmen, der hat offensichtlich sogar Sympathen für Lindners irren Kurs.

Liebe Lisa, mach einfach nicht mehr mit. Keine gute Miene zum bösen Spiel mehr. Geh mit festen Schritten voran und sei ein Beispiel für deine Kolleg*innen. Ihr müsst euch nicht verbiegen. Ihr könnt euch einfach verweigern, so wie sich die FDP verweigert. Dreht den Spieß um. Seid infantil. Spielt beleidigte Leberwurst. Und lasst euch nicht mehr über den Tisch ziehen. Wenn alle Stricke reißen, habt ihr ja immer noch die Möglichkeit, euch aus der Regierung zu verabschieden. Mit Rückgrat und Haltung. „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Das hat mal ein sehr weiser Mensch gesagt, wir kommen gerade nur nicht auf den Namen.

VA

 

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Ein offener Brief an Olaf Scholz

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Ein offener Brief an Olaf Scholz


Lieber Olaf,

kurz vor der Sommerpause noch schnell ein großes Dankeschön von unserer Seite. Wir geben zu, wir waren ein bisschen beunruhigt. Wegen dem Krieg und der Inflation und der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Eindruck, dass sich die Ampel die ganze Zeit nur fetzt und gerade jetzt, wo es darum geht, mal ein bisschen in die Zukunft zu planen, völlig versagt. Wir hatten sogar gelegentlich schlaflose Nächte.

Aber dann hast du das große Sommerinterview gegeben und uns ist echt ein Findling vom Herzen gefallen. Alles ist gut! Wir sind so unfassbar erleichtert. Die Ampel streitet sich gar nicht, man führt nur notwendige, ernsthafte, sachorientierte, seriöse Diskussionen und geht ansonsten sehr vertrauensvoll und freundschaftlich miteinander um. Das Menschliche funktioniert. Und auch das neue Heizungsgesetz funktioniert. Es ist sozial total vorbildlich ausgewogen. Dass auch Villenbesitzer unterm Strich genauso gefördert werden wie alle anderen, ist gar kein Problem, weil es gar kein Problem ist. Und das Gesetz ist nach all den Änderungen immer noch total super für gegen den Klimawandel, weil es total super ist für gegen den Klimawandel. Klasse!

Wäre ja auch zu schade gewesen, wenn nach all der Aufregung das Gesetz nur noch eine Farce wäre und man zum Beispiel vor 2030 munter weiter Ölheizungen einbauen könnte, was man zwar kann, was aber nicht schlimm ist, weil das so kompliziert verpackt ist, dass es ohnehin niemand versteht. Und dann auch niemand macht. Womit die Klimaziele erreicht werden. Also alles gut. Auch beim Ausbau von Windrädern. Das wird demnächst schneller und schneller gehen, gar keine Frage. Mit dem neuen Deutschlandtempo. Und Expert*innen, die das Gegenteil behaupten, sind keine Expert*innen. Und wenn man lange genug mit denen diskutiert, sehen die das irgendwann auch ein.

Darum auch die Diskussionen innerhalb der Koalition. Um die Expert*innen, aber auch die Bürger*innen mitzunehmen. Um allen zu zeigen, dass man um die besten Lösungen streitet. Um das transparent zu machen, nachvollziehbar für die Bevölkerung, dafür braucht es die öffentliche Auseinandersetzung. Und eben keine Machtwörter, die solche Prozesse im Keim ersticken würden. Es braucht keinen kompromisslosen John Wayne, sondern einen grübelnden, nachdenklichen Olaf, der die Dinge sachlich durchmoderiert und dabei freundlich und entspannt bleibt. Übrigens auch im Umgang mit anderen Staatenlenkern. Der Macron scheint ja sogar fast so etwas wie ein Fan von dir zu sein. So eng, so gut die Freundschaft, da passt kein Blatt Papier dazwischen. Sehr gut! Da wurde ja auch gemunkelt, dass es hinter den Kulissen ein bisschen kracht. Ausgeräumt. Stark!

Und noch ein großes Glück: Die AfD ist nur eine Schlechte-Laune-Partei. Da ist uns gleich noch einmal ein veritabler Findling vom Herzen gefallen. Wenn die nur eine Schlechte-Laune-Partei sind, dann ist das alles ja eher niedlich als bedrohlich. Denen ist nur die eine oder andere Laus über die Leber gelaufen. Alles nur halb so schlimm. Gott sei Dank! Wir hatten schon gedacht, da wären echte Nazis unterwegs, die wirklich Böses im Schilde führen. Aber wenn die nur schlechte Laune haben, dann ist es tatsächlich auch gar kein Problem, dass die AfD in Umfragen jetzt vor der SPD liegt. Wenn es nur nach der schlechten Laune geht, da gibt es ja Tage, da würden wir am Telefon bei einer Umfrage vielleicht auch mal ein bisschen die schlechte Stimmung rauslassen. Ist ja nur Spaß, in Wirklichkeit. Und darum gehen diese 20 Prozent demnächst auch ganz bestimmt wieder von allein weg. Spätestens wenn alle endlich begreifen, was die Ampel für eine großartige Arbeit leistet. Klar, das muss man den Menschen noch ein bisschen erklären, rund 80 Prozent sind momentan mit der Ampel nicht zufrieden, es braucht noch viele öffentliche Diskussionen. Aber zur nächsten Wahl ist ja noch reichlich Zeit. Das wird sich schon noch zurechtruckeln, wenn es erst mit jedem Tag im neuen Deutschlandtempo weiter vorangeht, und wir alle gemeinsam, auch dank dir und deiner klugen, besonnenen Art, das nächste Wirtschaftswunder erleben. Blühende Landschaften. Jetzt kann der Sommer wirklich kommen.
Danke, Olaf!

VA

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Ein offener Brief an die letzte Generation

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Ein offener Brief an die letzte Generation


Liebe Letzte Generation,
ihr müsst jetzt ganz stark sein:
Es bringt nichts.
Euer Protest ist aussichtslos.
Ihr scheitert aktuell, ihr werdet künftig scheitern.
Man wird euch sogar noch mehr ächten, man wird euch immer wieder an den Pranger stellen, euch beschimpfen, euch anfeinden, euch hassen.
Und ja, wahrscheinlich wird man euch demnächst sogar umbringen. Irgendein SUV wird über euch hinwegrollen, am Steuer ein aufgeregter Mensch, der wegen euch zu spät zur Arbeit kommt und dem es einfach mal reicht – weil ihr ihn ja terrorisiert. So wird es kommen, ganz sicher. Was natürlich traurig ist. Denn eigentlich müssten alle Menschen euch verdammt dankbar sein, für euren unermüdlichen und hartnäckigen Einsatz. Sind sie aber nicht. Sie finden eure Aktionen stattdessen „völlig bekloppt“. Weil Menschen speziell sind.
Das müssen wir euch vielleicht kurz erklären.

Also, es gibt Menschen, die informieren sich, die recherchieren die Fakten, die hören ganz genau zu, wenn die versammelte Wissenschaft sich unfassbar einig ist und nachdrücklich warnt, dass wir es alle gemeinsam momentan voll vor die Wand fahren. Solche Menschen sind nach ihrer Recherche alarmiert und angesichts der Tatenlosigkeit von Politiker*innen und vielen Mitmenschen fassungslos. Sie resignieren dann entweder, oder sie fangen an, sich zu engagieren. Und manche, so wie ihr, kleben sich irgendwann auf der Straße fest. Eher so aus Verzweiflung.

Und dann gibt es die anderen, eine große Gruppe, die aus unterschiedlichsten Gründen auf alle Fakten pfeift. Ein Grund kann beispielsweise völlige Verblödung sein. Solche Menschen „informieren“ sich, falls überhaupt, in ihrer Facebook-Gruppe, via Telegram oder sie lesen die BILD. Bei solchen Menschen ist Hopfen und Malz verloren, die würden es selbst dann nicht kapieren, wenn wegen der ständigen Hitze kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt, die würden eher folgendes sagen: „Wie kann das denn sein? Es wurde doch immer gesagt, der Meeresspiegel steigt. Aber klar, alles nur Panikmache! Verdammte, verlogene Wissenschaft.“ Diese Menschen finden, dass ihr, liebe Letzte Generation, einfach nur nervt. So ähnlich wie die Grünen, diese verdammten, bevormundenden Besserwisser. Aber ihr seid noch schlimmer, weil ihr nicht nur das Grillen verbieten wollt, und überhaupt alles, was sonst noch Spaß macht, ihr seid noch schlimmer, weil ihr auf irgendwelchen Straßen rumlungert und ehrliche Leute von der Arbeit abhaltet. Wenn die mit euch tun dürften, was sie sich so wünschen und worüber sie im Internet gerne fantasieren, dann würden mindestens einzelne Körperteile von euch auf dem Asphalt zurückbleiben, nach eurer höchst gewaltsamen Entfernung.

Dann gibt es eine weitere große Gruppe, darunter viele Politiker*innen, die sind fast noch gefährlicher als die Idioten. Die kennen zwar die Fakten, aber sie pfeifen trotzdem drauf, zum Beispiel, weil sie gut daran verdienen. Oder weil ihnen die kurzfristige Karriere wichtiger ist. Oder weil sie noch immer an das Märchen vom ewigen Wachstum glauben und sich einfach nichts anderes vorstellen können. Sie sind gefährlich, weil sie zwar etwas tun könnten, aber lieber bremsen, außer natürlich auf der Autobahn. Schlimme Menschen!

Und neben ein paar anderen kleineren Randgruppen gibt es schließlich noch die mit der Todessehnsucht. Das sind Menschen, gar nicht so wenige, die sich auf die Apokalypse freuen. Das eigene Leben ist langweilig, mit so einer handfesten Apokalypse wäre endlich mal wieder richtig was los. Der Weltuntergang ist der beste Freund dieser Menschen. Ein Klimakrieg? Wunderbar!

Also, lauter sehr spezielle Menschen. Und jetzt kommt ihr, liebe Letze Generation, und versucht, mit euren Aktionen in den Köpfen dieser Menschen etwas zu bewegen. Ihr müsst zugeben, die Idee ist schon ein bisschen absurd, oder? Klar, werdet ihr sagen, man darf sich von diesen Leuten nicht abhalten lassen, von den Idioten, den Korrupten und den Lebensmüden. Sie sollten nicht die maßgebliche Instanz sein und die Richtung vorgeben. Tun sie aber. Und darum bringt das alles nichts. Dazu müsste die Kleberei erst zum Massenphänomen werden. Das wird auch passieren, in ein paar Jahren, wenn es zu spät ist. Was schade ist.

VA

Foto: Ryan McGuire / Pixabay.com

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Ein offener Brief an Robert Habeck

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Ein offener Brief an Robert Habeck


Lieber Robert,

es ist höchste Zeit, dir hier an dieser Stelle ganz persönlich und doch auch öffentlich aus vollem Herzen Danke zu sagen! Ich hatte mich schon so schlecht gefühlt. Aber inzwischen ist alles wieder gut. Dank dir! Du warst wirklich ein Vorbild für mich. Du und die anderen. Aber von vorne:
Man rostet ja ein mit den Jahren. Du lässt es laufen, du kümmerst dich nicht, und irgendwann willst du dir deine Schnürsenkel zubinden und merkst, dass das verflucht anstrengend ist. Du kommst fast nicht mehr dran. Der Bauch zu groß, die Sehnen zu kurz, der Weg nach unten ist beschwerlich. Da ist jede Geschmeidigkeit dahin.

Früher hat man sich ein bisschen gestreckt und gereckt und dann ging das wieder. Früher war man einfach viel flexibler. Und ja, auch im Kopf „versteift“ man mit den Jahren. Da werden dann diverse Meinungen zur reinen Lehre und dann denkt man irgendwann Atomkraft schlecht und Frieden gut und Batterien nicht in den Hausmüll und lieber nicht so viel mit dem Flugzeug fliegen und mit dem Auto fahren und lieber nicht so viel Fleisch essen und die Heizung nicht ganz so hochdrehen und ein bisschen darauf achten, dass die Produkte, die man kauft, irgendein schönes Siegel haben und bloß nicht denken, dass die Nachbarin einen geilen Arsch hat und so weiter. Und wenn jemand um die Ecke kommt, der etwas anderes denkt über Atomkraft und Frieden, dann hört man gar nicht mehr zu, dann bläst man lieber wütend in Trillerpfeifen. Oder so ähnlich. Und fühlt sich schlecht.
Weil man nämlich insgeheim doch ganz gerne mal einen Döner isst und so ein SUV wäre schon auch geil und Dubai hat man auch noch nicht gesehen und letztens ist eine Batterie dann doch aus Versehen im Hausmüll gelandet und dann ist einem auch noch die Nachbarin im Treppenhaus begegnet … Und Alter, dann geht man echt tagelang in Sack und Asche, weil man jemanden insgeheim reduziert hat. Oder weil man neidisch war, weil die von gegenüber sich jetzt diesen Porsche geleistet haben.
Man schämt sich in Grund und Boden. Man schämt sich die ganze Zeit. Man hat einfach dieses Gefühl von Unzulänglichkeit, diese bittere Erkenntnis, dass man seinen eigenen Ansprüchen gar nicht gerecht wird. Und wenn irgendjemand von den anderen jemals herausfindet, dass man doch in diesen Fonds investiert hat, weil der Finanzberater versichert hat, dass der Anteil der Unternehmen in diesem Fonds, der Waffen produziert, wirklich verschwindend gering ist, wenn das jemals rauskommt, dann ist man aber sowas von geliefert. Und so quält man sich durch sein Leben, das schlechte Gewissen als ständiger Gast auf der Schulter – und dann kommst du! Licht am Ende des Tunnels! Robert Habeck! Gleichsam die Erlösung!

Und du machst es einfach mal vor. Sozusagen aus der Hüfte. Ganz geschmeidig. Man muss die Ideale einfach zwischendurch auch mal pragmatisch mit der Realität abgleichen. Und ein bisschen über seinen Schatten springen. Und Kompromisse machen, damit sich überhaupt etwas bewegt. Es ist ganz leicht. Es war doch nur eine Batterie. Und ganz ehrlich, wer gerät innerlich nicht ins Schwärmen beim Anblick einer schönen Frau. Und die Flugkilometer kann man auch ausgleichen. Ein bisschen mehr Flexibilität. Das kann man auch trainieren. Man muss sich einfach jeden Tag ein bisschen mehr verbiegen. Ich bin dabei! Und ich komme mit meinen Fingern schon wieder fast an meine Zehen. Der Weg ist das Ziel! Danke, Robert!

GAH

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Ein offener Brief an Angela Merkel

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Ein offener Brief an Angela Merkel


Liebe Angela,

ja, du genießt deinen Ruhestand, sollst du auch, aber trotzdem:
Dieser Brief ist ein Hilferuf! Du ahnst ja wahrscheinlich gar nicht, was inzwischen passiert ist. Da sitzt jetzt so ein Schlumpf auf deinem Thron.
Okay, nichts gegen Schlümpfe … Aber dieser Schlumpf ist echt sehr speziell. Das Gegenteil von Papa-Schlumpf.
Der erklärt nichts, der schweigt zu allem, der ist die personifizierte ruhige Hand, der wartet ab, dann zögert er, dann wartet er ab, dann grübelt er noch einmal ausführlich, dann zögert er und dann wartet er noch ein bisschen ab. Und dabei grinst er die ganze Zeit dieses schlumpfige Grinsen.
Während sich alle Welt fragt, worauf er eigentlich noch wartet. Das ist schwer auszuhalten, insbesondere natürlich für Ukrainer*innen unter Dauerfeuer. Aber auch für alle anderen, insbesondere Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Was ist mit dem los? Was läuft da schief?

Es ist inzwischen ganz offensichtlich, Olaf braucht dringend ein Coaching. Und wer sollte das übernehmen, wenn nicht du?
Denn du stehst ja wie keine andere für das, was jetzt ganz dringend gefragt ist: Schnelle Entscheidungen, Mut, Pragmatismus, einfach geradlinige Kompetenz, und das alles begleitet von einer möglichst barrierefreien, direkten Kommunikation.
Gut und schnörkellos erklärte Politik, heruntergebrochen für alle, um möglichst alle mitzunehmen. Das waren zusammengefasst deine 16 Jahre.
Oder haben wir das falsch in Erinnerung?
Natürlich nicht! Du warst immer die Nr. 1, wenn es um Führung ging. Klare Weichenstellungen, klare Ansagen, da geht’s lang. Auf dich konnten wir uns verlassen in all den Jahren. Du warst der Fels im Kanzler*innenamt. Wir wussten uns in guten Händen, so sehr, dass wir zuletzt fast vergessen hatten, dass es überhaupt so etwas wie Politik gab, geschweige denn kontroverse Meinungen oder Diskussionen. Das Ergebnis deiner Führungskraft.
Wenn jemand am Steuer sitzt, der gut und sicher fährt, muss man sich keinen Kopf machen.
Aber jetzt sitzt da plötzlich dieser Schlumpf.
Also, los geht’s! Du musst deine Expertise jetzt schnell weitergeben, denn die Zeit drängt.
Der böse, russische Gargamel schmiedet bestimmt schon wieder neue, abgrundtief böse Pläne. Während unser Zauder-Schlumpf zögert und prüft, und noch einmal abwägt, noch einmal alle Argumente auf die Brav-Seite schreibt, und alle anderen Argumente auf die Böse-Seite, um dann noch einmal eine Nacht drüber zu schlafen und mit allen zu telefonieren, während Marie-Agnes Strack-Zimmermann völlig durchdreht. So kann es doch nicht weitergehen.
Liebe Angela, in schweren Zeiten müssen die politischen Schwergewichte Deutschlands, die aktuellen und die ehemaligen, den Schulterschluss wagen und gemeinsam für schnelle Entscheidungen sorgen. Sonst verpassen wir den Zug. Vielleicht könnt ihr zwei ja noch diesen anderen, diesen Dingens dazu holen. Na, wie heißt der denn noch? Wir kommen gerade nicht drauf. Sag schon! Auch so ein großer Ehemaliger. Gute, alte Kontakte nach Moskau. Rotweintrinker. Hach, wir kommen nicht drauf.

Egal, es wäre jedenfalls gut, wenn du jetzt das Heft in die Hand nimmst, wenn sich die politische Elite in Deutschland um deinen Tisch versammelt, gerne bei einer deftigen Brotsuppe, und Olaf erklärt, wie die Geschichte nun laufen muss. Sonst machen wir uns am Ende noch ganz und gar lächerlich. Und dann will irgendwann niemand mehr mit uns spielen.
Bitte, Angela! Hilfe!

GAH

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Ein offener Brief an Gianni Infantino

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Ein offener Brief an Gianni Infantino


Lieber Gianni,
die Sache ist gelaufen, du hast es durchgezogen, du hast gewonnen, du hattest sozusagen deine Satisfaktion. Wir gratulieren! Endlich ist es geschafft. Endlich kannst du einen Haken dranmachen. Das muss dich wirklich verfolgt haben, diese Zeit damals im schweizerischen Brig, deine Eltern Gastarbeiter aus Italien, du untalentiert, erfolglos und gemobbt beim FC Folgore in der 5. Liga. Damals hat sich dein Hass entwickelt, dein Hass auf diesen verdammten Fußball.
Und du hast dich auf den langen Weg gemacht, es allen heimzuzahlen. Du hast dich eingeschlichen bei der FIFA, hast dir alle Haare abrasiert, damit man bei deinem Anblick fast automatisch an Fußball denkt, bist schließlich aufgestiegen zum Präsidenten und damit hattest du es endlich in der Hand. Wie richtet man möglichst nachhaltig einen Sport zugrunde? Wie sorgt man dafür, dass sich die Menschen reihenweise angewidert abwenden? Richtig, man verkauft Weltmeisterschaften an Länder, für die Fußball ein ebenso nachrangiges Thema ist wie Menschenrechte. Und man pfeift dabei auf jede Zurückhaltung, damit auch wirklich allen klar wird, wie sehr geschmiert wurde, man entblößt den Weltfußballverband in aller Öffentlichkeit als korrumpierte, gewissenlose Geldmaschine, so funktioniert effektive Diskreditierung.
Hier ein paar Uhren, dort ein paar Geldkoffer, hier ein paar tote Arbeiter, dort noch ein paar mehr tote Arbeiter, hier ein paar Umweltsünden, dort eine in den Winter verlegte Weltmeisterschaft, weil es im Sommer doch schnell mal 50 Grad im Schatten werden können, was bei der Vergabe aber noch niemand gewusst hat, weil die Sommertemperaturen in Katar absolutes Geheimwissen sind. Da müssen erst tausende investigative Journalisten eifrig recherchieren, um das herauszufinden.
Und wenn dann alle denken, dass es schlimmer nicht mehr werden kann, verwandelst du den finalen Elfmeter, gibst zum Start der WM eine Pressekonferenz und hast sehr starke Gefühle. Du fühlst dich als Katarer, als Araber, fühlst dich afrikanisch, homosexuell und behindert, fühlst dich als Arbeitsmigrant, wetterst anschließend noch ein bisschen gegen die Doppelmoral der westlichen Welt, schimpfst auf die Europäer und bringst die FIFA zur Lösung aller Weltprobleme ins Spiel. Wie geil ist das denn? Einen nackteren Arsch kann man der Weltöffentlichkeit gar nicht entgegenstrecken. Großartig! Und dann sitzt auch noch die Faeser neben dir mit dieser schrägen Binde. Während die armselige deutsche Mannschaft vor Sanktionen zittert.
Lieber Gianni, wir verneigen uns tief. Was für ein Kantersieg. Sepp Blatter war schon eine große Nummer, du hast sein Werk nun würdig vollendet. Den Sport an sich, den du so sehr verabscheust, hast du erfolgreich zur Nebensache degradiert, Argentinien ist Weltmeister, aber in China fällt manchmal auch ein Sack Reis um. Besser kann man König Fußball nicht in den Dreck ziehen. Wir sind gespannt, was nun noch kommen kann. Die Vergabe der WM 2026 ist ja leider schon gelaufen, dann sind ganz harmlos Kanada, Mexiko und die USA dran. Was gut für den Fußball sein könnte, was dich alarmieren und motivieren sollte. Wie wäre es mit Nordkorea als Austragungsort der WM 2030?

GAH

Bild: 3D Animation Production Company / Pixabay.com

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