Wolfgang Werner

Geschäftsführer der Werkstatt-Galerie Calenberg

Am 2. Oktober ist Schluss. 35 Jahre war die WGC sein Lebensmittelpunkt, heute ist das kleine Theater (das immer viel mehr war als „nur“ ein Theater) in der Kommandanturstraße 7 eine Kulturinstitution in Hannover. Am 1. Oktober wird Wolfgang Werner – natürlich in der WGC – seinen 75. Geburtstag feiern, drei Tage später übergibt er das Zepter dann endgültig an Joachim Hieke und Erhard Schulz. Die basteln bereits an Konzepten und schmieden Pläne. Die Räumlichkeiten werden neu gestaltet, das gastronomische Angebot erweitert und auch einen neuen Namen wird es geben. Aber all das ist natürlich noch „geheime Verschlusssache“.

Und Wolfgang Werner lächelt verschmitzt und zufrieden, während er nicht viel verrät. Er weiß sein Baby offensichtlich in sehr guten Händen. Und hat scheinbar überhaupt keine Probleme damit, dieses große und großartige Kapitel abzuschließen. Sagt er.

Glauben wir ihm das? Es wäre ungewöhnlich. Denn „Loslassen“ ist bekanntlich eine Kunst, die man nicht unbedingt lernen kann. Und nach 35 Jahren schließt man doch nicht so einfach ab, oder? Wir treffen Wolfgang Werner natürlich in der WGC und das verschmitzte Lächeln begleitet das gesamte Gespräch. Keine Spur von Wehmut. Nein, im Gegenteil. Fast macht es den Eindruck, als würde er dem Termin der Übergabe sogar ein bisschen entgegenfiebern. Und das hat gleich mehrere Gründe.

Zunächst mal hat er mit Joachim Hieke und Erhard Schulz Nachfolger gefunden, die zwar einen kompletten Neustart wagen werden (denn ab 2017 werden die Zeiten als reine Kleinkunstbühne endgültig Geschichte sein), die dabei aber natürlich auch weiter die Tradition im Blick haben. Erhard Schulz ist bereits seit vier Jahren künstlerischer Leiter in der WGC, er weiß, was die Stammgäste an ihrem Theater bisher besonders geschätzt haben. Und die Stammgäste waren für Wolfgang Werner und die WGC über all die Jahre eine ganz wichtige Basis. Es wird also bei allen Neuerungen selbstverständlich auch darum gehen, diese „Bank“ mitzunehmen. Auch für Joachim Hieke ist das eine wichtige Versicherung für die Zukunft. Er hat bisher als Reiseleiter und Vertriebsleiter für internationale Firmen gearbeitet und sich in Hannover mit seinem Start-Up „Bürogolf-Profi“ einen Namen gemacht. Viel Know-how in Sachen Marketing – er weiß also genau, wie wichtig diese Stammkunden auch künftig sein werden. Und unter anderem diese Gewissheit, dass eben nicht alles vorbei ist, sondern dass bei allen Neuerungen auch ein bisschen guter alter WGC-Geist erhalten bleibt, lässt Wolfgang Werner beruhigt schlafen. „Sinn, Freude, Bildung“, dass war immer die Ausrichtung und dabei wird es bleiben. Zudem wird er natürlich in der ersten Phase nach der Übergabe weiter zur Verfügung stehen, wenn Not am Mann ist. So ganz vorbei sein wird es also auch in den kommenden Monaten noch nicht.

Und so ganz vorbei sein wird es ja ohnehin nicht. Wer keine neuen Pläne hat, dem fallen Abschiede besonders schwer. Aber Wolfgang Werner steckt voller Pläne und Ideen für seine Zukunft. Entsprechend leicht kann er loslassen. Hannover darf sich freuen über diesen Abschied, denn aus der Kultur zieht sich der Kulturmanager nicht zurück, im Gegenteil. Im Eventbereich will er weiter aktiv bleiben, also Veranstaltungen für Auftraggeber auf den Weg bringen, allerdings nicht mehr als Agentur, sondern lediglich noch als Berater. Und was ihm darüber hinaus vorschwebt, klingt wirklich großartig. Für den Weltkindertag hat er bereits ein vollständiges Konzept in der Schublade, ein riesiges, ganztätiges Fest für die Kinder in Hannover mit vielen Aktionen an diversen Standorten und einem großen Finale vor dem Opernhaus. Und dann ist da noch die Idee mit den Feierabendkonzerten. Wolfgang Werner hat diese Konzerte in London kennen gelernt und war begeistert. So etwas muss es darum natürlich auch in Hannover geben. Musikalische Unterhaltung für Berufstätige, ab 17 Uhr für eine Stunde, damit es künftig entspannt und beschwingt in den Feierabend geht.

DSC09402Es macht Spaß, Wolfgang Werner zuzuhören, wenn er von diesen und anderen Plänen erzählt. Wenn er ins Schwärmen gerät, wenn seine Augen leuchten. Man bekommt dann einfach Lust, gleich mal alles stehen und liegen zu lassen und zu fragen, wo man eventuell mithelfen kann. Seine Begeisterung wirkt einfach ansteckend. Vielleicht, weil es ihm nicht nur nebenbei immer darum gegangen ist und ganz sicher auch in Zukunft gehen wird, ein bisschen Glück zu verbreiten, für lachende Gesichter zu sorgen. Natürlich ist er auch Geschäftsmann, aber ihm war nie daran gelegen, mit seinen Talenten möglichst viel Geld anzuhäufen, sondern die Gesellschaft zu bereichern. Darum ging es ihm mit der Werkstatt-Galerie Calenberg all die Jahre und darum wird es ihm auch weiter gehen bei seinen künftigen Aktivitäten. Und wenn das bedeutet, persönlich zu verzichten auf manchen Luxus, den andere für dringend notwendig halten, dann war das immer in Ordnung für Wolfgang Werner. „Wozu das alles?“, fragt er dann. „Man braucht doch fast nichts. Ich kann mit sehr wenig sehr zufrieden leben.“ Und dahinter steckt weitaus mehr, als „nur“ Bescheidenheit, dahinter steckt ein ganzer Lebensentwurf und vielleicht auch der Vorschlag, es ihm gleichzutun und genau zu überlegen, was im Leben wirklich wichtig ist, ehe man vielleicht Zielen nachjagt, die sich am Ende nur als im Grunde wertloser Schmuck herausstellen.

Davon überzeugen muss Wolfgang Werner aber niemanden, er macht es eben einfach anders, wer sich ein Beispiel nehmen möchte, ist herzlich eingeladen. Wobei er sich über unsere Gesellschaft natürlich seine Gedanken macht – und seine Sorgen. Und Diskussionen auch nicht aus dem Weg geht. Berührt man aktuelle Themen, wird er sehr nachdenklich. Die ungleiche Verteilung der Vermögen, die Flüchtlinge, die momentane Stimmung in der Gesellschaft, als das beschäftigt ihn. Darum möchte er sich nach seinem Abschied von der WGC auch wieder stärker dem bedingungslosen Grundeinkommen widmen, ein Thema, das ihn bereits seit vielen Jahren beschäftigt und eine Idee, für die er nun wieder gerne mehr streiten möchte. „Aber arbeitet dann noch jemand?“ Eine Frage, die er schon oft gehört hat. „Ich hätte mit dem bedingungslosen Grundeinkommen genau das gemacht, was ich die letzten 35 Jahre gemacht habe. Ich hätte mir zwischendurch nur nicht so viele Sorgen um die finanzielle Seite machen müssen, darum, dass es auch wirklich reicht. Kultur macht ja meistens nicht reich, das ist fast immer eine knappe Geschichte, Kultur macht nur sehr glücklich.“

LAK

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