Zorbas

Schon seit 1982 findet sich im Stadtteil Vinnhorst neben dem Mittellandkanal ein weiteres beliebtes Ausflugsziel; das Restaurant Zorbas. Die hier betriebene griechische Küche folgt dem Ausspruch Sokrates‘ „Wir leben nicht, um zu essen, wir essen, um zu leben“ – eine Aufforderung, das Tempo des Verzehrs zu drosseln und damit den Genuss zu erhöhen oder eine philosophische Andeutung auf die üppige Fülle der gereichten Speisen? Das Bild „ein Abend mit griechischen Freu(n)den“ wird hier jedenfalls in den schönsten sommerabendlichen Farben und mediterranen Geschmäckern gemalt.

Wem in den heißen Monaten der Mittagstisch (erhältlich von Montag bis Freitag) selbst im Schatten der großen Sonnenschirme zu viel ist, der nimmt eben wie wir erst nach dem Abendspaziergang am Kanal hier Platz. Zum geselligen Schnack passt der Mezedes-Teller für zwei Personen (19,50 Euro), der zum delikat gebackenen, dünnen Weißbrot eine Zusammenstellung kalter und warmer Vorspeisen bietet, die man traditionellerweise aus tönernen Schälchen isst, die auf dem Tisch verteilt sind, anstatt sich nach deutscher Unart die Hälfte auf dem eigenen Teller zu „sichern“. Die Auswahl kleiner, variantenreicher Gerichte (im Original zu Wein und Ouzo gereicht, wir begnügen uns heute mit Wasser) wird langsam genossen und dient eher der Geselligkeit als der Appetitanregung. Die hier gereichte Platte offeriert dicke Bohnen in einer würzigen Tomatensauce, dazu sagenhaften Saganaki, paniert in der Pfanne gebratenen Schafskäse, Riesenpeperoni und Meze-Pilze. Selbst im Schatten schmelzen wir dahin bei Chtipiti, einer Schafskäsecreme, der Olivenöl, Pfeffer, Zitrone und scharfe Peperonis beigemengt wurden, und Tarama, dem „Kaviar der Griechen“ aus gesalzenem Fischrogen (meistens vom Karpfen, aber auch vom Kabeljau oder sogar Hering mit Weißbrot, Olivenöl und Zitrone zu einer Paste verarbeitet). Auch der hauseigene Zaziki darf nicht fehlen, in den man genießerisch die wunderbaren, goldbraun mit Mehl gebratenen Auberginen und Zucchini eintunken kann.
Auf der nachfolgenden Wein-Platte (für 16,90 Euro) tummeln sich appetitlich arrangiert und so saftig anzusehen wie anzubeißen ein Souvlaki (gegrillter Fleischspieß), ein Kotelett, ein Lammkotelett, ein Suzuki aus feinem Hack kräftigen Geschmackes, ein salziges Scheibchen Käse und lockeres Gyros. Den dazugehörenden Viertelliter Hauswein tauschen wir gegen einen Tsipouro (ein traditioneller griechischer Tresterbrand), um etwas Luft für die noch ausstehenden Probierhappen zu schaffen. All das Fleisch ist derartig gut gewürzt und ge(b)raten, dass wir glücklich sind, uns nicht zwischen den einzelnen Sorten entscheiden zu müssen – und wie üblich eben sowenig zwischen Tomaten-Reis, Pommes und Salat. Auch die „Spezialität des Hauses“ (für 14,50 Euro) begleiten diese drei netten Beilagen, sie selbst entpuppt sich als kleingeschnittenes Filet in einem leicht bitteren, sehr fruchtigen Erbsen-Pilz-Bett, das mit zarten Karotten- und Zwiebel-Spänen bedeckt ist.
Zum großzügigen Trio vom Rotbarschfilet (für 14,50 Euro), das im geschmackvollen Pfeffer-und-Salz-Teigmantel daherkommt, war überbackener Brokkoli angekündigt, der nun doch anstatt von Käse nur eine leichte Metaxasauce trägt – angesichts der Temperaturen die richtige Entscheidung. Die hauseigene Remoulade, Orange, Zitrone und ein Tomaten-Gurken-Salat mit Oliven und Zwiebelringen steuern stattdessen weitaus sommerlichere Komponenten bei.
Insgesamt distanzieren sich alle Tellergerichte qualitativ ausdrücklich von ihren eingedeutschten Bekannten aus den Touristenortküchen Griechenlands (und hiesigen Restaurants mit ihren meist lustlosen Zitaten mediterraner Kochkunst). Wer Sehnsucht nach hellenischen Genüssen, aber keinen Koch mit den entsprechenden Fähigkeiten im Freundeskreis und keine Urlaubskoordinaten von authentisch griechischen Küchen hat, der kann diese auf der Zorbas-Terrasse zumindest für einen Abend lang stillen. In den kühleren Monaten lässt sich der lukullische Sommernachts-Traum im Gastraum mit großflächiger Oktopus-Fototapete unter den wachsamen Augen von Anthony Quinn und unter Flaschen von allerlei landestypischen Weinen und Spirituosen fortsetzen…

 ● Anke Wittkopp
Friedenauer Str. 45
30419 Hannover
Tel. (0511) 67 15 09
www.zorbas-in-hannover.de

Öffnungszeiten:
Mo – Sa 12-14 Uhr
So 12-14:30 Uhr
sowie 17.30-23 Uhr
Dienstag Ruhetag


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