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Unbekannt verzogen – Die Eltern-Kind-Kolumne

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Unbekannt verzogen – Die Eltern-Kind-Kolumne


Morgendlicher Motz-Tsunami

Morgenstund‘ hat Gold im Mund“ – so sagt es die berühmte Redewendung. Doch das ist eine Lüge. Die Morgenstund‘ hat vor allem eines im Mund und auf der Zunge: Hass, Beleidigungen und Drohungen. Damit meine ich nicht den morgendlichen Twitter-Konsum auf dem Klo. Nein, ich rede von den seelischen Kollateralschäden des Kinder-Aufweckens.

Meine Erwartungen an den Morgen mit Kindern wurden durch Werbespots für Frühstücks-Cerealien in den frühen 90ern geprägt: sonnendurchflutete Küchen, gemeinsames Lachen, Vorfreude und Miteinander. Lass ihn raus, den Tiger. Doch das Einzige, was mich jetzt noch an Toni, die Kelloggs-Katze erinnert, ist das Gefühl einen Raubtierkäfig zu betreten. Statt mentaler Sonnendurchflutung gibt es Wellen von Beleidigungen. Statt gemeinsamem Lachen bedrohliches Fauchen. Statt gut gelauntem Aufstehen gibt es ein Klammern an das Bett, das selbst Dornröschen zu verschlafen gewesen wäre. Meine Kinder verschanzen sich zwischen den Decken wie die Deutsche und Franzosen bei Verdun. Ich renne an, mit Sturmangriffen der väterlichen Zuneigung und rhetorisch-musikalischer Muntermacher, doch es nützt alles nichts. Im Sperrfeuer von Ignoranz, Hau-ab-Salven und austretenden Füßen muss ich irgendwann geschlagen den Rückzug antreten.

Doch was tun, wenn der frühe Vogel von schroffen Schrotsalven aus Kindermündern zerfetzt wird? Wie motiviert und präpariert man sich als Vater, der aus Gründen der Familien-Logistik nahezu jeden Tag mit dem Himmelfahrtskommando der Nachwuchs-Erweckung betraut ist? Ich habe mir dazu ein paar freie Gedanken gemacht – hier einige Ideen, was ich tun könnte:

1. Die sogenannte „Hell Week“ aus dem Training der amerikanischen Navy Seals gilt als ultimative Vorbereitungs- und Auslesephase: fünfeinhalb Tage mit insgesamt vier Stunden Schlaf, über 300 km Marschstrecke, 20 Stunden schwerer körperlicher Aktivität täglich, lediglich unterbrochen durch Mahlzeiten. Also kurz: eine ganz normale Elternwoche. Aber im Ernst: Ein physisch-psychischer Grenzerfahrungstrip wie dieser kann einen vielleicht abhärten für die Spezial-Operation „Guten Morgen“.

2. Think positive! Positivity-Workshops und -Seminare haben ein geradezu pandemisches Ausmaß angenommen. Überall versprechen Mental-Trainer „Toolkits“ für den „Mood-Boost“. Gedankliches Doping für die eigenen Emotionen. „Tschakka, du schaffst das“ nannte man das in meiner Jugend. Erst ironisch in einer Comedy-Show, später fast ernst gemeint, zum Beispiel mit einer gleichnamigen Show auf RTL2, in der ein verrückter niederländischer Motivationstrainer namens Emile Ratelband Menschen an ihre Grenzen und darüber hinaus führte. Später machte Merkel „Wir schaffen das“ daraus, da ging es auch um Grenzen und es trug nicht zu guter Laune bei. Ich schweife ab … da schlafen die Kinder direkt wieder ein.

3. Show must go on! Ich weiß noch, wie ich das erste Mal vom Beruf des „Show-Einheizers“ erfuhr. Ich war fasziniert. Menschen, die auf Kommando gute Laune verbreiten können, die griesgrämige Alman-Armeen zum Schunkeln, Klatschen und Johlen bringen. Dafür muss es doch auch eine Aus- oder Weiterbildung geben. Folge ich den filmischen Darstellungen dieses Jobs, müsste ich morgens eine Linie Koks ziehen, in Otto-Waalkes-Schritten ins Zimmer laufen und mit rhythmischen „Jetzt aber alle!-Spielchen den Nachwuchs auf Betriebstemperatur bringen. Je länger ich darüber nachdenke … einen Versuch ist es wert.

Natürlich gibt es noch hunderte seriöse Blog- und Magazintexte mit tausenden Tipps für besseres Aufstehen. Eine der häufigsten Anregungen: selbst gute Laune verbreiten. Großer Gott! Wenn eins beim Aufstehen richtig schlechte Laune macht, dann ist es gute Laune bei anderen. Vielleicht sollten wir uns lieber ganz authentisch gegenseitig wachmotzen. Probiere ich sofort aus. Oder mit den Worten des berühmten Aufsteh-Philosophen Jürgen von der Lippe: „Guten Morgen, liebe Sorgen!“

Martin Kontzog

Martin Kontzog ist staatlich anerkannter Vater – ansonsten gilt seine Fürsorge dem Satire-Blog Pingu-Mania (http://pingumania.wordpress.com/)

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Ein offener Brief an Robert Habeck

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Ein offener Brief an Robert Habeck


Lieber Robert,

es ist höchste Zeit, dir hier an dieser Stelle ganz persönlich und doch auch öffentlich aus vollem Herzen Danke zu sagen! Ich hatte mich schon so schlecht gefühlt. Aber inzwischen ist alles wieder gut. Dank dir! Du warst wirklich ein Vorbild für mich. Du und die anderen. Aber von vorne:
Man rostet ja ein mit den Jahren. Du lässt es laufen, du kümmerst dich nicht, und irgendwann willst du dir deine Schnürsenkel zubinden und merkst, dass das verflucht anstrengend ist. Du kommst fast nicht mehr dran. Der Bauch zu groß, die Sehnen zu kurz, der Weg nach unten ist beschwerlich. Da ist jede Geschmeidigkeit dahin.

Früher hat man sich ein bisschen gestreckt und gereckt und dann ging das wieder. Früher war man einfach viel flexibler. Und ja, auch im Kopf „versteift“ man mit den Jahren. Da werden dann diverse Meinungen zur reinen Lehre und dann denkt man irgendwann Atomkraft schlecht und Frieden gut und Batterien nicht in den Hausmüll und lieber nicht so viel mit dem Flugzeug fliegen und mit dem Auto fahren und lieber nicht so viel Fleisch essen und die Heizung nicht ganz so hochdrehen und ein bisschen darauf achten, dass die Produkte, die man kauft, irgendein schönes Siegel haben und bloß nicht denken, dass die Nachbarin einen geilen Arsch hat und so weiter. Und wenn jemand um die Ecke kommt, der etwas anderes denkt über Atomkraft und Frieden, dann hört man gar nicht mehr zu, dann bläst man lieber wütend in Trillerpfeifen. Oder so ähnlich. Und fühlt sich schlecht.
Weil man nämlich insgeheim doch ganz gerne mal einen Döner isst und so ein SUV wäre schon auch geil und Dubai hat man auch noch nicht gesehen und letztens ist eine Batterie dann doch aus Versehen im Hausmüll gelandet und dann ist einem auch noch die Nachbarin im Treppenhaus begegnet … Und Alter, dann geht man echt tagelang in Sack und Asche, weil man jemanden insgeheim reduziert hat. Oder weil man neidisch war, weil die von gegenüber sich jetzt diesen Porsche geleistet haben.
Man schämt sich in Grund und Boden. Man schämt sich die ganze Zeit. Man hat einfach dieses Gefühl von Unzulänglichkeit, diese bittere Erkenntnis, dass man seinen eigenen Ansprüchen gar nicht gerecht wird. Und wenn irgendjemand von den anderen jemals herausfindet, dass man doch in diesen Fonds investiert hat, weil der Finanzberater versichert hat, dass der Anteil der Unternehmen in diesem Fonds, der Waffen produziert, wirklich verschwindend gering ist, wenn das jemals rauskommt, dann ist man aber sowas von geliefert. Und so quält man sich durch sein Leben, das schlechte Gewissen als ständiger Gast auf der Schulter – und dann kommst du! Licht am Ende des Tunnels! Robert Habeck! Gleichsam die Erlösung!

Und du machst es einfach mal vor. Sozusagen aus der Hüfte. Ganz geschmeidig. Man muss die Ideale einfach zwischendurch auch mal pragmatisch mit der Realität abgleichen. Und ein bisschen über seinen Schatten springen. Und Kompromisse machen, damit sich überhaupt etwas bewegt. Es ist ganz leicht. Es war doch nur eine Batterie. Und ganz ehrlich, wer gerät innerlich nicht ins Schwärmen beim Anblick einer schönen Frau. Und die Flugkilometer kann man auch ausgleichen. Ein bisschen mehr Flexibilität. Das kann man auch trainieren. Man muss sich einfach jeden Tag ein bisschen mehr verbiegen. Ich bin dabei! Und ich komme mit meinen Fingern schon wieder fast an meine Zehen. Der Weg ist das Ziel! Danke, Robert!

GAH

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El Kurdis Kolumne im Mai

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El Kurdis Kolumne im Mai


Meine nominelle Arisierung

Für viele Deutsche ist es eine Herausforderung, jemandem mit einem nahöstlichen, asiatischen oder afrikanischen Namen zu begegnen.
Sie fangen an zu stammeln, machen hilflose Artikulationsversuche und sprechen den Namen dann halt irgendwie aus.
So wurde ein Mitschüler meiner Tochter von den Lehrer*innen konsequent „Aamett“ genannt, obwohl er selbstverständlich Ahmed hieß, und es ja nun wirklich nicht so schwer sein sollte, sich zu merken, dass ein solches „h“ in der Mitte tendenziell eher wie ein „ch“ gesprochen wird.
Aus diesem Grund habe ich meinen arabischen Vornamen schon 1971, kurz nach meiner Einschulung, selbständig gegen meinen urdeutschen Mittelnamen getauscht. Eigentlich heiße ich ganz vorne nämlich „Samer“, was hübscherweise soviel bedeutet wie „Jemand, der seine Freunde des Nachts mit Plaudereien unterhält“. Leider aber bekamen die Kinder in meiner Klasse diesen Namen einfach nicht über die Lippen. Obwohl „Samer“ ja keinerlei schwer auszusprechende Konsonantenanhäufungen, übermäßig viele Ypsilons oder andere komplizierte Buchstabkombinationen enthält.
Selbst meine Lehrerin konnte „Samer“ bei der Anwesenheitskontrolle nicht ohne Stocken aus dem Klassenbuch ablesen.
Damals hieß man als Junge in Deutschland üblicherweise Matthias, Andreas, Michael. Die mit exzentrischen Eltern hießen Oliver oder Pascal. Da ich in einem robusten Viertel in Kassel aufwuchs, nannten mich meine Mitschüler wahlweise „Samen“ „Besamer“ oder irgendwas anderes mit Sperma. Ein Junge nannte mich, warum auch immer, „Senftopf“.
Ich dachte mir: Dann doch lieber „Hartmut“. Das klang für mich eindeutig, unverfänglich und deutsch. Diesen Zweitnamen hatte mir meine deutsche, sommersprossige Mutter verpasst, weil sie, als ich ihr in Amman nach der Geburt in die Arme gelegt wurde, vermutlich dachte: Okay, es ist also, wie erwartet, ein kleiner Schwarzkopf geworden. Der kriegt jetzt mal zum Ausgleich einen germanisch-blonden SS-Mittelnamen. Quasi als Look-Name-Balance. Und als eine Art nominelle Arisierung.

Meine Umbenennung war allerdings nur so mittel erfolgreich: Mein Nachname „El Kurdi“ verwirrt manche Deutsche so, dass sie gar nicht anders können, als meinen Vornamen schriftlich zu „Hartmoud“ zu orientalisieren. Analog zum arabischen „Mahmoud“, was übrigens der Vorname meines Vaters ist. Der von Deutschen allerdings oft „Mammut“ ausgesprochen wird. Siehe: Aamett.
Auch schön: In verschiedenen Zeitungen – von TAZ bis ZEIT – erschienen schon Texte von mir unter meinem unfreiwilligen Pseudonym „HELMUT El Kurdi“. Daran gefällt mir, dass die Verantwortlichen hier gar nicht dazu kommen, meinen arabischen Nachnamen zu verhunzen, sondern sich vorher schon im deutschen Vornamengestrüpp verheddern: Hartmut, Helmut, Helmfried, Friedhelm – was soll’s? Alles eine Suppe! Lustigerweise nennt mich auch meine Freundin Mely Kiyak  – im Gegensatz zu mir halbkurdischem Hessen vollkurdische Niedersächsin – konsequent Helmut. Zumindest in unserer erschütternd albernen Digital-Korrespondenz. Beim ersten Mal war es wohl ein Versehen. Wir kannten uns noch nicht gut. Seitdem macht sie es aus Daffke. Ich nenne sie folgerichtig und durchgehend seit Jahren Melanie. Melanie ist, neben Claudia beziehungsweise „Claudi“, mein deutscher Lieblings-Frauen-Seventies-Name.  Obwohl: „Dagmar“ respektive „Daggi“ und „Petra“ finde ich auch nicht schlecht…

Abschweifung: Hätten meine Freundin und ich unsere Tochter „Petra“ genannt, dann wäre Petra kürzlich in Petra gewesen. Was mir sehr gefallen hätte. Die junge Frau war nämlich kürzlich zum ersten Mal in meinem Geburtsland und besuchte dort unter anderem die alte nabatäische Felsenstadt „Petra“. So war aber nur Salima in Petra. So heißt meine Tochter nämlich wirklich. In Jordanien war sie mit einer französischen Freundin, die den schönen, leicht ähnlich klingenden hebräischen Namen „Salomé“ trägt  – und die prompt bei der Einreise am Flughafen in Amman von den jordanischen Grenzbeamten gefragt wurde, ob sie Jüdin sei. Als meine Tochter mir davon berichtete, dachte ich: Die lassen aber auch kein Klischee aus. Vor allem: Was wäre passiert, wenn sie tatsächlich Jüdin gewesen wäre und mit „ja“ geantwortet hätte?  Abschweifung beendet.

Meine Tochter Salima wird in Deutschland übrigens mal Samira, mal Selina, mal Shalimar genannt. Selbst wenn die Leute ihren Namen vor sich auf einem Formular oder ihrem Ausweisdokument stehen haben. Manchmal glaube ich, dieses Land braucht dringend eine Alphabetisierungskampagne.

Hartmut El Kurdi

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Neu in der Stadt: smow

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Neu in der Stadt: smow


smow

Ab Mai besitzt Hannover ein Kleinod mehr. Von der Innenstadt fußläufig erreichbar, eröffnet der neue smow Store am Klagesmarkt 43, direkt angrenzend an Fahrradboulevard und Wochenmarkt.
Auf einer Fläche von 420 m² bietet der Design-Store eine Auswahl an aktuellen Trends und legendären Klassikern aus dem Designmöbelsegment.

Möbelkreationen von Charles & Ray Eames, Verner Panton oder Egon Eiermann werden in dem urbanen Laden genauso vertreten sein wie beispielsweise die zeitgenössischen Herstellerlabels Jan Cray oder Moooi, die junge Designer*innen in den Fokus stellen.

Zusätzlich zu Designer-Einzelstücken bietet smow auch ganzheitliche Konzeptionen für Büroräume und ähnliches an.
Das vierköpfige Team aus Innenarchitekt*innen steht bei der Raumplanung kompetent zur Seite.
Das Erfolgsgeheimnis von smow ist die Omnichannel-Strategie, die der Designmöbelanbieter seit einigen Jahren verfolgt: smow betreibt neben dem erfolgreichen Onlineshop für Designmöbel und Accessoires Einrichtungshäuser in 17 deutschen Städten sowie einen Schweizer Standort – und realisiert komplexe Einrichtungsprojekte von der Planung bis zur Umsetzung und Nachbetreuung.

Die Kombination aus Onlineshop und Ladennetzwerk ermöglicht es, sich vor dem Kauf online die Designermöbel anzuschauen und sie auch vor Ort im Laden auszuprobieren.

smow Hannover
Am Klagesmarkt 34
30159 Hannover

E-Mail: hannover@smow.de
www.smow.de/hannover

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Neu in der Stadt: Kvik

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Neu in der Stadt: Kvik


Der Küchenhersteller Kvik eröffnet sein erstes Studio in Hannover und bereichert die Landeshauptstadt um ein reichhaltiges Sortiment dänischen Designs.
Es ist das mittlerweile sechste Küchenstudio in Deutschland – und präsentiert auf 165 m² moderne Küchendesigns, Badmöbel und Schranklösungen.
Das breite und vielfältige Sortiment bietet für fast jeden Geschmack und Geldbeutel eine passende Lösung.
Kvik wirbt mit schnellen Lieferzeiten, absoluter Preistransparenz und einem hohen Anspruch an Design und Nachhaltigkeit.
Das Kvik Studio befindet sich am Klagesmarkt 17 und wird am 11. Mai ab 10 Uhr mit einem feierlichen Akt eröffnet – alle Küchen-, Design- und Wohninteressierten sind dazu herzlich eingeladen.

Christian Stolte, Kvik Country Manager Deutschland, blickt optimistisch auf die Neueröffnung in Hannover: „Die positive Resonanz und Nachfrage der Kunden zeigt uns, dass dänisches Design gepaart mit Nachhaltigkeit und einem Produktportfolio, das für jedes Budget etwas bereithält, gefragter ist denn je.“
Das Kvik Studio ist bequem per U-Bahn (Haltestelle: Christuskirche) erreichbar sowie per Bus (Haltestelle: Am Klagesmarkt).
Wer mit dem PKW kommt, kann die öffentlichen Parkplätze direkt vor dem Studio nutzen. Bei Bedarf steht ein Tiefgaragenparkplatz zur Verfügung.

Kvik Hannover Mitte
Am Klagesmarkt 17
30159 Hannover

Allgemeine Öffnungszeiten
Montag – Freitag 10:00 – 18:00 Uhr
Samstag 10:00 – 16:00 Uhr

Ein unverbindliches Beratungsgespräch kann online auf www.kvik.de/hannover-mitte oder
direkt im Studio gebucht werden.
Fotos: Kvik A/S

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Editorial 2023-05

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Editorial 2023-05


Liebe Leserinnen und Leser,

ich muss hier zum Einstieg gleich mal ein Geständnis machen, ich arbeite sehr gerne in meinem Job. Zumindest teilweise. Auf ein paar Geschichten könnte ich ehrlich gesagt ganz gut verzichten. Es wäre schon nett, wenn ich ein paar dieser unangenehmen Aufgaben delegieren könnte. Kann ich aber nicht, denn das würde Geld kosten, das so ein Verlag einfach nicht erwirtschaftet. Also bin ich dran und muss in den sauren Apfel beißen. Es ist ein Kompromiss: Ich erledige Arbeiten, die ich nicht mag, weil mir das ermöglicht, auf der anderen Seite einen wirklich sehr schönen und erfüllenden Job zu machen. Ich habe mich damit arrangiert. Es sind wahrscheinlich drei oder vier Jobs, aber das Positive gleicht das Negative locker aus.

Ich habe kein Problem damit, diese nicht so schönen Arbeiten zu erledigen. Ich jammere zwar manchmal ein bisschen, aber es ist nicht so schlimm, es gibt viel anstrengendere Tätigkeiten. Ich habe viele solcher anstrengenden Tätigkeiten in meinem Leben kennengelernt, ich habe als Schüler Zeitungen ausgeteilt, als Student unter anderem in einem Presswerk für Autobleche gearbeitet, ich habe bei einer großen Spedition am Band gestanden, ich habe bei der Müllabfuhr gejobbt, ich habe bei einem Unternehmen, das Schlafzimmer herstellt, nachts in langen Stunden LKW beladen, ich habe natürlich in der Gastro gearbeitet, ich habe wirklich sehr viel gemacht, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Für mich war das immer eine Selbstverständlichkeit. Das hat einfach dazugehört. Und es war okay. Ich habe viel gelernt während dieser Jobs. Bestimmt mehr als in meinem Studium.

Ich habe natürlich auch negative Erfahrungen gemacht. Fiese Vorarbeiter, schlechte Arbeitsbedingungen, miese Bezahlung, mieses Trinkgeld. Meine Lieblings-Negativerfahrung war während eines Jobs bei einer Werbeagentur. Ich bin kurzfristig als Fahrer für eine Fotografin eingesprungen, eigentlich habe ich dort getextet. Und ich musste die Erfahrung machen, wie es sich anfühlt, als absoluter Untermensch behandelt zu werden. Diese Frau war charakterlich ein derartiger Totalausfall, dass ich im Nachgang mein Erlebnis in gleich mehreren Kolumnen verarbeiten musste. Traumatisch. Aber keine Sorge, ich habe das inzwischen ganz gut verarbeitet. Ich wache nachts kaum noch schweißgebadet und schreiend auf.

Mit 30 oder 31 habe ich meinen Verlag gegründet und es war (und ist) echt nicht leicht. Und trotzdem würde ich mal behaupten, dass mein Job ein Traumjob ist. Für mich ist er das. Klar, ich hätte gerne ein bisschen mehr Zeit. Für mich, für meine Kinder. Und ich lerne gerade immer besser, mir diese Zeit auch mal zu nehmen. Ich gucke mir da ein bisschen was ab von der Generation Z, die bei mir zunehmend arbeitet. Ich bin ganz glücklich über meine Generation Z. Weil sie sehr klar realisieren, wie viel ich arbeite und wieviel Herzblut ich ins Stadtkind stecke.

Es gibt aber auch eine ganz andere Generation Z, und auch die habe ich bereits kennengelernt. Ich nenne sie die Generation „Ich-komme-morgen-vielleicht-zur-Arbeit“. Mit dieser Generation Z, das gebe ich gerne zu, habe ich so meine Probleme. Vor allem, wenn ich mir Vorträge darüber anhören muss, dass ich mal ein bisschen mehr mein Leben chillen soll. Und dass ich – so als Bonze mit eigenem Verlag – ja auch mal ein bisschen was drauflegen könnte. Diese Bonzen-Geschichte ist tatsächlich ganz spannend. Wenn du Unternehmer bist, dann wirst du von manchen Menschen ganz automatisch abgelehnt, dann gehörst du zur anderen Seite, zur Ausbeuter-Seite. Und aus der Schublade kommst du auch nicht mehr raus. Egal ob die ganze Nacht in deinem Büro das Licht brennt. Du bist als Unternehmer ein Kapitalist. Und Kapitalisten sind böse. Alle. So geht die Geschichte. Und diese Geschichte haben auch Teile der Generation Z gerne mal im Kopf, wenn sie ins Berufsleben starten. Nicht so sehr den Böse-Teil, aber den Bonzen-Teil. Entsprechend fall die Ansprüche und Forderungen aus. Ich habe ganz krasse Erfahrungen glücklicherweise noch nicht machen müssen, wer sich bei einem Verlag bewirbt, bringt sehr wahrscheinlich doch ein bisschen Kenntnis der Branche mit. Aber ich habe von vielen anderen (kleinen und sehr fleißigen) Unternehmer*innen schon sehr spezielle Geschichten gehört.

Ich bin beim Thema Generation Z und Arbeitsethik durchaus zwiegespalten. Ich sehe den Ansatz, die Arbeit nicht zum absoluten Mittelpunkt des eigenen Lebens zu machen, mit sehr viel Sympathie. Aber ich sehe auch eine Generation, der aus meiner Sicht ein bisschen mehr Realismus stellenweise ganz gut zu Gesicht stünde. Mehr zum Thema ab Seite 56.
Viel Spaß mit dieser Ausgabe!

Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind  

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