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Der Freundeskreis im Gespräch im März

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Der Freundeskreis im Gespräch im März


In diesem Monat haben wir uns mit Stephan Molitor (SM), einem der ärztlichen Geschäftsführer der Sophienklinik, und mit Marko Volck (MV), dem Pressesprecher und Leiter der Unternehmenskommunikation der Hannoverschen Volksbank unterhalten. Im Gespräch haben uns die beiden Freundeskreis-Mitglieder erzählt, was sie an dem Netzwerk schätzen, wie sie dazu gekommen sind und welche Ziele sie verfolgen.

Erzählt uns doch zu Beginn einmal, wer ihr seid, was ihr macht, wie ihr dazu gekommen seid …

SM – Mein Name ist Stephan Molitor. Ich vertrete die Sophienklinik Hannover und bin einer der beiden ärztlichen Geschäftsführer. Ich vertrete mit anderen Kollegen die innere Medizin: Mein Schwerpunkt ist die Behandlung von Allergien und in Zusammenhang stehenden Atemwegserkrankungen. Die Allergologie ist neben der Orthopädie – hier verfügen wir über ein Endoprothetikzentum –, der Sportmedizin und der Schmerztherapie auch ein Schwerpunkt in diesem Haus …

Könnten wir zur Geschichte des Hauses vielleicht auch noch etwas erfahren?

SM – Die Sophienklinik – oder vielmehr das Grundstück der Dieterichsstraße – hat durchaus eine interessante Geschichte: Sie ist inzwischen 73 Jahre alt und ist nach dem Krieg quasi aus den Trümmern entstanden. Als dieses Grundstück seinerzeit verkauft wurde, war die Bedingung des Verkäufers, dass die Klinik Sophienklinik heißt, weil seine Tochter Sophie hieß und damals an diesem Ort im Bombenhagel umgekommen ist. Nach 66 Jahren in der Dieterichsstraße und später auch noch in der Omptedastraße sind wir 2017 in dieses moderne Haus umgezogen. So viel zur Klinik. Was meinen Werdegang betrifft, so habe ich einen Teil der Ausbildung in Hannover gemacht, war allerdings auch noch in anderen Städten – darunter Hamburg, Essen, auch Kapstadt –, aber dann hat es mich wieder hierher zurückgetrieben. Hannover ist eine Stadt, die ich inzwischen sehr zu schätzen gelernt habe. Sie ist sehr vielfältig und bietet eine hohe Lebensqualität: ganz viel Grün und kurze Wege. Hannover weist sowohl in kulturellen Dingen alles auf, was das Herz begehrt, als auch in sportlichen Dingen. Es mangelt hier eigentlich an nichts.

Kommen wir zu dir …

MV – Ich bin Marko Volck und seit 2005 als Pressesprecher bei der Hannoverschen Volksbank tätig. Ich habe ursprünglich Bankkaufmann gelernt und dann Zusatzqualifikationen als Kommunikationswirt und Bankbetriebswirt gemacht. Es passt also ganz gut, dass ich ein bisschen mit den Zahlen umgehen kann und mir Kommunikation auf die Fahne geschrieben habe. In der Hannoverschen Volksbank ist unser Bereich im Vorstandsstab angesiedelt und wir haben die Pressearbeit, also Medienkontakte, wir haben das Thema Netzwerke in Hannover und wir haben unsere Stiftungen, mit der wir in Hannover vielfältige Projekte unterstützen können. Vor 20 Jahren haben wir zudem angefangen, die Sterne des Sports auszuschreiben: Das ist ein Ehrenamtspreis für Sportvereine. Durch diese Ausschreibung bin ich heute auch ehrenamtlicher Vizepräsident des Stadtsportbundes. Dann bin ich außerdem im Kuratorium vom Special Olympics Niedersachsen und in der Jury der Behindertensportler-Wahl für Niedersachsen … und für Hannover sitze ich bei der Hannover Marketing und Tourismus GmbH im Beirat. Und wenn man dann gleich in mehreren Netzwerken ist, dann ist das, so finde ich, eine große Chance, um weitere Anknüpfungspunkte zu finden.

Im Hinblick auf’s Netzwerken ist ja eine Mitgliedschaft im Freundeskreis naheliegend. War denn die Mitgliedschaft eher eine berufliche oder eher eine private Entscheidung?

MV – Also einmal ist es die berufliche Seite, dass ich viele Kontakte über den Freundeskreis habe – die natürlich auch in anderen Netzwerken unterwegs sind, im Freundeskreis jedoch alle in ihrem Engagement für Hannover an einem Strang ziehen. Und das halte ich für eine tolle Sache und bin daher auch privat gerne dabei und investiere meine Freizeit, etwa im Kuratorium.

SM – Auch bei mir ist es sowohl eine private wie auch eine berufliche Entscheidung. Ich hatte ja vorhin schon gesagt, dass ich Hannover sehr schätze; und daher kommt meine persönliche Bereitschaft, an dieser Stadt und ihrer Entwicklung mitzuarbeiten. Und von Seiten der Sophienklinik her ist es so, das wir uns als ein Schwerpunkthaus in dieser Stadt begreifen, als ein Haus mit spezialfachärztlicher Versorgung: Wir sind für diese Stadt da, nehmen in den meisten Versorgungsstufen teil und insofern ist es natürlich auch unsere Aufgabe, sich entsprechend für die Stadt zu positionieren. Und die Sophienklinik ist ja ein Belegkrankenhaus mit Ärzten aus über 50 Arztpraxen, die über die Stadt verteilt sind; und diese haben auch selbst viele Ambitionen in dieser Stadt.

Gibt es bestimmte Ziele, die ihr anvisiert?

SM – Ja, das Image der Stadt sollte weiter gestärkt werden. Das ist eine ganz, ganz wichtige Aufgabe. Wir sind davon überzeugt, dass wir hier in einer tollen Umgebung leben und arbeiten, aber genau das sollte noch stärker transportiert werden. Ich erlebe immer wieder, dass Menschen aus anderen Ländern und anderen Städten, die hier in Hannover sesshaft werden, entdecken, wie toll diese Stadt ist und welche Vorteile sie hat. Das sollten wir mehr nach außen tragen.

MV – Und ich bin quasi der Beweis, dass das funktioniert: Ich bin nämlich waschechter Hannoveraner und hier eigentlich nie weggekommen, sondern habe mein ganzes Leben hier in Hannover verbracht. Ich bin Hannover extrem verbunden und liebe diese Stadt. Kann ich nicht anders sagen. Es ist wirklich toll, hier zu wohnen. Ich brauche ungefähr fünf Minuten bis zur Eilenriede und kann dort Sport machen, kann Radfahren in Hannover und mehr. Aber das sind alles Sachen, die natürlich noch ein bisschen ausgebaut werden könnten. Auch die Attraktivität der Stadt insgesamt, finde ich: Wir haben sicherlich auch in der Innenstadt einiges zu tun bezüglich Weiterentwicklung. Und ich glaube, wenn man da immer mal wieder ein paar Signale setzen kann, auch aus Richtung des Freundeskreises zum Beispiel, dann ist das eine gute Sache.

Beim Stichwort ‚Signale setzen‘ muss ich gerade an die 200-Jahre-Veranstaltung der Sparkasse Hannover, also der Konkurrenz, denken. Welche Beispiele wären denn für die Volksbank zu nennen?

MV – Erstmal muss man ja eins sehen: Wir sind eine regionale Bank. Wir sind in Hannover und in der Region Hannover unterwegs mit Niederlassungen in Hildesheim und in Celle. Und wir sind eine Genossenschaftsbank, das heißt, wir sind nicht gewinnorientiert wie eine Großbank, die für ihre Aktionäre Gewinne erzielen muss. Wir sind für die Förderung unserer Mitglieder da und weiten unsere Unterstützung sogar auf die gesamte Region aus. Zuletzt haben wir zum Beispiel aus unserer Gewinnsparlotterie fast 300.000 Euro in der Region Hannover und in unseren Niederlassungen ausgeschüttet, die für Projekte von Vereinen und Institutionen genutzt werden können. Und pro Jahr unterstützen wir mit 1,3 Millionen Euro durch Sponsoring, Spenden und andere Förderungen verschiedene Aktionen im Sport, in der Kultur und Sozialbereichen.

Gibt es da Äquivalenzen bei der Sophienklinik?

SM – Ja, wir arbeiten an vielen Projekten mit. Ein Leuchtturmprojekt von uns ist zum Beispiel die ökologische Ausrichtung. Das Gesundheitswesen produziert sehr viel CO2, mehr als der gesamte Flugverkehr. Wir haben unser Haus danach ausgerichtet, möglichst wenig CO2auszustoßen. Außerdem sind wir als Haus im Stadtteil sehr verankert. Wir bringen uns in verschiedene, immer wieder aufpoppende Projekte ein und sind entsprechend im Sport verwurzelt. Wir beteiligen uns auch sponsoringmäßig an verschiedenen hannoverschen Sportveranstaltungen sowie auch an kulturellen Veranstaltungen.

Ich nannte ich die Sparkasse Hannover gerade als Konkurrentin der Volksbank. Kann man das so sagen?

MV – Natürlich stehen wir im Wettbewerb mit der Sparkasse, wobei wir uns aber beide als regionale Player sehen und wir von der Volksbank es auch sehr schätzen, dass die Sparkasse ganz viele Projekte in Hannover unterstützt. Das ist wirklich aller Ehren wert. Und das machen wir eben beide – und das ist gut. Wenn es dann allerdings ums Bankgeschäft geht, sind wir ganz klar Wettbewerber. Es ist aber, glaube ich, auch gut für die Region, dass es einen Wettbewerb gibt.

Und wie sieht das bei Kliniken aus? Ist das eigentlich ein auch von Konkurrenz geprägtes Verhältnis?

SM – Ja, auch da gibt es Konkurrenz, je nach Fachgebiet natürlich. Es gibt allerdings auch, muss man betonen, viele Gemeinsamkeiten. Gerade in der aktuellen Gesundheitslandschaft und gesundheitspolitisch bedingt arbeiten wir mit anderen Kliniken zusammen. Besonders mit der MHH, wo wir eine gemeinsame Abteilung betreiben. Außerdem nehmen wir an der Notfallversorgung der MHH teil. Also es gibt definitiv Synergieeffekte. Der Kampf um Patienten – so ich nenne das jetzt mal theatralisch – ist aber natürlich irgendwo präsent.

Wenn ihr nun einmal auf eure bisherige Zeit im Freundeskreis zurückblickt: Sind die Vorstellungen, mit denen ihr Mitglied geworden seid, bisher erfüllt worden?

MV – Ich finde es sehr gut, dass der Freundeskreis immer zu Themen Stellung bezieht, eine klare Meinung hat und immer für diese Gemeinschaft einsteht. Der Freundeskreis kann den Blickwinkel seiner Mitglieder auf Hannover und zu diesen Themen öffentlich gut vertreten. Das finde ich sehr wertvoll und von daher sind wir gerne dabei.

SM – Ich kann dazu natürlich noch gar nicht so viel sagen, weil wir erst am 1. Februar Mitglied geworden sind. Ich könnte aber etwas dazu sagen, was uns bewogen hat … nämlich, dass die Sophienklinik eine Institution ist, die diese Stadt nach vorne bringen will. Das war eigentlich das Hauptmotiv, beizutreten. Aber natürlich auch das Netzwerken, das gehört auch mit dazu.

Es gibt ja gerade die großen Demos gegen Rechts, die unter anderem in Hannover stattfinden und auch etwas Gemeinschaftsstiftendes haben, was mir beim Stichwort Netzwerken gerade in den Sinn kommt. Ist das etwas, in das man sich als Institution dann gern einklinkt?

SM – Unbedingt. Wir haben hier in der Klinik Beschäftigte aus über 32 verschiedenen Nationen. Das heißt, wir haben tagtäglich mit Menschen zu tun, die aus verschiedenen Ländern, verschiedenen Nationen, verschiedenen Erdteilen kommen. Wir empfinden das als eine sehr positive Erfahrung, aber sind umso mehr negativ berührt von dem, was im politischen Umfeld und auch in der Republik passiert. Deswegen empfinden wir diese Demonstrationen natürlich als sehr wichtig. Das war ja in Hannover auch ein großer Erfolg, wenn ich an den Opernplatz denke. Ich selbst war auch da und fand es sehr bemerkenswert, wie viele Menschen dort waren. Das war ein eindeutiges Zeichen und das tut der Stadt gut.

MV – Da kann ich für die Hannoversche Volksbank und auch für mich selbst nur zustimmen. Haltung zu zeigen und Stellung zu beziehen, ist uns wichtig und das machen wir auch. Wir haben zum Beispiel die ganzen Posts im Social Media-Bereich geteilt, weitergegeben und geliked. Das ist eine ganz wichtige Geschichte, ein ganz wichtiges Zeichen. Ich war auch echt super stolz auf die Hannoveraner, dass da 35.000 Menschen auf dem Opernplatz waren. Und natürlich war auch das Netzwerk wieder vertreten. Der Freundeskreis steht nicht allein, sondern TKH und andere Vereine sind mit dabei und alle ziehen an einem Strang – motiviert und koordiniert durch den Freundeskreis. Das ist super.

Laura Druselmann / Christian Kaiser

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Der Freundeskreis im Gespräch im Januar

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Der Freundeskreis im Gespräch im Januar


Katharina Sterzer, Matthias Görn

Diesen Monat haben wir mit Matthias Görn (MG), dem Vorstandsvorsitzenden des Freundeskreis e.V., und mit Katharina Sterzer (KS), noch Geschäftsführerin des Freundeskreises sowie frischgebackene Geschäftsführerin des Asphalt-Magazins, gesprochen: über ihre Zeit beim Freundeskreis sowie über Werte und Ziele des Vereins.

Beginnen wir damit, dass ihr erzählt, wie ihr zum Freundeskreis gekommen seid und wie ihr das Konzept des Vereins erklären würdet.
MG –
Der Freundeskreis ist die schönste Art, mit Hannover verbunden zu sein. Das kann man so auf den Punkt bringen, weil wir das verbinden, was Hannover lebenswert und liebenswert macht. Und das macht es so interessant, sich bei uns für eine Stadt, in der wir alle leben, zu engagieren.
KS – Da habe ich nichts zu ergänzen. Als ich zum Freundeskreis kam – das war 2017 –, war ich gerade im Ausland und habe ein interkulturelles Zentrum gebaut und wollte meine Veranstaltungsagentur hier in Hannover auflösen, weil ich mich nach einem größeren Spielplatz gesehnt habe. Und dann kam ich zurück nach Hannover und habe nach diesem Spielplatz gesucht, denn ich wollte immer an etwas arbeiten, das nachhaltig in dieser Stadt resoniert. Ich war schon vorher Mitglied im Freundeskreis, voller Stolz, und irgendwann habe ich einfach mal von meinen Plänen erzählt und so haben wir zueinander gefunden. Das war wirklich eine intensive Zeit und da merkt man auch, dass so ein Verein nur funktioniert, wenn wirklich alle mit anpacken. Und mit ‚alle‘ meine ich nicht nur den Vorstand und die Geschäftsstelle, sondern alle ehrenamtlichen Mitglieder und auch die Menschen innerhalb der Stadtgesellschaft
MG – Bei mir ist es eine ganz lustige Geschichte. Roger Cericius, mein Vorgänger, und ich haben uns kennengelernt, weil wir im Rahmen der Ausstellung „Als die Royals aus Hannover kamen“ zum Teil zusammengearbeitet und uns schätzen gelernt haben. Und so hat er mich bei einer Tasse Kaffee gefragt: „Mensch, hast du nicht Lust hier im Freundeskreis mitzuwirken?“ Das war 2015. So kam ich zum Freundeskreis und zwei Jahre später hat er mir dann erneut bei einer Tasse Kaffee eröffnet: Es wäre doch schön, wenn ich sein Nachfolger werden würde. Und so kam es dann auch. Es ist eine unglaublich intensive Zeit. Eine Zeit, die ich nicht missen mag und die voller Entdeckungen war. Wir, mit Katharina zusammen, haben uns das Ziel gesetzt, das Thema Geschäftsstelle, aber vor allem auch die Sichtbarkeit des Freundeskreises anders auszugestalten. Das waren unglaublich tolle Erfahrungen, auch mit so einem Team zusammenarbeiten zu können.
Was muss man denn mitbringen, um Mitglied im Freundeskreis werden zu können?
KS –
Lust an Hannover.

Das ist die einzige Voraussetzung? Unabhängig davon, was man z. B. beruflich macht …
KS –
Genau. Das ist eben das Schöne an einem Bürger*innenverein, dass es hier nicht darum geht, was man beruflich macht, sondern darum, dass uns alle eins verbindet: dass wir nämlich gerne in dieser Stadt wohnen. Für eine Mitgliedschaft braucht es tatsächlich nicht mehr als das.
MG – So ist das unter der Mitgliedern auch, da werden keine Unterschiede gemacht. Da ist ein Ministerpräsident genauso Mitglied in dem Verein wie jemand, der einen normalen Beruf ausübt. Das ist auch eine unserer großen Stärken, dass jeder herzlich willkommen ist. Eine Sache, die uns aber sehr wichtig ist, ist, dass wir gemeinsam Werte teilen, also zumindest die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Ansonsten ist jeder herzlich willkommen, Teil dieses Vereins zu werden.

Gab es schon mal Fälle, in denen ihr gezweifelt habt?
KS –
Nein. Nenn man als Verein für gewisse Werte einsteht und Wörter wie Vielfalt und Demokratie proklamiert, dann ist das meistens schon ein Ausschlusskriterium in sich.

Wenn ihr auf die vergangenen Jahre zurückblickt: Was würdet ihr als die größte Herausforderung bezeichnen, mit der ihr im Verein umgehen musstet?
MG –
Also ich glaube, jeder, der in einer führenden Position wie wir war oder ist, hat für eine Zeit lang die Verantwortung, so einen Verein weiterzuentwickeln. Wenn man auf die letzten Jahre zurückschaut, dann sehen wir: Es hat sich eine Menge getan. Wir haben den Verein gemeinsam zukunftsfähig gemacht. Wir haben ihn in ein neues Gewand gepackt. Wir haben versucht, Geschichten anders zu erzählen, die Homepage neu gemacht. Aber, was viel wichtiger ist, wir haben auch die inhaltliche Basis dazu neu aufgebaut. Die Vereinsstrukturen zukunftsfähig zu machen, das war, denke ich, eine der großen Aufgaben, die wir in Angriff genommen haben. Und bezüglich unserer Projekte: Da hat Katharina Sterzer ein wunderbares Händchen gehabt. Man muss sich vor Augen führen, dass die meiste Arbeit gar keiner sieht. Das sind tausende Mails, die im Jahr beantwortet werden. Das sind tausende Telefonate, die geführt werden. Und wenn die Helfer zusammenkamen und den Rundbrief, also unseren Newsletter, eingetütet haben, dann war das immer so ein tolles Gemeinschaftserlebnis. Das ist so eine schöne Art, die da einfach an den Tag gelegt wurde. Wir arbeiten viel mit Leuten, die ein freiwilliges soziales oder kulturelles Jahr gemacht haben und die richtig gewachsen sind, weil sie unglaublich viel selbst getan haben. Sie haben viel Eigenverantwortung bekommen, haben dadurch viel lernen können und sind dem Verein im Regelfall bis heute noch immer verbunden. Das sieht man auf jeder Veranstaltung.
KS – Eine Herausforderung ist auch, dass so ein Verein auch wirtschaftlich stabil stehen muss. Und das war etwas, worin ich als Geschäftsführerin sozusagen meine größte Verantwortung gesehen habe. Wir haben untereinander immer so eine Rollenverteilung gehabt, dass ich das Geld einspare und Matthias es ausgibt. Da hätte ich auch gern einmal die Rollen getauscht. Das ist tatsächlich für mich die größte Herausforderung gewesen. Und wir haben jetzt einen Verein, der eine Buchhaltung hat, wie ein Unternehmen sie führen würde. Das ist etwas, das am Ende extrem viel Arbeit erfordert, die zwar keiner sieht, die aber wichtig ist, um so einen Verein zukunftsfähig zu machen. Und wenn wir über Ehrenamt sprechen, dann muss auch das natürlich betreut werden. Man sagt immer, dass man etwa pro Ehrenamtsstelle ungefähr eine Viertel Personalstelle braucht. Das ist unsagbar viel, wenn man bedenkt, dass wir um die 40 Ehrenamtlichen haben, die uns über das Jahr in verschiedenster Funktion mal weniger und mal mehr betreuen. Das ist dann auch schon sehr aufwendig gewesen.

Da der wirtschaftliche Aspekt gerade angesprochen wurde: Gab es Ziele oder Vorhaben, die ihr gern umgesetzt hättet, wenn der wirtschaftliche Hintergrund des Freundeskreises keine Rolle gespielt hätte?
KS –
Ach, na klar. Hätten wir tatsächlich ein unendliches Budget, dann fände ich ein Haus der Kultur toll. Ein Haus, in dem Ballettschüler*innen und Musiker*innen, Vereine und Verbände einfach unter einem Dach sitzen. So etwas fehlt Hannover. Dann gäbe es einen gemeinsamen Ort, an dem jeder sein Ding machen kann – und man ist trotzdem zusammen. Und gerade die Vereine, die sich in der kulturellen Landschaft tummeln, unter ein Dach zu bringen, wäre mein persönlicher Traum gewesen.
MG – Man muss ja sehen, wo wir herkommen. Wir haben den Verein, glaube ich, zukunftsfähig gemacht … und ihn souverän durch eine Corona-Zeit geführt. Wir haben uns sehr stark gemacht für so eine Bewerbung „Kulturhauptstadt Europas“, die wir nicht geworden sind. Wir kommen ja aus einer Zeit, in der wir die Expo-Zeiten noch vor Augen haben. Wir hatten ein großes Stadtjubiläum. Diese Kulturhauptstadtbewerbung ist ein mutiges Thema gewesen. Dafür haben wir uns stark gemacht. Jetzt kommt der Kirchentag nach Hannover, da freuen wir uns drauf. Ja, und vielleicht auch eine Bewerbung für Olympia … Es ja immer wieder die Frage: Wie können wir eine Begeisterung für diese Stadt auslösen? Was ist ein Ereignis, was verbindet? Das liegt nicht alleine in der Verantwortung des Freundeskreises – aber wir sind eine ganz starke Stimme der Stadtgesellschaft.
KS – Und wenn wir über das Profil des Vereins und die Stimme der Stadtgesellschaft sprechen, dann bedeutet es auch mal, in unangenehmen Momenten die Stimme zu erheben und eben aus einer bürgerschaftlichen Perspektive heraus zu sagen: Das geht so nicht. Oder: Das muss so gehen. Und wir sind da gerade in den letzten Jahren auch extrem politisch geworden. In der Corona-Zeit haben wir uns zum Beispiel einfach mit 3.000 Menschen auf dem Opernplatz getroffen und den Corona-Toten gedacht. Solche Sachen macht der Freundeskreis innerhalb kürzester Zeit. Das ist unsere Stärke: schnell mobilisieren, ein Gefühl für den Zeitgeist haben und verstehen, wo gerade der Schuh drückt, um dann aus bürgerschaftlicher Perspektive dafür aufzustehen.

Glaubt ihr, dass sich dabei jede*r über den Freundeskreis repräsentiert fühlt?
MG –
Es ist gar nicht unbedingt unser Ziel, jeden zu repräsentieren. Was wichtig ist, ist, dass wir als Stadtgesellschaft nicht nur da sind, sondern auch eine Stimme haben. Und das wird geschätzt. Man kann zu einzelnen Themen unterschiedliche Meinungen haben. Das ist auch gut so. Das ist eine Stärke unserer Demokratie. Wofür wir uns aber stark gemacht haben, ist das Einstehen für die Werte, die unser Zusammenleben bestimmen. Das haben wir bisher immer dann gemacht, wenn wir das Gefühl hatten, das braucht es jetzt. Letztlich hat der Freundeskreis eine unglaublich große Stärke, die allseits geschätzt wird: Er ist nicht parteiisch, er ist unabhängig, hat eine Plattform, die ist nicht Partei, nicht Kirche, nicht Gewerkschaft, nicht Stadt.

Mitunter wird ja pessimistisch auf die Zukunft geblickt, was die Entwicklung von Demokratien betrifft. Ihr hattet schon gesagt, dass es keine Fälle gab, in denen Mitglieder unvereinbare Werte sich gebracht haben. Seid ihr anhand eurer Erfahrungen beim Freundeskreis dennoch zuversichtlich, dass das so bleiben wird? Oder glaubt ihr, dass sich die wie die Gesellschaft auch die Einstellung der Mitglieder über die Jahre verschieben kann?
KS –
Also zu so einem gesamtgesellschaftlichen Wandel kann ich gar nichts sagen. Da bräuchte man eine Glaskugel. Aber die Aufgabe des Freundeskreises ist es, auch dann trotzdem optimistisch nach vorne zu schauen und sich – was auch immer sich gesamtgesellschaftlich verschieben sollte – dagegen zu stellen. Der Freundeskreis steht dann aber nicht gegen so einen Wandel – sondern für die Werte, die wir eben besprochen haben.
MG – Was wir sehen, ist, dass die Mehrheit eher selten das Wort ergreift. Die Ränder sind dagegen sehr laut. Und ich glaube, wir haben eine sehr große Mehrheit der Hannoveraner*innen, die sich auch dahinter vereinigen können. Deswegen habe ich keine Sorge. Der Freundeskreis hat ein ganz klares Profil. Wenn wir aber auf Themen schauen, die für unsere Stadt relevant sind, über die auch viel gesprochen wird, dann ist es sehr wichtig, dass wir die Menschen in den Blick nehmen und sie auf den Weg mitnehmen. Wir müssen eine Balance finden.

Welche Wünsche habt ihr denn für die Zukunft?
KS –
Der Freundeskreis hat sich – seit es ihn gibt, seit über 30 Jahren – immer und immer wieder weiterentwickelt. Ich würde mir wünschen, dass es genau so weitergeht; dass er nicht da stehen bleibt, wo er jetzt gerade ist – sondern, dass sich die Geschäftsstelle, der Vorstand und die Mitglieder gemeinsam mit der ganzen Stadt nach vorne entwickeln. Wo auch immer vorne dann sein wird.
MG – Genau. Und, dass jeder Einzelne auch ein Stück dazu beiträgt. Es ganz wichtig, dass wir nicht nur Ideen formulieren, sondern auch bereit sind, dass jeder Einzelne die Ärmel hochkrempelt und versucht, ein Stück daran mitzuarbeiten. Am Ende ist es viel mehr wert, wenn jeder etwas dazu beigetragen hat. Und ansonsten, wie du (KS) es gesagt hast: Der Verein hat sich über 30 Jahre lang sehr gut entwickelt. Er ist heute einer der größten Bürger*innenvereine in Deutschland. Ich würde mich freuen, wenn es gelingt, immer wieder junge oder engagierte Mitglieder zu gewinnen. Und jeder Einzelne wird andere Akzente setzen, die ihm wichtig sind. Jede Zeit hat ihre Themen.

CK/LD

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Der Freundeskreis im Gespräch im Dezember

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Der Freundeskreis im Gespräch im Dezember


Freundeskreis Interview (17.11.23)
Diesen Monat haben wir uns mit Uwe Berger von der B&B. Markenagentur (UB) und der Moderatorin und Journalistin Anne-Kathrin Berger (AB) unterhalten. Die zwei sind nicht nur Mitglieder des Freundeskreis Hannover e.V., sondern auch Mutter und Sohn, die seit vielen Jahren in Hannover leben und arbeiten. Sie haben mit uns über das Image der Stadt, ihre Nachhaltigkeit und Zukunft gesprochen.

Beginnen wir damit, dass ihr euch kurz vorstellt: Wer seid ihr? Was macht ihr?
UBMein Name ist Uwe Berger. Ich bin 1966 in Stuttgart geboren und lebe seit 1982 in Hannover. Damals bin ich als junger Schüler gekommen und habe dann relativ schnell die Liebe zur Stadt entdeckt. Dank meiner Mutter durfte ich immer viel sehen – von Konzerten bis hin zu großen Festen. Ich habe die Gesellschaft der Stadt sozusagen schon als kleiner Junge kennengelernt und das hat sich so bei mir verfestigt, dass ich gesagt habe: „Ich will auf jeden Fall in Hannover arbeiten.“ So habe ich auch mein ganzes Arbeitsleben bei einem Arbeitgeber hier in Hannover verbracht: Ich bin als Auszubildender in die B&B. Markenagentur gekommen und habe jetzt den Status geschäftsführender Gesellschafter inne. Ich bin also seit 33 Jahren am Wirtschaftsstandort für Kommunikation tätig. Und ich bin bekennender Hannoveraner und liebe diese Stadt, weil sie eine tolle Größe hat: Sie war mir nie zu klein, aber auch nie zu groß.
AB – Mein Name ist Anne-Kathrin Berger. Ich bin in Magdeburg geboren und über Duisburg, Stuttgart und Wolfenbüttel nach Hannover gekommen. Hier wurde ich 1975 Lokalredakteurin bei BILD Hannover, später verantwortliche Redakteurin für Kommunalpolitik und Landespolitik, 1990 Redaktionsleiterin. Das habe ich bis 2002 gemacht, also 27 Jahre. Ich bin meinem Sohn in der Erwerbsbiografie sehr ähnlich mit nur einem Arbeitsschwerpunkt über Jahrzehnte. Das ist auch Freude, wenn man seine Arbeit liebt und sich sein ganzes Arbeitsleben voll um eine Aufgabe kümmern kann. Danach gab es noch die sehr reizvolle Station in Magdeburg, vier Jahre Regierungssprecherin von Sachsen-Anhalt. Nach der Rückkehr nach Hannover habe ich erst die Sendung „Warum, Herr Weil?“ bei h1 gemacht (da war MP Weil noch OB von Hannover), seit über zehn Jahren lade ich zweimal im Monat Menschen aus Politik und Wirtschaft, Kirche und Kultur, Sport und Gesellschaft auf das h1-Sofa ein. Nicht nur Promis, auch Obdachlose und Migranten waren da. Auch ich liebe diese Stadt. Hannover steckt voller interessanter Menschen und es ist spannend, ihnen zu begegnen und mehr über sie zu erfahren.

Wie blickt ihr mit eurer langen Erfahrung hier in der Stadt – ihr kennt die Menschen und die Unternehmen schon seit vielen Jahren – auf das Image von Hannover?
UB –
Hannover hat ein wunderbares Image, aber es fällt den Hannoveraner*innen manchmal etwas schwer, sich darüber auch positiv zu freuen. Da sind wir oft eher zurückhaltend. Ich glaube, Hannover hat das Image, dass man einfach erst einmal da gewesen sein muss und dann erlebt man diese Stadt. Wir haben einen kleinen Außenauftritt-Hänger, weil wir eben nicht das Hofbräuhaus oder den Hafen oder irgendeinen Leuchtturm, der weltweit bekannt wäre, haben. Und ich glaube, da wir so etwas nicht haben, müssen wir uns auch immer wieder ein bisschen neu erfinden. Wir haben kein Image, das man in einer Zeile zusammenfassen könnte. Dafür ist Hannover einfach zu vielschichtig, zu vielseitig. Aber genau das ist eigentlich das, was die Attraktivität dieser Stadt ausmacht.
AB – Mit der Expo 2000 hatte Hannover durchaus die Chance auf einen dauerhaften internationalen Leuchtturm. Das ist leider nicht gelungen, der Zustand des Expo-Geländes heute spricht Bände. Aber die Innensicht auf die Stadt ist doch auch wichtig. Die Menschen leben gerne hier, fühlen sich wohl. Und dann haben wir ja auch die Messe, die Herrenhäuser Gärten, das Sprengel Museum. Wir müssen das vielleicht noch bisschen besser verkaufen.

Wie könnte man denn an dem Image arbeiten? Müsste da etwas anders laufen?
UB –
Es läuft schon vieles gut. Hannover hat eine unheimliche Kraft der Innovation, die man vielleicht manchmal gar nicht so spürt. Ich finde, wir haben eine sehr gute Mobilitätskonzeption, wir haben eine unheimlich breite Wissenschaftslandschaft und mit der MHH, mit der Tierärztlichen Hochschule, mit den Hochschulen und der Universität auch unheimlich viel Power. Ich glaube, wir sind auch eine gut aufgestellte Stadt im Punkt Nachhaltigkeit – und da stellt sich auch ein bisschen die Zukunft unserer Stadt dar. Wir haben eine Chance, die wir natürlich ergreifen müssen; und das gelingt am besten, wenn die Kommunikation läuft.

Inwieweit hilft denn der Freundeskreis dabei?
UB –
Der Freundeskreis ist eine tolle Schablone für interdisziplinäres Zusammenarbeiten und interdisziplinäres Denken. Wir leben in einer vernetzten Gesellschaft. Wir vernetzen unsere Autos, unsere Dinge – aber wir sind manchmal noch nicht maximal mit den Menschen vernetzt. Der Freundeskreis bietet eine Plattform dafür. Wenn sich in Hannover diese persönliche Vernetzung, dieses Beziehungsgeflecht, noch mehr einstellt, dann entsteht meines Erachtens auch schneller diese eine Stimme, die in die Zukunft führt, diese eine Möglichkeit, gemeinsam eine Stadt neu aufzustellen.

Du moderierst ja die Sendung „Auf dem h1-Sofa“: Ist es zu hoch gegriffen, zu sagen, dass du mit deiner Sendung ebenfalls eine vernetzende Funktion verfolgst?
AB –
Nein, das ist auf keinen Fall zu hoch gegriffen. Die Menschen sind das Wichtigste in einer Stadt. Ich habe irgendwann erkannt, dass ich bei h1 die Chance habe, ein lebendes Stadtarchiv aufzubauen, wie es wahrscheinlich keine andere Stadt hat. Ich hatte bisher rund 270 Gäste. Viele, wie Keks-Konsul Hermann Bahlsen, Schuhkönigin Helene Gisy oder Modezar Michael Schulz leben längst nicht mehr. Wenn diese Sendung nicht nur als interessantes Einzelgespräch wahrgenommen wird, sieht man, welche Menschen diese Stadt gestalten oder gestaltet haben, wie sie denken oder wie sie gedacht haben. Ich arbeite da gewissermaßen an der Bewahrung, während Uwe quasi an der Zukunft baut, für die Zukunft arbeitet. Da ergänzen sich zwei Welten – oder zumindest zwei Arbeitsbereiche.
UB – Vielleicht noch als Ergänzung: Vernetzung basiert ja immer auf Transparenz. Ich kann nur diejenigen vernetzen, die einander ein wenig kennen, und ich glaube, dass so eine Sendung wie das h1-Sofa und vielleicht auch meine eigene Sendung, der „Vinyltalk“, dazu führen, Menschen nochmals anders kennenzulernen. Man sieht sie nicht mehr nur in ihrer Rolle, in der sie vielleicht im politischen Kontext oder in journalistischen Darstellungen abgebildet sind. Dieser People’s Talk kann eine Tür öffnen, um überhaupt in Vernetzung zu kommen. Beim „Vinyltalk“ bitte ich meine Gäste zu einem 45-minütigen Gespräch an die Plattenteller: Sie sollen vier Platten mitbringen, die ihnen gefallen, und dabei geht es um die Idee, dass man einen Menschen anhand von Musik besser kennenlernen kann. Das ist ein Hintertürchen in die Persönlichkeit, wenn jemand über eine Platte spricht; und darüber, was ihn dazu gebracht hat, genau diese Platte auszuwählen. Wir sprechen unter dem Thema „Think, Learn, Innovate“ aber nicht nur über Musik, sondern auch über Themen wie Stadtentwicklung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Wie schätzt du denn Hannovers Nachhaltigkeit ein? Sind wir da ganz gut aufgestellt?
UB –
Wir waren schon fast besser, würde ich sagen. Bezüglich Solaranlagen auf Hannovers Dächern würde ich mir noch viel mehr wünschen, Windkraft ist ja sozusagen in der Region angesiedelt und was das Thema Mobilität betrifft, so ist der öffentliche Personennahverkehr ein großer Schlüssel und läuft bei uns, wie ich glaube, ziemlich gut. Das heißt also: Wir haben viele Facetten, um nachhaltiger werden zu können; aber Nachhaltigkeit ist gekommen, um zu bleiben. Wir müssen immer weitermachen. Klimaneutralität ist das, was uns enkelfähig macht. Und da gibt es noch viel zu tun. Wir von der Agentur haben vor einiger Zeit ein Unternehmen gegründet, um die Nachhaltigkeitseinstellung der Menschen messen zu können. Das heißt CHOYZE. Nachhaltigkeitspräferenzmessung ist ein spannendes Thema und darin erkennen wir natürlich, dass es auch ablehnende Haltungen gibt. Ein gewisser Prozentsatz von Menschen sagt eben: „Brauche ich nicht, will ich nicht, Enkel habe ich auch nicht.“ Das müssen wir akzeptieren, aber das darf uns natürlich nicht auf dem Weg irritieren, nachhaltiger zu werden.

Wie verhält es sich mit dem Image hinsichtlich einer anderen großen Debatte dieser Zeit: des Einsatzes für Diversität und Sichtbarmachung, des Angehens gegen Diskriminierungen? Schauspiel und Oper sind da ja etwa gut aufgestellt …
UB –
Da kann ich im Detail nicht viel zu sagen, aber im Großen und Ganzen ist das Thema Diversität für uns, so glaube ich, eine riesengroße Chance. In dem Punkt müssen wir alle etwas lernen … oder andersrum gesagt: Ich glaube, dass sich Generationen natürlich über viele, viele Jahre sozialisiert haben. Ich selber habe manchmal eine Art Scharnierfunktion, denn ich habe am Ende des Tages ein relativ traditionelles Bild als 1966 Geborener, der in den 70er-Jahren groß geworden ist. Damals war einfach alles sehr traditionell. Da ich aber mit ganz vielen jungen Menschen regelmäßig in der Agentur zusammenarbeite, erlebe ich natürlich auch deren Alltag und deren Realität, sodass ich glaube: Es braucht noch eine Übersetzerfunktion für die Gesellschaft. Es gibt ja keine Schraube, die man einfach nur dreht – und zack ist die Welt für alle gleich; sondern man muss das ansprechen, man muss das thematisieren. Und dann kommt es auch zu Lerneffekten. Das macht Hannover eigentlich auch schon ganz gut. Aber das wird natürlich immer wieder neue Facetten bekommen. Resilienz für das Neue ist auch eine Fähigkeit, die wir unseren Kindern beibringen müssen. Wir haben einfach nicht mehr die Stabilität der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern eine sehr schnelle, disruptive Veränderungswelle. Wir haben Technologie, Gesellschaft, Globalisierung, im gleichen Moment aber auch Regionalisierung, weil wir uns Mühe geben, nicht mehr diese Abhängigkeiten zu haben. Da kann die Stadt Hannover noch eine Menge tun, aber am Ende des Tages beginnt es auch bei jedem einzelnen Menschen selbst. Da müsste die Stadt es vielleicht schaffen, Rahmenbedingungen zu geben – aber letztendlich muss jeder Einzelne das im Kopf für sich auflösen.
AB – Da lerne ich als Teil der älteren Generation natürlich viel von meinem Sohn und seiner Arbeit. Es ist ja nicht nur so, dass die Jungen auf dem Weg in die Zukunft mitgenommen werden, sondern auch meine Generation. Da gibt es viele Herausforderungen: Der unumkehrbare Weg aus der analogen in die digitale Welt, der Umgang mit künstlicher Intelligenz, veränderten Arbeits- und Lebenswelten, Nachhaltigkeit und Klimaschutz im eigenen Alltag. Jedes für sich große Zukunftsthemen. Da ist es wunderbar, einen Gesprächspartner wie Uwe zu haben, der mit seinem Team alle diese Zukunftsthemen verantwortungsvoll aufgreift und umsetzt und mich auf diesem Weg mitnimmt.
UB – Am Ende des Tages ist Hannover aber immer auch das Ergebnis der Vorherigen, die gewirkt haben. Natürlich leben wir in der Gegenwart, aber die Gegenwart hat auch immer eine Vergangenheit. Und nun reden wir gemeinsam über die Zukunft, denn die Zukunft können wir alle gestalten. Es ist wichtig, das Vergangene wertzuschätzen und zu wissen, wie diese Stadt geprägt wurde. Wir wollen sie ja nicht abschaffen oder verändern – sondern sie in der Gesamtperspektive betrachten, in der Hannover sich gerade entwickelt.

● CK/LD

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Der Freundeskreis im Gespräch im November

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Der Freundeskreis im Gespräch im November


Diesen Monat haben wir uns mit Oliver Macarenhas (OM) und Leonid Bialski (LB) getroffen. Beide sind Mitglied im Freundeskreis Hannover e.V. In unserem Gespräch ging es um die verschiedenen Funktionen von Musik und darum, was sie in der Gesellschaft bewirken kann.

Fangen wir mit einer Vorstellung an: Wer seid ihr? Was macht ihr?
OM – Mein Name ist Oliver Mascarenhas, bin 49 Jahre alt und seit 26 Jahren Cellist in der NDR Radiophilharmonie Hannover. Ich bin alleinerziehender Familienvater zweier wunderbarer Kinder und auch über das Orchester hinaus musikalisch aktiv.

LB – Ich heiße Leonid Bialski und wurde 1955 in der Ukraine geboren. Im Jahr 1990 kam ich nach Deutschland, 1992 nach Hannover. In meiner Heimat habe ich Violine als Orchestermusiker und Musikpädagoge studiert. Derzeit beschäftige ich mich am meisten mit Organisation von Projekten, wobei ich sehr gerne den Schwerpunkt in der Förderung talentierter Nachwuchs setze.

Wann habt ihr geahnt, wo es einmal hingehen soll? Wann hat sich dieses Verlangen, sich mit Musik zu beschäftigen, erstmals gezeigt?
OM – Ich bin bereits mit 4 Jahren von meinem Vater an das Violoncello herangeführt worden. Mein Vater ist selber Cellist, stammt aus Goa in Indien. Er ist durch ein DAAD-Stipendium nach Deutschland gekommen, hat in Essen studiert, meine Mutter in derselben Celloklasse kennengelernt. Auf Wunsch meines Vaters sollte ich auch das Cello erlernen. Es sei noch ergänzt, dass mein Opa aus Indien auch ein Cellist gewesen ist und für die Maharadschas gespielt hat. Wir sind wenn man so will eine Cellist:Innen-Dynastie.

Wenn du „sollte“ sagst, klingt das so ein bisschen nach Zwang …
OM – Es war erstmal ein Vorschlag meines Vaters und ich hatte anscheinend Talent. Das hat er natürlich gefördert – aber später wurde es über weite Strecken zwingend. Letztendlich war ich mit 14 Jahren so weit, dass ich keine Lust mehr auf das Cello hatte und etwas anderes machen wollte. Durch „Jugend musiziert“ kam ich zu einem anderen Lehrer, der die Lust am Cello wieder in mir entfacht hat. Jürgen Wolf aus Düsseldorf, Solo-Cellist der Düsseldorfer Rheinoper hatte das Talent, mit einer sehr bildhaften Sprache und viel Humor zu unterrichten.

LB – Bei mir war das doch etwas anders: Im Gegenteil zu Oliver hatte ich keine Musiker in meinem direkten Umfeld. Die Einzige, die wirklich musikalisch war, war meine Oma. Sie sang sehr gern beim Nähen und beim Kochen. Als meine sieben Jahre ältere Schwester angefangen hat private Klavierstunden zu nehmen, habe ich mich immer versteckt und konnte stundenlang lauschen. Damit habe ich den Anstoß bekommen, erstmal Klavier zu lernen. Irgendwann meinte meine Klavierlehrerin ich hätte Gehör, und zwar absolutes Gehör und gehöre damit zum Geigenspielen. So war mein Weg …

Du bist auch im Tolstoi e.V. aktiv …
LB – Ich bin seit der Gründung Mitglied im Tolstoi Hilfs- und Kulturwerk – und bin dort als Projektleiter für größere Musikprojekte zuständig, die wir initiieren, durchführen und realisieren. Manchmal mache ich das allein, manchmal in Kooperation mit anderen Institutionen und Organisationen.

Es gab ja 2022 anlässlich des Ukraine-Krieges ein Benefiz-Konzert vom Tolstoi Hilfs- und Kulturwerk e.V.
LB – Dieses Konzert wurde eigentlich von den Sängerinnen und Sängern der Staatsoper in Hannover initiiert – und von Tolstoi e.V. unterstützt. Da war ich nicht direkt mit involviert. Das heißt: Ich war als Zuhörer da und habe sehr laut applaudiert…

Aber vielleicht sprechen wir einmal über Musik als vermittelndes, verbindendes Medium. Was kann denn Musik eigentlich in der Gesellschaft erreichen?
OM – Musik ist sehr verbindend. Das kann ich konkret an absolvierten Projekten verdeutlichen: Ich habe 2006 einmal ein größeres Benefizkonzert in der Lister Matthäus Kirche veranstaltet – anlässlich des 60-jährigen Jubiläums von UNICEF. Man hat an diesem Abend gemerkt, dass Musik so universell und verbindend ist und immer einem guten Zweck dienen kann. Ich hatte damals die Chance, den damaligen Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg als Schirmherrn, ein Gesangsensemble der HMTMH, den Mädchenchor Hannover sowie ein Jugend Ensemble (Percussion Crew Ostkreis), das damals eine unglaubliche Stimmung gezaubert hat für die Veranstaltung zu gewinnen. Ich bin der Meinung, wir müssen solche unterstützenden Projekte immer wieder organisieren. Es ist total wichtig, dass Aufmerksamkeit  aufgebaut wird, um bestenfalls Spenden für einen guten Zweck zu generieren. Es gibt ein weiteres Projekt, das ich damals zu Corona-Zeiten mit einem sehr guten Freund (Julian Scarcella) aus Fischbeck Nähe Hameln initiiert habe: „ClimateCrisis? Stop and Listen!“ Das kann man im Netz heute noch anschauen. Es handelte sich um einen Klima-Chat mit Kompositionen, die nach Aussagen prominenter Menschen entstanden sind, die sich gegen die Klimaerwärmung ausgesprochen haben, z. B. Papst Franziskus. Da haben wir dann entsprechend zu diesen Sätzen oder Aussagen Musik komponiert und diese in einem Klima-Livestream präsentiert. Ich erkenne, wenn ich nach 26 Jahren zurückblicke, dass es gerade in Hannover eine unglaubliche Initiative gibt – nicht nur von den Institutionen, sondern auch besonders von der freien Musikszene.

LB – Von zwei Projekten möchte ich kurz erzählen: Ein Projekt entstand ca. 2001 aus meiner Idee in Zusammenarbeit mit dem bekannten russischen Klavierprofessor Wladimir Krainew, der viele Jahre an der Musikhochschule Hannover gelehrt hatte. Zusammen mit dem Tolstoi e.V. haben wir überlegt, dass wir junge Musiktalente aus Russland nach Deutschland holen und sie anschließend auf ihren musikalischen Wegen begleiten. Manche dieser Nachwuchstalente wurden später weltberühmt, wie der Starpianist Daniil Trifonov. Das zweite Projekt haben wir nach dem Beginn des Ukraine-Krieges initiiert, mit dem Weltklasse-Jazzhornisten Arkady Shilkloper, der ursprünglich aus Moskau kommt, und mit dem ausgezeichneten Jazz-Pianisten Vitaliy Kyianytsia, der aus Kiew kommt. Die beiden Ausnahme-Musiker haben sich zum ersten Mal in Berlin – ihrer zweiten Heimatstätte – getroffen und ein Konzertprogramm zusammen kreiert, das unter dem Titel „Jazz-Dialog für den Frieden“ im November 2022 im Lister Turm vom Tolstoi e.V. präsentiert wurde.

In euren Beispielen scheint es mir vier wichtige Punkte zu geben… Da war zunächst das Generieren von Aufmerksamkeit für ein Thema, dann das Spenden, darüber hinaus noch die über Textelemente vermittelte Botschaft … und schließlich ein interkultureller Aspekt. Bei Spenden hat man ja einen messbaren Effekt. Wie schätzt ihr solche Effekte von Musik in den anderen Bereichen ein? Vermutet ihr, dass sich durch die generierte Aufmerksamkeit sehr viel tut – oder ist die spätestens am nächsten Tag gleich wieder futsch?
OM – Ich würde noch die Jugendförderung erwähnen wollen, die ist immens wichtig. Es kommt aber darauf an, wie eine Veranstaltung angelegt ist. Wenn es nur ein einzelnes Konzert ist, kann es am nächsten Tag in Vergessenheit geraten. Wenn es mehrere Konzerte sind oder eine Reihe von Aufritten z. B. auf einem Festival, dann ist es gut möglich, dass es länger im Bewusstsein bleibt. Wenn ich selber als Zuhörer in ein Benefz-Konzert gehe und es eine tolle Darbietung mit wunderbaren Musiker*innen und Künstler*innen ist, die mich fesselt und begeistert, dann bin ich selbstverständlich immer bereit, mehr Geld zu geben. Das hängt aber an vielen organisatorischen Faktoren. Wie viele Möglichkeiten bekommt man, ein Konzert bekannt zu machen? Oft muss man selber für Publikum sorgen. Man muss selber die PR-Maschinerie mobilisieren, Kontakt zu Online, Zeitungen, Radio, gegebenenfalls Regionalfernsehen aufbauen. Das ist ein unglaublicher Aufwand im Vorfeld. Aber Beharrlichkeit siegt. Man bemüht sich nach Kräften ein größeres Publikum anzusprechen. Je nach Aktualität des Themas wird das natürlich entsprechend auch veröffentlicht.

Bei dir fiel gerade der Anspruch an die Aktualität der Konzerte. Wie sehr wird die Aktualität zwingend vorausgesetzt? Kann man ein Konzert bewerkstelligen, das vielleicht gar keine Aktualität, keinerlei Gegenwartsbezug hat? Fällt das dann schwerer?
OM – Ja, dem würde ich zustimmen. Natürlich muss es nicht immer eine zwingende Aktualität haben. Wir haben so viele Probleme in der Welt, ein unglaubliches Durcheinander, dass man im Prinzip selber manchmal überhaupt nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht. Wir bleiben beim Thema Musik und das ist letztendlich die Qualität, die wir geben, die wir vermitteln können und die wir auch zu Gehör bringen wollen. Mein musikalisches Leben hat sich in den letzten Jahren etwas verlagert. Meine beiden Kinder motivieren mich zunehmend, wieder mehr Jugendförderung zu betreiben. Ich habe jüngst für die Klasse meiner Tochter einen kleinen Opernbesuch mitorganisiert. Die Oper macht ganz wunderbare Jugend- und Kinderprojekte in diesem „Exchange-Programm“. In dem Rahmen wurde ein Kinderkonzert in der Oper veranstaltet – mit einem Maler, der zeitgleich zu der wunderbaren Musik ein wunderschönes Bild an eine riesige Leinwand gemalt hat. Das war für die Kinder einfach grandios. Thema Begeisterung: Das ist ein grundlegendes Thema. Wenn man in der Lage ist, etwas begeistert zu vermitteln, dann merkt es auch das Publikum – Klein wie Groß.

Wie blickst du auf die Effekte von Musik?
LB – Für uns ist Nachhaltigkeit sehr wichtig, das heißt: Folgeprojekte mit gleichen Teilnehmer*innen unter bestimmten Themenansichten, sodass wir quasi das Werk rollen lassen. Zum Beispiel haben wir so ein Projekt mit Arkady Shilkloper: In Folge dieser ersten Zusammenkunft mit einem ukrainischen Musiker ist eine Initiative entstanden, sodass Arkady im nächsten April eine Reihe von Workshops und anschließenden Konzerten mit und für ukrainische Jazzmusiker machen wird, die, begründet durch diese Kriegssituation, jetzt in Hannover leben. Und natürlich träumen wir davon, die Besten bei dem Enecity Swinging Hannover präsentieren zu können! Darin sehen wir eine absolut direkte Nachhaltigkeit. So machen wir das auch bei anderen Projekten. Im Moment arbeiten wir an einem Projekt mit jungen Streicherinnen und Streichern aus Dänemark und Deutschland. Ein preisgekröntes Jugendstreichorchester aus Kopenhagen soll im Februar 2024 nach Hannover kommen, hier mit jungen Ausnahmetalenten ein gemeinsames Programm zusammenstellen und dieses bei zwei Konzerten präsentieren: ein Konzert in Hannover am 11. Februar und ein Konzert in Celle. Dabei sind Anfänger und absolute Virtuosen, die schon vieles erreicht haben, die bei internationalen Wettbewerben Preise abgeräumt haben, bei renommierten Festivals gastieren und mit etablierten Orchestern spielen. Und das ist natürlich das Faszinierende: Das begeistert und motiviert zum Erreichen von weiteren Zielen.

Wenn über die Musik unterschiedliche Generationen oder Nationalitäten zusammengebracht werden, dann würde ich sagen, dass das vielleicht den recht progressiven Effekt hat, dass der Horizont ein bisschen erweitert wird. Ließe sich Musik nicht aber auch missbrauchen? Es gibt ja europaweit so einen Rechtsruck …
OM – Ich möchte jetzt nicht die verschiedenen musikalischen Stilistiken bestimmten politischen Gesinnungen zuordnen, nach dem Motto „Heavy Metal nutzen rechtsorienterte Menschen zur gegenseitigen Erbauung und klassische Musik ist nur reichen Menschen vorbehalten“. Da hat sich einiges getan in den letzten Jahrzehnten. Ich glaube, Musik ist immer sehr universell und verbindend gewesen und wird es auch weiterhin bleiben. Musik ist lokal, national und international zugleich. Ich denke, man kann nicht einen Rachmaninoff oder einen Tschaikowsky verbieten, weil Krieg in der Ukraine herrscht. Diese Komponisten sprechen Alt und Jung gleichermaßen an. Genauso wie Jazz oder auch Heavy Metal. Musik sollte absolut sein und nicht politisiert werden. Man sollte hin- und wieder den Kontext analysieren, inwieweit welcher Künstler, welcher Komponist, welche Musik bei welchem Anlass gebraucht – oder vielleicht eben auch missbraucht – hat.

LB – Das kann ich nur unterstützen. Der Herr Tschaikowsky konnte nichts dafür, dass Herr Putin jetzt so einen furchtbaren Krieg führt. Übrigens war Tschaikowskys Vater ein Ukrainer, was viele nicht wissen. Ich finde, das ist absoluter Nonsens und ein No-Go, dass man das verbietet. Zugleich ist es mir auch eher unsympathisch, wenn man ganz im Gegenteil etwa zeitlich befristete Akzente setzen will und bestimmte Gruppen für eine Zeitlang in den Vordergrund rückt. Da frage ich mich, was passiert danach? Warum muss man in einem Monat so einen Akzent setzen – und in den anderen nicht? Und ich bin auch kein Freund von Quotenregelungen. Also für mich persönlich sind alle Menschen gleichwertig, unabhängig von Hautfarbe, von Religion, vom Bildungsstand… Und so finde ich, schöne Musik – ob Rock, Jazz oder Klassik, egal von wem – muss gehört und muss vermittelt werden.
OM – Was mir aber tatsächlich ein bisschen Angst macht, ist doch diese Instrumentalisierung. Denn man kann eigentlich alles, wenn man will und es darauf anlegt, instrumentalisieren. Und auch das, was als gut und schön angesehen wird, kann man instrumentalisieren.

Sicherlich birgt das Verbindende von Musik auch Gefahrene. Es gibt ja den Spruch: „Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.“ Aber das ist ja unsinnig – und im Nationalsozialismus wurde auch gesungen …
OM – Beispiel Schlager: Man hört ihn gerne, aber wie schnell er missbraucht werden kann, das ist bedenklich.

CK/LD

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Der Freundeskreis im Gespräch im Oktober

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Der Freundeskreis im Gespräch im Oktober


In diesem Monat haben wir mit Joachim König (JK), Geschäftsleitung des HCC, und Patrick Döring (PD), Vorstandsvorsitzender der Wertgarantie gesprochen: Über die Zukunft der Stadt Hannover, über die Entwicklung der Arbeit – und wie sie vor allem für den Nachwuchs attraktiver werden kann. Beide sind Mitglied im Freundeskreis Hannover e.V.

Beginnen wir damit, dass ihr euch vorstellt: Wer seid ihr und was macht ihr?
JK – Mein Name ist Joachim König. Ich bin beruflich seit über 40 Jahren im Tourismus und Veranstaltungsgeschäft tätig und inzwischen seit fast 17 Jahren in Hannover und zuständig für das Hannover Congress Centrum, die gastronomische Versorgung der Heinz-von-Heiden-Arena und für die Gastronomie im Congress Hotel am Stadtpark. Nach Hannover bin ich damals ganz einfach aufgrund einer Stellenausschreibung für die Leitungsstelle im HCC gekommen. Die Herausforderung die Verantwortung in einem der größten messunabhängigen Kongress – und Veranstaltungs- Centren in Deutschland zu übernehmen war natürlich sehr reizvoll, und nach der langen Zeit, die ich jetzt schon dabei bin, kann ich sagen: Es hat sich in jeder Hinsicht gelohnt und war genau die richtige Entscheidung

PD – Ich bin Patrick Döring, bin 1992 zum Studium der Wirtschaftswissenschaft aus dem schönen ländlichen und beschaulichen Stade, zwischen Hamburg und Cuxhaven, nach Hannover gekommen – und bin seitdem hier, habe mein Studium abgeschlossen und 1999 als Assistent des Vorstands in der Wertgarantie angefangen. Seit 2020 bin ich Vorstandsvorsitzender dieser Unternehmensgruppe, die sich in der Zeit wahnsinnig entwickelt hat. Ich habe außerdem ein Ehrenamt in der Kommunalpolitik seit 2001 und bin Mitglied des Rates der Stadt. Von 2005 bis 2013 war ich für die FDP im Deutschen Bundestag; sozusagen als zweites Standbein. Ich kann über mich sagen, dass ich ein überzeugter und engagierter Wahl-Hannoveraner bin.

Die Wertgarantie war ja an den Smart City Days 2023 beteiligt – da haben wir uns gedacht, dass wir einmal über das Thema Nachwuchs mit euch sprechen. Das Thema dürfte euch ja gleichermaßen berühren. Wie sieht es zum Beispiel beim HCC aus? Hat man dort Nachwuchsprobleme?
JK – Es ist natürlich so, dass wir sowohl Arbeits- als auch Nachwuchsprobleme haben. Arbeitskräfteprobleme und auch Nachwuchsprobleme. Die Dinge, die da eine Rolle spielen, sind bekannt. Die muss man nicht groß ausführen. Wir haben eine demografische Veränderung, die war aber mit sehr viel Anlauf schon seit vielen Jahren erkennbar. Und wir stehen im Wettbewerb bezüglich der Möglichkeiten, junge Menschen dafür zu interessieren, die Berufe zu erlernen, die wir anbieten, und in der Branche zu bleiben. Wir sind nicht die attraktivsten Arbeitgeber*innen, denn wir haben mit unserer herausfordernden Anspruchssituation – was die Zeiten, Wochenend-, Feiertagsarbeit angeht, was aber auch insgesamt die Lohn- und Gehaltsstrukturen im Bereich der Gastronomie und der Veranstaltungswirtschaft angeht – nicht die attraktivsten Angebote. Damit hat schon immer eine gewisse Begeisterungsfähigkeit dazu gehört, und die ist, auch durch die Coronazeit, zusätzliche in wenig abhandengekommen.

PD – Natürlich findet man immer noch Talente und engagierte Nachwuchskräfte. Wir bilden auch mehr aus als je zuvor, aber die Soft Skills, die man mitbringen muss, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, sind vielfältiger geworden. Wir haben ohnehin einen starken Wettbewerb in unserer Branche. Hannover ist der zweitgrößte Versicherungsstandort der Republik – und Wertgarantie ist das kleinste Unternehmen in Hannover. Das ist nicht neu. Neu ist aber die Diskussion über die Fragen: „Wie viel Zeit muss ich denn im Büro verbringen? Gibt es die Möglichkeit, Workation im Ausland zu machen? Wie digital seid ihr? Wie agil seid ihr? Wie schnell kann ich bereichsübergreifende Projekte mitgestalten als Neuling?“ Und diesen Fragen muss man sich stellen, da muss man Antworten drauf geben – und zwar realistische und ehrliche Antworten. Wenn man den Leuten ein X für ein U vorzumachen versucht, was man im betrieblichen Alltag dann nicht durchhält, dann sind die Leute noch schneller weg, dann gucken sie sich noch schneller um. Wichtig sind Klarheit und Wahrheit und auch als Führungskraft kontinuierlich an der Attraktivität der Arbeit zu arbeiten. Man darf auch nicht den Fehler machen, sich nur auf die, die man sucht, zu konzentrieren, weil man dann gegebenenfalls den Eindruck erweckt, dass man diejenigen vergisst, die sehr treu und sehr loyal über Jahre und Jahrzehnte dabei geblieben sind. Das hat dann auch eine enorme Sprengkraft und deshalb muss man diese Balance tatsächlich gerade in einem wachsenden Organismus sehr gut im Auge behalten. Es ist schon sehr anspruchsvoll geworden. Das Personalthema ist, muss ich sagen, in den letzten Jahren zu einem sehr, sehr starken Thema geworden im Vergleich zu all meinen Berufsjahren davor.

Es wurde schon gesagt, dass die Entwicklung teils lange im Voraus absehbar war. Wie hoch ist da dann der Frust?
JK – Es ist kein Frust. Es ist einfach so, dass man diese Herausforderung jetzt vernünftig beantworten muss. Denn wenn Frust in den Positionen, in denen Herr Döring und ich sind, eine Grundlage der Arbeit wäre, hätten wir uns an der falschen Stelle einsortiert. Es geht darum, das anzunehmen und damit umzugehen. Diese Entwicklungen waren schon vor Corona erkennbar, der demografische Wandel ist mit extrem langem Anlauf erkennbar gewesen. Nur die Dynamik ist eine andere. Jetzt muss man Antworten finden und ich finde es genau richtig, dass man offen und ehrlich ist. Das ist bei uns in der Branche auch wichtig, weil die Herausforderungen, die unsere Arbeitsplätze nicht für jeden gleichermaßen attraktiv machen, natürlich geblieben sind. Wir haben nun mal mit Veranstaltungen zu tun: Da sieht man gerne die bunten Scheinwerfer und die furchtbar wichtigen Menschen und Stars, mit denen man in Berührung kommt. Aber den Leuten muss eben auch klar sein, dass wir dabei die Dienstleister sind, die dafür sorgen, dass die Bühne für andere bereit ist und alles funktioniert. Das ist oft weit weniger sexy und spannend, als es auf den ersten Eindruck erscheinen mag. Ich habe auch bereits einzelnen Leuten gesagt: „Wissen Sie, ich habe ja verstanden, dass es das Thema der Work-Life-Balance gibt. Aber, wenn daraus eine Life-Work-Balance wird, dann wird es schwierig in unserer Branche.“ Was wir in unserer Branche haben ist eine große Flexibilität bezüglich Zeit und Aufwand und teilweise eine sehr projektbezogene Arbeitsstruktur, die viel Spielraum für unabhängige, selbstständige Arbeitsabläufe lässt. Das schafft Spielräume für Menschen, die gewohnt sind Verantwortung eigenständig in Arbeitsleistung umzusetzen und entspricht damit, meiner Meinung nach, durchaus in Teilbereichen an vielen Stellen den neuen, veränderten Erwartungen.

PD – Ich glaube, wir tun alle gut daran, das Thema Leistungsbereitschaft und Ergebnisorientierung auch in den Mittelpunkt unserer Führungsarbeit zu rücken und die Frage, wie man dann am Ende zum Ergebnis kommt, etwas in den Hintergrund zu stellen. Das ist die neue Führungsarbeit und die neue Führungsaufgabe, denn wir alle – und das merke ich auch an den Beschäftigten – haben den Anspruch, dass der Laden läuft. Und das immer wieder zu betonen, ist auch nicht falsch und auch nicht altmodisch. Trotzdem entbehrt das niemanden vor der Verantwortung und der Pflicht, einfach abzuliefern.

Wie sieht es denn mit der Erwartung für die nächsten Jahre aus? Wenn man von außen drauf guckt, dann kann ja die Erwartung eigentlich gar nicht groß sein, dass sich das über die nächsten Jahre irgendwie bessert.
PD – Ja, das wird so sein. Die Demografie hält sich … und die in den 70er-Jahren nicht geborenen Frauen werden heute auch keine Kinder bekommen. Das ist relativ einfach. Aber die Frage, wie die Menschen auf den Arbeitsmarkt blicken, die wird sich verändern. Ich bin ganz sicher, dass wir über die Frage, ob die Rente mit 63 eine kluge Entscheidung war, zunehmend kritischer diskutieren werden. Und ich nehme bei meinen älteren Arbeitnehmern auch wahr, dass die sehr gerne im Betrieb bleiben wollen, nur nicht Vollzeit. Also muss ich flexible Modelle bauen und sagen, dann fährst du eben bis 67 aus und arbeitest zwei Drittel, 50 Prozent, ein Drittel, aber du bleibst. Dieses Fallbeil, das wir in vielen Berufen immer noch haben, dass es mit 64½ oder wann auch immer zu Ende ist, ist falsch: Dann bist du von 100 auf 0. Das ist so gestrig. Wir können den Unternehmen flexible Modelle anbieten und sollten das auch zunehmend tun. Aber wir brauchen dann auch die Rahmenbedingungen, dass es für beide Seiten attraktiv ist, und dann werden auch genügend Menschen länger in der Arbeit bleiben.

JK – Ich glaube auch, dieses Thema ist ein Wechselspiel. Also die Erwartungen, dass es besser wird, habe ich sehr wohl. Wobei, die Dinge müssen sich unter den neuen Parametern einfach neu finden. Und das wird passieren. Die jungen Menschen haben ja auch heutzutage vergleichbare Qualitäten und wollen sich entwickeln und Perspektiven aufgezeigt bekommen und Dinge erreichen. Die Autonomiebereitschaft muss einfach eine sein, die Work und Life miteinander kombiniert. Und wenn das Miteinander in neue Formate übergeht und wir dann auch Chancen nutzen, Menschen, die fehlen, durch Optimierungsprozesse in technischer und anderer Hinsicht sozusagen zu ergänzen und uns dann neu aufzustellen, dann wird das auch ein Modell sein, das funktioniert.

PD – Ich würde mal gerne auch über die Frage sprechen, wie attraktiv eigentlich Hannover für den Nachwuchs ist? Die Debatte, die die Stadtgesellschaft gerade über das Image Hannovers führt, verbindet uns natürlich auch. Und deshalb lohnt es sich vielleicht auch darüber zu diskutieren, wie wir es schaffen, dass Hannover seine Attraktivität steigert. Wir müssen uns fragen: „Wie wollen wir eigentlich sein?“. Ich glaube, die Debatte beginnt gerade an vielen Stellen in der Stadt. Und die Frage, wie attraktiv Hannover auch als Standort ist, ist für ein Unternehmen, das hier Arbeitskräfte sucht, extrem wichtig.

Wie erklärt ihr euch das schlechte Image?
PD – Schlecht ist es, glaube ich, nicht. Ich glaube, wir haben gar keins.

JK – Ich glaube, die neue Diskussion, was das Image angeht, ist gar nicht so ganz neu. Zukünftig wird es, wahrscheinlich noch ein wenig mehr als in der Vergangenheit, darum gehen, dass man versucht, herausragende Themen herausragend zu positionieren. Also die Leuchttürme zu definieren und zu bestimmen. Es ist wichtig, die Grundlage – also das, worin man gut ist – zu verbessern und stärker zu werden und weniger darum, etwas anzufangen, bei dem man sich eher im hinteren Wettbewerbssegment befindet. Die Plattform ist hervorragend. Da ist wird in Hannover teilweise immer noch dramatisch unterschätzt. Im Übrigen häufig von den Hannoveraner*innen selber.

PD – Ja, das sehe ich komplett genauso. Wir haben Zentralität, also Erreichbarkeit – mega. Die Lebensqualität, wenn man den Radius von 400 Metern rund um den Bahnhof mal ausblendet, ist super. Einkaufsmöglichkeiten, gastronomische Möglichkeiten, auch wieder Sterneküchen. Auch das macht viel aus für das Image einer Stadt. Wir haben mit den Gärten, mit dem Maschsee, mit der Eilenriede, Naherholungsmöglichkeiten wie kaum eine Stadt in unserer Größe. Und wir haben so wahnsinnig diverse Stadtteile, aber ein bisschen mehr Selbstbewusstsein – da bin ich total bei Herrn König – ist auch nicht falsch. Ich gehöre ja, wie gesagt, zu den enthusiastischen Hannoveranern. Ich habe zum Beispiel entschieden, dass der jährliche große Kongress, den wir früher immer irgendwo in Deutschland abgehalten haben, nicht nur jetzt im Jubiläumsjahr – 60 Jahre Wertgarantie –, sondern auch zukünftig immer hier stattfindet. Hier ist unser Standort, hier ist die Firma gegründet worden, hier ist die Veranstaltung. Auch das ist ein Mindset. Und da fehlt es uns manchmal auch. Das Besondere an Hannover war doch früher, dass wir irgendwie immer diese Internationalität, die eine große Industriemesse mitbringt, auch gespürt haben in den Restaurants, in der Kultur, überall … Dann ist da immer was hängen geblieben. Und dann ist es so ein bisschen verloren gegangen, finde ich.

JK – Es ist dann auch die Herausforderung als Partner der Veranstalter in jeder Stadt, wo große Messen und Kongresse stattfinden, attraktive, unterstützende Geschichten zu entwickeln und Teile der neuen Formate in die Stadt zu holen. Die Menschen merken natürlich, wenn sie von auswärts kommen, ob sie willkommen sind oder nicht. Also diese Gastfreundschaft, die muss in der Breite und authentisch da sein. Und auf der Gastfreundschaft basiert dann der Erfolg in der mittelfristigen Ausprägung. Und das erfordert ganz häufig einen anderen Aufwand und eine andere Anstrengung, als früher. Da war es nämlich schon einmal unkomplizierter und bequemer. Am Beispiel Veranstaltungen festgemacht: Das Konzept für eine Ballveranstaltung. Das hat man vor zehn, zwanzig Jahren einmal gemacht – und dann hat man zehn Jahre lang nichts ändern müssen … außer, dass man jedes Jahr die Band getauscht hat. Wenn ich heute nicht bei jedem Format jedes Jahr mindestens drei, vier neue Aspekte anbiete, sagt das kritischere, jüngere Publikum mit weniger Treue zur Veranstaltung sofort: „Das ist ja doof und langweilig, da gibt es ja andere Formate, dann gehe ich da hin.“ So ähnlich sind eigentlich auch die neuen Herausforderungen, sowohl in der Stadt als auch in der gesamten Entwicklung, im Kongress-, Messe- oder Eventbereich.

Christian Kaiser

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Der Freundeskreis im Gespräch im September

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Der Freundeskreis im Gespräch im September


Der Freundeskreis im Gespräch
Dietmar Althof und Dr. Bala S. Ramani

Diesen Monat sprechen wir mit den Freundeskreis-Mitgliedern Dietmar Althof (DA), Gastronom, ehemaliger Seniorpartner der Schlossküche Herrenhausen, heute Grauwinkels und langjähriger Mövenpick Restaurants Deutschland Chef, und Dr. Bala S. Ramani (BR), u. a. Ratsherri m Stadtrat der Landeshauptstadt Hannover, über die Stärken und das Image Hannovers.

Zuerst wie immer unsere kleine Vorstellungsrunde …

Dietmar Althof

DA – Ich bin 1951 geboren und 1977 nach dem Studium nach Hannover gekommen, um damals das Café Kröpcke wieder mit aufzubauen, in seiner heutigen Form. Die Schweizer Firma Mövenpick hatte den Zuschlag bekommen und ich war neuer Vizedirektor und habe dort meine Sporen verdient. In der Zeit habe ich Hannover kennen und lieben gelernt. Die Stadt ist meine Heimat geworden. Ich fühle mich hier richtig wohl, ich bin Hannoveraner mit Leib und Seele. Und das Herz der Innenstadt hat mich immer besonders beschäftigt. Wobei ich mich insbesondere für die Oper interessiere. Die war ja nun – in dem Fall leider – gerade erst wieder in aller Munde, weil die Intendantin Laura Berman aufs Übelste antisemitisch beschimpft worden ist. Wir haben uns als Nachbarn natürlich zusammengeschlossen und uns solidarisch gezeigt. Ich bin auch selbst viel kulturell unterwegs, spiele immer noch gerne Theater. Ich bin außerdem seit vielen Jahren Mitglied im Freundeskreis und Kuratoriumsmitglied. Die Belange der Stadt interessieren mich. Ich durfte damals hautnah den Aufbau zur EXPO-Stadt miterleben. Und wir haben damals am Kröpcke auch das EXPO-Café angegliedert. Das war ein großer Erfolg, großartige Veranstaltungen, Events und tolle Partys. Also, Hannover bedeutet mir eine ganze Menge. Hannover ist mein Leben.

Du musst noch kurz verraten, was du studiert hast …
DA –
Ich habe die Aufnahmeprüfung bei einer berühmten Schauspielschule in Österreich gemacht und bestanden. Und bin dann jobben gegangen, in die Schweiz, bei Mövenpick. Und der Eigentümer hat gesagt: „Du bist so gut für die Gastronomie, du musst Gastronomie machen. Weißt du was, ich schicke dich nach Amerika auf die Cornell University. Da bekommst du Gastronomie, da bekommst du Wirtschaftspolitik“. Also habe ich dort Wirtschaftspolitik studiert.

Dr. Bala S. Ramani

Jetzt zu dir, Bala …
BR –
Ich heiße Balasubramanian Ramani, kurz Bala, das war immer einfacher für die Menschen hier (lacht). Ich bin promovierter Meeresbotaniker. Bei meinem Promotionsthema hier in Hannover an der Leibniz Universität ging es beispielsweise darum, zu untersuchen, wie Küstenpflanzen gegen den Klimawandel wirken können. Ich habe den Master in Meeresbiologie und ein Botanik-Studium. Ich bin in Indien geboren und vor 23 Jahren nach Hannover gekommen, im EXPO-Jahr 2000. Das ist auch für mich ein ganz besonderes Jahr, an das ich mich gerne erinnere. Ich bin noch immer an der Leibniz Universität Hannover tätig, ich bin dort beschäftigt, seit ich in Hannover bin. Zuerst war ich Doktorand in der Forschung, später wissenschaftlicher Mitarbeiter. Heute bin ich zuständig für die Internationalisierung der Hochschule, insbesondere für den asiatischen Raum und auch Afrika. Und ich bin weltweit an großen Projekten beteiligt, in Lateinamerika, Asien und Afrika, Länder, in denen wir Auslandsämter aufbauen, wo Studierende für den Austausch hinkönnen. Das gibt es bisher in vielen Ländern noch nicht. Wir unterstützen mit unserem Wissen, unserem Know-how. Ich bin dazu auch weiter in der Forschungskommunikation tätig, also nicht ganz getrennt von der Forschung, trotz Verwaltung und Koordination.

Und du bist im Stadtrat.
BR –
Ja, seit 2012 bin ich auch in der Politik tätig. Ich bin in die Sozialdemokratische Partei eingetreten und war zuerst im Bezirksrat Mitte. Seit 2021 bin ich nun gewählter Ratsherr für die Landeshauptstadt. Ich bin der umweltpolitische Sprecher der Fraktion und Mitglied im Kulturausschuss und im Ausschuss für Internationales. Ich bin außerdem Gründer des Indischen Vereins Hannover, den es mittlerweile schon 15 Jahre gibt. Wir waren maßgeblich daran beteiligt, dass die Büste von Mahatma Ghandi direkt am Rathaus steht. 2021 habe ich mich sehr gefreut über eine hohe Auszeichnung, ich bin mit dem Pravasi Bharatiya Samman Award für im Ausland lebende Inder ausgezeichnet worden, da geht es um die Würdigung des Einsatzes für die Zusammenarbeit zwischen Indien und Deutschland, vergleichbar mit dem Bundesverdienstkreuz in Deutschland. Aber auch wenn ich mich noch viel mit Indien beschäftige, Hannover ist längst mein Zuhause und Niedersachsen ist meine Heimat. Ich bin sehr gerne hier.

Zwei Hannoveraner mit Fleisch und Blut …
DA –
So kann man das auf den Punkt bringen, das könnte die Headline sein.

Was euch verbindet, ist auch die Liebe zur Kultur. Du, Dietmar, bist für die Kultur in Hannover auch mal in die Wanne gestiegen …
DA – Ja, das ist schon ein paar Jahre her. Das war damals auf dem Opernplatz. In der Sparte Ballett sollte u. a. gespart werden. Und wir haben gesagt: Die Kultur darf nicht baden gehen. Also bin ich in die Wanne. Wir müssen alle gemeinsam auf unsere Kultur aufpassen, wir müssen ein Auge darauf haben, dass sie insgesamt ausreichend gefördert wird. Das gilt für alle Bereiche. Bei mir war es damals das Engagement fürs Ballett, weil ich selbst mal Ballett getanzt habe. Damals haben wir auch die Ballett Gesellschaft gegründet, mit dem internationalen Choreografie Wettbewerb.
BR – Kultur ist das, was uns alle verbindet. Ich habe damals im Jahr 2000 die Oper zum ersten Mal kennengelernt, meine Professorin hat mich mitgenommen. Und das war schon ein spezielles Erlebnis, ich habe natürlich nicht viel verstanden. Die Kultur in Deutschland ist ganz anders als in Indien. In Indien gibt es eine wahnsinnige Vielfalt, man fährt 30 Kilometer und die Kleidung ist komplett anders. Man lebt seine eigene Kultur in der Familie. Indische Musik, das Theater, die Kunst ist komplett anders als im Westen. Inzwischen habe ich aber auch die westliche Kultur verinnerlicht und weiß, wie wichtig sie für unser Zusammenleben ist. Kultur ist wie Essen. Überlebenswichtig. Und alles ist Kultur. Wie wir kommunizieren, wie wir miteinander umgehen. Auch das gehört für mich zum Kulturbegriff. Ich fasse das sehr weit.
DA – Ich möchte noch ergänzen, dass aus meiner Sicht die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur gar nicht früh genug beginnen kann. Ich denke, dass das eine zentrale Aufgabe der Bildungs- und Sozialpolitik sein muss. Bildung fängt schon in der Kita an. Das ist essentiell, das sorgt für Chancen. Der beste Tänzer der Welt, die beste Sängerin, der beste Schriftsteller, sie werden nie erkannt, wenn sie keine Chance bekommen. Ich hatte hier in Hannover eine Patenschaft bei einer Kita und es stellen sich ja viele Fragen: Was essen die Kinder? Was bekommen sie zum Frühstück? Wird frisch gekocht? Aber auch: Was singen sie? Was lesen sie? Bildung beginnt in der Kita. Doch es gibt auch bei uns immer noch viele Kinder, die diese Chance, diese Notwendigkeit nicht bekommen. Kultur und Soziales ist in diesem Sinne für mich immer eine Einheit gewesen und nicht voneinander zu trennen. Ein kleiner Gesangsverein, der mit Kindern oder mit alten Leuten singt, macht wichtige Kulturarbeit und Sozialarbeit. Wenn ich davon rede, dass die Kultur gefördert werden muss, dann rede ich immer über das Ganze und nicht allein über die Hochkultur. Wir müssen da sehr in der Breite denken. Und alles auskömmlich fördern.

Aber es sieht jetzt so aus, dass im Bereich der freiwilligen Leistungen ziemlich umfangreich der Rotstift angesetzt werden soll.
BR – Der Stadtkämmerer, Herr von der Ohe, hat sich dazu schon klar positioniert und gesagt, dass Sport und Kultur eben nicht nur „nice to have“ sind, sondern überaus wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Es ist klar und wir wissen alle, dass gespart werden muss, es gibt die Vorgaben der Kommunalaufsicht. Aber wir dürfen trotzdem nicht dem Sport und der Kultur schaden. Wir müssen eine Lösung finden. Vielleicht auch viele Lösungen. Für mich ist ganz klar, wenn wir bei den Vereinen, bei der Kultur, beim ehrenamtlichen Engagement kürzen, dann stärken wir die Rechten. Ich finde das gefährlich, gerade in diesen Zeiten. Wir haben da eine große Verantwortung für den Frieden in dieser Gesellschaft. Die Kultur bringt alle zusammen. Ja, wir müssen sparen, aber wir müssen klug sparen.
DA – Wobei wir aber auch ein bisschen Vertrauen können auf das Engagement der Kulturschaffenden. Nicht alles muss finanziert und subventioniert werden. „die hinterbuehne“ ist da für mich ein herausragendes Beispiel. Es geht auch ganz ohne Förderung. Ich spiele dort seit Jahren selbst Theater mit unserer Gruppe, der „Tribüne“, die Fitzek-Stücke und jetzt diese wunderbare Extra-Wurst, bei dem ich die Hauptrolle habe. Die füllen dort ihr Theater mit verschiedensten Veranstaltungen. Man kann also auch in Eigenregie etwas auf die Beine stellen. Und „die hinterbuehne“ ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Es ist beeindruckend, was Utz Rathmann und sein Team dort leisten.

Ich finde es trotzdem gut, wenn viel gefördert wird, eher mehr als weniger …
DA –
Ich sage auch nur, dass nicht alles eine Frage des Geldes ist. Man kann auch mit Eigeninitiative viel auf die Beine stellen. Das gilt ja nicht nur für die Kultur, das gilt auch für die Wirtschaft. Es braucht immer ein gewisses Maß an Eigeninitiative und Mut. Ich denke bei der Kultur zum Beispiel an den „Kulturhafen“ – ganz junge Leute, die das gemeinsam ins Leben gerufen haben. Absolut großartig. Oder auch der „Andersraum“. Ausstellungen, Bilder, Lesungen, Gruppen etc. – ein ganz toller Verein. Kultur für alle.

Es gibt ja momentan wieder die Diskussionen um das Image Hannovers. Und dann ist immer auch die Rede davon, dass Hannover kulturell nicht genug strahlt. Ich finde das nicht. Ich finde, wir gucken nur nicht genau genug hin. Es gibt ganz viel …
BR –
Wir sollten uns erstens nicht immer mit Berlin, Hamburg oder München vergleichen, und ja, wir sollten wahrscheinlich ein bisschen mehr Selbstbewusstsein entwickeln, denn Hannover hat kulturell wirklich unfassbar viel zu bieten. Manchmal fällt es schwer, sich zu entscheiden, weil so viel parallel läuft. Und es ist tatsächlich so, das vieles gar nicht gesehen oder gewürdigt wird. Wenn man zum Beispiel Leute aus Hannover fragt, ob sie schon mal im Historischen Museum waren, dann gibt es sehr viele, die das bisher ausgelassen haben. Dabei ist das ein ganz großartiges Haus. Ich denke, wir brauchen da ein Marketing in der Stadt, das sich gezielt an die eigenen Bürger*innen richtet. Und ich finde außerdem, wir sollten ein bisschen mehr eine andere Stärke herausstellen. Hannover ist multikulturell. Wir sind sehr international aufgestellt. Und das bildet sich aus meiner Sicht im Kulturangebot der Stadt noch nicht ausreichend ab. Vielleicht würde es sich lohnen, künftig ein bisschen mehr in diese Richtung zu denken. Außerdem brauchen wir Marketingstrategien, die gezielt auf jüngere Menschen zugeschnitten sind. Die schauen nicht mehr klassisch in die Zeitung. Da müssen wir neue und kreative Wege entwickeln.
DA – Hannover hat wirklich enorm viel zu bieten und muss sich nicht verstecken. Ich kenne auch keine Halbmillionenstadt, die in den letzten 20 Jahren einen Bundeskanzler, einen Bundespräsidenten und eine EU-Kommissarin gestellt hat. Irgendwas muss also dran sein an Hannover. Das gilt übrigens auch für den Sport. Und was ebenfalls immer gerne vergessen wird: Wir haben die Scorpions und Fury in the Slaughterhouse. Wir brauchen unser Licht wirklich nicht unter den Scheffel zu stellen. Ich denke, wir müssen noch mehr darüber nachdenken, wie wir Kultur für alle leichter erlebbar und zugänglicher machen. Da ist schon eine Menge auf dem Weg, aber da geht eventuell noch mehr.
Vielleicht freier Eintritt an Montagabenden oder Dienstagabenden für bestimmte Gruppen, für Rentner*innen, Schüler*innen, Arbeitssuchende. Da kann es gerne Zusatzangebote geben, die dann auch stärker kommuniziert werden sollten. Wie gesagt, wir haben schon jetzt wirklich schöne Angebote, wer an Kultur interessiert ist, hat in Hannover die Möglichkeit, Kultur zu erleben, und dazu braucht es gar nicht viel Geld, vieles ist kostenlos. Und jeder und jede ist aufgerufen, die Angebote auch in Anspruch zu nehmen. Aber ist das Angebot schon ausreichend genug in der Breite kommuniziert? Da müssen wir nachlegen. Und wirklich mit viel Selbstbewusstsein an die Öffentlichkeit gehen. Wir haben alles, was eine Großstadt braucht. Übrigens auch ein sensationelles Verkehrskonzept, das die Kultur mit den Tickets unterstützt. Wenn ich als Rentner ein Ticket bekomme, kostet das noch nicht mal 25 Euro und ich kann den gesamten Großraum abfahren. Also, wir müssen uns nicht verstecken. Und wir können alle zu Botschafter*innen werden.

Bala, du hast eben schon angesprochen, dass Kürzungen an den falschen Stellen möglicherweise die rechten Tendenzen in der Gesellschaft verstärken. Wie besorgt blickt ihr auf die aktuellen Umfragen?
BR –
Mit großer Sorge. Wir müssen die Realität erkennen, das ist kein Randthema mehr. Wobei natürlich viele sagen, dass sie AfD wählen würden, weil sie frustriert sind, enttäuscht von der Politik. Auf verschiedenen Ebenen. Und das kann ich insofern nachvollziehen, weil die Politik sich momentan zumindest auf der bundesdeutschen Ebene sehr um sich selbst dreht. Selbst, wenn Gutes auf den Weg gebracht wird, dringt das gar nicht mehr durch. Wir müssen weitaus mehr kommunizieren. Ich bin sehr viel unterwegs und ich stelle immer wieder fest, dass man mit den Menschen sehr ehrlich sein kann. Wir können ruhig sagen, was machbar ist und was nicht machbar ist. Wo wir Kompetenzen haben, wo auf Bundesebene oder Landesebene entschieden wird. Das müssen wir erklären und dafür müssen sich alle Politiker*innen die Zeit nehmen. Aber wir müssen vor allem auch zuhören. Und Zuhören ist ein großes Problem von Politiker*innen. Sie sagen immer „Ich muss, ich muss, ich muss …“, sie sind immer schon wieder auf dem Sprung. Und wenn das passiert, fühlen sich die Menschen nicht ernst genommen. Also wenden sie sich jenen zu, die vermeintlich zuhören. Und die die leichten Lösungen anbieten. Wobei sie natürlich ganz genau wissen, dass ihre einfachen Vorschläge niemals realisierbar sein werden.
DA – Dass da viel in die falsche Richtung läuft, sehen wir ja an so einem Vorfall wie mit Laura Berman. Aber wenn ich hier so in unsere Runde blicke, dann habe ich auch Hoffnung. Jung und multikulturell, das ist die Mitte. Und ich hoffe sehr darauf, dass diese neue Generation jetzt das Zepter von uns Alten übernimmt und es besser macht. Wir haben viele Fehler gemacht, nicht nur in der Umweltpolitik, in verschiedenen Bereichen. Klar, wir haben auch Positives erreicht in Deutschland, unseren Wohlstand. Aber was haben wir in Europa und in der Welt erreicht? Es ist uns nicht gelungen, die Schere enger zu machen. Es gibt ein großes Ungleichgewicht, immense Ungerechtigkeiten. Ich hoffe sehr, dass die kommenden Generationen das in den Griff bekommen.

Haben wir in unserer Gesellschaft noch genug Zusammenhalt, gibt es noch die Mitte, die aufeinander achtgibt, die sich gegenseitig unterstützt? Oder haben wir eher ganz viele Egoshooter großgezogen in den vergangenen Jahren?
BR – Ich bin überzeugt und erlebe auch jeden Tag, dass es diesen Zusammenhalt weiter gibt. Ich erlebe das an der Universität, im Verein, auch in der Politik, in der Nachbarschaft. Es gibt nach wie vor eine sehr große Hilfsbereitschaft, das haben wir wieder bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine erlebt. Oder nehmen wir das Erdbeben in Syrien und der Türkei – die Hilfsbereitschaft war riesengroß. Und wenn es Hassbriefe oder Ähnliches gibt, dann reagiert die Zivilgesellschaft ebenfalls noch immer sehr unmittelbar.
DA – Ich denke auch, dass wir weiterhin an den richtigen Stellen aufstehen und den Rücken gerade machen werden. Das müssen wir, das ist eine Hauptaufgabe. Paroli bieten. Couragiert sein. Ich denke, dass für die AfD und die Ideen dieser Partei in unserer Gesellschaft kein Platz ist. Wir können uns wirklich darüber freuen, dass wir eine so bunte, offene und freie Gesellschaft haben. Dass das so bleibt und vielleicht auch noch offener wird, dafür sollten wir alle mit großer Leidenschaft kämpfen.

Lak

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