… mit dem Ministerpräsidenten Stephan Weil
Herr Weil, der Fachkräftemangel scheint auch in der Staatskanzlei angekommen zu sein. Der Wettbewerb um die besten Köpfe kostet viel Geld ..
Und Sie sind ein Spaßvogel. Aber im Ernst, wenn jemand zehn Jahre lang schlechter bezahlt werden soll als eine Arbeit bewertet ist, dann muss man die Frage stellen, ob die Kriterien für eine solche Entscheidung richtig sind. Zumal auch im öffentlichen Dienst der demografische Wandel immer spürbarer wird und wir attraktive Arbeitgeber sein müssen. Und wenn man dann noch feststellt, dass sowohl der Bund als auch die anderen angefragten Länder es anders machen als Niedersachen, dann muss man über Änderungen nachdenken.
Es gibt also keinen Skandal und Fehler wurden auch nicht gemacht?
Sicher hätten wir es uns und allen Beteiligten leichter machen können durch eine zeitliche Distanz zwischen der Änderung unserer bisherigen Praxis und der Entscheidung im Einzelfall. Inhaltlich stehe ich allerdings unverändert zu beidem. Dass jetzt versucht wird, aus diesem Vorgang politisches Kapital zu schlagen, müssen wir aushalten.
Womit wir schon fast bei dem Thema sind, über das ich heute eigentlich mit Ihnen sprechen wollte. Letztlich gehören die Skandalisierung, das Hochjazzen von Themen, dieses ständige Polemisieren – manche sprechen auch harmloser von Zuspitzungen – heute ja zum politischen Alltagsgeschäft …
Wobei ich da kurz einhaken möchte, weil ich mich nicht darüber beklage, dass über einen Vorgang in meinem Bereich kritisch berichtet wird. Es ist völlig okay, dass das hinterfragt wird und dass Opposition und Medien genau hinsehen. Das gehört zum politischen Geschäft. Die Amerikaner sagen mit Recht: Wer keine Hitze verträgt, soll nicht in der Küche arbeiten.
Darüber haben wir an dieser Stelle schon öfter gesprochen. Was aber neu hinzugekommen ist in diesem Geschäft, in einer ganz anderen Qualität, das sind Lügen, Verzerrungen, Fake News und das ist in letzter Zeit auch immer mehr die Meinungsmache mittels KI beispielsweise über Social Bots. Das wird in Amerika demnächst bei der Wahl großen Einfluss haben, und wir müssen auch feststellen, dass das bei uns bereits ebenfalls Einfluss nimmt. Russland hat sich mit seiner Propaganda, mit seinen Narrativen in der deutschen Gesellschaft inzwischen festgesetzt. Wir erleben also eine fragwürdige neue politische Kultur und hinzu kommt noch diese Einflussnahme …
Wenn wir zunächst kurz bei dieser politischen Kultur bleiben, dann ist es auch aus meiner Sicht so, dass wir tatsächlich deutliche Veränderungen feststellen. Inzwischen ist der Skandal gewissermaßen der Regelfall. Und wir erleben immer öfter eine Reduzierung auf schwarz und weiß – auch dort, wo man es mit sehr komplizierten Sachverhalten zu tun hat, die man durchaus unterschiedlich bewerten kann. Die Wirklichkeit ist aber ganz oft grau, in unterschiedlichen Schattierungen. Wenn alle sich das bewusst machen, kann man sachlicher und auch ruhiger diskutieren. Das ist nach meinem Eindruck tatsächlich weniger geworden und auch Folge einer neuen Medienwelt. Im Zuge der Digitalisierung sind Klicks zur eigentlichen Währung geworden, und damit ist der Reiz groß, es mit besonders knackigen und knalligen Messages zu versuchen oder mit provokanten Überschriften.
Was dann mit Qualitätsjournalismus leider nicht mehr viel zu tun hat.
Ich habe aber auch nicht wirklich eine Idee, wie die Medien, die ja im Wettbewerb stehen, das zurückdrehen könnten. Es gibt auch eine Tendenz zu immer kürzeren Formaten. Umfangreichere Kommentare, in denen noch unterschiedliche Akzente herausgearbeitet werden können, werden leider immer seltener.
Die Qualität leidet überall, auch in den Tageszeitungen.
Das ist teilweise so und das bedauere ich sehr. Es wird aber vielerorts auch nach wie vor sehr gute journalistische Arbeit geleitet, das gehört zur Wahrheit dazu.
Und ich bin ganz froh, dass wir ein Print-Monatsmagazin machen, ohne den Druck, laufend Push-Meldungen produzieren zu müssen. Wobei zu diesem Mechanismus ja auch zwei Seiten gehören. Die Leute klicken, weil das die Instinkte anspricht. Wenn etwas aufregt, Angst macht, dann wird geklickt. Das funktioniert über Emotionen. Aber das alles gehört im Grunde noch nicht zur neuen Problematik der Fake News und Propaganda. Wenngleich die beschriebene Verflachung solche falschen Nachrichten begünstigt. Es ist heute leichter, damit durchzudringen. Und dann liest jemand auf Facebook drei knackige Kommentare zum Konflikt in Israel und hat bereits eine Meinung – bei einem Thema, das unfassbar komplex ist.
Das ist ein echtes Problem. Ich war in dieser Woche in einer Schule, in der es eine große Diskussion zu Europa gab mit vielen Schülerinnen und Schülern. Aber es ging die Hälfte der Zeit nicht um Europa, sondern um Palästina und Gaza. Und es ging sehr viel um den Begriff Genozid. Manche behaupteten, was Israel mache, sei ein Genozid. Und ich habe dagegengehalten und betont, dass ich mir sehr wünsche, dass die Gewalt dort sofort aufhört, aber dass wir es nicht mit einem Genozid zu tun haben. Dieser Begriff ist gerade vor dem Hintergrund der Shoah völlig unangemessen und faktisch falsch.
Es gibt ja sehr viele, reichlich schräge Erzählungen. Ich denke da beispielsweise an die Nazis in der Ukraine, ich denke an die angeblich gekaufte Maidan-Revolution, ich denke an den Vorwurf, dass die Ukraine im Donbass Russen ermordet haben soll. Diese russischen Narrative sind bei uns inzwischen eingesickert und sie wirken in den Hinterköpfen. Sehr viele Menschen halten diese Geschichten für wahr. Und sie positionieren sich entsprechend. Ist den politisch Verantwortlichen eigentlich klar, dass wir in dieser Hinsicht bereits seit vielen Jahren sozusagen im Krieg mit Russland sind?
Ich denke da auch an Corona und diese Geschichte, dass bei der Impfung irgendwelche Implantate von Bill Gates gespritzt worden sein sollen. Ich habe das damals zunächst abgetan, weil ich davon ausgegangen bin, dass das niemand glaubt. Aber nicht wenige haben das tatsächlich geglaubt und ich habe das wirklich unterschätzt. Doch zu ihrer Frage. Ja, ich glaube, inzwischen ist das vielleicht nicht allen, aber vielen klar. Über Social Media kann Schlimmes angerichtet werden, KI ermöglicht Manipulationen. Dieser Gefahr müssen wir uns bewusst sein und dagegen angehen. Das beginnt in der Schule mit der Vermittlung von Medienkompetenz. Und das hat jetzt immerhin auf EU-Ebene mal einen Anfang genommen, mit dem Artificial Intelligence Act. Damit wird zum ersten Mal versucht, ein Regelwerk aufzustellen und zu differenzieren zwischen Anwendungen, die eher risikoarm oder aber hochriskant sind. Die Technik ist einer Regulierung derzeit meilenweit voraus, diesen Abstand müssen wir entscheidend verkürzen. Da aufzuholen, ist für die Zukunft unserer Demokratien extrem wichtig.
Interview: Lars Kompa

AR – Mein Name ist Annika Rust, ich komme ursprünglich aus Stade und lebe jetzt seit 25 Jahren in Hannover. Ich bin damals nach Hannover gekommen, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren – und schon während des Studiums habe ich mein erstes Praktikum bei der VGH gemacht. Ich war sofort verliebt in die VGH, denn die Unternehmenskultur gefiel mir besonders gut. Deshalb stand für mich nach dem Studium fest: Da werde ich mich bewerben. Als dann aber erst einmal keine Stelle frei war, habe ich bei KPMG angefangen. Das war unternehmenskulturell etwas ganz anderes als die VGH und deswegen habe ich sofort alles stehen und liegen gelassen, als die VGH noch einmal auf mich zukam. Bei der VGH bin ich jetzt seit 17 Jahren tätig und habe mich seitdem in unterschiedlichen Bereichen und Aufgaben einbringen können und auf der Karriereleiter verschiedene Führungspositionen erklommen. Ich muss ehrlich sagen, ich hätte nicht gedacht, dass es diese rasante Entwicklung annehmen würde: Als ich 2012 Abteilungsleiterin wurde, war ich sehr happy damit; dann wurde ich 2017 Abteilungsdirektorin. Das kam ein bisschen überraschend. Auch der nächste Karriereschritt erfolgte vor allem aufgrund meines Alters im positiven Sinne unerwartet: 2020 wurde ich in den Vorstand der VGH berufen – als erste Frau überhaupt. Über diese Position bin ich auch zum Freundeskreis gekommen. Ich muss zugeben, dass ich den Freundeskreis vorher nicht kannte, aber als ich mich dann mit der Geschäftsstelle zusammengesetzt habe, um ein bisschen mehr zu erfahren, war für mich sofort klar, dass ich mitmachen möchte. Denn ich finde die Dinge, die der Freundeskreis macht, unheimlich wichtig.
SE – Ich bin Stefanie Eichel, ein hannöversches Kind, und komme aus der Region Hannover, aus Immensen bei Lehrte. Sobald ich 18 war, bin ich aus dem Dorf in die Stadt geflüchtet. Anfang 1992, mit 25, habe ich mich mit einer Werbeagentur selbstständig gemacht. Anfang 1994 ist mein Sohn geboren, 1997 meine Tochter. Das war eine Herausforderung, aber auch das Beste und Glücklichste und Kraftvollste, was mir je passieren konnte. Ich behaupte bis heute, dass meine Kinder mir Kraft gegeben haben, auch für die Selbstständigkeit. Sie haben keine genommen. Ich hatte damals das Glück, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort zu sein, mit einem coolen Chef, nämlich Albrecht B. von Blücher bei B&B, der in mich investiert hat. So konnte ich die erste Expertin am Apple Macintosh sein und habe DesktopPublishing beherrscht wie kaum eine andere. Das hat mir einen extremen Wettbewerbsvorteil gegeben. Ich durfte großartige Kund*innen betreuen, zum Beispiel Infineon, damals die Siemens-Tochter in München, wo ich mehrmals im Monat hingefahren bin. Dort ist letztlich auch der Grundstein für das gelegt worden, was ich heute tue. Über die Geschäftsführung bin ich mit dem Thema des Sportmarketings in Verbindung gebracht worden. Herr Schumacher aus der Geschäftsführung fragte mich nämlich an einem der Abende, an denen ich da war, ob ich an einem Sportlertreffen teilnehmen möchte. Dieser Abend war für mich der Einstieg in das emotionale Marketing. Was kann ich mit Platzierung im Bereich des Sports, im Bereich der Markenführung und Emotionalisierung von Marken erreichen? So habe ich auch den Kontakt zum Deutschen Sportbund bekommen. Für die Expo 2000 durfte ich diejenige sein, die für den Landessportbund und den DSB das Weltfestival der Sportkulturen betreute. Genau zu dieser Zeit stand die Zukunft des Marathons in Hannover in Frage. Der Landessportbund hat sich in dem Zuge aber so sehr für einen Marathon eingesetzt – weil es das bewegende Breitensportprojekt in einer Landeshauptstadt einfach braucht –, dass sie am Ende gesagt haben, sie nehmen das selbst in die Hand. Und wir durften die Agentur sein, haben bunte Illustrationen erstellt und tolle Prospekte gemacht und als die Organisation in der Endphase sehr viel Akteure erforderte, habe ich sehr viel Engagement gezeigt. So viel, dass ich kurz nach diesem Marathon gefragt wurde, wie ich mir die Zukunft mit dieser Veranstaltung vorstellen könnte. So kam es dazu, dass ich mit der Unterstützung des Landessportbundes und einem mehrjährigen Vertrag mit den Spielbanken Niedersachsen den Schritt gewagt und eichels: Event gegründet habe. Anfangs, einige Jahre, wusste ich nicht genau, ob es die richtige Entscheidung war. Heute ist es meine Herzensveranstaltung. Aus dem, was wir damals zu bewegen begonnen haben, ist das geworden, was wir heute sein dürfen. Nun darf ich mit dieser tollen und bewegenden Vergangenheit, einem klasse Team und immer noch in dieser Stadt, für die Stadt und mit der Stadt viel bewegen.
Du hast 2014 in Hamburg dein Studium begonnen. Was hat dich dazu inspiriert, Schauspiel zu studieren?
Kannst du dich kurz vorstellen …
Da, wo bis vor nicht allzu langer Zeit noch „Fräulein Schlicht“ ihr Café hatte, genauer gesagt, in Linden-Mitte, Davenstedter Straße 27 (Haltestelle Nieschlagstraße), hat das Bonatarte seine Türen geöffnet. Aufgrund des Wortspiels wünsche ich mir sehr, dass der Chefkoch ein kleiner Mann mit großer Mütze ist, der seine rechte Hand in Brusthöhe in der Kochjacke versteckt. Schlechte Nachricht: Ist nicht der Fall, enttäuschend. Gute Nachricht: Das war dann aber auch schon alles an Enttäuschungen. Der Chef hat großen Hunger, deshalb bestellen wir einmal alles. Etwas genauer heißt das: Linden, Kröpcke, Nordstadt, List und Quiche der Saison. Hä?
Jede der Quiches heißt nach einem Hannoveraner Stadtteil – beim Kröpcke wollen wir jetzt mal nicht kleinlich werden.
Als letztes auf der herzhaften Liste haben wir jetzt noch die Quiche der Saison (6,90€) stehen. Ein Dinkelvollkornteig mit Süßkartoffeln, Kichererbsen, Granatapfelkernen und Grünkohl. Unter gar keinen Umständen ess ich das! Niemals! Ich hasse Grünkohl. Der Chef zwingt mich aber und ich bin angenehm überrascht, wie gut und ausgewogen die Quiche schmeckt. Da hat sich wirklich jemand Gedanken gemacht und sie schön umgesetzt, Chapeau!
Feist wie die Fürsten (in diesem Fall wohl eher Feldherren) verabschieden wir uns glücklich in Richtung des nächstverfügbaren Digestifs.