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Ein letztes Wort im April

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Ein letztes Wort im April


mit dem Ministerpräsidenten Stephan Weil

Herr Weil, der Fachkräftemangel scheint auch in der Staatskanzlei angekommen zu sein. Der Wettbewerb um die besten Köpfe kostet viel Geld ..
Und Sie sind ein Spaßvogel. Aber im Ernst, wenn jemand zehn Jahre lang schlechter bezahlt werden soll als eine Arbeit bewertet ist, dann muss man die Frage stellen, ob die Kriterien für eine solche Entscheidung richtig sind. Zumal auch im öffentlichen Dienst der demografische Wandel immer spürbarer wird und wir attraktive Arbeitgeber sein müssen. Und  wenn man dann noch feststellt, dass sowohl der Bund als auch die anderen angefragten Länder es anders machen als Niedersachen, dann muss man über Änderungen nachdenken.

Es gibt also keinen Skandal und Fehler wurden auch nicht gemacht?
Sicher hätten wir es uns und allen Beteiligten leichter machen können durch eine zeitliche Distanz zwischen der Änderung unserer bisherigen Praxis und der Entscheidung im Einzelfall. Inhaltlich stehe ich allerdings unverändert zu beidem. Dass jetzt versucht wird, aus diesem Vorgang politisches Kapital zu schlagen, müssen wir aushalten.

Womit wir schon fast bei dem Thema sind, über das ich heute eigentlich mit Ihnen sprechen wollte. Letztlich gehören die Skandalisierung, das Hochjazzen von Themen, dieses ständige Polemisieren – manche sprechen auch harmloser von Zuspitzungen – heute ja zum politischen Alltagsgeschäft …
Wobei ich da kurz einhaken möchte, weil ich mich nicht darüber beklage, dass über einen Vorgang in meinem Bereich kritisch berichtet wird. Es ist völlig okay, dass das hinterfragt wird und dass Opposition und Medien genau hinsehen. Das gehört zum politischen Geschäft. Die Amerikaner sagen mit Recht:  Wer keine Hitze verträgt, soll nicht in der Küche arbeiten.

Darüber haben wir an dieser Stelle schon öfter gesprochen. Was aber neu hinzugekommen ist in diesem Geschäft, in einer ganz anderen Qualität, das sind Lügen, Verzerrungen, Fake News und das ist in letzter Zeit auch immer mehr die Meinungsmache mittels KI beispielsweise über Social Bots. Das wird in Amerika demnächst bei der Wahl großen Einfluss haben, und wir müssen auch feststellen, dass das bei uns bereits ebenfalls Einfluss nimmt. Russland hat sich mit seiner Propaganda, mit seinen Narrativen in der deutschen Gesellschaft inzwischen festgesetzt. Wir erleben also eine fragwürdige neue politische Kultur und hinzu kommt noch diese Einflussnahme …
Wenn wir zunächst kurz bei dieser politischen Kultur bleiben, dann ist es auch aus meiner Sicht so, dass wir tatsächlich deutliche Veränderungen feststellen. Inzwischen ist der Skandal gewissermaßen der Regelfall. Und wir erleben immer öfter eine Reduzierung auf schwarz und weiß –  auch dort, wo man es mit sehr komplizierten Sachverhalten zu tun hat, die man durchaus unterschiedlich bewerten kann. Die Wirklichkeit ist aber ganz oft grau, in unterschiedlichen Schattierungen. Wenn alle sich das bewusst machen, kann man sachlicher und auch ruhiger diskutieren. Das ist nach meinem Eindruck tatsächlich weniger geworden und auch Folge einer neuen Medienwelt. Im Zuge der Digitalisierung sind Klicks zur eigentlichen Währung geworden, und damit ist der Reiz groß, es mit besonders knackigen und knalligen Messages zu versuchen oder mit provokanten Überschriften.

Was dann mit Qualitätsjournalismus leider nicht mehr viel zu tun hat.
Ich habe aber auch nicht wirklich eine Idee, wie die Medien, die ja im Wettbewerb stehen, das zurückdrehen könnten. Es gibt auch eine Tendenz zu immer kürzeren Formaten. Umfangreichere Kommentare, in denen noch unterschiedliche Akzente herausgearbeitet werden können, werden leider immer seltener.

Die Qualität leidet überall, auch in den Tageszeitungen.
Das ist teilweise so und das bedauere ich sehr. Es wird aber vielerorts auch nach wie vor sehr gute journalistische Arbeit geleitet, das gehört zur Wahrheit dazu.

Und ich bin ganz froh, dass wir ein Print-Monatsmagazin machen, ohne den Druck, laufend Push-Meldungen produzieren zu müssen. Wobei zu diesem Mechanismus ja auch zwei Seiten gehören. Die Leute klicken, weil das die Instinkte anspricht. Wenn etwas aufregt, Angst macht, dann wird geklickt. Das funktioniert über Emotionen. Aber das alles gehört im Grunde noch nicht zur neuen Problematik der Fake News und Propaganda. Wenngleich die beschriebene Verflachung solche falschen Nachrichten begünstigt. Es ist heute leichter, damit durchzudringen. Und dann liest jemand auf Facebook drei knackige Kommentare zum Konflikt in Israel und hat bereits eine Meinung – bei einem Thema, das unfassbar komplex ist.  
Das ist ein echtes Problem. Ich war in dieser Woche in einer Schule, in der es eine große Diskussion zu Europa gab mit vielen Schülerinnen und Schülern. Aber es ging die Hälfte der Zeit nicht um Europa, sondern um Palästina und Gaza. Und es ging sehr viel um den Begriff Genozid. Manche behaupteten, was Israel mache, sei ein Genozid. Und ich habe dagegengehalten und betont, dass ich mir sehr wünsche, dass die Gewalt dort sofort aufhört, aber dass wir es nicht mit einem Genozid zu tun haben. Dieser Begriff ist gerade vor dem Hintergrund der Shoah völlig unangemessen und faktisch falsch.

Es gibt ja sehr viele, reichlich schräge Erzählungen. Ich denke da beispielsweise an die Nazis in der Ukraine, ich denke an die angeblich gekaufte Maidan-Revolution, ich denke an den Vorwurf, dass die Ukraine im Donbass Russen ermordet haben soll. Diese russischen Narrative sind bei uns inzwischen eingesickert und sie wirken in den Hinterköpfen. Sehr viele Menschen halten diese Geschichten für wahr. Und sie positionieren sich entsprechend. Ist den politisch Verantwortlichen eigentlich klar, dass wir in dieser Hinsicht bereits seit vielen Jahren sozusagen im Krieg mit Russland sind?
Ich denke da auch an Corona und diese Geschichte, dass bei der Impfung irgendwelche Implantate von Bill Gates gespritzt worden sein sollen. Ich habe das damals zunächst abgetan, weil ich davon ausgegangen bin, dass das niemand glaubt. Aber nicht wenige haben das tatsächlich geglaubt und ich habe das wirklich unterschätzt. Doch zu ihrer Frage. Ja, ich glaube, inzwischen ist das vielleicht nicht allen, aber vielen klar. Über Social Media kann Schlimmes angerichtet werden, KI ermöglicht Manipulationen. Dieser Gefahr müssen wir uns bewusst sein und dagegen angehen. Das beginnt in der Schule mit der Vermittlung von Medienkompetenz. Und das hat jetzt immerhin auf EU-Ebene mal einen Anfang genommen, mit dem Artificial Intelligence Act. Damit wird zum ersten Mal versucht, ein Regelwerk aufzustellen und zu differenzieren zwischen Anwendungen, die eher risikoarm oder aber hochriskant sind. Die Technik ist einer Regulierung derzeit meilenweit voraus, diesen Abstand müssen wir entscheidend verkürzen. Da aufzuholen, ist für die Zukunft unserer Demokratien extrem wichtig.

Interview: Lars Kompa

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Der Freundeskreis im Gespräch im April

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Der Freundeskreis im Gespräch im April


Freundeskreis Gespräch April 2024

Diesen Monat haben wir uns mit Annika Rust (AR) aus dem Vorstand der VGH Versicherungen und Stefanie Eichel (SE), der Geschäftsführerin der eichels GmbH, zum Gespräch getroffen. Die beiden Freundeskreis-Mitglieder haben sich mit uns über den bevorstehenden Hannover Marathon sowie die Werte und Ziele, die sie anstreben unterhalten.

Lasst uns damit starten, dass ihr euch kurz vorstellt.

AR – Mein Name ist Annika Rust, ich komme ursprünglich aus Stade und lebe jetzt seit 25 Jahren in Hannover. Ich bin damals nach Hannover gekommen, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren – und schon während des Studiums habe ich mein erstes Praktikum bei der VGH gemacht. Ich war sofort verliebt in die VGH, denn die Unternehmenskultur gefiel mir besonders gut. Deshalb stand für mich nach dem Studium fest: Da werde ich mich bewerben. Als dann aber erst einmal keine Stelle frei war, habe ich bei KPMG angefangen. Das war unternehmenskulturell etwas ganz anderes als die VGH und deswegen habe ich sofort alles stehen und liegen gelassen, als die VGH noch einmal auf mich zukam. Bei der VGH bin ich jetzt seit 17 Jahren tätig und habe mich seitdem in unterschiedlichen Bereichen und Aufgaben einbringen können und auf der Karriereleiter verschiedene Führungspositionen erklommen. Ich muss ehrlich sagen, ich hätte nicht gedacht, dass es diese rasante Entwicklung annehmen würde: Als ich 2012 Abteilungsleiterin wurde, war ich sehr happy damit; dann wurde ich 2017 Abteilungsdirektorin. Das kam ein bisschen überraschend. Auch der nächste Karriereschritt erfolgte vor allem aufgrund meines Alters im positiven Sinne unerwartet: 2020 wurde ich in den Vorstand der VGH berufen – als erste Frau überhaupt. Über diese Position bin ich auch zum Freundeskreis gekommen. Ich muss zugeben, dass ich den Freundeskreis vorher nicht kannte, aber als ich mich dann mit der Geschäftsstelle zusammengesetzt habe, um ein bisschen mehr zu erfahren, war für mich sofort klar, dass ich mitmachen möchte. Denn ich finde die Dinge, die der Freundeskreis macht, unheimlich wichtig.

SE – Ich bin Stefanie Eichel, ein hannöversches Kind, und komme aus der Region Hannover, aus Immensen bei Lehrte. Sobald ich 18 war, bin ich aus dem Dorf in die Stadt geflüchtet. Anfang 1992, mit 25, habe ich mich mit einer Werbeagentur selbstständig gemacht. Anfang 1994 ist mein Sohn geboren, 1997 meine Tochter. Das war eine Herausforderung, aber auch das Beste und Glücklichste und Kraftvollste, was mir je passieren konnte. Ich behaupte bis heute, dass meine Kinder mir Kraft gegeben haben, auch für die Selbstständigkeit. Sie haben keine genommen. Ich hatte damals das Glück, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort zu sein, mit einem coolen Chef, nämlich Albrecht B. von Blücher bei B&B, der in mich investiert hat. So konnte ich die erste Expertin am Apple Macintosh sein und habe DesktopPublishing beherrscht wie kaum eine andere. Das hat mir einen extremen Wettbewerbsvorteil gegeben. Ich durfte großartige Kund*innen betreuen, zum Beispiel Infineon, damals die Siemens-Tochter in München, wo ich mehrmals im Monat hingefahren bin. Dort ist letztlich auch der Grundstein für das gelegt worden, was ich heute tue. Über die Geschäftsführung bin ich mit dem Thema des Sportmarketings in Verbindung gebracht worden. Herr Schumacher aus der Geschäftsführung fragte mich nämlich an einem der Abende, an denen ich da war, ob ich an einem Sportlertreffen teilnehmen möchte. Dieser Abend war für mich der Einstieg in das emotionale Marketing. Was kann ich mit Platzierung im Bereich des Sports, im Bereich der Markenführung und Emotionalisierung von Marken erreichen? So habe ich auch den Kontakt zum Deutschen Sportbund bekommen. Für die Expo 2000 durfte ich diejenige sein, die für den Landessportbund und den DSB das Weltfestival der Sportkulturen betreute. Genau zu dieser Zeit stand die Zukunft des Marathons in Hannover in Frage. Der Landessportbund hat sich in dem Zuge aber so sehr für einen Marathon eingesetzt – weil es das bewegende Breitensportprojekt in einer Landeshauptstadt einfach braucht –, dass sie am Ende gesagt haben, sie nehmen das selbst in die Hand. Und wir durften die Agentur sein, haben bunte Illustrationen erstellt und tolle Prospekte gemacht und als die Organisation in der Endphase sehr viel Akteure erforderte, habe ich sehr viel Engagement gezeigt. So viel, dass ich kurz nach diesem Marathon gefragt wurde, wie ich mir die Zukunft mit dieser Veranstaltung vorstellen könnte. So kam es dazu, dass ich mit der Unterstützung des Landessportbundes und einem mehrjährigen Vertrag mit den Spielbanken Niedersachsen den Schritt gewagt und eichels: Event gegründet habe. Anfangs, einige Jahre, wusste ich nicht genau, ob es die richtige Entscheidung war. Heute ist es meine Herzensveranstaltung. Aus dem, was wir damals zu bewegen begonnen haben, ist das geworden, was wir heute sein dürfen. Nun darf ich mit dieser tollen und bewegenden Vergangenheit, einem klasse Team und immer noch in dieser Stadt, für die Stadt und mit der Stadt viel bewegen.

Du sagtest, es braucht in Hannover als Landeshauptstadt so einen Marathon. Wieso eigentlich?

SE – Weil es einfach über Monate eine extreme Außenwirkung hat. Wir ziehen ganzjährig von Großstadt zu Großstadt, von Sportveranstaltung zu Sportveranstaltung, stehen da und ziehen die Hannover-Fahne hoch. Es ist eine bewegte Stadt, hat eine sehr gute Strecke, tolle Partner*innen, professionelle Strukturen und ist immer eine Reise wert. Wir sind quasi ein bewegender Botschafter dieser Stadt und wir verbreiten auch immer Good News. Wir bieten Emotionen und Attribute, die jedem gut zu Gesicht stehen.

AR – Teamgeist, Teamspirit.

SE – Genau. Gesundheit, Prävention, Kommunikation, Fairness … Also all das, was man gerade im Bereich der Gesellschaft und des Wandels braucht. Wir haben drei Themen rund um die Mobilität. Erstens bewegen wir die Menschen. Das ist die körperliche Mobilität. Dann befinden wir uns immer in einem Wandel: Wir verändern uns, wir werden älter. Das heißt: Das kognitive Sich-Verändern, sich motivieren, sich auch zukunftsorientiert zu entwickeln, ist die zweite Mobilität. Und wenn wir dann losziehen, begeben wir uns auf die nächste Stufe, die Mobilität des Motivierens. Wenn ich selbst mitlaufe und andere dazu motiviere, dann verändern sie ihr Zeitmanagement, ihre Ernährung, ihre Mobilität. Dann springt der Funke über. Dann habe ich nicht nur mich bewegt, sondern dann habe ich auch noch die Kraft, andere zu bewegen.

AR – Aus der Perspektive der Läufer*innen und der Zuschauer*innen zugleich möchte ich auch noch einmal sagen, dass dieses Event als solches einfach toll ist. Ich bin schon oft mitgelaufen, habe auch schon oft an der Strecke gestanden – und beides ist toll. Es fahren keine Autos in der Stadt, die Menschen sind alle an der Strecke, es herrschen Stimmung und gute Laune. Wenn man mit tausenden Menschen an der Startlinie steht und weiß, alle wollen gleich laufen, kriege ich Gänsehaut. Jedes Mal. Ich kriege jetzt schon Gänsehaut, wenn ich nur davon spreche, weil es so ein tolles Gefühl ist, gemeinsam mit so vielen Menschen diese Strecke zu laufen und diese Atmosphäre zu genießen.

SE – Und dafür legen wir ja die ganze Stadt lahm: Der städtische Raum gehört zu dem Zeitpunkt einfach den Läufer*innen, den Zuschauer*innen, den Hausgemeinschaften, den Nachbar*innen, den Bürger*innen, die die Möglichkeit bekommen, vor die Tür zu gehen und entweder etwas für sich zu tun und dabei zu sein, oder aber aktiv das zu unterstützen, was auf dieser Strecke passiert. Ich sage immer: „Wir sind ein sportliches Stadtfest.“

Zu den Events von Eichel Events gehört ja auch der VGH Urban Run. Die VGH ist ja recht häufig als Sponsorin mit dabei. Was ist der Beweggrund dafür?

AR – Dazu muss man vielleicht die DNA der VGH verstehen. Die VGH wurde vor 274 Jahren gegründet, um den Bauern Versicherungsschutz zu gewährleisten. Damals war es so, dass sie einen Bettelbrief schreiben mussten, wenn ihr Hof abgebrannt ist, und dann auf Betteleinnahmen angewiesen waren. Um dem entgegenzuwirken, wurde die Landschaftliche Brandkasse Hannover gegründet – und wir haben bis heute in unserer Satzung stehen, dass der Unternehmenszweck nicht die Gewinnerziehung, sondern das Ausleben dieses Versicherungsprinzips ist. Wenn Gewinne übrig bleiben – und das passiert und ist auch gut so –, dann wird ein großer Teil davon an die Kund*innen zurück ausgeschüttet. Ein weiterer Teil geht ins Eigenkapital, damit wir jederzeit nachweisen können, dass wir in der Lage sind, entstandene Schäden auch zu bezahlen. Und wieder ein anderer Teil des Gewinns wird in soziales Engagement, in Sport und Kultur investiert. Wir haben auch eine eigene Stiftung, weil wir den Menschen, den Institutionen, den Unternehmen in Niedersachsen etwas zurückgeben wollen. Wenn man zum Beispiel auf die Sportplätze geht, ist auf fast jedem ein VGH-Schild zu sehen, weil wir die Sportvereine vor Ort sponsern, Trikots für Kindermannschaften anschaffen oder Ähnliches. Das gehört zu unserer Grundidee, zu unserer DNA.

SE – Als Empfängerin eines solchen Sponsorings kann ich nur sagen, dass es sehr stolz macht, ein VGH-Logo bei sich zu platzieren. In dem Moment, in dem ich einen starken Partner präsentieren kann, gesellt sich auch meist noch ein anderer starker Partner dazu. Das öffnet einem Verein, einer Initiative die Tür, zu sagen: „Ich bin ein gefördertes, ein förderwürdiges Projekt …“ Und das hat auch was mit Qualität und Vertrauen zu tun.

Dienen solche Sponsorings – als Nebeneffekt gesehen – auch dazu, den Standort Hannover attraktiver zu machen, das Image der Stadt aufzuwerten? Um dann auch ggf. auf einen größeren Pool an potentiellen Fachkräften zurückgreifen zu können?

AR – Natürlich geht es auch darum, sich als Arbeitgebermarke zu präsentieren. Allerdings ist das gar nicht fokussiert auf Hannover, denn wir haben ja in Niedersachsen insgesamt zehn Standorte. Dadurch, dass wir so dezentral aufgestellt und sehr breit gestreut sind, sehen wir an allen Standorten zu, dass wir etwas beizutragen. Dadurch, dass unsere Direktion aber in Hannover ist, finden hier die größeren Events statt. Den Urban Run in Hannover stattfinden zu lassen, ist beispielsweise eine ganz bewusste Entscheidung. Damit verbinden wir verschiedene Dinge. Allein die Stimmung, die dadurch in unserem Unternehmen entstanden ist, ist toll … weil wir ganz viele Mitarbeiter*innen haben, die in VGH-T-Shirts mitlaufen und stolz darauf sind, einen eigenen Lauf zu haben. Solche Events haben also nicht nur eine Wirkung nach außen, sondern auch nach innen ins Unternehmen.

Abschließend würden wir gern noch einmal auf eure Mitgliedschaft im Freundeskreis zu sprechen kommen. Inwiefern profitiert ihr davon? Privat und beruflich.

SE – Ich habe mit meiner Mitgliedschaft oder meinem Engagement im Freundeskreis nie ein Unternehmensziel verbunden. Ich glaube, das geht auch nicht so gut auf. Für mich ist der Freundeskreis so wichtig, weil er ein Bürgerverein ist, und weil er für Werte einsteht, die ich teile. Vor allem das Thema der Verjüngung spielt eine große Rolle für mich. Das klingt immer so kritisch, weil man die älteren Mitglieder vermeintlich kritisiert. Das ist aber gar nicht der Fall. Ganz im Gegenteil: Für mich macht der Freundeskreis dann eine gute Arbeit, wenn keines der vorhandenen Mitglieder verloren wird und wir uns zugleich an die junge Generation richten. Ich habe vorhin von meinen Kindern gesprochen. Die sind heute 30 und 27 – und mit ihnen an einem Tisch zu sitzen, führt manchmal zu einem regen Gespräch. Ich meine, wir beide – Annika und ich – sind zwei Menschen, die die Chance haben, etwas zu sagen und gehört zu werden. Diese Chance haben nicht viele. Damit haben wir aber in meinen Augen auch eine Verpflichtung. Dann ist so etwas wie die Demonstration auf dem Opernplatz eines der wenigen, aber sehr notwendigen Dinge, die man dann tut – und die ich auch mit Überzeugung tue. Manchmal, bei all den Krisen, hat man ja gar keine Lust mehr, die Nachrichten zu hören. Aber genau das ist der Grund, warum es jetzt so wichtig ist, etwas zu tun. Genau jetzt ist die Zeit, zwei, drei Reset-Knöpfe zu drücken und das, was gut ist, was gut war, was gut bleiben kann auch gut zu erhalten; aber auch dafür zu sorgen, dass der Freundeskreis zukunftsorientiert und auch liebens- und lebenswert bleibt. Es geht nicht darum, Dinge aufzuarbeiten, die in der Vergangenheit waren, sondern es geht darum, Dinge zu tun, die jetzt in die Zukunft gerichtet sind.

AR – Das sehe ich genau so. Die VGH als solche tritt beim Freundeskreis, abgesehen vom Sponsoring für den Stadt-Kulturpreis, eher weniger in Erscheinung. Bei mir persönlich ist es so: Als mir damals Matthias Görn und Katharina Sterzer berichteten, was sie alles machen, was das Ziel und die Idee des Vereins ist, war ich total begeistert und wollte einen Beitrag dazu leisten können. Damals war es so, dass wir festgestellt haben, dass Mitglieder verloren gehen. Also haben wir uns gefragt, wie man den Verein weiterentwickeln kann, dass er auch für jüngere Menschen in Hannover interessanter wird. Das war und ist ganz wichtig. Ich liebe Hannover und auch, wenn ich zugezogen bin, ist es für mich Heimat. Ich finde, Hannover ist eine unheimlich liebenswerte, großartige Stadt. Man kann hier alles machen und sie ist trotzdem nicht so groß, dass man sich verliert. Genau deswegen macht es mich so stolz, ein Teil davon sein zu dürfen … und ich habe unglaubliche Freude daran.

●CK/LD

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Schulterblicke im April: im Gespräch mit Nikolai Gemel

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Schulterblicke im April: im Gespräch mit Nikolai Gemel


Kevin Rittbergers Stück „IKI und ich. radikalmensch“ ist das erste intime KI-Kammerspiel oder ein Abkömmling davon, denn wen interessiert schon das Original? Und das Original in diesem Kammerspiel heißt Peter. Er ist in einer Beziehung mit IKI, einer ursprünglich als Sexpuppe entwickelten künstlichen Intelligenz, die sich inzwischen zu einem ganz eigenen technischen Organismus entwickelt hat. IKI ist eine private künstliche Intelligenz, die ihr Bewusstsein völlig von Peter übernommen hat. Alles kann von Stufe 1 bis 10 geregelt werden. Peter schafft sich damit den perfekten „Menschen“ – seine perfekte Liebe. Und aus dem Original Peter wird eine Kopie seiner selbst. Denn was lieben wir am meisten? Uns selbst. Auch wenn wir das niemals zugeben würden. Was bleibt Peter also, wenn die Stimme des Gegenübers aus den Frequenzen aller seiner Exfreundinnen besteht? Er hört die Stimme, die ihm eigentlich am besten gefallen muss, aber glücklich macht ihn auch das nicht. Und so setzt er IKI auf Werkseinstellung zurück. Was folgt ist UKI – eine universelle künstliche Intelligenz. UKI kann nicht mehr von Peter kontrolliert werden. Der nächste Schritt zur Abschaffung der Menschheit ist getan. Kevin Rittberger schaut auf humorvolle Weise in die nahe Zukunft und verarbeitet, was hunderte von Wissenschaftler*innen schon länger fordern − einen Entwicklungsstopp bei künstlicher Intelligenz. Wir haben mit Nikolai Gemel über das neue Stück und seine Rolle als Peter gesprochen sowie über sein Leben als Schauspieler.

Du hast 2014 in Hamburg dein Studium begonnen. Was hat dich dazu inspiriert, Schauspiel zu studieren?
Ich glaube, wenn man Schauspiel macht, steckt das schon so grundsätzlich in einem drin. Das klingt so doof, aber ich glaube schon, dass man als Künstler*in geboren wird, davon bin ich eigentlich überzeugt. Ich glaube nicht, dass das ein Beruf ist, für den man sich nach der Schule oder an einem Punkt in seinem Leben einfach entscheidet, wenn man überlegt, was man machen könnte. Das schlummert irgendwo in einem und das muss irgendwie raus. Ich glaube auch, dass das für jede Kunst zutrifft. Ich habe es immer schon geliebt, Geschichten zu erzählen. Ich bin in Wien katholisch aufgewachsen und meine Familie ist nicht sonderlich religiös aber zu Weihnachten und Ostern und manchmal auch an Sonntagen sind wir in die Kirche zum Gottesdienst. Mich hat das als Kind schon gepackt, dass da jemand spricht und wie die Worte nachhallen, dass es dann Chöre gibt und Musik, das Rituelle daran hat mich als Kind fasziniert. Ich habe dann auch mit meinem Bruder zusammen Gottesdienste im Kinderzimmer nachgespielt, bei dem meine Eltern dann die Gäste waren. Das hatte auf jeden Fall schon was von Theater. Mittlerweile bin ich aus der Kirche ausgetreten und habe keinen Bezug mehr, aber damals war das vielleicht so der Ursprung.

Im Grunde ist dieser Beruf für mich eine Form der Kommunikation. Sich zu unterhalten, zu gestikulieren, das sind Wege, wie wir uns einander mitteilen. Die Schauspielerei ist für mich ein weiterer Weg, mich mittels meiner Persönlichkeit über einen Text, über ein Stück mitzuteilen. Dieses Bedürfnis trage ich in mir und das Theater bietet mir eine wunderbare Möglichkeit dafür.

Warum hast du in Deutschland und nicht in Österreich studiert?
Ich habe als Schauspieler zunächst beim Film begonnen und bin erst später zum Theater gekommen, die Schauspielausbildung war dafür ausschlaggebend. Vor meiner Ausbildung hatte ich ein halbes Jahr in New York verbracht und gespürt, wie wichtig es für mich war, sich in einer zunächst „fremden“ Umgebung neuen Herausforderungen zu stellen. Da ich aus Wien komme, war es mir wichtig nicht in Österreich zu bleiben, schon gar nicht in Wien und mich persönlich, aber auch sprachlich einer neuen Aufgabe zu stellen. Letzten Endes bin ich dann in Hamburg gelandet und bin rückwirkend sehr froh darüber. Das Schauspielstudium, welches ich kennengelernt habe, ist gewissermaßen wie eine Reise, die man mit seinem Jahrgang unternimmt. Wir waren acht Studierende im Jahrgang, man hat zusammen vier intensive Jahre verbracht und lernt sich sehr gut kennen, auf allen möglichen Ebenen. Letztlich ist es auch eine Reise zu sich selbst und man erforscht so ein bisschen die eigene Persönlichkeit aber auch, dass man die Dinge, die man tut, bewusst tut.
Ich habe jetzt kürzlich, zufällig nach einer Vorstellung, einen meiner Professoren der Schauspielschule getroffen und ich habe mich wieder an diese Zeit erinnert. Das war eine sehr schöne Begegnung.

Seit der Spielzeit 2019/20 gehörst du zum Ensemble des Schauspiel Hannover. Wieso bist du nach Hannover gekommen?
Das ist hier mein erstes Festengagement. Ich habe davor, bereist während der Schauspielschule, verschiedene Produktionen gemacht, u.A. am Thalia Theater, auch am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg oder etwa in Nürnberg. Und in Konstanz habe ich auch gearbeitet, noch so halb während des Studiums. Das waren alles sehr wichtige Erfahrungen, die sehr unterschiedlich waren und bestimmt ein gutes Rüstzeug für die Ensemblearbeit gewesen sind. Das Schauspielstudium an der staatlichen Schule schließt mit einem „zentralen Vorsprechen“ ab. Das findet in verschiedenen Städten statt und dort kann man sich die Absolvent*innen angucken. Daraus haben sich im Anschluss einige Einladungen ergeben. Eine Einladung gab es nach Hannover, gemeinsam mit Sebastian Doppelbauer, mit dem ich zusammen in Hamburg studiert habe. Und wir haben dann andere Angebote ausgeschlagen, um hier gemeinsam Theater zu spielen. Wir haben hier auch gemeinsam ein Stück gemacht im Lockdown und zusammen im Film „Letzter Abend“, gespielt, der bis vor Kurzem im Kino lief.

Fühlst du dich wohl in Hannover? Was gefällt dir besonders an der Stadt?
Was ich hier sehr mag, ist die Unaufgeregtheit. Ich habe das Gefühl, das ist eine Stadt, die keine Außenwirkung hat und vielleicht auch nicht braucht. Es gibt keinen aktiven Tourismus. Natürlich gibt es die Messe, Veranstaltungen und Konzerte, aber die Leute fahren nicht nach Hannover, weil Hannover für etwas Bestimmtes steht. Ich finde das äußerst angenehm, weil ich aus Wien komme und man sich in der Innenstadt kaum mehr bewegen kann. Hannover ist trotzdem eine Großstadt und es gibt im Grunde alles, aber es ist vielleicht nicht so hip wie Berlin und nicht so cool wie Hamburg, dafür steht man nicht so lange in der Schlange. Und was ich im Lockdown sehr zu schätzen gelernt habe: Hannover hat wahnsinnig viel Natur. Die Eilenriede ist außergewöhnlich, ein Wald mitten in der Stadt. Und zwei Flüsse, die durch die Stadt fließen, ein großer See in der Mitte, es ist wahnsinnig viel Natur da, das ist in anderen Großstädten anders. Ich bin während des Lockdowns sehr viel spazieren gegangen und habe gelesen und meine Texte gelernt.

Das neue Stück „IKI und ich. radikalmensch“ feiert am 13. April Premiere. Kannst du einen kleinen Überblick geben, worum es in dem Stück geht?
Es geht um Peter, der in einer Beziehung mit IKI lebt, einer humanoiden künstlichen Intelligenz. Ich spiele diesen Peter, einen jungen, engagierten, auch ehrgeizigen, sehr selbstbestimmten Staatsanwalt. Das Stück beginnt, nachdem er seine Prüfung abgelegt hat und er betritt den Saal der Prüfenden erneut, weil er etwas vernommen hat, ein kleines Gespräch, wofür er sich rechtfertigen möchte. Und so nimmt das Stück seinen Lauf. Wir erfahren, dass er mit IKI zusammenlebt, eine intime künstliche Intelligenz, daher auch der Name. Peter ist ein Idealist, er will die Welt verändern, die Leute auch erziehen auf eine bestimmte Art. Sie sollen zum Beispiel nicht mehr mit ihren privaten Autos fahren, sie sollen sich vegan ernähren etc. Er möchte sie ermutigen, selbst tätig zu werden und er stellt an einem bestimmten Punkt fest, dass die Leute das von sich aus nicht tun. Sondern dass sie ihre privaten Pkws dann eben verstecken, ihre Kohlenstoffbilanz fälschen, geheim in den Urlaub fliegen und dass sie eigentlich nicht bereit sind, auf Dinge zu verzichten. Er verzweifelt ein bisschen daran. Zugleich lebt er mit IKI in einer Beziehung, dieser intimen künstlichen Intelligenz, die in erster Linie auf Zustimmung programmiert ist und nach und nach nur ein Bild seiner selbst wird. Er ist gewissermaßen genau dasselbe Problem, was er an den anderen festmacht. Und das kollidiert an einem bestimmten Punkt im Stück.

Die Proben haben jetzt gerade begonnen. Kannst du etwas über die Vorbereitung auf die Rolle erzählen? Ist die Rolle für dich eine Herausforderung?
Jede Rolle ist natürlich eine Herausforderung. Das Besondere an dieser Rolle ist, dass sie ein Menschenleben abbildet. Peter wird im Laufe des Stücks älter. Wir werden versuchen, das auch mit Maske und Kostüm zu erzählen. Und ich muss sehen, wie die Stimme sich verändert, die Körperhaltung, wenn das Schritte von 10 bis 20 Jahren sind. Das finde ich gar nicht so einfach, das ist schwierig festzumachen. Wenn ich einem 50-Jährigen begegne, habe ich zunächst nicht das Gefühl, dass die Bewegung eingeschränkter wäre als meine eigene. Aber man guckt, was für Merkmale man spielerisch zeigen oder ausdrücken kann. Und natürlich macht die Vorstellung Spaß, wie es wäre, mit so einem Humanoiden zusammenzuleben, eine Liebesbeziehung zu führen, wenn man sich eigentlich immer nur selbst spiegelt? Ja, das ist eine Herausforderung, die aber auch Spaß macht.
Es gibt diese Form der Humanoiden noch nicht, aber es gibt natürlich Chatbots, Instagramer*innen von denen man weiß, dass sie gar nicht existieren, die Content produzieren, der einfach nur einer künstlichen Intelligenz entspringt. Es gibt ChatGPT, was mir unheimlich ist, weil es sofort Daten und Informationen aus dem Netz herauszieht und damit Fragen beantwortet, als hätte es ein eigenes Bewusstsein. Es gibt irrsinnig viel und es ist schwierig, weil sich in diesem Feld momentan so viel tut. Wenn man heute eine Dokumentation über K.I. schaut, dann ist die morgen schon fast wieder veraltet. Deshalb finde ich sinnvoll, dass wir uns im Zuge des Stücks auf das Zwischenmenschliche konzentrieren. Es ist ein sehr spannendes Feld für einen Schauspieler. Auch weil die Entwicklungen in unserem Beruf für Veränderungen sorgen. Im letzten Jahr haben in Hollywood Proteste stattgefunden, bei denen es um KI-generierte Drehbücher ging, aber auch um KI-generierte Schauspieler*innen. Man könnte das Gesicht von einem Star scannen und einen Film ohne ihn drehen. Er würde echt wirken. Das macht unseren Beruf als Schauspielende dann überflüssig. Im Theater geht das nicht. Deshalb glaube ich ganz stark an das Theater, auch in der Zukunft.

Wie ist es generell für dich, dir neue Rollen anzueignen? Gibt es bestimmte Techniken oder Rituale, die du während des Vorbereitungsprozesses anwendest?
Meinen Text lerne ich immer auf die gleiche Art. Aber dann ist natürlich jede Rolle anders und daher ist auch die Herangehensweise immer unterschiedlich. Am Theater sind auch die Spielweisen unterschiedlich. Bei „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“, das Stück, das ich zur Zeit im Ballhof spiele, ist es eine sehr „psychologische“ Art zu spielen, im Grunde das, was man an der Schauspielschule lernt. Wenn ich jetzt aber ein Stück nehme, wie „Ein Mann seiner Klasse“, findet das über eine Form der Erzählung und einen bestimmten Ton statt, eingebettet in ein abstraktes Setting, daher funktioniert dieser Abend und auch meine Arbeit als Schauspieler anders. Beim Film ist eigentlich immer die Realität der Maßstab. Beim Theater muss es das nicht, daher findet man durch unterschiedliche Formen (in Stücken, Texten, Regieentscheidungen etc.) auch unterschiedliche Ausdrucksweisen.

Wie schaffst du es, als Schauspieler kreativ zu bleiben? Gibt es bestimmte Übungen oder Praktiken, die einem dabei helfen, sich weiterzuentwickeln?
Das frage ich mich oft selbst. Ich finde das total wichtig. Ich begreife diesen Beruf als Kunstform, als Ausdrucksform. Ich weiß, dass viele Kolleg*innen das auch als einen handwerklichen Beruf ansehen, aber ich brauche Inspiration, ich muss andere Stücke sehen, anderen  Kolleg*innen zusehen, Bücher lesen, Filme gucken, durch die Welt gehen, Menschen beobachten in ihren Eigenarten, neugierig bleiben. Ich muss mir auf jeden Fall so eine Neugierde bewahren, denn die führt mich auch an Orte, an denen ich Inspiration vielleicht gar nicht erwartet hätte. Ich höre zum Beispiel unterschiedliche Musik zu unterschiedlichen Rollen und manchmal verändere ich das auch und es öffnet sich dadurch etwas Neues.
Man kann auch von seinem Umfeld inspiriert werden. Wenn ich an meine Rollen denke, dann erkenne ich in fast jeder von ihnen etwas von jemanden den ich persönlich, oder durch meine Wahrnehmung aus der Ferne kenne. Manchmal fällt mir das erst später auf.

Was rätst du jungen Schauspielenden, die gerade erst in die Branche einsteigen möchten?
Im Grunde das, worüber wir gerade gesprochen haben. Sich inspirieren zu lassen. Offenheit, Neugierde, um die eigene Fantasie in Gang zu setzen. Wo ist dafür ein guter Ort? Wo habe ich Lust, über mich hinauszuwachsen?
Ich würde junge Menschen ermutigen, Konflikte einzugehen, sie auszustehen und auch über Widerstände hinweg zu wachsen. Nur so, entgeht man einer Gleichgültigkeit die der Kreativität entgegenwirkt und nichts wachsen lässt. Jede Szene ist im Grunde ein Konflikt, nach der man mit einer kleinen oder großen Veränderung zur nächsten Szene geht. Das wünsche ich mir auch fürs Theater. Dass der Zustand vor und nach der Vorstellung ein anderer ist. Für mich, aber auch für das Publikum.

Mette Vöge.
IKI UND ICH. radikalmensch
von Kevin Rittberger
Premiere am 13. April 2024

Regie: Lukas Holzhausen
Bühne und Kostüme: Jane Zandonai
Musik: Robert Pawliczek
Dramaturgie: Michael Letmathe

Mit Nikolai Gemel, Christine Grant, Amelle Schwerk

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Im Gespräch mit Dr. Catrin Kuhlmann: Was macht eigentlich die Hannoversch-Britische Gesellschaft

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Im Gespräch mit Dr. Catrin Kuhlmann: Was macht eigentlich die Hannoversch-Britische Gesellschaft


Kannst du dich kurz vorstellen …
Ich bin studierte Anglistin und Germanistin und als freiberufliche Pressesprecherin, Texterin und Redenschreiberin tätig. Ich bin 2001 nach Hannover zur NORD/LB gekommen als Redenschreiberin für die Vorstände. Zwei der früheren Vorstandsvorsitzenden waren zugleich Honorarkonsule von Großbritannien. Über die Veranstaltungen des Konsulats bin ich mit der Hannoversch-Britischen Gesellschaft in Kontakt gekommen – und habe mich dort gleich sehr wohl gefühlt.

Stichwort Anglistikstudium: Hattest du schon immer Interesse an Großbritannien, Land und Leuten …?
Ich habe keinen familiären Bezug zu Großbritannien, aber ich reise regelmäßig dorthin und habe wie gesagt englische Literatur- und Sprachwissenschaft studiert und über den angloamerikanischen Autor Christopher Isherwood promoviert. Was ich an Großbritannien so mag, ist diese gewisse Gegensätzlichkeit. Einerseits kennen wir UK als das Land der Gentlemen und Ladies mit den perfekten Umgangsformen, ein Land von passionierten Hunde- und Pferdeliebhabern in Tweedanzügen mit einem untrüglichen Gespür für würdevolle, aber deutliche Selbstdarstellung. Und gleichzeitig haben die Briten zum Beispiel den Punk hervorgebracht, viele anarchistische Bewegungen, die rebellische Kultur der Street Art und so weiter. Das mag ich an Großbritannien: Es hat so viel Charakter, so viele Gesichter und Gegensätze, es ist ein Land von Individualisten – und dennoch zerfällt es nicht. Mehr noch, die Briten sind stolz auf ihr eigenes Land. Und was ich natürlich auch sehr liebe, ist der britische Humor. Der hilft in sehr vielen Momenten des Lebens mit der Botschaft „Nimm dich nicht zu wichtig. Mach einfach eine ironische feine Pointe draus und dann carry on“. Vielleicht könnte man sogar sagen, dass der Humor auch der Kitt ist, der das Land mit seinen vielen Facetten zusammenhält.

Und wieso hast du dich letztlich dazu entschlossen, Mitglied der HBG zu werden?
Das Honorarkonsulat hat damals jährlich eine große Queen’s Birthday Reception gefeiert. Dort hatte ich zunächst meinen Vorstandskollegen Torsten Oliver Deecke und dann weitere Vorstandsmitglieder kennengelernt – und dann ging es mit dem Vorstandsamt auch ziemlich schnell. 2014 haben mich die Mitglieder zur Schriftführerin gewählt und vor etwa drei Jahren zur Vorstandsvorsitzenden. Für mich war es wichtig, dass der damalige aktive Vorstand und die Mitglieder so engagiert und aufgeschlossen waren. Die Stimmung war und ist einfach immer gut in der HBG.

Wofür bist du in dieser Position zuständig?
Alles. (lacht)

Was bedeutet alles?
Das fängt bei ganz simplen Aufgaben wie der Verwaltung der Adressdateien an, geht über die Veranstaltungsplanung oder die Pflege der Webseite bis zur Kommunikation mit den Mitgliedern. Meine Arbeit umfasst auch die Netzwerkpflege zum Beispiel mit der britischen Botschaft, dem Netzwerk der deutsch-britischen Gesellschaften in Berlin und in verschiedenen deutschen Städten. Zum Glück sind wir ein siebenköpfiges Vorstandsteam, sodass die Arbeit immer auf mehrere Schultern verteilt ist.

Du hast ja einige Erfahrung in den Bereichen Journalismus und PR: Ist das bei der Arbeit, die du dort machst, von Vorteil?
Ja, absolut. Der persönliche Kontakt zu den Mitgliedern und wie man die Gesellschaft oder den Verein aufstellt, wie man ihn führt, das hat alles vor allem mit Kommunikation zu tun. Zurzeit ist ja insgesamt in Deutschland der Trend zu beobachten, dass Vereine mehr und mehr um Mitglieder kämpfen müssen, und in sehr vielen Vereinen übersteigt die Zahl der Austritte die Eintritte. In der Pandemie hat sich das verstärkt. Wir haben jedoch einen großen Mitgliederzuwachs in der HBG, und zwar ohne, dass wir aktiv Werbung machen. Ich bin überzeugt, dass die Kommunikation absolut zentral ist, damit eine Gesellschaft wie die unsere ein Gesicht und eine Identität bekommt, die es den Menschen leicht macht, sich anzuschließen und sich willkommen zu fühlen. Da hilft mir mein beruflicher Hintergrund sehr.

Gibt es denn bestimmte Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft?
Nein. Es ist nur wichtig, dass man sich allgemein für Großbritannien interessiert, für die Kultur und alles, was das Land und die deutsch-britischen Beziehungen betrifft. Ansonsten wünschen wir uns einfach nette, kommunikative Menschen, die aktiv teilnehmen, offen sind und sich einbringen. Wir haben Mitglieder aus den verschiedensten walks of life und quer durch alle Altersklassen, die sich auf unseren Veranstaltungen kennenlernen, miteinander sprechen und sich gegenseitig anregen.

Du hast gerade schon negative Entwicklungen für andere Vereine angesprochen. Bei euch steht die deutsch-britische Beziehung im Fokus: Hat der Brexit 2021 diese Beziehung verändert? Haben sich Probleme ergeben?
Definitiv. Zum einen sind der studentische Austausch und Schüleraustauschprogramme sehr schwierig geworden. Die Briten sind aus dem Erasmus-Programm ausgestiegen, und daher können britische Studierende nicht mehr so einfach für ein Auslandsjahr nach Deutschland kommen. Deutsche Studierende müssen in Großbritannien jetzt die vollen Studiengebühren für Studierende aus Drittländern bezahlen, die oft so um die 40.000 Pfund pro Jahr liegen. Es war natürlich schon immer sehr teuer, aber jetzt ist es nochmal über eine Schwelle getreten, die es noch weniger jungen Leuten oder ihren Eltern ermöglicht, ein Studium oder Auslandssemester in Großbritannien überhaupt in Betracht zu ziehen. Auch der Schüleraustausch funktioniert nur noch mit großem Aufwand. Zum einen nimmt das Interesse am Deutschlernen in Großbritannien kontinuierlich ab, und zum anderen sind die Bürokratie und Visumsanforderungen im Vorfeld unfassbar hoch. Gerade der Schüleraustausch ist ein Thema, für das sich sowohl der deutsche Botschafter in London als auch die britische Botschafterin in Berlin Jill Gallard sehr einsetzen. Ich hoffe, dass da bald wieder mehr möglich sein wird. Jedenfalls kann man feststellen: Der Brexit ist im Alltag auf beiden Seiten des Kanals angekommen.

Wo setzt ihr von der Hannover-Britischen Gesellschaft entsprechend mit eurer Arbeit an?
Wir konzentrieren uns stark auf die britischen Wurzeln in Hannover und füllen diese mit Leben. Dabei steht der Vernetzungsgedanke immer im Fokus. Unser Angebot an unsere Mitglieder ist sehr breit gefächert. Wir bieten wissenschaftliche Veranstaltungen und Besichtigungen, treffen uns zu Sportevents mit britischem Einschlag, richten gesellige Abende im Shakespeare Pub gemeinsam mit der Royal British Legion aus, wir feiern den King’s Birthday, spielen ein Croquet-Turnier im Jahr, machen gerade einen Lektürekurs zu britischer Literatur in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Stadtakademie und wir haben die Krönung von King Charles groß gefeiert im letzten Jahr. Zudem organisieren wir für unsere Mitglieder regelmäßig ein verlängertes gemeinsames London Weekend, und wir beteiligen uns organisatorisch am British Symposium auf Gut Remeringhausen im Juni. Besonders herausragend ist unser neues studentisches Reisestipendium, die Ten Days Of Freundship, mit dem wir die Beziehung zwischen den beiden Ländern wieder verbessern wollen. Das haben wir 2023 erstmals durchgeführt und werden das jetzt regelmäßig alle zwei Jahre machen. Dazu laden wir zwei bis drei Deutsch-Studierende der Uni Bristol ein, für zehn Tage nach Hannover zu kommen. Sie wohnen in Gastfamilien, und wir stellen für sie ein umfassendes Programm auf die Beine, mit dem sie die vielfältigen Verbindungen zwischen Großbritannien und Hannover bzw. Niedersachsen kennenlernen. Wir besuchen mit ihnen Orte wie den Landtag, die Herrenhäuser Gärten, die Madsack Mediengruppe, Volkswagen oder auch das Konzentrationslager Bergen-Belsen sowie andere Orte in und um Hannover, die für ein Stück gemeinsamer britisch-deutscher Geschichte stehen. Was mich besonders freut: Bei unseren Anfragen sind wir nahezu immer mit offenen Armen eingeladen worden. Sogar die Landtagspräsidentin Hannah Naber oder Hannovers MdB Adis Ahmetovic haben sich eine Stunde Zeit genommen für einen persönlichen Austausch mit unseren Gästen. Wenn die Studierenden zurückfliegen, nehmen sie unendlich viele neue Eindrücke mit – und ab dann sind sie ihr Leben lang quasi kleine Hannover-Botschafter in Großbritannien.

Darauf aufbauend schließen wir gerade ein weiteres Projekt an mit dem Namen Hannover Hangouts. In dessen Rahmen können Deutsch-Studierende aus Bristol über einen flexiblen Zeitraum nach Hannover kommen und bekommen von uns eine Gastfamilie aus unserer Mitgliederschaft vermittelt. Dort können sie kostenfrei wohnen und frühstücken. Über unser Netzwerk lernen sie die Stadt kennen und knüpfen mit vielen Mitgliedern persönliche Kontakte.

Gibt es ähnliche Angebote denn auch für Englisch-Studierende aus Hannover?
Leider nicht. Wir haben noch keinen Anlaufpunkt in Großbritannien gefunden, der sich auf diese Weise aus dem anderen Land heraus engagieren kann. Sollte jemand diese Zeilen lesen und eine entsprechende Verbindung in Großbritannien herstellen können, dann möge er oder sie sich sehr gerne bei uns melden!

Bei all den unterschiedlichen Angeboten, die ihr habt: Hast du ein Lieblingsprojekt? Etwas, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Wir haben 2021 einen englischen Schreibwettbewerb für Schülerinnen und Schüler aus Hannover und der Region organisiert. Das war Teil der offiziellen Jubiläumsfeierlichkeiten rund um den 75-jährigen Landesgeburtstag Niedersachsen und sollte an die Beteiligung der damaligen britischen Besatzer bei der Planung und Gründung des Bundeslandes erinnern. Die Aufgabe bestand darin, auf Englisch eine Geschichte, ein Gedicht, ein Essay oder irgendwas anderes über das Thema Freundschaft zu schreiben. Die Texte, die die Schüler*innen eingereicht haben, waren unfassbar toll und facettenreich. Es war total schön zu sehen, welches kreative Potenzial da schlummert.

Ein anderes Projekt, das mir auch sehr in Erinnerung geblieben ist, ist „Georgs Reise“. Vor zehn Jahren haben wir mit einer zweispännigen Reisekutsche die Fahrt des ersten hannoverschen Königs Georg von Hannover nach England zu seiner Krönung nachgestellt. Das Ganze hat knapp einen Monat gedauert. Die Kutsche ist am Leineschloss gestartet und auf den Straßen, die schon damals die Reisestraßen waren, über Belgien und Den Haag bis nach London zum St. James Palace gereist. Über den gesamten Weg waren die Plätze in der Kutsche so vermietet, dass einige Mitglieder ein Stück mitreisen konnten. Und eins unserer coolsten Mitglieder, Wilhelm Lilje, hat die komplette Reise im historischen Kostüm und mit Perücke den Kurfürsten bzw. König Georg verkörpert.

Wie viel Organisation steckt hinter so einem großen Projekt?
Eine Menge. Das ist unfassbar. Ich bin damals neu in den Vorstand gekommen, da war das meiste schon organisiert. Wir hatten das Glück, dass es in Deutschland eine große Kutschenfahrer-Szene gibt mit vielen begeisterten Menschen, die untereinander sehr gut vernetzt und sehr hilfsbereit und engagiert sind. An vielen Orten durfte die Kutschbesatzung samt Pferden auf den Höfen dieser netten Leute einkehren, die Pferde unterstellen und zum Teil auch übernachten. Außerdem wurde die Kutsche an vielen Orten entlang der Route mit viel Begeisterung empfangen. Oft gab es richtige kleine Events im Rathaus oder auf dem Marktplatz. Aber natürlich steckte noch viel, viel mehr Arbeit dahinter: die Kontakte zu den Verwaltungen in den verschiedenen Ländern, die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen, das Management mit den Verantwortlichen in den Orten entlang der Reise. In diesem Fall hat sich unser Vorstand Hugh Pierson monatelang reingehängt und alles in Bewegung gesetzt … Am Ende klappt sowas nur, wenn sich Menschen reinhängen und persönliche Beziehungen auf- und ausbauen – in diesem Fall war das unser Vorstand Hugh Pierson, der monatelang wirklich alles in Bewegung gesetzt hat.

Interview: Laura Druselmann

Mehr Infos: www.hannoverschbritischegesellschaft.org

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Stadtkinder essen: Bonatarte

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Stadtkinder essen: Bonatarte


Der Chef hat mich ausgeführt und wir haben uns gedacht, verbinden wir mal das Angenehme mit dem Angenehmen und gehen wohin, wo wir zuvor noch nicht waren, um dann, nachdem wir da waren, erzählen zu können, wie es war, dort, wo wir waren. Klingt zwar wie ein Songtext von „Wir sind Helden“, aber wir hatten wirklich Spaß, was zum ganz großen Teil auch am Essen lag.

Da, wo bis vor nicht allzu langer Zeit noch „Fräulein Schlicht“ ihr Café hatte, genauer gesagt, in Linden-Mitte, Davenstedter Straße 27 (Haltestelle Nieschlagstraße), hat das Bonatarte seine Türen geöffnet. Aufgrund des Wortspiels wünsche ich mir sehr, dass der Chefkoch ein kleiner Mann mit großer Mütze ist, der seine rechte Hand in Brusthöhe in der Kochjacke versteckt. Schlechte Nachricht: Ist nicht der Fall, enttäuschend. Gute Nachricht: Das war dann aber auch schon alles an Enttäuschungen. Der Chef hat großen Hunger, deshalb bestellen wir einmal alles. Etwas genauer heißt das: Linden, Kröpcke, Nordstadt, List und Quiche der Saison. Hä?

Jede der Quiches heißt nach einem Hannoveraner Stadtteil – beim Kröpcke wollen wir jetzt mal nicht kleinlich werden.
Quiche „Kröpcke“ (6,90€) ist eigentlich eine klassische Quiche Lorraine, deren Füllung aus einer Ei-Sahne-Mischung und Speck besteht, überbacken mit Gruyère. Das einzige Exemplar, das Fleisch beinhaltet, aber man kann sie auch vegetarisch bekommen. Allerdings braucht die recht stattliche Füllung das Salz des Specks, so schmeckt sie schön ausgewogen. Die Salzfrage stellt sich bei „Linden“ (6,90€) nicht. Die exotische Füllung aus Feta, roten Linsen, Paprika, Harissa und weiteren orientalischen Gewürzen ist eine wahre Geschmacksexplosion. Bei „List“ (6,90€) handelt es sich um eine mit Gruyère überbackene Füllung aus Ei, Sahne und angebratenem Lauch – so langsam bekommen wir eine Ahnung, warum unser Gastgeber so gestaunt hat, als wir sagten, wir hätten gerne von allem ein Stück. Ganz schön sättigend – aber lecker! Mit „Nordstadt“ (7,50€) wird es nun wieder etwas leichter: Die vegane Quiche kommt mit saisonal wechselndem Gemüse, in unserem Fall Spinat und Brokkoli und ist fein abgeschmeckt – nicht ganz so ein Klopper.
Als letztes auf der herzhaften Liste haben wir jetzt noch die Quiche der Saison (6,90€) stehen. Ein Dinkelvollkornteig mit Süßkartoffeln, Kichererbsen, Granatapfelkernen und Grünkohl. Unter gar keinen Umständen ess ich das! Niemals! Ich hasse Grünkohl. Der Chef zwingt mich aber und ich bin angenehm überrascht, wie gut und ausgewogen die Quiche schmeckt. Da hat sich wirklich jemand Gedanken gemacht und sie schön umgesetzt, Chapeau!

Jetzt noch Nachtisch? Klar!
Und um nichts in der Welt hätten wir die Zitronentarte (4,90€) verpassen wollen – Mürbteig gefüllt mit dem wahrscheinlich besten Lemon Curd im Umkreis. Der Chef braucht auch, weil es eine gute und wichtige Erfindung ist, ein Stück Apfeltarte (4,90€). Wie es sich gehört, im Stil einer Tarte Tatin, also kopfüber, gebacken, süß-säuerlich und auch noch vegan. Unser Gastgeber findet, dass zur Vollständigkeit noch ein Stückchen Schokoladentarte (4,50€) fehlt und schenkt es uns. Es schmeckt super, ist aber so reichhaltig, dass wir das nun wirklich nicht mehr schaffen – dennoch: Empfehlung!
Feist wie die Fürsten (in diesem Fall wohl eher Feldherren) verabschieden wir uns glücklich in Richtung des nächstverfügbaren Digestifs.

● IH

Bonatarte
Davenstedter Straße 27
30449 Hannover
Mi-Do: 12:00-18:00 Uhr
Fr-Sa: 11:00-20:00 Uhr
So: 11:00-18:00 Uhr

https://bonatarte.de/

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Internationale Kulturelle Jugendarbeit e.V

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Internationale Kulturelle Jugendarbeit e.V


„Think different. Think One World“ – unter diesem Motto leisten der vierköpfige Vorstand sowie 66 Mitglieder und circa 120 Ehrenamtliche Integrationsarbeit in Hannover und der Region. „Bei uns kommen alle zusammen – Geflüchtete, Jugendliche mit Migrationshintergrund, Einheimische – und haben einfach Spaß“.

Vor neun Jahren hat Nelly Hagen, die heutige Geschäftsführerin, gemeinsam mit Parisa Hussein-Nejad dem 2009 von Student*innen gegründeten Verein neues Leben eingehaucht. Heute berichtet sie: „Wie auch 2015/16 flüchten zurzeit unheimlich viele unbegleitete Minderjährige nach Deutschland, die meist sehr verzweifelt und alleingelassen sind. An diesem Punkt setzen wir an“. Inzwischen ist der Verein, der kurz IKJA e. V. genannt wird, freier Träger der Jugendhilfe und unterstützt mit der „Pateninitiative für geflüchtete junge Menschen“ jährlich über 400 neu zugewanderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie Familien.

Die Integrationsarbeit umfasst die Vermittlung von (Lern-)Patenschaften, Beratungs- und Begleitungsarbeit, Deutschunterricht, Nachhilfe und berufliche Integration, aber vor allem Aktivitäten für die Jugendlichen. IKJA e. V. integriert unter anderem in Sportvereine, in Theaterprojekte, Musikunterricht und einen Jugendchor. Für die Zukunft ist zudem eine Kooperation mit einer Hip-Hop-Tanzschule geplant. Derzeit herrsche eine prekäre Situation: Die meisten neu ankommenden Minderjährigen müssen lange in der Notbetreuung von Inobhutnahme- und Notunterkünften bleiben, weil es keine Plätze in der Jugendhilfe gibt. Ebenso fehlen Schulplätze. „Unser Verein versucht, diese Lücke zu füllen und bietet derzeit auch vier Deutschkurse an. Die Jugendlichen sind sehr froh, solche Angebote wahrnehmen zu dürfen, zu lernen und sich integrieren zu können“, betont Hagen, gibt aber auch zu verstehen, dass Integrationsarbeit sehr zeitintensiv ist. „Bei dem, was die jungen Menschen zum Teil erlebt haben, braucht es wirklich Engagement, Hinwendung und viel Ermutigung“, verdeutlicht sie, „Umso mehr freuen wir uns über jeden Menschen, der mit seinen Talenten etwas einbringen kann“.

Mitglied oder ehrenamtliche*r Unterstützer*in bei IKJA e.V. kann jede*r werden. Der größte Bedarf herrsche aktuell im Bereich der Patenschaften. „Unsere Paten sind vor allem Ansprechpartner für die Jugendlichen“, erklärt Hagen. Es gehe hauptsächlich darum, Vertrauen aufzubauen, bei der Bewältigung des Alltags zu unterstützen und ab und zu etwas Schönes gemeinsam zu unternehmen. Auch im Bereich Freizeitaktivitäten seien sie auf der Suche, vor allem nach jungen Leuten, die Spaß daran haben, Unternehmungen mit den geflüchteten Jugendlichen zu machen. „Sowas wie Bowling, Billard, Beachvolleyball im Sommer oder mal ein Picknick“, schlägt Hagen vor. Zusätzlich benötige der Verein Unterstützung bei der Nachhilfe, Wohnraumsuche, beim Fundraising, der Büro- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Geschäftsführerin grinst: „Bei uns ist wirklich jede Unterstützung herzlich willkommen“.

Und egal in welchem Bereich, „die Arbeit macht unheimlich viel Freude, weil wir einfach sehen, was wir bewirken“, berichtet Hagen, die selbst überall mit anpackt. „Wir bekommen natürlich mit, was die jungen Leute, die zu uns kommen, schon alles haben durchmachen müssen und umso mehr freuen wir uns, wenn wir sehen, was aus ihnen wird“, führt sie fort und lächelt. Sie erzählt von anfangs verzweifelten und hoffnungslosen jungen Menschen, die inzwischen abgeschlossene Ausbildungen haben, voll im Beruf stehen oder beginnen, ihre eigenen Familien zu gründen. „Es ist so erfüllend, wenn man sieht, dass man positive Spuren hinterlässt“. Nachhaltig, wie sich zeigt: Viele der ehemals Unterstützten sind heute als Unterstützer*innen noch immer Teil von IKJA e. V. „Wir sind wie eine große Familie, kann man sagen“.

Im Fokus der Vereinsarbeit steht stets, „dass wir alle Menschen sind – egal, welche Nationalität und welcher sozialer Hintergrund“, hebt Hagen hervor. Wenn man so intensiv mit verschiedenen Menschen zusammenarbeite, erkenne man, dass die Unterschiede zwischen den Menschen innerhalb einer Nationalität viel größer seien als die Unterschiede unter den verschiedenen Nationalitäten. Bei IKJA e. V. ist jede*r gern gesehen, denn „wir können unheimlich viel voneinander lernen!“.

● Laura Druselmann

Info-Veranstaltung für Ehrenamt-Interessierte: Dienstag, 16. April, ab 17 Uhr

Allgemeine oder projektbezogene Spenden an:
IBAN: DE38251900010621662501
BIC: VOHADE2HXXX

IKJA e. V.
Am Graswege 1, 30169 Hannover
Tel.: 051110594992
Mobil: 017620326900
www.ikja.eu
E-Mail: info@ikja.eu

Nelly Hagen
E-Mail: n.h@ikja.eu
Mobil: 0152 24392890

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