Gisela Raabe-Meyer von „Seniorpartner in Schoool e.V.” (SiS)

„Eine Brücke zwischen Alt und Jung” möchte der Verein “Seniorpartner in School e.V.” sein, der Menschen der Generation 55+, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, kostenlos zu SchulmediatorInnen ausbildet. Diese begleiten dann Kinder und Jugendliche auf dem Weg, ihre Konflikte mit Hilfe gewaltfreier Kommunikation selbst zu lösen – was mittlerweile bereits von 13 Grundschulen in Hannover und der Region genutzt und sehr geschätzt wird.

„Bloß nichts mit Naturwissenschaft” wollte sie im Anschluss an ihr oft sehr forderndes Berufsleben machen, erzählt die Biologin Gisela Raabe-Meyer lachend. Humangenetik und bio-medizinische Forschung waren ihr Leben, nachdem sie sich während des Studiums für die Wissenschaft und gegen den Lehrerinnenberuf entschieden hatte. „Vielleicht hole ich das jetzt nach”, überlegt sie, und erinnert sich, dass sie sich schon Jahre vor Erreichen des Renteneintritts Gedanken gemacht hat, was sie dann mit ihrer Zeit machen könnte: „Von 180 auf Null, das kann für die Psyche und die Gesundheit nicht gut sein.” Über den Verein „Mentor” wird Gisela Raabe-Meyer zunächst Lesementorin und unterstützt Kinder und junge Erwachsene in Grund- und Berufsschulen beim Lesen und Erlernen der deutschen Sprache.
In der Fichteschule, einer Grundschule in Hainholz, wird sie dabei vom dort tätigen SiS-Team angesprochen und ist sofort begeistert von der Idee des Vereins und der Möglichkeit, sich als Schulmediatorin ausbilden zu lassen. Sie bewirbt sich und wird nach einem Vorgespräch angenommen. Voraussetzung hierfür ist auch, dass sie bereit ist, im Anschluss an die Ausbildung, die sich in drei mehrtägige Blöcke und eine anschließende Hospitationszeit gliedert, mindestens zwei Jahre lang einmal wöchentlich für SIS tätig zu sein. Nach der Ausbildung und etwa 50 absolvierten Einsätzen erhält sie ein Zertifikat als SiS-Schulmediatorin.
„Es ist wichtig, dass man gut vorbereitet in die Mediationen geht”, sagt Raabe-Meyer. „Es ist gar nicht so einfach, wenn Kinder kommen, die für sie in diesem Moment unlösbare Konflikte haben und total aufgeregt sind. Da braucht man ein bestimmtes Vorgehen, und das muss gelernt und trainiert werden.”
Grundschulen, die Schulmediation anbieten wollen, müssen dafür einen Raum zur Verfügung stellen, den sogenannten “Raum der guten Lösungen”. Hier bieten die MediatorInnen Sprechzeiten für die Kinder an, bei denen sie grundsätzlich zu zweit auftreten. Die Kinder kommen oft von sich aus, was Raabe-Meyer dann besonders freut, oder sie werden von Lehrkräften geschickt, wenn Konflikte vom Pausenhof mit in den Unterricht gebracht werden und dort einfach stören. Die Kinder dürfen dann in Ruhe reden, und jeder kommt zu Wort.
„Unser Ziel ist es, dass sie dabei selbst auf eine Lösung kommen. Am schönsten ist es, wenn sie brummelig reinkommen und strahlend Arm in Arm wieder hinausgehen”, so Raabe Meyer. „Das klappt natürlich nicht immer. Aber die Kinder lernen, dass man nicht mit Fäusten aufeinander losgehen muss, sondern dass man Konflikte durch Reden löst.” Eine wichtige Regel der Mediationsarbeit ist, dass die MediatorInnen eine Schweigepflicht haben, es gelangen keine Informationen über den Streit an Eltern oder Lehrer. Lediglich wenn beispielsweise der Verdacht auf Misshandlungen besteht, wird hiervon abgewichen. Das wird dann aber auch dem betroffenen Kind gegenüber offen kommuniziert, sodass es keinesfalls zu einem Vertrauensbruch kommt.
Dreimal in der Woche bietet SiS in der Fichteschule am Vormittag Sprechzeiten an. Manchmal kommen die Kinder auch einfach so zu Besuch – oder eben, wenn es Zoff gibt. „Sie kommen zu zweit, zu dritt … Wenn es größere Gruppen sind, versuchen wir im Vorfeld zu klären, wer die Hauptpersonen sind. Mehr als vier Kinder sind nicht sinnvoll, denn es gibt zwar Regeln für so ein Gespräch, aber die Kinder sind ja auch einfach noch klein”, lacht Raabe-Meyer. „Das läuft oft nicht so diszipliniert ab.”
SiS ist bundesweit tätig. Die einzelnen Landesverbände bilden Stützpunkte, einer davon ist Hannover und Umgebung mit etwa 100 Mitgliedern. Hier engagiert sich Gisela Raabe Meyer auch im Leitungsteam für die Öffentlichkeitsarbeit. Auf den verschiedenen Ebenen finden regelmäßig Treffen und Fortbildungsveranstaltungen statt.
Ganz wichtig und für die MentorInnen verpflichtend sind Supervisionen, die regelmäßig stattfinden und dazu beitragen, so manchen eigenen Konflikt zu klären, Knoten zu lösen und den StreitschlichterInnen Kommunikationshilfen an die Hand geben.
Viele der SIS-Ehrenamtlichen waren früher in sozialen Berufen tätig oder sind ehemalige Lehrkräfte. Als ehemalige Naturwissenschaftlerin ist Raabe-Meyer hier eher eine Exotin. „So manches, was ich durch diese Arbeit über Kommunikation und Konfliktmanagement gelernt habe, hätte ich in meinem Berufsleben sehr gut gebrauchen können”, sagt Raabe-Meyer, die froh ist, dass sie als Schulmediatorin so eine erfüllende und sinnvolle Aufgabe gefunden hat, die noch dazu wirklich Spaß macht.
Aktuell sucht der Stützpunkt Hannover dringend weitere Ehrenamtliche, auch wenn die Tätigkeit in den Schulen zurzeit wegen der Corona-Pandemie ruht. Der Start der nächsten Ausbildung ist voraussichtlich für Oktober geplant.

www.sis-hannover.de                                                                                                           Annika Bachem


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