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Ein letztes Wort im Juni

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Ein letztes Wort im Juni


Herr Weil, Sie sind heute, am 15. Mai, noch Ministerpräsident. Kommende Woche ist dann Schluss und wenn unsere Juni-Ausgabe erscheint, sind Sie schon im Ruhestand.

Ja, ab kommenden Dienstag ist Olaf Lies dran. Ich bin dann noch Abgeordneter im Landtag. Und werde selbstverständlich bei seiner Regierungserklärung auf meinem Platz sitzen.

Wie muss man sich Ihre letzten Tage hier vorstellen? Kisten packen? Den Keller in der Staatskanzlei aufräumen?

So ungefähr. Ich nehme nur meine persönlichen Sachen mit und werde wohl auch viel wegwerfen oder verschenken. Und dann muss Olaf Lies entscheiden, wie er sein Büro einrichten möchte. Ich habe damals mein Büro ziemlich umgekrempelt, als ich eingezogen bin.

Sind die letzten Tage gerade sehr anstrengend?

Das sind sie. Dieser Abschiedsreigen ist nicht ganz ohne. Was ich wirklich sehr schön finde, das sind die persönlichen Begegnungen. Es kommen immer mal wieder auf der Straße Menschen auf mich zu und bedauern, dass ich gehe, sagen aber, dass sie mich verstehen und sich bedanken. Das ist der schöne Teil dieser letzten Wochen und Tage. Aber ansonsten durchlebe ich gerade eine ununterbrochene Verabschiedung mit einer Überdosis an Komplimenten und das zerrt auch ein bisschen an den Nerven. Aufräumen steht dann wahrscheinlich am Wochenende auf dem Zettel. Aber das ist auch schon wieder ziemlich durchgetaktet.

Übergeben Sie das Amt so geordnet, wie Sie sich das gewünscht haben?

Was die Übergabe an Olaf Lies anbelangt, ja. Es war natürlich mein Anspruch, auch die letzten Vorgänge am besten ganz abgeschlossen zu haben. Aber ganz geschafft habe ich das nicht. Es gibt zum Beispiel gerade ein paar kleinere Diskussionen zwischen einzelnen Ministerien, die hätte ich gerne noch zu Ende geführt. Andererseits war das auch so, als ich die Regierung übernommen habe. Ich musste manche Fragen klären, die die Vorgängerregierung nicht mehr geregelt hatte.

Ist da auch mal ein Kloß im Hals zwischendurch?

Der persönliche Zuspruch ist manchmal wirklich anrührend. Ich hätte nicht gedacht, dass das von so vielen Seiten kommen würde. Und das ist natürlich eigentlich ein riesiges Privileg, obwohl mir manchmal der Kopf schwirrt.

Der positive Zuspruch macht also den Abschied leichter. Können Sie mit Lob eigentlich gut umgehen?

Na ja. Wir norddeutschen Männer können mit Kritik besser umgehen als mit Lob. Die persönlichen Rückmeldungen von vielen Bürgerinnen und Bürgern berührt mich schon sehr. Das sind ja genau die Leute, für die ich gearbeitet habe. Politiker treten doch an, um etwas für die Menschen zu erreichen.

Bevor ich das vergesse, wir müssen kurz über ihre Setlist sprechen. Das Heeresmusikkorps Hannover spielt bei ihrer Verabschiedung das „Bürgerlied“, „Die Moorsoldaten“ und „Won’t Forget These Days“. Was ist denn das für eine Zusammenstellung?

Der Text vom Bürgerlied ist großartig und passt gerade wieder sehr gut in die Zeit. Das Lied ist im Vormärz entstanden, also vor der Revolution von 1848. Und es ist im Grunde ein Aufruf, dass alle zusammen aufstehen und anpacken sollen, unabhängig welchen Platz man in der Gesellschaft einnimmt. So einen Geist würde ich mir auch für das heutige Deutschland wünschen. Unsere Gesellschaft ist momentan vielerorts durchdrungen von einem tiefen Pessimismus. Aufstehen und anpacken, das ist aus meiner Sicht ein gutes Mittel gegen diese Depression.

Aber mit Friedrich Merz geht es doch jetzt ohnehin wieder aufwärts.

Mit der SPD in der Koalition geht es jetzt wieder aufwärts, meinen Sie? Aber egal, wir haben gerade eine Menge Gründe der neuen Bundesregierung viel Erfolg zu wünschen. 

Okay, sprechen wir lieber über das zweite Stück.

Das Lied „Die Moorsoldaten* ist für mich ein ganz wichtiges kulturelles Erbe in Niedersachsen. Es stammt aus dem KZ Börgermoor im Emsland. Die KZ-Häftlinge habe es dort gesungen. Ich finde es beeindruckend, wie sich diese Menschen unter schlimmsten Bedingungen ihre Würde und ihre Zuversicht bewahrt haben. Darum war mir dieses Lied ein Herzensanliegen. Zuversicht ist ebenfalls etwas, das auch wir uns bewahren sollten. Wir haben bekanntlich gerade damit zu tun, unsere Demokratie zu verteidigen. Und „Won’t Forget These Days* von den Furys ist dann noch einmal sehr persönlich. Das Stück bringt meine momentane innere Befindlichkeit gut auf den Punkt. In der engeren Auswahl war auch noch ‚Hello, Goodbye‚ von den Beatles.

Was machen Sie, wenn Sie am Dienstagabend nach Hause kommen?

Ich schätze, ich setze mich mit meiner Frau zusammen ins Wohnzimmer, sie macht sich einen Wein auf und ich mir ein Bier, und dann kommen wir ein bisschen zur Ruhe. Im Moment fühlt sich das alles noch eher surreal an. Wenn wir uns das nächste Mal treffen, bin ich hoffentlich schon mehr in der neuen Realität angekommen. Ich freue mich auf diese neue Zeit. Nach dem Übergang geht es für mich erstmal eine Woche auf Segeltour. Und wenn ich dann wiederkomme, beginnt das Leben ohne 80-Stunden-Woche.

Also nach dem Übergang einmal kurz so richtig durchlüften und dann folgt der Start in den Unruhestand. Wie lange werden Sie Einladungen in Talkshows ausschlagen?

Ich gehe stark davon aus, dass ich keine Einladungen mehr bekommen werde.

Der Lanz klang ein bisschen so beim letzten Mal, als wäre die nächste Einladung schon raus.

Normalerweise gilt in der Politik der Grundsatz: Aus den Augen, aus dem Sinn. Ich glaube, das passiert auch ratzfatz. Da sollte man sich nichts vormachen. Abgesehen davon ist aber auch fraglich, ob man sich als ehemaliger Politiker noch ständig zu Wort melden sollte.

Wir haben schon einmal darüber gesprochen, dass Sie es nicht so sympathisch finden, wenn sich ehemalige Politikerinnen und Politiker ständig von der Seitenlinie mit guten Ratschlägen einmischen. Von der Sorte haben wir ja ein paar in Deutschland. Sie werden darauf verzichten?

Ich nehme mir zumindest vor, darauf zu verzichten.

Wobei es für mich auch ein bisschen auf den Zwischenrufer ankommt. Ich fand zum Beispiel die Initiative von Peer Steinbrück gar nicht so schlecht.

Im Gegenteil, ich finde die Vorschläge von Steinbrück, de Maizière, Voßkuhle und Jäkel sehr gut. Was sie vorschlagen, ist ja eine echte Staatsreform. Ich würde das meiste sofort unterschreiben. Aber das meine ich nicht mit den Seitenrufen. Es spricht nichts dagegen, sich mit seiner Expertise weiter einzubringen. Und es spricht auch nichts dagegen, gelegentlich Politik zu erklären. Aber es spricht eine Menge dagegen, es innerhalb der Tagespolitik von der Seitenlinie ständig besser zu wissen. Mich hat das immer genervt und ich habe die gute Absicht, mich daran nicht zu beteiligen. Den Gedanken, sich konstruktiv einzubringen, finde auch ich durchaus sympathisch. Und genau das war ja auch der Ansatz von Steinbrück und Co. So etwas kann man vielleicht auch nur im Ruhestand machen, weil man nicht zwischen allen Stühlen sitzt und 1000 Interessengruppen an einem zerren. Ich finde, das ist eine sehr kluge Initiative, der man nur sehr viel Erfolg wünschen kann.

Ich finde ja den Gedanken ganz spannend, dass sich ehemalige Politikerinnen und Politiker zusammenschließen, vielleicht zu einem Think-Tank der Altgedienten.

Sie meinen so eine Art Senat?

Ich würde mir einfach ein paar integre, ernsthafte Menschen über alle Parteien hinweg wünschen, die mit Haltung und ohne Populismus gelegentlich den Jüngeren mahnend die Hand auf die Schulter legen. Und zum Beispiel einem Jens Spahn sagen, was geht und was man besser lassen sollte.

Darüber machen sich in der Union gerade in der Tat einige Besonnene echte Sorgen. Es hat ja leider innerhalb der CDU eine fundamentale interne Veränderung gegeben. Der soziale Flügel und der liberale Flügel spielen faktisch keine Rolle mehr. Das beeinflusst auch die Positionierung der CDU im Parteiengefüge. Aber zurück zu ihrer Senat-Idee. Ich stehe dem mit einer gewissen Skepsis gegenüber. Es ist ja nicht so, dass man mit dem Alter weniger redet. Und peinlicherweise vor allem gerne über frühere eigene Verdienste. Insofern stelle ich mir eine solche Runde von Altgedienten ziemlich anstrengend vor. Und schon deshalb möchte ich mich einstweilen an so etwas nicht beteiligen. Wertvolle Erfahrungen müssen ja dennoch nicht verloren gehen. Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat ist wirklich ein rühmliches Beispiel dafür, wie man es gut macht. Man hat aus der Summe der Erfahrungen in sich konsistente Vorschläge für die Gegenwart erarbeitet, nicht ohne einen kritischen Blick auf die eigene Arbeit und ohne Besserwisserei. Es wäre wünschenswert, wenn das Schule machte.

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Ein letztes Wort im März

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Ein letztes Wort im März


Herr Weil, wir haben zum Zeitpunkt unseres Gesprächs noch zwei Wochen bis zur Wahl. Was uns über diese Wahl hinaus ganz sicher weiter beschäftigen wird, ist der Umgang mit der AfD. Ist die Brandmauer jetzt Geschichte, nachdem die CDU/CSU die Stimmen der AfD im Bundestag in Kauf genommen hat?

Friedrich Merz hat den Begriff der Brandmauer in der Vergangenheit immer wieder gerne genutzt, auch schon zu seinem Amtsantritt als CDU-Parteichef. Insofern war es völlig unerwartet, dass ausgerechnet er dann diesen Weg verlassen hat. Und sogar davon spricht, dass der Union dieser Begriff immer nur von außen aufgenötigt worden sei …

Der eingeschlagene Weg war, laut Friedrich Merz, eine Reaktion auf Aschaffenburg …

Wir sind alle entsetzt über diese furchtbare Tat und über alle weiteren vergleichbaren Taten. Es wird gesagt, dass Herr Merz diesen Weg unter dem Eindruck des Verbrechens in Aschaffenburg gegangen sei. Aber Aschaffenburg wäre durch alles das, was er dann vorgeschlagen hat, nicht verhindert worden. Dauerhafte Grenzkontrollen verhindern doch keine Taten von Menschen, die schon längst in Deutschland sind. Wir müssen alles versuchen, was solche schrecklichen Taten verhindern kann. Dazu sind aber  ganz andere Maßnahmen viel mehr geeignet, beispielsweise die bessere Identifikation, Speicherung und vordringliche Abschiebung von Gefährdern. Darüber und über andere geeignetere Maßnahmen ist aber leider kaum gesprochen worden. Fest steht, dass Friedrich Merz mit seinem Vorgehen einen enormen Flurschaden unter den Demokraten angerichtet hat. Ich hätte das vorher nicht für möglich gehalten.

Was droht denn jetzt? Was wird in einigen Monaten passieren, wenn es zwischen der Union und einem demokratischen Koalitionspartner nicht funktioniert? Haben Sie noch das Vertrauen, dass es dann nicht doch zur Kehrtwende kommt? 

Ich hatte vor dieser Abstimmung im Bundestag ein Zusammenwirken von CDU und AfD nicht für möglich gehalten und ich möchte weiter daran glauben, dass diese Gefahr nicht besteht. Aber ich bin skeptischer geworden, daraus mache ich keinen Hehl. Das ist umso schlimmer, als wir gerade in den nächsten Jahren nach meiner Überzeugung unter den Demokraten eng zusammenstehen müssen. Es gibt kein Abonnement auf eine funktionierende liberale Demokratie. Die nächste Bundesregierung muss die kommenden vier Jahre nutzen, um Vertrauen zurückzugewinnen und viele anstehende Probleme zu lösen. Wir müssen zum Beispiel zuallererst schleunigst unsere Wirtschaft wieder flottbekommen. Schon das ist eine riesige Aufgabe, aber nicht die einzige.

Es wäre schön, wenn sich die Politik mal wieder um die echten Probleme kümmert. Allerdings sitzen mir noch die vergangenen Monate in den Knochen und da ging es kaum um Lösungen. Die Themen hat oft die AfD gesetzt. Was ist Ihre Erkenntnis aus den vergangenen Monaten?

Es gibt dazu ein passendes Zitat von George Bernard Shaw, das geht etwa so: „Ringe nie mit einem Schwein. Beide werden schmutzig, aber nur das Schwein mag es.“ Wenn man die Remigratons-Themen der AfD aufgreift, dann tut man nur der AfD einen Gefallen.  Letztlich war die gesamte Aktion von Friedrich Merz nach Aschaffenburg ein fundamentaler Fehler und hat nur Schaden angerichtet.

Ich hatte den Eindruck, dass noch ein paar mehr Parteien ihr Fähnchen in den Wind der AfD gehalten haben …

Ich verstehe absolut, dass die Taten von Aschaffenburg, Magdeburg und Solingen vielen Menschen tief unter die Haut gegangen sind. Und es gibt leider immer wieder auch im lokalen Umfeld Vorkommnisse, die für Verunsicherung sorgen. Innere Sicherheit ist ein wichtiges Thema und verdient eine sehr ernsthafte Diskussion. Was ich Friedrich Merz vorwerfe, ist, dass er nicht über Lösungen gesprochen hat, die Aschaffenburg hätten verhindern können, sondern über etwas ganz anderes. Und er hat gar nicht erst versucht, unter Demokraten eine gemeinsame Position zu entwickeln. Er hat nur gesagt, dass man ja seinen Forderungen beipflichten könne. So kommt man nicht zusammen, sondern treibt auseinander. 

Solche Ereignisse werden benutzt, um den Menschen ganz grundsätzlich Angst zu machen. Und wenn alle darauf einsteigen, dann erzielt das Getöse genau diesen Effekt. Es wäre stattdessen gut, wenn sich alle mäßigen, oder?

Politik muss Probleme lösen, aber nicht den Leuten zusätzlich Angst machen, Wie gesagt, da knallen dann am Ende nur bei der AfD die Korken.

Wie schafft man es denn, die Debatte und die Gemüter jetzt zu beruhigen und spätestens nach der Wahl zurückzukehren zu einem sachlichen und rationalen Miteinander?

Die Versuchung, auf einer Welle der Betroffenheit und Angst zu surfen, ist gerade im Wahlkampf besonders groß. Aber es ist auch niemand gehindert, vor einer Rede, einem Posting oder einem Interview noch einmal das Gehirn einzuschalten. Das ist ein bisschen so wie beim Schach. Man muss sich immer die Folgen des nächsten Zugs vor Augen führen. Das ist auch die Aufgabe einer verantwortungsbewussten Politik. 

Wäre es jetzt nicht auch wichtig, Migration nicht nur ständig als Problem zu sehen, sondern wieder mehr als Teil der Lösung. Gerade als Reaktion auf den gegenwärtigen Trend. Da gibt es inzwischen eine verheerende Schieflage. Ich finde, das läuft kommunikativ völlig falsch.

Es ist absolut im Interesse Deutschlands, dass wir zu wirklich guten Formen von legaler Zuwanderung kommen. Es gibt viele Branchen, da würde es heute schon nicht funktionieren, gäbe es keine Zuwanderung. Und das wird sich mit dem zunehmenden demokratischen Wandel weiter verstärken. Die Suche nach Fachkräften ist in vielen Unternehmen quer durch alle Branchen und Regionen gelebter Alltag. Und ich gebe ihnen hier ebenfalls vollkommen Recht, wir müssen auch wieder die Erfolgsgeschichten unserer vielfältigen Gesellschaft erzählen. Die gibt es sehr, sehr zahlreich. Aber wir dürfen darüber nicht vergessen, uns auch um die andere Seite zu kümmern. Wir müssen alles tun, damit die Angst nicht eskaliert. Und das Sicherheitsgefühl ist leider nicht abhängig von Statistiken.

Brauchen wir nach den Wahl ein Commitment aller demokratischen Parteien, eine Rückkehr zur Sachlichkeit?

Unbedingt! Das ist ein Gebot der Verantwortung. Es muss gelingen, dass gerade beim Thema Migration nicht nur emotional, sondern rational und sachlich und im Rahmen unserer Rechtsordnung diskutiert wird. Es ist richtig, Verständnis und Empathie zu zeigen. Falsche Versprechungen aber helfen nicht. Wir müssen klar und ehrlich sagen, was geht und was nicht geht. Gute Politik muss sich auf eine realistische Zielerreichung konzentrieren, dann ist sie auch glaubwürdig. 

Das Ziel, die Demokratie zu stärken, durch gute Politik. Die Worte höre ich wohl …

Es gibt gute und schlechte Beispiele, aus beidem kann man lernen. Nehmen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien. Der muss unbedingt und mit Tempo weitergehen, aber er muss auch für die Betroffenen vor Ort mit Vorteilen verbunden sein. Seitdem das gemacht wird, ist die Akzeptanz für Windräder spürbar gewachsen. Ein schlechtes Beispiel war das Heizungsgesetz. Der erste, breit diskutierte Plan hat vielen Menschen Angst gemacht, weil sie befürchten mussten, mit ihrem kleinen Geldbeutel überfordert zu werden. Es gibt in der Fachdiskussion den Begriff des „unsanierten Pendlers“. Der lebt auf dem Land, wohnt in einem eigenen, noch nicht sanierten Haus, verdient nicht viel Geld, sein Arbeitsplatz ist etliche Kilometer entfernt und er fährt einen alten Verbrenner. Und ja, er hätte sein Haus sanieren, eine neue Heizung einbauen und irgendwann auch ein anderes Auto anschaffen müssen. Natürlich bekommt so jemand ein mulmiges Gefühlt, wenn von allen Seiten diese Erwartungen kommen, die für ihn aber einfach nicht erfüllbar sind. Wir müssen bei allem erforderlichen Tempo immer genau hinsehen und alle Maßnahmen sozialerträglich abfedern, sonst verspielen wir den Rückhalt in der Bevölkerung

Meinen Sie, die nächste Regierung schafft das? Ein kluge, pragmatische, aber sozial ausgewogene Politik?

Ich finde, das ist zwingend notwendig, wenn wir wieder die Demokratie in unserem Land stärken wollen. Zunächst mal brauchen wir wieder ein geschlossenes Auftreten innerhalb einer Regierung und keinen öffentlicher Streit. Dann muss man sich – wie gesagt – zuallererst auf die Wirtschaft konzentrieren. Wir brauchen eine Trendumkehr. Das wird nicht ohne öffentliches Geld gehen. Wir müssen die Versäumnisse der Vergangenheit beheben und wir werden investieren müssen. Bürokratieabbau ist ebenfalls ein Thema. Und ja, ganz viel Pragmatismus. Nicht alles zerreden, einfach mal ausprobieren, um zu sehen, wie es in der Praxis läuft. Denn nur das ist ja das, was am Ende zählt.

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Ein letztes Wort im Februar

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Ein letztes Wort im Februar


Herr Weil, wir sprechen Anfang Januar für unsere Februar-Ausgabe. Wenn das Interview erscheint, sind wir bereits in der Schlussphase des Wahlkampfs.

Wenn ich richtig rechne, sind es heute noch 48 Tage bis zu den Bundestagswahlen.

Wir haben schon vor Weihnachten festgestellt, dass es nicht einfach werden wird. Und die große Kehrtwende für die SPD ist bisher ausgeblieben …

Ja, ganz klar, es bleibt ein schwieriger Wahlkampf. Aber man könnte auch sagen, es bleibt spannend. Denn wir haben ja eine sehr große Dynamik in der Welt, da kann sich vieles schnell ändern – und auch Stimmungen können sich schnell drehen. Wir erleben Veränderungen in einem rasenden Tempo, wir werden beispielsweise, wenn das Stadtkind erscheint, schon ein paar Tage einen neuen amerikanischen Präsidenten haben. Mit entsprechenden Konsequenzen für unser Land. Das wiederum spricht dafür, hierzulande doch besser auf erfahrene Politiker zu setzen.

Trotzdem, auf das Konto der SPD oder von Olaf Scholz scheint das alles bisher nicht wirklich einzuzahlen. 

Wie gesagt, ausgezählt wird zum Schluss. Ich habe schon ziemlich viele Wahlkämpfe mitgemacht und es gab häufiger die Situation, dass man hinten lag und kämpfen musste. Das tun wir.

Wenn ich mich umhöre, dann ist die Stimmung an der Basis aber ziemlich mies. Und mit schlechter Laune kämpft es sich nicht gut …

Ich bin derzeit viel unterwegs und an der Stelle kann ich mich wirklich nicht beklagen, da ist ganz viel Engagement, auch bei miesem Wetter. Aber richtig gut ist die Stimmung ja leider insgesamt in unserer Gesellschaft gerade nicht. Viele Menschen sind mit Sorgen und Pessimismus ins neue Jahr gestartet. Und dafür gibt es ja auch gute Gründe, die Wirtschaft ist in Schwierigkeiten, die Energiepreise sind zu hoch, es gibt international zahlreiche Krisen. Auf die nächste Bundesregierung werden entscheidende Aufgaben zukommen. Sie wird sehr schnell handeln und anpacken müssen. 2025 muss zu dem Jahr werden, in dem es wieder aufwärts geht. Für die Wirtschaft und dann auch für die Stimmung im Land. 

Wenn ich mir die Wahlversprechen so ansehe, dann produziert die Politik aber doch momentan schon wieder den nächsten GAU. Was die CDU ankündigt, wird kaum finanzierbar sein. Bei den Ankündigungen der FDP ist es ähnlich. Ist da nicht die nächste Wählerenttäuschung vorprogrammiert? Was werden die Leute 2029 wählen, wenn jetzt wieder Enttäuschungen folgen in der nächsten Zeit?   

Ich kann Ihrem Eindruck, was das CDU-Programm angeht, nicht widersprechen. Das ist bei der SPD deutlich seriöser.

Das sagen Sie …

Das sagen auch alle Institute, die genauer nachgerechnet haben. Wir haben, was beispielsweise die Verteilungsfragen angeht, einfach sehr unterschiedliche Auffassungen. Die SPD will diejenigen, die sehr viel verdienen, stärker  heranziehen, damit wir insbesondere die Menschen mit geringen Gehältern deutlich entlasten können. Die CDU will dagegen die ganz oben deutlich entlasten, ohne Belastbares zur Gegenfinanzierung zu sagen. Und bisher hat sich die CDU um eine solche Klärung auch nicht bemüht. Wobei eigentlich völlig klar ist, dass man das nur dann finanzieren kann, wenn man gleichzeitig an neuralgischen Stellen im Haushalt Einschnitte vornimmt, wie sie in Deutschland noch nie stattgefunden haben. Das will ich aber der CDU nicht unterstellen. Ich glaube einfach, es ist die Schublade „hohle Wahlversprechen“.

Einfach nur Wolkenkuckucksheim?

Die Rechnung der CDU geht erkennbar nicht auf. Hinzu kommt, dass die Schwerpunkte falsch gesetzt sind. Notwendig sind sehr klare Prioritäten. Und da steht für mich die Frage, wie wir unsere Wirtschaft wieder nach vorne bringen, an allererster Stelle. Nur wenn uns das gelingt, werden wir auch ansonsten wieder handlungsfähig. Dann wird wieder vieles leichter, auch in den öffentlichen Haushalten. Wenn uns das nicht gelingt, haben wir dauerhaft ein Problem. Darum rate ich allen Beteiligten, das Thema Wirtschaft vor die Klammer zu ziehen, wir tun das auch schon jetzt, vor den Wahlen. Wir brauchen vor allem niedrigere Energiekosten und viel mehr Investitionen. 

Ich kann mich erinnern, dass Sie schon eine Weile fordern, dass man mehr für die Wirtschaft tun sollte. Sie haben sich beispielsweise einen Industriestrompreis gewünscht. Es gab aber in Ihrer Partei jemanden, der dagegen war.

Ich habe im Verlauf des Jahres 2023 sehr viel für einen Industriestrompreis geworben und auch laut geworben. Wir waren anfangs noch nicht so viele und es hat sich so ein bisschen wie einsame Rufer in der Wüste angefühlt. Es hat dann aber für diese Idee im Verlauf des Jahres immer mehr Zuspruch gegeben. Dann kam aber leider im November das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt und das hat all solche Pläne über den Haufen geworfen. Jetzt müssen wir möglichst früh in diesem Jahr den Turnaround schaffen, sonst haben wir ein immer größeres Problem.

Noch mal kurz zum Wahlkampf, was ist eigentlich aus dieser Vereinbarung zu einem fairen Bundestagswahlkampf geworden? Ich kann nicht so viel Fairness erkennen. Zuletzt hat gerade Roderich Kiesewetter einen rausgehauen.

Sie meinen die Geschichte von dem geplanten Besuch von Scholz in Moskau. Ich weiß wirklich nicht, was den Kollegen da geritten hat. Roderich Kiesewetter ist mir bisher nicht als jemand aufgefallen, der lauthals dummes Zeug erzählt. Aber in dem Fall war es so. Eine absurde Geschichte. 

Man kann aber an diesem Beispiel sehr schön sehen, wie Nachrichten funktionieren und auch explodieren.

Ja, es ist sehr leicht, so etwas in die Welt zu setzen, und sehr schwer, etwas wieder richtigzustellen – leider.

Wir werden künftig immer öfter mit solchen falschen Nachrichten zu tun haben. Während sich die Macht über die Social-Media-Kanäle zunehmend in ganz wenigen Händen konzentriert. Elon Musk will auch in England massiv in den Wahlkampf eingreifen. Wir stehen eher am Anfang der Entwicklung.

Wir erleben gerade das erste Mal eine gefährliche Zusammenballung von technologischer, wirtschaftlicher, finanzieller und jetzt eben auch politischer Macht. Da fühlt sich offensichtlich jemand berufen, die Weltgeschichte zu regeln. Wir müssen aus dem, was Musk und andere tun, schleunigst unsere Lehren ziehen. Wir müssen uns in Europa überlegen, wie wir umgehen wollen mit Social Media, mit problematischen Algorithmen. Wir können das nicht einfach laufen lassen. Das ist ein hochgradig gefährliches Instrument, mit ausgesprochen fragwürdigen Algorithmen.

Das allerdings gepriesen wird als Hort der Meinungsfreiheit.

Und dann fallen Rechtsextremismus und Antisemitismus plötzlich unter Meinungsfreiheit…

Kommen wir zuletzt noch schnell zu Österreich. Was sagen sie zu Herbert Kickl und der FPÖ, beziehungsweise zur Koalitionsbereitschaft der ÖVP?

In Österreich sehen wir nun tatsächlich diesen berühmten Dammbruch. Der frühere Bundeskanzler Nehammer hatte immer ausgeschlossen, mit der FPÖ zu koalieren, ist damit aber von der Mehrheit seines Parteivorstands abserviert worden. Wir sehen, dass die liberalen Demokratien in Europa und der Welt massiv unter Druck stehen. Und ich glaube, wir müssen daraus die Schlussfolgerung ziehen, dass alle Demokratinnen und Demokraten noch viel klarer und entschiedener zusammenstehen sollten. Wir machen nach wie vor den Fehler, dass wir uns in erster Linie untereinander bekämpfen, anstatt uns klarzumachen, dass wir in grundlegenden Fragen sehr einig sind, bei allen unterschiedlichen Auffassungen in der Sache. Dieses permanente Zelebrieren einer großen Zerstrittenheit führt zu dem Eindruck, dass die Politik nur noch um sich selbst kreist und sich nicht um die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger kümmert. Darum, egal wie die Wahl ausgeht, wünsche ich mir direkt im Anschluss ein Agreement der Demokraten. Es geht in den kommenden Monaten und Jahren um Weichenstellungen. Daran sollten sich alle Demokraten beteiligen. Die echten Mehrheitsverhältnisse sind ganz klar, 4/5 sind auf Seiten der Demokratie.

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Ein letztes Wort im Januar

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Ein letztes Wort im Januar


Herr Weil, es ist Wahlkampf. Dann legen Sie mal los …

Habe ich schon. Ich war bereits unterwegs.

Und haben die Werbetrommel für Olaf Scholz gerührt?

Ganz genau.

Wann wird es denn die große Trendumkehr in den Umfragen geben? Bisher tut sich wenig …  

Im direkten Vergleich zu Friedrich Merz hat Olaf Scholz schon ein paar Punkte gutgemacht. Wenn sich dieser Trend so fortsetzt, läuft es doch in die richtige Richtung.

Und was macht die SPD, wenn Anfang des Jahres die große Wende noch immer ausbleibt? Mit nur zwei oder drei Prozent mehr ist ja kein Blumentopf zu gewinnen.

Niemand hat behauptet, dass das ein leichter Wahlkampf wird. Aber ich erinnere gerne daran, dass da das Wörtchen „Kampf“ drinsteckt. Man kann das an Olaf Scholz ganz gut sehen, der hat längst in diesen Modus geschaltet und tritt regelrecht befreit auf. Das ist nach dieser ganzen lähmenden Schlussphase der Ampel auch dringend notwendig. Insbesondere diese Schlussinszenierung der FDP war schwer zu ertragen. Gut, dass es vorbei ist. Das befreit. Und das gilt übrigens nicht nur für Olaf Scholz, sondern auch für mich und vielleicht für die gesamte SPD. 

Was sagen Sie abschließend zu dieser Inszenierung?

Mich interessieren die Szenen dieser Ehe im Rückspiegel eigentlich nicht so sehr, wir haben wichtigere Probleme. Aber es ist schon ein dicker Hund, dass eine Regierungspartei zielstrebig über Wochen hinweg einen Regierungsbruch plant. Gezielt auf Provokation zu setzen, die Illoyalität zum Grundsatz zu machen, und dann auch noch zu versuchen, sich als Opfer zu präsentieren, das ist dann schon die Krönung. Vor allem, wenn das alles hinterher auch noch so lang vehement bestritten wird, bis die Wahrheit herauskommt.

Wenn Sie Christian Lindner wären, was würden Sie tun?

Es tut mir leid, aber das übersteigt meine Vorstellungskraft. Bestenfalls hat er inzwischen gemerkt, was für ein peinliches Schauspiel das war.

Seine Selbstkritik hält sich aber noch sehr in Grenzen.

Selbstkritik bei Christian Lindner? Das scheint mir keine seiner Kernkompetenzen zu sein. Der springende Punkt ist aber, dass man so nicht mit Vertrauen umgeht – vor allem nicht mit dem ohnehin angeknacksten Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in die Politik. 

Apropos Vertrauen, wenn ich mir die aufgeregten Diskussionen der vergangenen Monate ansehe, zum Beispiel diese aufgeheizte Debatte um den „Heizungshammer“, und ich mache dann den Faktencheck, dann bleibt sehr oft kaum etwas übrig. Sehr viel Kampagne, sehr wenig Sinn und Verstand.

Da gebe ich Ihnen teilweise Recht. Wobei man konstatieren muss, dass das kein guter Gesetzesentwurf war. Die Pläne haben auch in Teilen von Niedersachsen Angst und Schrecken ausgelöst. Weil die darin vorgesehenen Pflichten viele Menschen, die nicht viel Geld haben, sehr in Bedrängnis gebracht hätten.

Wobei es aber totaler Unsinn war, die Wärmepumpe derart zu verteufeln. Viele haben sich nun dagegen entschieden und werden das künftig teuer bezahlen. Das ist ein Ergebnis der CDU-Kampagne.

Das stimmt im Ergebnis leider ganz und gar. Für die Wärmepumpe war dieses Gesetz am Ende eine vergiftetet Praline, wie wir inzwischen sehen. Aber dafür kann ich nicht wirklich der Opposition die Schuld geben. Wenn eine Opposition einen solchen Fehler nicht nutzt, dann muss sie wirklich ihr Geld zurückgeben. Das war einfach eine Steilvorlage. 

Eine durchgestochene Steilvorlage. Das Gesetz war ja noch nicht fertig.

Ich bin da ein bissen weniger milde, weil dieser gesamte Vorgang eine gewissen Form von Hybris zeigt. Da sitzt ein kleiner Kreis hinter verschlossenen Türen zusammen und denkt sich etwas aus, weil man es besser weiß. Warum steigt man nicht ein in eine offene, transparente Diskussion? Wie schaffen wir die Wärmewende? Wie schafft man das gemeinsam mit dem Handwerk, gemeinsam mit den Stadtwerken? Man hätte einfach miteinander reden müssen. Hat man aber nicht. Wobei ich Ihnen Recht gebe, dass es natürlich nicht geht, im Zuge einer Kampagne die Fakten falsch darzustellen. Und leider haben wir seit diesem Heizungsgesetz eine Konjunktur bei Gas- und auch Ölheizungen und eine Krise bei den Wärmepumpenherstellern. Was tatsächlich ziemlich irre ist.

Für mich ist das ein Beispiel, wie die Diskussionen mittlerweile häufig laufen, nämlich sehr oberflächlich und populistisch. Während die echten Themen auf der Strecke bleiben. Womit wir wieder beim Wahlkampf sind. Wird der so schmutzig werden, wie alle prophezeien oder besinnen sich zumindest die demokratischen Parteien eines Besseren?

Vergleichsweise bewegen wir uns in Deutschland ja erfreulicherweise in den politischen Auseinandersetzungen noch auf einem relativ hohen Niveau, das vorab. Und für Niedersachsen kann ich sagen, dass die Demokraten wissen, dass sie sehr viel mehr miteinander gemein haben, als sie voneinander trennt. Auf der anderen Seite steht die AfD. Und trotzdem wird es im Wahlkampf natürlich zur Sache gehen. Das ist keine Zeit, in der man sich mit Wattebäuschchen bewirft. Trotzdem glaube ich nicht, dass es so richtig aus dem Ruder laufen wird. Selbst Friedrich Merz hält sich sehr zurück.

Was keine schlechte Strategie ist. Er muss nur nichts sagen und abwarten.

Aber es sind ja noch ein paar Tage bis zur Wahl. Und wir leben in Zeiten, in denen sich Stimmungen durch fundamentale Ereignisse innerhalb einer Woche komplett drehen können. „Schau’n mer mal, dann sehn wir‘s schon“, hat Franz Beckenbauer gesagt. 

Ich glaube nicht, dass Friedrich Merz sich noch fundamental verplappern wird.

Man weiß es nicht. Der Mann hat Temperament und eine kurze Zündschnur. Ich denke vor allem aber, dass die Leute, wenn der Wahltermin näher rückt, noch einmal sehr genau darüber nachdenken werden, von wem sie regiert werden möchten. Und da gibt es einen klaren Unterschied zwischen Scholz und Merz. Olaf Scholz ist krisenerprobt und krisenstabil und er bringt Erfahrungen aus den unterschiedlichsten Krisen mit. Friedrich Merz hat dagegen noch keinen einzigen Tag in seinem Leben Regierungsverantwortung getragen. Das macht einen großen Unterschied. Das Kanzleramt ist eben keine Ausbildungsstelle, in der sich erst herausstellt, ob man für eine bestimmte Tätigkeit geeignet ist. Das finde ich in diesen Zeiten zu riskant.

Das ist ja das, was die SPD gerade allen erzählt. Aber ist das wirklich ein Argument?

Ich finde schon, wir leben in herausfordernden Zeiten und die nächsten Jahre werden nicht leichter als die letzten. 

Friedrich Merz muss sich gar nicht weit aus dem Fenster lehnen, dafür hat er zum Beispiel Carsten Linnemann und Jens Spahn. Letzterer macht mir übrigens seit einer Weile echt Sorgen. Populismus scheint ihm richtig Spaß zu machen. Was ist das für eine Politiker*innen-Generation? Null Integrität, möglichst viel Spaltung und nach mir die Sintflut …

Das sind wirklich schlimme Beispiele. Mir ist eine solche Herangehensweise an Politik komplett fremd. 

Ich wundere mich, dass es solche schmerzbefreiten Charaktere immer öfter nach oben schaffen.

Ich glaube nicht, dass das eine Generationenfrage oder ein neues Phänomen ist. Vielleicht trägt aber die sehr spezielle politische Kultur in Berlin dazu bei. Permanenter Konkurrenzkampf, ununterbrochener Kontakt mit den Medien, ständige Nachfragen und kein Moment offline. Vielleicht geraten manche dann einfach in einen Tunnel. Ich glaube allerdings nicht, dass es nur, wie Sie sagen, schmerzbefreite Charaktere nach oben schaffen. Nehmen Sie mal Volker Wissing, der ist aller Ehren wert und hat Charakter.

Das mag sein, aber so richtig viel gerissen hat er als Bundesverkehrsminister trotzdem nicht.

Das ist ein anderes Thema.

Okay, einigen wir uns darauf, dass der Wissing immerhin ein netter Kerl ist. Es bräuchte aber auch mal ein paar Lösungen.

Das ist die eigentliche Aufgabe für die nächste Legislaturperiode des Bundes und hoffentlich geht es vor allem darum im Wahlkampf. Es geht auch um das Vertrauen in die Demokratie, dafür müssen wir die Lösungskompetenz des demokratischen Staates beweisen und Zug um Zug die vielen Problemlagen angehen und auflösen. Ganz oben auf der Agenda steht dabei für mich unsere Wirtschaft, daran hängt im Grunde fast alles. Viele andere Probleme können wir nur lösen, wenn unsere Wirtschaft erfolgreich ist. Die Sozialversicherungen sind darauf angewiesen und die öffentlichen Haushalte auch. Man kann noch vor der Wahl eine Menge tun. Es wäre extrem wichtig, dass es jetzt schleunigst ein paar Signale gibt zugunsten einzelner Branchen, die sich nach und nach zurückziehen. Das gilt beispielsweise für energieintensive Unternehmen. Die müssen spüren, dass wir sie in Deutschland wollen, dass es bei uns eine Perspektive gibt. Dafür müssen dringend die Energiekosten gesenkt werden, besser gestern als heute. Es sieht aber leider nun so aus, dass die CDU sich aus wahltaktischen Gründen dazu entschlossen hat, bis zur Wahl fast alles zu blockieren. Das ist ein echter Fehler.

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