Tonträger im September

Deep Purple: Whoosh!
Auch eine zweijährige Abschiedstour muss noch lange nicht bedeuten, dass sich eine Band wirklich verabschiedet, oder? Wenn es ihnen doch Spaß macht? Zumal „The Long Goodbye“ ja nicht verrät, wie lange sich das hinziehen wird. Da kann man noch mal ganz entspannt ein Album raushauen, und die fürs nächste Jahr geplante Tour heißt vorsichtshalber nicht mehr „Goodbye“, sondern „Whoosh!“.

 

 

 

 

All We Are: Providence
Treffen sich eine norwegische Bassistin, ein irischer Drummer und ein brasilianischer Gitarrist in Liverpool … Herausgekommen, neben einer wunderbaren Freundschaft, ist dabei aktuell das dritte Album, und das ist Disco, Baby! Funkige Basslinien, Falsett- und Chorgesang in schönster Harmonie, knackige und elektronische Rhythmen funktionieren als perfekte Stimmungsaufheller.

 

 

 

 

Helgen: Die Bredouille
Die drei Hamburger, von denen nur einer ein Helge ist, mausern sich nach ihrem Debüt „halb oder gar nicht“ von 2017 mit ihrem zweiten Album zu würdigen Vertretern schlauer deutscher Indiepop-Bands, die nicht nerven. Mit viel Freude an guter Bassarbeit, phrasenarm und ideenreich mäandern sie sich verspielt durch die elf Tracks und erinnern ein kleines bisschen an die Sterne.

 

 

 

 

Roy Ayers, Adrian Younge

and Ali Shaheed Muhammad: Roy Ayers JID002
Der „Godfather of Neo-Soul“, Vibraphonist und Sänger Roy Ayers hat sich mit den Produzenten und Multiinstrumentalisten Ali Shahed Muhammad und Adrian Younge zusammengetan. Im Kollektiv, ergänzt von einer ganzen Schar hochbegabter Musiker, entstanden die 8 Kompositionen, die an Ayers’ klassische Periode in den 70ern erinnern.

 

 

 

 

Sophie Hunger: Halluzinationen
Die zweite Zusammenarbeit der in Berlin lebenden Schweizerin mit dem Produzenten Dan Carey, auf dem sie den auf dem Vorgänger „Molecules“ eingeschlagenen elektronischen Pfad konsequent weiterverfolgt. In einem einzigen Take eingespielt, transportiert das Album eine hektische Energie und in seinen besten Momenten eine raue Intensität, befeuert von ihrem unverwechselbaren Gesang.

 

 

 

 

Motorpsycho: The All Is One
Nach „The Crucible“ und „The Tower“ der 3. Teil der informell „Gullvag Trilogy“ betitelten Trilogie. Nicht fehlen darf hier, was Fans der Band lieben und andere nerven mag: N.O.X., ein fast 42-minütiges, 5-teiliges Opus, dass nach Angaben der Band „das radikalste Zeug, dass sie in der letzten Zeit auf ein Album gebrachte haben“. Eingängig dagegen ist Opener und Titelsong „The All Is One“.

 

 

 

 

Circus Electric: Circus Electric
2019 gegründet, schwimmt die junge Berliner Band im Kielwasser von Retro-Rockbands wie den Rival Sons, Kadavar, Wolfmother oder auch Royal Blood. Das tut sie so gekonnt und überzeugend, dass man völlig vergisst, es langweilig zu finden. Ob das selbstbetitelte Debütalbum von Frontmann und Gitarrist Adrian Dehn, dem Bassisten Oskar Pursche und Drummer Leonard Vaessen nun mehr nach Led Zeppelin oder nach Deep Purple klingen, ist letztlich auch weniger wichtig, als dass sie tatsächlich einen so rauen, authentischen Sound haben, dass man sich in die Siebziger zurückversetzt fühlt. Nicht zuletzt ist das Album mit 12 Songs auf nur 38 Minuten so knackig, dass keine Zeit für allzu ausuferndes Gerödel bleibt. Das muss kein Nachteil sein – im Gegenteil, zumal die drei ihre Instrumente beherrschen und so live sicher noch eine Schippe drauflegen können, wenn sie als Vorband für Deep Purple unterwegs sind.                                            Annika Bachem

 

 

Wingenfelder: SendeschlussTestbild
Um ihr zehnjähriges Bandbestehen zu feiern, haben die Brüder Kai und Thorsten Wingenfelder eine Doppel-LP aufgenommen. Darauf finden sich zehn Live-Tracks, die die Fans kennen und lieben, darunter zum Beispiel der Kracher „Paradies“ vom ersten Album oder das sommerlich-groovige „Irgendwo ist immer Sommer“ von ihrer letzten Platte „Sieben Himmel hoch“. Daneben gibt es aber auch zehn weitere, ganz neue Studiotracks zu entdecken. Und das Spektrum reicht von politischen Songs wie dem brachial-eindringlichen Titeltrack, ein gut gemachtes Cover des Pohlmann-Klassikers „Star Wars“, bis zu tief persönlichen Nummern wie „Rette mich, wer kann“. Und nicht zuletzt: Wenn es im verrückten Jahr 2020 denn einen Sommerhit gibt, dürfte das ohne Wenn und Aber „Aragona“ sein.

Illi Hinzberg


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