Tonträger im Dezember

Hodja: We Are The Here And Now
Gewohnt erdig im Sinn von dreckig, ist das Album Nr. 4 des Trios um Sänger und Bühnentier Claudius Pratt, das in ähnlicher Besetzung als Reverend Shine Snake Oil Co. unterwegs ist. Reduziert auf Pratts maunzenden Gesang, Gitarre und Drums sind die Songs sperrig, aber ab und zu erwächst aus der trockenen Erde eben doch etwas sehr Schönes, wie die harmonischen Chöre des Titeltracks.

 

 

Tuvaband: I Entered The Void
Ein düster-rockiges, schwebend melancholisches und eher ruhiges Werk ist das zweite Album des aus der norwegischen Singer-Songwriterin Tuva Hellum Marschhäuser und dem britischen Musiker Simon Would bestehenden, Berlin-basierten Duos Tuvaband. Mit kleinen Siouxsie and the Banshees-Kieksern in der etwas gebrochenen Stimme und schleppenden Post-Rock-Gitarren schön, aber nicht unkompliziert.

 

 

Fire From The Gods: American Sun
Die Männer aus Austin, Texas um den aus Jamaica stammenden Sänger AJ Channer servieren auf ihrem zweiten Album das aus ihrem Debüt „Narrative“ bewährte Menü: Eine brettharte Mischung aus Metal-Riffs und einprägsamen, melodischen Hooklines in schnellem Wechsel, gewürzt mit einer Prise Reggae. Das ist wenig subtil, macht aber in diesem Fall mal so gar nichts.

 

 

Goldroger: Diskman-Antishock
Der Dortmunder Rapper wehrt sich gegen die Eindimensionalität seines Genres, das gern seine Protagonisten klischeeversifften Typisierungen wie Kiffer, Staatsfeind oder Womanizer unterzieht und routinierte Gegnerbeleidigung feiert. Und ebenso klug ,  facettenreich und entspannt ist „Diskman-Antishock“ mit sieben Tracks, wo auch schon mal eine Gitarre auftauchen kann.

 

 

Lady Crank: Scylla/Charybdis
Als wäre es ein Versehen, blitzen auf dem nach Meeresungeheuern der griechischen Mythologie benannten Debütalbum des Post-Hardcore Trios aus Berlin und Hannover zwischen dem Geprügel und Gescreame ab und zu Parts hervor, die man harmonisch nennen muss und die zeigen: Die Band kann auch schön, will aber nicht. Was die wollen, ist schnell, intensiv und im besten Sinne ungehobelt.

 

 

City At Dark: City At Dark
Das Berliner Duo aus der Schweizer Künstlerin Laura Landergott und dem israelischen Gitarristen Yair Karelic, noch vor Kurzem unter dem Namen RÁN unterwegs, hat ein selbstbetiteltes, spannendes Debütalbum mit düsterem Art-Wave herausgebracht. Anfangs hektisch treibend, elektronisch mit einem Schuss Tarantino, wird es später deutlich gitarrenlastiger, psychedelisch und hart aber nicht heavy.

 

 

Yann Tiersen: Portrait
Der französische Komponist und Multiinstrumentalist, der nach dem Erfolg des Films „Die fabelhafte Welt der Amélie“ einem breiteren Publikum bekannt wurde, hat mit „Portrait“ eine Sammlung von 25 Stücken seiner einzelnen Schaffensphasen herausgebracht, die weit über die, auch aus anderen Filmen wie „Good Bye Lenin“ bekannten, melancholisch-getragenen Klaviermelodien hinausgeht. Für die Aufnahmen lud er eine Schar illustrer Gäste in sein auf der westfranzösischen Insel Ouessant gelegenes, in einer ehemaligen Disco selbst ausgebautes Studio ein: Gruff Rhys, walisischer Musiker und Sänger der Super Furry Animals sang mit Emilie Tiersen eine entkernte Version des Tracks „Monochrome“ ein. Stephen O’Malley, Mitgründer der Drone Doom-Band Sunn O arbeitete vor Ort an „Introductory Movement“ und „Prad“ mit und steuerte, gemeinsam mit Melanie Knott und John Grant Spoken Words zum Abschlusstrack „Thinking Like A Mountain“ bei.

 

Kadavar: For The Dead Travels Fast
Es sind nicht die schlechtesten neuen Alben, die zur Zeit sehr alt klingen – im Gegenteil. So hat die Berlin-basierte Band Kadavar als fünftes ein schönes Retro-Rock-Album mit klassisch-sphärischem Intro rausgehauen. Geheimnisvoll spacig und treibend geht es mit „The Devil´s Master“ los, das sich bald zu einem wunderbar basslastigen Stück Rock auflöst und zeigt, wo es im Weiteren lang gehen wird. Mit der Falsettstimme einer räudigen Mickeymaus bestreitet Sänger und Gitarrist Christoph Lindemann weite Teile des Albums, wie das Hookline-starke, hitverdächtige „Children Of The Night“, kann aber bekanntermaßen auch anders. Der merkwürdige, spitzhütige Look der Band ist übrigens der Inspiration durch Werner Herzogs „Nosferatu“ und einem Trip der Band nach Transsylvanien geschuldet, und mündete in das atmosphärisch gelungene Artwork des Covers mit Original-Dracula-Schloss im Hintergrund.  Annika Bachem


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