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Der Freundeskreis im Gespräch im Dezember

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Der Freundeskreis im Gespräch im Dezember


Freundeskreis Interview (17.11.23)
Diesen Monat haben wir uns mit Uwe Berger von der B&B. Markenagentur (UB) und der Moderatorin und Journalistin Anne-Kathrin Berger (AB) unterhalten. Die zwei sind nicht nur Mitglieder des Freundeskreis Hannover e.V., sondern auch Mutter und Sohn, die seit vielen Jahren in Hannover leben und arbeiten. Sie haben mit uns über das Image der Stadt, ihre Nachhaltigkeit und Zukunft gesprochen.

Beginnen wir damit, dass ihr euch kurz vorstellt: Wer seid ihr? Was macht ihr?
UBMein Name ist Uwe Berger. Ich bin 1966 in Stuttgart geboren und lebe seit 1982 in Hannover. Damals bin ich als junger Schüler gekommen und habe dann relativ schnell die Liebe zur Stadt entdeckt. Dank meiner Mutter durfte ich immer viel sehen – von Konzerten bis hin zu großen Festen. Ich habe die Gesellschaft der Stadt sozusagen schon als kleiner Junge kennengelernt und das hat sich so bei mir verfestigt, dass ich gesagt habe: „Ich will auf jeden Fall in Hannover arbeiten.“ So habe ich auch mein ganzes Arbeitsleben bei einem Arbeitgeber hier in Hannover verbracht: Ich bin als Auszubildender in die B&B. Markenagentur gekommen und habe jetzt den Status geschäftsführender Gesellschafter inne. Ich bin also seit 33 Jahren am Wirtschaftsstandort für Kommunikation tätig. Und ich bin bekennender Hannoveraner und liebe diese Stadt, weil sie eine tolle Größe hat: Sie war mir nie zu klein, aber auch nie zu groß.
AB – Mein Name ist Anne-Kathrin Berger. Ich bin in Magdeburg geboren und über Duisburg, Stuttgart und Wolfenbüttel nach Hannover gekommen. Hier wurde ich 1975 Lokalredakteurin bei BILD Hannover, später verantwortliche Redakteurin für Kommunalpolitik und Landespolitik, 1990 Redaktionsleiterin. Das habe ich bis 2002 gemacht, also 27 Jahre. Ich bin meinem Sohn in der Erwerbsbiografie sehr ähnlich mit nur einem Arbeitsschwerpunkt über Jahrzehnte. Das ist auch Freude, wenn man seine Arbeit liebt und sich sein ganzes Arbeitsleben voll um eine Aufgabe kümmern kann. Danach gab es noch die sehr reizvolle Station in Magdeburg, vier Jahre Regierungssprecherin von Sachsen-Anhalt. Nach der Rückkehr nach Hannover habe ich erst die Sendung „Warum, Herr Weil?“ bei h1 gemacht (da war MP Weil noch OB von Hannover), seit über zehn Jahren lade ich zweimal im Monat Menschen aus Politik und Wirtschaft, Kirche und Kultur, Sport und Gesellschaft auf das h1-Sofa ein. Nicht nur Promis, auch Obdachlose und Migranten waren da. Auch ich liebe diese Stadt. Hannover steckt voller interessanter Menschen und es ist spannend, ihnen zu begegnen und mehr über sie zu erfahren.

Wie blickt ihr mit eurer langen Erfahrung hier in der Stadt – ihr kennt die Menschen und die Unternehmen schon seit vielen Jahren – auf das Image von Hannover?
UB –
Hannover hat ein wunderbares Image, aber es fällt den Hannoveraner*innen manchmal etwas schwer, sich darüber auch positiv zu freuen. Da sind wir oft eher zurückhaltend. Ich glaube, Hannover hat das Image, dass man einfach erst einmal da gewesen sein muss und dann erlebt man diese Stadt. Wir haben einen kleinen Außenauftritt-Hänger, weil wir eben nicht das Hofbräuhaus oder den Hafen oder irgendeinen Leuchtturm, der weltweit bekannt wäre, haben. Und ich glaube, da wir so etwas nicht haben, müssen wir uns auch immer wieder ein bisschen neu erfinden. Wir haben kein Image, das man in einer Zeile zusammenfassen könnte. Dafür ist Hannover einfach zu vielschichtig, zu vielseitig. Aber genau das ist eigentlich das, was die Attraktivität dieser Stadt ausmacht.
AB – Mit der Expo 2000 hatte Hannover durchaus die Chance auf einen dauerhaften internationalen Leuchtturm. Das ist leider nicht gelungen, der Zustand des Expo-Geländes heute spricht Bände. Aber die Innensicht auf die Stadt ist doch auch wichtig. Die Menschen leben gerne hier, fühlen sich wohl. Und dann haben wir ja auch die Messe, die Herrenhäuser Gärten, das Sprengel Museum. Wir müssen das vielleicht noch bisschen besser verkaufen.

Wie könnte man denn an dem Image arbeiten? Müsste da etwas anders laufen?
UB –
Es läuft schon vieles gut. Hannover hat eine unheimliche Kraft der Innovation, die man vielleicht manchmal gar nicht so spürt. Ich finde, wir haben eine sehr gute Mobilitätskonzeption, wir haben eine unheimlich breite Wissenschaftslandschaft und mit der MHH, mit der Tierärztlichen Hochschule, mit den Hochschulen und der Universität auch unheimlich viel Power. Ich glaube, wir sind auch eine gut aufgestellte Stadt im Punkt Nachhaltigkeit – und da stellt sich auch ein bisschen die Zukunft unserer Stadt dar. Wir haben eine Chance, die wir natürlich ergreifen müssen; und das gelingt am besten, wenn die Kommunikation läuft.

Inwieweit hilft denn der Freundeskreis dabei?
UB –
Der Freundeskreis ist eine tolle Schablone für interdisziplinäres Zusammenarbeiten und interdisziplinäres Denken. Wir leben in einer vernetzten Gesellschaft. Wir vernetzen unsere Autos, unsere Dinge – aber wir sind manchmal noch nicht maximal mit den Menschen vernetzt. Der Freundeskreis bietet eine Plattform dafür. Wenn sich in Hannover diese persönliche Vernetzung, dieses Beziehungsgeflecht, noch mehr einstellt, dann entsteht meines Erachtens auch schneller diese eine Stimme, die in die Zukunft führt, diese eine Möglichkeit, gemeinsam eine Stadt neu aufzustellen.

Du moderierst ja die Sendung „Auf dem h1-Sofa“: Ist es zu hoch gegriffen, zu sagen, dass du mit deiner Sendung ebenfalls eine vernetzende Funktion verfolgst?
AB –
Nein, das ist auf keinen Fall zu hoch gegriffen. Die Menschen sind das Wichtigste in einer Stadt. Ich habe irgendwann erkannt, dass ich bei h1 die Chance habe, ein lebendes Stadtarchiv aufzubauen, wie es wahrscheinlich keine andere Stadt hat. Ich hatte bisher rund 270 Gäste. Viele, wie Keks-Konsul Hermann Bahlsen, Schuhkönigin Helene Gisy oder Modezar Michael Schulz leben längst nicht mehr. Wenn diese Sendung nicht nur als interessantes Einzelgespräch wahrgenommen wird, sieht man, welche Menschen diese Stadt gestalten oder gestaltet haben, wie sie denken oder wie sie gedacht haben. Ich arbeite da gewissermaßen an der Bewahrung, während Uwe quasi an der Zukunft baut, für die Zukunft arbeitet. Da ergänzen sich zwei Welten – oder zumindest zwei Arbeitsbereiche.
UB – Vielleicht noch als Ergänzung: Vernetzung basiert ja immer auf Transparenz. Ich kann nur diejenigen vernetzen, die einander ein wenig kennen, und ich glaube, dass so eine Sendung wie das h1-Sofa und vielleicht auch meine eigene Sendung, der „Vinyltalk“, dazu führen, Menschen nochmals anders kennenzulernen. Man sieht sie nicht mehr nur in ihrer Rolle, in der sie vielleicht im politischen Kontext oder in journalistischen Darstellungen abgebildet sind. Dieser People’s Talk kann eine Tür öffnen, um überhaupt in Vernetzung zu kommen. Beim „Vinyltalk“ bitte ich meine Gäste zu einem 45-minütigen Gespräch an die Plattenteller: Sie sollen vier Platten mitbringen, die ihnen gefallen, und dabei geht es um die Idee, dass man einen Menschen anhand von Musik besser kennenlernen kann. Das ist ein Hintertürchen in die Persönlichkeit, wenn jemand über eine Platte spricht; und darüber, was ihn dazu gebracht hat, genau diese Platte auszuwählen. Wir sprechen unter dem Thema „Think, Learn, Innovate“ aber nicht nur über Musik, sondern auch über Themen wie Stadtentwicklung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Wie schätzt du denn Hannovers Nachhaltigkeit ein? Sind wir da ganz gut aufgestellt?
UB –
Wir waren schon fast besser, würde ich sagen. Bezüglich Solaranlagen auf Hannovers Dächern würde ich mir noch viel mehr wünschen, Windkraft ist ja sozusagen in der Region angesiedelt und was das Thema Mobilität betrifft, so ist der öffentliche Personennahverkehr ein großer Schlüssel und läuft bei uns, wie ich glaube, ziemlich gut. Das heißt also: Wir haben viele Facetten, um nachhaltiger werden zu können; aber Nachhaltigkeit ist gekommen, um zu bleiben. Wir müssen immer weitermachen. Klimaneutralität ist das, was uns enkelfähig macht. Und da gibt es noch viel zu tun. Wir von der Agentur haben vor einiger Zeit ein Unternehmen gegründet, um die Nachhaltigkeitseinstellung der Menschen messen zu können. Das heißt CHOYZE. Nachhaltigkeitspräferenzmessung ist ein spannendes Thema und darin erkennen wir natürlich, dass es auch ablehnende Haltungen gibt. Ein gewisser Prozentsatz von Menschen sagt eben: „Brauche ich nicht, will ich nicht, Enkel habe ich auch nicht.“ Das müssen wir akzeptieren, aber das darf uns natürlich nicht auf dem Weg irritieren, nachhaltiger zu werden.

Wie verhält es sich mit dem Image hinsichtlich einer anderen großen Debatte dieser Zeit: des Einsatzes für Diversität und Sichtbarmachung, des Angehens gegen Diskriminierungen? Schauspiel und Oper sind da ja etwa gut aufgestellt …
UB –
Da kann ich im Detail nicht viel zu sagen, aber im Großen und Ganzen ist das Thema Diversität für uns, so glaube ich, eine riesengroße Chance. In dem Punkt müssen wir alle etwas lernen … oder andersrum gesagt: Ich glaube, dass sich Generationen natürlich über viele, viele Jahre sozialisiert haben. Ich selber habe manchmal eine Art Scharnierfunktion, denn ich habe am Ende des Tages ein relativ traditionelles Bild als 1966 Geborener, der in den 70er-Jahren groß geworden ist. Damals war einfach alles sehr traditionell. Da ich aber mit ganz vielen jungen Menschen regelmäßig in der Agentur zusammenarbeite, erlebe ich natürlich auch deren Alltag und deren Realität, sodass ich glaube: Es braucht noch eine Übersetzerfunktion für die Gesellschaft. Es gibt ja keine Schraube, die man einfach nur dreht – und zack ist die Welt für alle gleich; sondern man muss das ansprechen, man muss das thematisieren. Und dann kommt es auch zu Lerneffekten. Das macht Hannover eigentlich auch schon ganz gut. Aber das wird natürlich immer wieder neue Facetten bekommen. Resilienz für das Neue ist auch eine Fähigkeit, die wir unseren Kindern beibringen müssen. Wir haben einfach nicht mehr die Stabilität der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern eine sehr schnelle, disruptive Veränderungswelle. Wir haben Technologie, Gesellschaft, Globalisierung, im gleichen Moment aber auch Regionalisierung, weil wir uns Mühe geben, nicht mehr diese Abhängigkeiten zu haben. Da kann die Stadt Hannover noch eine Menge tun, aber am Ende des Tages beginnt es auch bei jedem einzelnen Menschen selbst. Da müsste die Stadt es vielleicht schaffen, Rahmenbedingungen zu geben – aber letztendlich muss jeder Einzelne das im Kopf für sich auflösen.
AB – Da lerne ich als Teil der älteren Generation natürlich viel von meinem Sohn und seiner Arbeit. Es ist ja nicht nur so, dass die Jungen auf dem Weg in die Zukunft mitgenommen werden, sondern auch meine Generation. Da gibt es viele Herausforderungen: Der unumkehrbare Weg aus der analogen in die digitale Welt, der Umgang mit künstlicher Intelligenz, veränderten Arbeits- und Lebenswelten, Nachhaltigkeit und Klimaschutz im eigenen Alltag. Jedes für sich große Zukunftsthemen. Da ist es wunderbar, einen Gesprächspartner wie Uwe zu haben, der mit seinem Team alle diese Zukunftsthemen verantwortungsvoll aufgreift und umsetzt und mich auf diesem Weg mitnimmt.
UB – Am Ende des Tages ist Hannover aber immer auch das Ergebnis der Vorherigen, die gewirkt haben. Natürlich leben wir in der Gegenwart, aber die Gegenwart hat auch immer eine Vergangenheit. Und nun reden wir gemeinsam über die Zukunft, denn die Zukunft können wir alle gestalten. Es ist wichtig, das Vergangene wertzuschätzen und zu wissen, wie diese Stadt geprägt wurde. Wir wollen sie ja nicht abschaffen oder verändern – sondern sie in der Gesamtperspektive betrachten, in der Hannover sich gerade entwickelt.

● CK/LD

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