Ein offener Brief an Angela Merkel (wg. Armin)

Liebe Angela, jetzt bist du noch einmal gefordert. Du hast dich rausgehalten und der Armin hat die ganze Geschichte schlussendlich erfolgreich allein ausgesessen. Hat den blöden, selbstherrlichen Franken zurück in die Provinz geschickt. Einfach, indem er sich keinen Zentimeter bewegt hat. Indem er Steherqualitäten bewiesen hat. Indem er die Kritik hat abperlen lassen. Das hat er gut gemacht. Bewährungsprobe bestanden. Du hast es mit voller Absicht einfach laufen lassen, wir wissen das. Es war ein letzter Test. Aber ja, der Armin kann Kanzler. Nun steht es fest.
Doch jetzt, nach der erfolgreich bestandenen Prüfung, muss es darum gehen, deinen Nachfolger möglichst zeitnah einzuweihen in die tieferen Geheimnisse der Macht. Das wird natürlich nicht einfach werden, der Armin scheint uns ein bisschen weich zu sein, ihm fehlt diese gewisse kalte Skrupellosigkeit, aber du wirst das Kind schon schaukeln. Es ist ja auch alles gar nicht so schwer. Zuerst kommt die Liste. Reiner Haseloff, Tobias Hans, all die anderen aus dem Söder-Fanclub, dazu dieser unsympathische Emporkömmling Tilman Kuban aus der Jungen Union und wer sonst noch gegen den Armin war und erkennbare Ambitionen in der Politik hat. Diese Karrieren sind nun natürlich alle vorbei.
Klar, das wissen diese Herrschaften noch nicht. Aber es wird nicht sehr lange dauern, dann werden sie deinen kalten Atem im Nacken spüren, so wie weiland Friedrich Merz, Roland Koch, Wolfgang Schäuble oder Norbert Röttgen. Beziehungsweise werden sie Armins kalten Atem spüren. Wobei, sie werden natürlich gar nichts spüren, wenn der Armin seine Lektion richtig lernt. Dann geht es ohne erkennbaren Grund plötzlich einfach nicht mehr voran mit der Karriere, dann wenden sich plötzlich enge und engste Vertraute ab. Dann verstummen Gespräche, wenn der mit dem Merkel-Bann und demnächst Laschett-Bann Belegte den Raum betritt. Dann bleiben die Einladungen in die Talkshows plötzlich aus und niemand will mehr einen Vortrag hören, nicht mal geschenkt. Und dann ist plötzlich jemand anders Chef der Jungen Union und Tilman Kuban ist nur noch irgendein Name, eine schnell verblassende Erinnerung.
„Never mess with Angela!“, so raunte man es sich in Unionskreisen viele Jahre zu, „Never mess with Armin!“ wird es demnächst heißen, wenn du, Angela, den (noch) lieben Armin eingeweiht hast. Er wird die Regeln büffeln müssen in den nächsten Wochen und Monaten. Wie funktioniert das mit der Macht? Was sage ich wann nicht, und welche Lautstärke hat mein Schweigen? Wen rufe ich vertraulich an, wenn ich möchte, dass etwas möglichst schnell die Runde macht? Wer läuft sich in der zweiten Reihe vielversprechend warm und könnte in ein paar Jahren gefährlich werden und welcher Posten ist geeignet, denjenigen zu überfordern, damit entsprechend vorzuführen und ins Abseits zu stellen, möglichst lange oder endgültig? Wie beschädigt man lobend Karrieren? Wie lässt man andere die eigenen Kämpfe verlieren, um sich selbst weiter als Gewinner präsentieren zu können? Du, liebe Angela, wirst Armin in den kommenden Wochen die Antworten auf all diese Fragen lehren. Und wenn er sich nicht zu dämlich anstellt, wenn er vielleicht sogar ein sehr guter Schüler ist, dann wirst du ihn zur Belohnung und zum krönenden Abschluss seiner Ausbildung möglicherweise noch in das Allerheiligste vorlassen, in das Zimmer mit deiner Puppensammlung. Dort liegen sie alle, die selbstgehäkelten Miniaturausgaben von Merz, Koch und Co. mit den spitzen Nadeln, die in den unangenehmsten Stellen stecken. Und wer weiß, vielleicht häkelt der Armin dann unter deiner fachkundigen Anleitung nur so zum Privatvergnügen lächelnd einen kleinen Söder …

    ● GAH


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