Tag Archive | "Hannover"

Der Freundeskreis im Gespräch mit Joachim Wehrmann und Torsten Lippelt von Business 4 Kids

Tags: , , , ,

Der Freundeskreis im Gespräch mit Joachim Wehrmann und Torsten Lippelt von Business 4 Kids


Was kann man sich denn unter Business for Kids vorstellen?

Joachim Wehrmann: Im Jahr 2009 hatte ich die Idee, einen Verein zu gründen, um Kindern in Not zu helfen. Aber nur für Hannover und in der Region. Ich weiß: Es gibt ganz viel Not auf der Welt. Aber es gibt auch sehr viele lokale Bedürfnisse hier in der Region. Ich bin auf dem Dorf groß geworden. Da guckt man erst dort, was man machen kann, bevor man in die Kreisstadt geht. Damit bin ich groß geworden – und so habe ich auch gedacht: Ich muss hier im Bereich bleiben. Von den 20 Leuten, denen ich gesagt habe, dass ich einen Verein dafür gründen möchte, haben dann 16 zugesagt – allesamt Unternehmer. Den Vereinsnamen Business for Kids habe ich spontan ersonnen und alle fanden ihn gut. Bei unseren regelmäßigen Treffen haben wir besprochen, was wir wollen und was nicht. Und letztlich auch genau das gemacht, was wir vorhatten. Natürlich haben wir nach ein paar Jahren nochmals an den Stellschrauben gedreht und geschaut, was nicht ganz so gut läuft. Wir sind also wie ein Unternehmen vorgegangen, diesen Anspruch hatten wir. Dann haben wir ein Event veranstaltet: 100 mal in 100 Stunden rings um den Maschsee laufen. Das brachte uns eine unglaubliche Aufmerksamkeit. Im ersten Jahr hatten wir dann gleich 140 Mitglieder. 2014 haben wir mit dem Bau eines 540 Quadratmeter großen Maschsee-Floßes mit zeitgleich 460 Menschen darauf sogar einen Weltrekord nach Hannover geholt. Business for Kids hatte da schon 400 Mitglieder. In der Spitze haben wir 589 Mitglieder gezählt – das war sehr erfolgreich. Ich bin immer sehr hinter den Mitgliedern hinterher. Denn wenn Du Projekte fördern willst, musst du auch Geld dafür haben. Wir benötigen also möglichst viele Mitgliedseinnahmen. Die lagen dann in der Spitze schon mal bei 40.000 bis 45.000 Euro, plus Sponsorengelder. Im ersten Jahr haben wir so schon über 100.000 Euro verteilt. Aus dem Mitgliederkreis kam dann wiederholt die Frage: „Warum machen wir kein eigenes Projekt?“ Als ich 2019 mit meiner damals 4½-jährigen Enkeltochter in die Schwimmschule gegangen bin, habe ich gelesen, dass 2018 in Deutschland 26 Kinder im Vorschul- und Grundschulalter ertrunken sind. 2023 waren es bundesweit insgesamt sogar 46 im Alter von 1 bis 20 Jahren. Das ist ein gesellschaftliches Versagen. Das geht so nicht. Da müssen wir mehr tun. Und letztendlich sind es die Kinder aus finanzschwachen Haushalten. Ich sage bewusst nicht „sozial schwache“!. Im Vorstand haben wir besprochen, dass wir was tun müssten, um Kindern aus armen Familien zu ermöglichen, dass sie Schwimmen lernen können. Aktuell kostet so ein Kurs 147 Euro. Wir haben uns dann schlau gemacht. Und wer nun eine BuT-Bescheinigung vorlegen kann, zahlt nur zehn Euro. Business for Kids zahlt die Differenz von 137 Euro. Die zehn Euro sind uns gar nicht so wichtig. Aber wenn Menschen gar nichts bezahlen müssen, dann ist ihnen das mitunter auch nichts wert. Im Moment zahlen wir aus Mitgliedsbeiträgen und Sponsorengeldern. Die Firma Rossmann hat kürzlich 10.000 Euro für unser Schwimmprojekt gespendet. Letztes Jahr begleitete uns die Sparda Bank Stiftung dabei, derzeit sind wir für 2026 mit der Bürgerstiftung im Gespräch. Bisher haben schon 1.802 Kinder durch Business for Kids so ihr Seepferdchen- und Bronzeabzeichen erlangt. Und insgesamt haben wir bislang rund 875.000 Euro an Fördergeldern gesammelt für einen positiven Einfluss auf das Leben der Kinder hier

Was waren denn vor den Schwimmkursen die Ziele?

JW: Wir bieten nicht nur individuelle Hilfe. Wir wollen unsere Gesellschaft durch die Unterstützung von Kindern und deren Entwicklung stärken. Denn die Zukunft der Gesellschaft liegt in der richtigen Betreuung und Förderung der Kinder. Dazu gehört sowohl die Hilfe in der Not, als auch die Förderung von Talenten, was ganz wichtig ist. Auf hoher Ebene beispielsweise den Mädchenchor Hannover. Dieser ist weltweit bekannt und reist entsprechend viel. Wenn die Kinder aber in die Schweiz fahren oder nach Vietnam, sind da immer zwei oder drei Eltern, die sich dies finanziell einfach nicht leisten können. Denen helfen wir in der Regel. Da geht mir das Herz auf, wenn ich die höre. Oder auf anderer Ebene: Ein geflüchtetes Mädchen brauchte dringend eine neue Brille, das Amt übernahm aber nur einen Teil der Kosten. Da haben wir gesagt: „Kein Problem, natürlich machen wir das. Das Kind braucht eine Brille.“ Für ein Kinderferienlager haben wir außerdem mal 4.500 Euro bereitgestellt. Jetzt liegt uns gerade ein Antrag aus Uetze vor, da geht es um Hilfe für sogenannte Systemsprenger. Also Kinder, die weit weg von jeder Norm sind, die nur Theater machen … Da werden wir

wahrscheinlich auch unterstützen. Bei Projektanträgen müssen wir bloß immer genau wissen, um was es geht. Bisher haben wir 116 Projekte gefördert, darunter Löwenzahn, die sich um trauernde Kinder kümmern, oder die Klinikclowns, bei denen jetzt alles gut läuft. Vor drei Jahren hatte ich eine Herz-OP – und wer steht an meinem Bett? Die Klinikclowns. Mir sind die Tränen gekullert, so gerührt war ich. Bei drei Projekten habe ich aber auch das Geld zurückgefordert, nachdem wir es überprüft haben. Da wurde es zweckentfremdet ausgegeben. Bei einem gemeinnützigen e.V., der Geld haben wollte, bat ich um die Einnahmenüberschussrechnung. Die Reaktion war: „Die geht Sie überhaupt nichts an!“ Natürlich geht die mich was an! Bei einem eingetragenen gemeinnützigen Verein hat jeder das Recht, Unterlagen einzusehen. Und wir haben ein Finanzamt. Die überprüfen uns regelmäßig. Wenn wir Gelder zweckentfremden, könnten wir Schwierigkeiten bekommen und auch unsere Gemeinnützigkeit verlieren. Deshalb ist das ganz wichtig, sich genau an die Regeln zu halten.

Kommen wir mal zu dir …

Torsten Lippelt: Ich arbeite als Journalist und Pressefotograf für mehrere Verlage in und um Hannover. Vor etwa zehn Jahren habe ich Joachim Wehrmann kennengelernt, als es verschiedene karitative Projekte gab, die von Business for Kids gefördert wurden – auch mit Hilfe von Ikea zum Beispiel, einem der großen Spender. Das fand ich schon sehr interessant damals. Zu Jahresbeginn bin ich nun von ihm angesprochen worden, ob ich nicht Interesse daran hätte, die Pressearbeit mitzugestalten, um das Projekt voranzubringen. Es freut mich, wenn ich dafür nun werben kann. Nicht nur, um zu helfen, sondern auch um selbst etwas für die Gemeinschaft zu geben. Da ich gute Erfahrungen mit den Bereichen gemacht habe, in denen sich der Verein engagiert, habe ich zugesagt. Als mein Sohn noch im Grundschulalter war, begleitete ich als Elternteil seine Klasse zum Schulschwimmunterricht. Und stellte fest, dass zum Schluss immer noch bis zu 30 Prozent aller Kinder nicht Schwimmen gelernt hatten. Entweder weil die Zeit nicht ausreichte oder die Eltern das nicht unterstützt haben. Es kann nicht sein, dass alljährlich Kinder deshalb ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Dazu kommt: Wer aus einem Land stammt, wo das Baden aus Freizeitgründen nicht üblich ist, der hat oft keinen Bezug zum Wasser. Das ist anders als hier in Norddeutschland.

JW: Darf ich das ergänzen? Es sind seit 2015 knapp drei Millionen Geflüchtete zu uns gekommen, darunter ganz viele Kinder. Dem ist das auch geschuldet, wenn die Nichtschwimmerzahlen steigen. Aber es gibt noch andere Gründe: Früher hatten wir alle Schwimmunterricht. Da waren immer zwei Lehrer dabei. Heute tun die sich schwer – aufgrund der Haftung. Wenn irgendeine Kleinigkeit passiert … Lehrer sagen: „Ich kann das gar nicht leisten. Ich kann die Verantwortung nicht für 20 Kinder übernehmen, wenn wir schwimmen gehen. Ich bin Lehrer, aber kein Schwimmlehrer.“ Und dann gibt es auch Anfahrtsprobleme. Die Mühlenberger Schule etwa. Wenn die mit der Straßenbahn zum Schwimmen fahren würden, könnten sie eine halbe oder Viertelstunde schwimmen – mehr nicht. Denen haben wir das Geld für ein Fahrzeug organisiert, damit die mit der ganzen Gruppe dann hinfahren können.

Neben den Schwimmkursen bietet ihr auch die „Bärentreffen“ an …

TL: Events wie das „Bärentreffen“, bei dem Gruppen von Kindern zu Sportveranstaltungen eingeladen werden, stärken den Gemeinschaftsgeist und schaffen Freude bei den Kleinen. Diese Veranstaltungen haben auch Multiplikatoreffekte, indem sie das Bewusstsein für die Arbeit des Vereins fördern. Mein erster Pressetermin war das Bärentreffen, an dem eine Gruppe von …

JW: … 29 Kindern und sechs Erwachsenen …

TL: …vom Sozialwerk Vinnhorst in die ZAG Arena teilnahmen, um sich dort ein Handballspiel von den

Recken anzugucken. Sie bekamen nicht nur einen Fan-Schal geschenkt und waren ganz begeistert, dass sie sich ein Handballspiel angucken konnten, sondern dass sie auch diese ganze Atmosphäre erleben konnten. Wenn 10.000 bis 12.000 Leute in so einer Halle sind und dann alle jubeln und ihre Schals hochhalten – das ist schon eine tolle Stimmung …

JW: Der Eintritt war kostenfrei, pro Schal haben die Recken uns nur fünf statt 15 Euro berechnet. Das war ganz toll und super Bei Hannover 96 waren wir vor ein paar Jahren, das waren sechs Euro. Das war auch super günstig, dort mit den Kindern hinzugehen. Da waren wir insgesamt 40 oder 50. Wobei ich kein Typ bin, der alles umsonst haben will. Ich sage: „Nee, wir zahlen das, alles gut.“ Wir waren mal beim Sozialdezernent der Stadt

Hannover. „Was kann ich für Sie tun“, fragte er. Da habe ich gesagt: „Wir sind mal gekommen, um zu

fragen, was wir für Sie tun können.“ Das ist mir auch wichtig.

Wie verhält sich das denn mit den Zielen von Business for Kids: Geht es alleine darum,

bestimmten Kindern was Gutes zu tun – oder gibt es ein breiteres Ziel, geht es auch um

die Gesellschaft insgesamt …?

JW: Wenn mich jemand fragt, warum ich das mache, dann sage ich: „Komm doch mal mit zum Schwimmen.“ Dann kommen die Kinder, man nimmt denen die Angst, vor dem Tauchen etwa. und wenn sie zum Schluss ihr Abzeichen machen, dann ist das wunderschön. Das sind so Highlights: Dann haben sie das Abzeichen, stehen ganz stolz da, haben absolut leuchtende Kinderaugen … Also mir war es immer ein Anliegen, Kindern zu helfen, etwas Gutes tun. Das geht mir so ans Herz. Und das ist alles unsere Zukunft. Wenn wir die nicht vernünftig betreuen und unterstützen auf ihrem Weg, sondern alle nur unser eigenes Ding machen, dann kann die Welt später nicht funktionieren. Es geht nicht.

Ihr lebt ja nicht nur von Mitgliederbeiträgen, sondern auch von den erwähnten

Sponsoren … und Spenden … Wie läuft es denn da seit 2009. Wie ist da so die

Entwicklung?

JW: Gut. Man muss ja Geschichten erzählen, die ans Herz gehen, um die Mitmenschen zu inspirieren. Und so eine Geschichte erzähle ich dem Sponsor: Ich gehe mit Leuten essen – und dann machen die einfach mit und

schicken Geld. Die Einzel-Mitgliedschaft kostet 60 Euro, Firmenmitgliedschaften 120 Euro … oder nach Ermessen. Porsche ist auch Mitglied bei uns. Als erstmals deren Jahresbeitrag einging, stand da was? 911 Euro! Dem 911er halt angepasst…halt Carrera. Da haben wir uns auch sehr gefreut. Oder Gartenmöbel Ludwig. Denen habe ich die Porsche-Geschichte erzählt. Und dann? Die Firma ist 1932 vom Opa damals gegründet worden, in Hemmingen. Und was kriegen wir? Großvaters Jahr: 193,20 Euro.

TL: Bei Gartenmöbel Ludwig fällt mir ein: Das Interessante ist, dass man teilweise nicht weiß, ob nicht bei einer Veranstaltung, die relativ wenig Geld über die Spendensammlung selbst einbringt, trotzdem Multiplikatoreffekte eintreten. Weil halt viele Leute dabei sind und das Projekt so überhaupt erst kennenlernen. Bei Gartenmöbel Ludwig haben wir im Anschluss an unsere aktuelle Mitgliederversammlung mit Ralf Schnoor, dem „Wer wird Millionär“-Gewinner, der in Linden das Café K leitet, ein Table Quiz veranstaltet. Er hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, dies ehrenamtlich für den Verein zu machen – und hat auch seine leckeren Pralinen zur Verfügung gestellt. Da waren dann über 90 Gäste, die mitgerätselt haben und so auch an das

Projekt herangeführt worden sind. Die haben den Abend natürlich auch was gespendet, aber das Interessante ist eben der Multiplikatoreffekt, wenn die Leute dann sagen: „Mensch, da war was, davon habe ich noch nie etwas gehört, und das ist eine gute Idee. Da engagiere mich dann selber auch mal!“ Also man kann sowas nicht immer direkt in Euro messen, was so eine Spendenveranstaltung bringt …

JW: Also was wir gemerkt haben: Vor Corona kannten uns ganz viele – und nach Corona: „Noch nie gehört …“ Jetzt haben wir sehr viel Gas gegeben seit letztem Jahr, Veranstaltungen gemacht, dieses Jahr auch schon – und jetzt werden wir wieder bekannter. Hier und da gibt es Rückfragen und es kommt so was wie. „Können wir was zusammen tun?“ Wie mit Ralf Schnoor. Der ist so nett, das ist so ein freundlicher Mensch. Man muss einfach freundlich sein zu den Menschen und dann kriegt man auch Freundlichkeit zurück. Ich mache

sehr viel im Verein und dafür danke ich meinem Vorstand: Wenn ich ihn brauche, ist er sofort da. Und es ist sehr harmonisch bei uns insgesamt. Es gibt auch mal Reibereien, aber alles auf einer guten Ebene. Wenn wir Vorstandssitzung machen, essen wir immer zusammen. Und wenn man zusammen isst und redet, ist das immer gut. Und zusammen essen mit den Menschen ist auch toll.

Wer euch unterstützen möchte, der müsste spenden?

JW: Ja, bitte. Wir hatten mal vor Jahren in der Ernst-August-Galerie einen Stand. Zu uns kam jemand, der machte sein Portemonnaie auf – und darin war nur ein einzelner 5-Euro-Schein. Dem hätte ich fast gesagt: „Bitte behalten Sie Ihr Geld, Sie brauchen es selber.“ Ich habe es angenommen und das war die schönste Spende, die ich je bekommen habe. Der wollte das geben, von ganzem Herzen. Das hat mich sehr angerührt. Der Verein arbeitet auch aktiv daran, neue Mitglieder und Sponsoren zu gewinnen, um seine Projekte zu finanzieren.

TL: Wir freuen uns, wenn Mitglieder auch aktiv dabei sind, beispielsweise wenn für eine Veranstaltung etwas vorzubereiten ist. Dann kann es nicht schaden, wenn man jemanden hat, der mal mit anfasst.

Abgelegt unter Im Gespräch, MenschenKommentare deaktiviert für Der Freundeskreis im Gespräch mit Joachim Wehrmann und Torsten Lippelt von Business 4 Kids

Ehrenamtliches Engagement: A little help from my friends e. V. / Little Help – Big Circle

Tags: , , ,

Ehrenamtliches Engagement: A little help from my friends e. V. / Little Help – Big Circle


Schon seit über zehn Jahren hilft der gemeinnützige Verein Menschen in Hannover, die unverschuldet in eine finanzielle Notsituation geraten sind. Egal, ob eine Mietzahlung im Verzug, die Waschmaschine kaputt oder die Klassenfahrt der Kinder zu teuer ist – die ehrenamtliche Arbeit von Gründerin Stefanie Holm setzt dort an, „wo die bestehenden sozialen Strukturen nicht greifen“.

In ihrer Praxis am Opernplatz hat die Ärztin für innere Medizin immer wieder feststellen müssen, dass viele ihrer Patient*innen am Ende des Monats „weder Geld für ihre Medikamente noch für etwas zu essen übrig haben“. Um ihnen und auch anderen bedürftigen Menschen helfen zu können, hat Holm ein Konzept entwickelt, das direkte Unterstützung ohne große bürokratische Hürden ermöglicht. Über ein Netzwerk so genannter Botschafter*innen, die in der Regel in sozialen Einrichtungen oder Arbeitsagenturen tätig sind, wird der Verein auf Hilfsbedürftige aufmerksam und kann eingreifen. „Wir können unheimlich schnell reagieren. Die Anfragen kommen per Mail und wir können quasi direkt entscheiden, ob und wie wir helfen.“ Die Zustimmung und Ausführung angefragter Hilfen erfolgt innerhalb von ein bis drei Tagen und beläuft sich in der Regel auf Beträge zwischen 50 und 400 Euro.

Ohne die großzügigen Spenden von lokalen Organisationen wäre diese Arbeit von A little help from my friends e. V. nicht möglich. Zuwendungen ab 5.000 Euro aufwärts, wie sie beispielsweise der Lions Club Hannover, die Stiftung Edelhof Ricklingen, die Bürgerstiftung und Diedloff, aber auch das GOP, der spar+bauverein sowie der Rotary Club Hannover-Luisenhof leisten, ermöglichen es dem Verein, jedes Jahr zahlreichen Menschen in Not zu helfen. Durch die ausschließlich ehrenamtliche Arbeit und digitale Anfragenannahme und -abwicklung kommen keinerlei interne Kosten zustande, sodass 100 Prozent aller Spenden an die Bedürftigen geht.

Und das zeigt Wirkung: „Wir hören oft, dass wir den Menschen schon mit relativ geringen Geldbeträgen aus der Patsche helfen konnten. Für viele ist das Signal, dass ihnen neben all ihren Problemen auch mal etwas Gutes widerfährt, noch viel wertvoller als das Geld an sich“, strahlt Holm. „Und genau darum geht es uns: den Menschen, wieder Hoffnung zu geben.“

Weil oftmals nicht nur finanzielle, sondern auch materielle Unterstützung gebraucht wird, hat der Verein nun die Initiative Little Help – Big Circle ins Leben gerufen. „Wir haben eine Liste mit den am häufigsten angefragten Gegenständen gemacht und festgestellt, dass der Bedarf an ganz alltäglichen Dingen sehr hoch ist.“ Dank der neuen Plattform können gut erhaltene Möbel, elektronische Geräte, Fahrräder, Kinderwagen und vieles mehr an jene weitergegeben werden, die sie dringend brauchen. Die Besonderheit liegt auch hier in der direkten Vermittlung. Botschafter*innen koordinieren die Übergabe der Sachspenden und sorgen bei Bedarf auch für den Transport. So wird sichergestellt, dass die Hilfe genau dort ankommt, wo sie benötigt wird, und der Kontakt zwischen Spender*innen und Empfänger*innen zu keinem Zeitpunkt notwendig ist.

Für diejenigen, die sich engagieren möchten, bietet der Verein verschiedene Möglichkeiten. Über Geld- und Sachspenden freuen sich Stefanie Holm und ihr Team immer, da der Bedarf stets groß ist. „Jeder Beitrag hilft. Vor allem regelmäßige monatliche Spenden, zum Beispiel in Form von Daueraufträgen, helfen uns, weil wir damit am besten planen können.“ Interessierte können sich einfach über die offizielle Website des Vereins informieren und sich einbringen. „Wir freuen uns über jede Unterstützung!“

Laura Druselmann

A little help from my friends e. V.

Am Heisterholze 12, 30559 Hannover

E-Mail: helpmyfriendsev@gmail.com

www.help-my-friends.org

Instagram: helpmyfriends.e.v

Spendenkonto

A little help from my friends e. V.

HypoVereinsbank (UniCredit Bank AG) Hannover

IBAN: DE85 2003 0000 0015 9480 11

BIC: HYVEDEMM300

Abgelegt unter Ehrenamtliches Engagement, MenschenKommentare deaktiviert für Ehrenamtliches Engagement: A little help from my friends e. V. / Little Help – Big Circle

El Kurdis Kolumne im Mai: Und Bob sah, dass es gut war …

Tags: , ,

El Kurdis Kolumne im Mai: Und Bob sah, dass es gut war …


In diesem Jahr jährt sich der Todestag von Bob Ross zum dreißigsten Mal. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, dass es Leute gibt, die noch nie von diesem Kunst-Giganten, dem wahrscheinlich größten Maler des 20. Jahrhunderts,

gehört haben. Vielleicht handelt es sich dabei um schnöselige TV-Verweigerer, vielleicht aber sind sie Bob beim Herumvagabundieren im Fernsehprogramm doch schon mal begegnet, haben ihm dreißig Sekunden zugeschaut, zappten dann aber ignorant weiter. Weil sie sich nicht für die Welt, in der sie leben interessieren. Oder weil sie sich nicht dem gnadenlosen journalistischen Credo verpflichtet fühlen, auf das wir Stadtkind-Autor*innen zu Beginn unsere Tätigkeit eingeschworen werden – mit der Hand auf der Gesamtausgabe der Tagesthemen-Moderationen von Hajo Friedrichs. Das Credo lautet: „Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt bleibt dumm!“

Fürs Protokoll: Ich bin kein Fan der dekorativen Landschaftsmalerei. Ich bin auch kein Fan der nicht-dekorativen Landschaftsmalerei. Mich interessiert Malerei eigentlich überhaupt nicht. Was nicht heißt, dass ich diese Kunstform abwerten möchte. Sie spricht mich einfach nicht an. So wie mich auf kulinarischer Ebene Grünkohl und Spargel nicht ansprechen. Oder die geruchsintensive isländische Vorweihnachts-Speise „kæst skata“ – auf Deutsch auch gerne mal „Gammel-Rochen“ genannt. Es handelt sich dabei tatsächlich um verfaulten Fisch. Die Isländer lassen den Rochen vergammeln, weil durch die Fermentierung giftiger Harnstoff – den diese Fischart mangels Harnblase im Blut anreichert – abgebaut wird. Nach vier Wochen Fermentation, ist der Rochen dann zwar nicht mehr giftig, stinkt allerdings wie Hulle. Aber wer’s mag … Isländer stoßen zum „kæst skata“ übrigens mit Milch an, vermutlich weil diese die leicht entzündlichen Fäulnis-Gase neutralisiert. Ansonsten würden jährlich am 23. Dezember unzählige Isländer explodieren.

Zurück zu Bob Ross: Bei einem Maler möchte man vermuten, dass seine künstlerische Hinterlassenschaft aus seinen Gemälden besteht. Nichts könnte in Bobs Fall falscher sein. Das Ross’sche Erbe, sein wahres Œuvre, sind nicht seine Bilder, sondern die 403 Folgen der Fernsehserie „The Joy of Painting“, die bis heute rund um den Globus ständig wiederholt werden. In Deutschland kann man sie z.Z. auf ARD-Alpha sehen. In jeder Episode dieses TV-Kunst-Kurses malt Bob mit Ölfarbe ein neues gegenständliches Bild, obwohl seine Technik eher abstrakt ist. Zwar beherrscht er auch alle klassischen Pinseltechniken, vor allem aber ist Bob ein Meister der Spachtelei. Wählt er etwa ein schilfbewachsenes Teichufer als Motiv, so schmiert er zunächst mit einem Spachtel eine amorphe Fläche aufs Bild und kratzt dann flink mit einer Ecke des mit Restfarbe verunreinigten Werkzeugs die einzelnen Halme auf die Leinwand. Aus der Nähe alles Struktur und Muster, aus der Entfernung fast Fotorealismus.

Noch wichtiger als die Maltechnik war für Bobs Schaffen aber seine Stimme. In seinen Sendungen beschreibt er – während er malt – jeden einzelnen Schritt, jeden Pinselstrich und Spachtelkratzer so meditativ und sanft hauchend, dass dieser Sound bei manchen Menschen ein wohliges Hautkribbeln erzeugt. Eine sogenannte „Autonome sensorische Meridianreaktion“, kurz: ASMR. Menschen, die anfällig für dieses Phänomen sind, erleben das Kribbeln wie sanfte elektrostatische Entladungen – von der Kopfhaut über den Nacken bis in den Schulterbereich. Obwohl Bob Ross in der „tinglecommunity“ immer noch als der „King of ASMR“ gilt, gibt es natürlich noch andere Trigger für diese als beruhigend empfundene Körperreaktion: Geräusche wie Haarebürsten, Finger, die über Stoff streichen, das Umblättern von Buchseiten oder fallender Regen. Das Kribbeln kann auch über visuelle Reize provoziert werden. Es gibt YouTube-Kanäle, die ausschließlich ASMR-Videos zeigen.

Apropos visuelle Reizen: Nicht unerwähnt lassen darf man die optische Krönung des Gesamtkunstwerkes „The Joy of Painting“: Bobs dunkelblonder Fake-Afro! Diesen ließ er sich jahrzehntelang in regelmäßigen Abständen per Dauerwelle auf den Kopf modellieren. Wie eine Gloriole umrahmt er Bobs Gesicht und verpasst ihm so die Aura eines mittelalterlichen Heiligen.

Und ja, tatsächlich geht es hier zumindest um Para-Religion. Bob Ross re-enactet in jeder Folge den göttlichen Schöpfungsakt: Am Anfang ist nichts, dann nach sechs Tagen respektive neunundzwanzig Minuten ist da eine Welt. Und Bob atmet tief ein sagt mit seiner ASMR-Stimme: Es ist sehr gut.

Abgelegt unter Kolumne des MonatsKommentare deaktiviert für El Kurdis Kolumne im Mai: Und Bob sah, dass es gut war …

Stadtkinder essen: Luz de Luna

Tags: , , ,

Stadtkinder essen: Luz de Luna


Mitten in Linden auf der Falkenstraße, gegenüber der Helene-Lange-Schule, gibt es seit Kurzem das „Luz de Luna“. Was mag es sein? Ein Restaurant? Ein Café? Eine Bar? Googelt man es, landet man bei einer Finca auf Mallorca oder einer CD mit portugiesischer Entspannungsmusik. Der Laden ist also so neu, dass noch keine Website existiert und auch die sozialen Medien geben sich geheimnisvoll. Auf dem Instagram-Profil des Luz de Luna wird mit „Genuss im Schein des Mondes“ geworben. Ich bin ein Werbe-Opfer und stante pede interessiert.

Begleitung gesucht und über Instagram-DM einen Tisch reserviert. Gesundheitlich bedingt konnte die erste Verabredung nicht stattfinden, ich musste stornieren und verschieben. Warum erzähl ich das? Weil schon der Kontakt mit dem Team des Luz de Luna so sympathisch und freundlich war, dass ich das für erwähnenswert halte. Der zweite Termin klappte dann aber und wir waren erst mal ein bisschen beeindruckt von der Inneneinrichtung: Pfauenblaue Clubsessel, viel Grünzeug und die echt gut gemachte Plastik eines gigantischen Vollmondes an der Wand. Das Team ist im echten Leben genauso bemüht und freundlich wie online – die Servicekraft lacht, als ich sage, ich müsse unverzüglich den sagenumwobenen Blue Moon Latte (4,10 Euro) probieren. Dabei handelt es sich um einen Latte Macchiato mit Milch, die mit Spirulina blau gefärbt wurde. Spielerei, aber es ist ein wirklich guter Latte Macchiato mit extrem leckerem Kaffee. Und auch, wenn uns das Cocktail- und Longdrinkangebot schwer in Versuchung führt, – wir zählen allein 15 Sorten Gin sowie 4 Sorten Tonic – bleiben wir vernünftig und entscheiden uns für ein kleines Bayreuther Helles vom Fass (0,3l für 3,40 Euro) und eine hausgemachte Grapefruitlimonade (0,4l für 4,45 Euro).

Die Speisekarte ist so konzipiert, dass man den ganzen Tag über die passende Mahlzeit finden kann. Von ansprechenden Tellerfrühstücken über fancy Sandwiches, Bagel, Hauptgerichte und Fingerfood à la Nachos mit Jalapenos bis hin zu hausgemachten Waffeln, Eis und Torten.

Wir bestellen Kibbeh (9,00 Euro) und Currywurst Nordischer Style (9,90 Euro). Beim Kibbeh wundert uns die Darreichungsform. Eigentlich handelt es sich um eiförmige Gebilde gefüllt mit Hackfleisch – ein Klassiker der Levanteküche. Hier aber wurde aus dem Hartweizengrieß ein Fladen gemacht, der dann gefüllt und knusprig ausgebacken wurde. Dazu gibt es Sauerrahm, Zitrone und Rucolasalat (großes Plus: Der Rucola wurde geputzt!). Die Füllung ist gut abgeschmeckt und hat eine leichte Zimtnote, die flache Form macht es sehr angenehm zu essen.

Die nordische Currywurst, unter der wir uns zunächst nicht viel vorstellen konnten, entpuppt sich als Spitzenidee: Es ist genaugenommen ein Currywurst-Hotdog ohne Brötchen, aber dafür mit Fritten! Mit milder Currysauce, dänischer Remoulade, sauren Gurken und Röstzwiebeln. Warum sind wir selbst bislang noch nicht auf die Idee gekommen? Zumal es so gut schmeckt!

Hinterher sind wir schön satt, können es aber nicht lassen: Es gibt einen doppelten Espresso Macchiato (3,30 Euro) und ein Stück Pistazientraum-Torte (5,50 Euro): Ein Schoko-Mürbteigboden, darauf eine Schicht knuspriges Engelshaar, gefolgt von Pistaziencreme und einer Ganache mit Schokolade, Pistazie und feinem Orangenabrieb. Sehr, sehr gut!

Zusammenfassend: Das ist natürlich keine haute cuisine, sondern Wohlfühlessen. Aber es ist einfallsreich, wohlschmeckend und optisch ein wahrer Knaller. Die Preise sind sehr zivil und das Team ist an Freundlichkeit kaum zu schlagen. Wir kommen ganz sicher wieder. Vielleicht mal morgens zum Frühstücken, vielleicht abends auf ein paar Cocktails. Klare Empfehlung!

IH

Falkenstraße 22a

30449 Hannover

Mo-Do: 09-21 Uhr

Fr: 09-23 Uhr

Sa: 09-00 Uhr

So: 10-21 Uhr

@cafebar_luzdeluna

Abgelegt unter Einkauf & Genuss, Stadtkinder essenKommentare deaktiviert für Stadtkinder essen: Luz de Luna

Der besondere Laden: boochen – eco conscious

Tags: , , ,

Der besondere Laden: boochen – eco conscious


Ich wollte etwas machen, das genau so bunt ist, wie die Welt selbst“, strahlt Jingjing Qi, Modedesignerin und Gründerin der Marke boochen. Seit 2018 verkauft sie via Onlineshop europaweit ihre liebevoll designte, nachhaltige Swim-, Surf- und Yogawear.

„Als Surferin stehe ich nicht nur oft vor der Herausforderung, den passenden Bikini zu finden, sondern sehe immer wieder, wie viel Müll inzwischen in den Ozeanen schwimmt“, berichtet Qi. „Mit boochen möchte ich gegen diese Probleme vorgehen.“ Die Kollektionen werden ausschließlich aus nachhaltig gewonnenen Fasern von Kunststoffabfällen hergestellt. In Zusammenarbeit mit der Organisation UNIFI greift Qi auf ein Material namens REPREVE Our Ocean zurück, das zum Beispiel aus PET-Flaschen gewonnen wird. „So können wir gewährleisten, dass wir Produkte verkaufen, mit denen man guten Gewissens schwimmen, surfen und Sport treiben kann.“

Hergestellt werden die Artikel von boochen in einer Manufaktur in Jingjing Qis Heimat, China. „Einerseits kann ich immer wieder die Arbeitsbedingungen checken, wenn ich zu Besuch bei meinen Eltern bin, andererseits kann ich meine Wünsche und Vorstellungen ganz genau kommunizieren. Alles ist für mich komplett transparent einzusehen“, erklärt sie. Nach Deutschland kommen die fertigen Designs dann per Güterzug.

Nachhaltigkeit bildet aber nur die Grundlage der Marke. „Wir möchten ein rundum gutes Produkt anbieten – langlebig und mit schönen Mustern.“ Dabei haben Qis Ideen vielseitige, teils persönliche Ursprünge: „Mein allererstes Design, Caparica, ist dem Strand in Portugal gewidmet, an dem ich surfen gelernt habe“, erklärt die Designerin. „Aber alle unsere Teile haben etwas Besonderes an sich. Sie sind alle sehr grafisch und je länger man sie sich ansieht, desto mehr entdeckt man darin.“

Darüber hinaus sind die meisten Tops und Bottoms, die boochen verkauft, wendbar. Fast jedes Teil hat zwei Seiten, von denen entweder beide mit unterschiedlichen Prints bedruckt oder eine der Seiten unifarben ist. Auf diese Weise können dieselben Pieces ganz individuell gestylt werden. Anders als Fast Fashion Labels bringt boochen jährlich auch nur eine neue Kollektion auf den Markt, die auf bereits bestehenden Artikeln aufbaut. „Wir möchten nicht, dass sich unsere Kund*innen gezwungen fühlen, neue Teile zu kaufen, nur, weil es eine neue Kollektion gibt. Alles greift ineinander und kann beliebig kombiniert werden.“

Auch bezüglich der Größen bietet boochen viel Flexibilität. Hierfür gibt es ein verstellbares Detail an den Designs: Ein Schieber an den wichtigsten Bewegungspunkt kann beim Tragen einfach angepasst werden. „Bei sportlicher Aktivität kann man es enger stellen und Verrutschen vermeiden und, wenn man einfach am Strand chillen möchte, macht man es wieder lockerer“, so Qi. „Außerdem ist es kein Problem, wenn sich der Körper unserer Kund*innen verändert. Auch da kann man ganz einfach die Weite unserer Swim- und Surfwear verstellen.“

Verkauft werden boochen-Designs zur Zeit über den markeneigenen Onlineshop, aber auch über den Avocadostore und seit neuestem im Concept Store Maesh and friends auf der Lister Meile. Onlinekund*innen aus Hannover und der Umgebung haben die Möglichkeit, Versandkosten zu sparen und zur Abholung in die boochen-Zentrale in der Nordstadt zu kommen. „Wer mag, kann die Bestellung auch hier vor Ort anprobieren. Dann können wir direkt schauen, ob alles gut sitzt und gegebenenfalls die Größe anpassen. Schließlich möchten wir, dass all unsere Kund*innen mit unserer nachhaltigen Bade- und Yogamode glücklich sind.“

Laura Druselmann

boochen – eco concious

E-Mail: support@boochen.co / hello@boochen.co

Onlineshop: www.boochen.de

Instagram: boochenstudio

Abgelegt unter Der besondere Laden, Einkauf & GenussKommentare deaktiviert für Der besondere Laden: boochen – eco conscious

Editorial 05-2025

Tags: , ,

Editorial 05-2025


Für diese Ausgabe habe ich noch einmal Sonja Anders getroffen. Sie wechselt nach sechs Jahren Intendanz am Schauspiel Hannover zur nächsten Spielzeit zum Thalia Theater nach Hamburg. Und das ist schön für Hamburg – aber nicht so schön für Hannover. Was Sonja über unsere Stadt denkt, was sie vermissen wird, wie sie ihr Schaffen in Hannover beschreibt, was ihr hinsichtlich der Entwicklungen in unserer Gesellschaft Sorgen bereitet und was ihr außerdem noch wichtig war und ist, darüber mehr ab Seite 52.

Was mir hier an dieser Stelle wichtig ist, das sind ein paar Gedanken, auf die mich nicht zuletzt Sonja gebracht hat – übrigens immer wieder während ihrer Spielzeit. Sonja mag, glaube ich, keine großen Lobhudeleien. Aber sie kann sich ja hier nicht wehren … Was ich an ihr wirklich sehr bewundere, das ist die Klarheit, mit der sie ihre Haltung vertritt. Sie hat das, was man gemeinhin wohl als Rückgrat bezeichnet. In den vergangenen Wochen war politisch viel von Verantwortung die Rede. Sonja mach darum nicht viele Worte, sie sieht sich einfach in der Verantwortung. Sicher auch in der Rolle als Intendantin, aber darüber hinaus – und das finde ich noch viel wichtiger – einfach als Mensch. Und sie nimmt diese Verantwortung voll an. Was heißt, dass sie immer für ihre Werte eintritt, dass es kein vorsichtiges Taktieren gibt, aus Angst vor irgendwelchen Konsequenzen. Sie hat ihre Grundsätze, ihre Werte, und wer daran rütteln will, der muss sich auf Widerstand gefasst machen. Sie ist an dieser Stelle wohltuend stur.

Ich finde das beispielhaft. Und ich würde mir wünschen, dass viel mehr Menschen bei uns in Deutschland in dieser Weise Verantwortung übernehmen würden, nicht nur im Kulturbetrieb. Wenn ich mich umschaue und umhöre in diesen schwierigen Zeiten, dann fehlen mir die klaren Stimmen, die Farbe bekennen, die widersprechen, die laut und deutlich auf unsere Werte pochen, aus der Kultur, aus den Kirchen, aus der Wissenschaft. Zum Beispiel, wenn es aktuell darum geht, Menschen auf Afghanistan aufzunehmen. Die Diskussionen um diese Aufnahme, auch angestoßen von der CDU/CSU waren schlicht unwürdig. Ich habe mich wirklich geschämt. Was für Gefühle will man mit solchen Aktionen in der Bevölkerung eigentlich bedienen? Und was ist noch der Unterschied zu den Stimmen, die wir von der AfD hören? Ich bin in den vergangenen Wochen immer wieder darüber erschrocken, in was für eine platte Sprücheklopferei die Politik teilweise abrutscht. Markus Söder natürlich vorneweg, aber der Rest unseres politischen Führungspersonals gibt sich ebenfalls alle Mühe. Ich denke da zum Beispiel an Jens Spahn – der es partout nicht lassen konnte, kurz nach dem Sturz Assads alle Syrer aufzufordern, jetzt doch bitte umgehend Deutschland wieder zu verlassen und zurückzukehren in das wieder „sichere“ Heimatland. Während natürlich alle, die sich auch nur ein bisschen mit der Situation vor Ort auskennen, die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben. Was einen Jens Spahn allerdings nicht weiter zu stören scheint. Er macht auf mich schon lange den Eindruck, gegen Beratung ausgesprochen resistent zu sein. Ich frage mich wirklich, wie wir mit solchen Persönlichkeiten einen Wandel in Deutschland hinbekommen wollen. Billiger Populismus hat jedenfalls noch nie irgendwelche Probleme gelöst. Ich hoffe sehr, dass sich unsere demnächst neue Regierung das immer wieder in Erinnerung ruft. Und dass man sich zwischendurch gemeinsam daran erinnert, für welche Werte wir uns in unseren Breitengeraden eigentlich so stolz auf die Schultern klopfen … Wenn beispielsweise mal wieder von „den Syrern“ oder „den Afghanen“ die Rede ist. Das sind verdammt noch mal Menschen! Ich habe den Eindruck, dass genau das sehr oft vergessen wird. Auch bei der „illegalen Migration“ geht es nicht um irgendwelche abstrakten Monster, sondern um Menschen, die alle einen sehr guten Grund haben, sich auf den Weg zu machen – bittere Armut, Verfolgung, Krieg. Würden wir unsere Maßstäbe nicht scheinheilig, sondern ehrlich anlegen, würden wir nicht über 138 debattieren, sondern überlegen, wie wir möglichst viele Frauen aus Afghanistan nach Deutschland ausfliegen.

Aber das diskutieren wir nicht. Schon gar nicht, weil solche Gedanken natürlich alles andere als populistisch sind. Mit Nachdenklichkeit gewinnt man heute keinen Blumentopf mehr. Was es braucht, sind kurze Kernbotschaften, die den richtigen Nerv treffen. Und entsprechend gereizt ist inzwischen der „Volks-Nerv“, entsprechend wund ist unsere Gesellschaft. Ich finde, es ist jetzt wirklich allerhöchste Zeit, der Verflachung zu widerstehen und sich zu besinnen. Es geht auch anders. Man kann Politik ohne diese permanenten lauten Töne machen, ernsthaft und faktenbasiert. Man kann sich dabei sogar unterstützen lassen. Wir haben in Deutschland noch eine relativ freie Wissenschaft, die gerne berät, ohne dass irgendwelche Lobbygruppen im Hintergrund die Fäden ziehen.

Leider ist momentan die Wissenschaft aber ebenfalls eher leise unterwegs. Unsere Akademikerinnen und Akademiker schweigen um die Wette. Ja, es gibt ein paar Ausnahmen, aber ich sage es mal so: Ein Harald Lesch macht noch keinen Sommer. Wo bleibt eigentlich der kollektive Aufschrei aus den Geisteswissenschaften, angesichts einer immer rechteren Stimmung im Land? Warum mischen die sich alle politisch nicht viel mehr ein? Und kämpfen beispielsweise dafür, dass bei uns die Bildung in der Agenda allmählich mal wieder nach oben rutscht? Oder schlicht für eine andere Debattenkultur? Um es auf den Punkt zu bringen: Wir brauchen viel mehr Sonja Anders und viel weniger Markus Söder in Deutschland. Dringend!

Abgelegt unter EditorialKommentare deaktiviert für Editorial 05-2025

Partner