Ein offener Brief an Gianni Infantino

Ein offener Brief an Gianni Infantino

Lieber Gianni,
die Sache ist gelaufen, du hast es durchgezogen, du hast gewonnen, du hattest sozusagen deine Satisfaktion. Wir gratulieren! Endlich ist es geschafft. Endlich kannst du einen Haken dranmachen. Das muss dich wirklich verfolgt haben, diese Zeit damals im schweizerischen Brig, deine Eltern Gastarbeiter aus Italien, du untalentiert, erfolglos und gemobbt beim FC Folgore in der 5. Liga. Damals hat sich dein Hass entwickelt, dein Hass auf diesen verdammten Fußball.
Und du hast dich auf den langen Weg gemacht, es allen heimzuzahlen. Du hast dich eingeschlichen bei der FIFA, hast dir alle Haare abrasiert, damit man bei deinem Anblick fast automatisch an Fußball denkt, bist schließlich aufgestiegen zum Präsidenten und damit hattest du es endlich in der Hand. Wie richtet man möglichst nachhaltig einen Sport zugrunde? Wie sorgt man dafür, dass sich die Menschen reihenweise angewidert abwenden? Richtig, man verkauft Weltmeisterschaften an Länder, für die Fußball ein ebenso nachrangiges Thema ist wie Menschenrechte. Und man pfeift dabei auf jede Zurückhaltung, damit auch wirklich allen klar wird, wie sehr geschmiert wurde, man entblößt den Weltfußballverband in aller Öffentlichkeit als korrumpierte, gewissenlose Geldmaschine, so funktioniert effektive Diskreditierung.
Hier ein paar Uhren, dort ein paar Geldkoffer, hier ein paar tote Arbeiter, dort noch ein paar mehr tote Arbeiter, hier ein paar Umweltsünden, dort eine in den Winter verlegte Weltmeisterschaft, weil es im Sommer doch schnell mal 50 Grad im Schatten werden können, was bei der Vergabe aber noch niemand gewusst hat, weil die Sommertemperaturen in Katar absolutes Geheimwissen sind. Da müssen erst tausende investigative Journalisten eifrig recherchieren, um das herauszufinden.
Und wenn dann alle denken, dass es schlimmer nicht mehr werden kann, verwandelst du den finalen Elfmeter, gibst zum Start der WM eine Pressekonferenz und hast sehr starke Gefühle. Du fühlst dich als Katarer, als Araber, fühlst dich afrikanisch, homosexuell und behindert, fühlst dich als Arbeitsmigrant, wetterst anschließend noch ein bisschen gegen die Doppelmoral der westlichen Welt, schimpfst auf die Europäer und bringst die FIFA zur Lösung aller Weltprobleme ins Spiel. Wie geil ist das denn? Einen nackteren Arsch kann man der Weltöffentlichkeit gar nicht entgegenstrecken. Großartig! Und dann sitzt auch noch die Faeser neben dir mit dieser schrägen Binde. Während die armselige deutsche Mannschaft vor Sanktionen zittert.
Lieber Gianni, wir verneigen uns tief. Was für ein Kantersieg. Sepp Blatter war schon eine große Nummer, du hast sein Werk nun würdig vollendet. Den Sport an sich, den du so sehr verabscheust, hast du erfolgreich zur Nebensache degradiert, Argentinien ist Weltmeister, aber in China fällt manchmal auch ein Sack Reis um. Besser kann man König Fußball nicht in den Dreck ziehen. Wir sind gespannt, was nun noch kommen kann. Die Vergabe der WM 2026 ist ja leider schon gelaufen, dann sind ganz harmlos Kanada, Mexiko und die USA dran. Was gut für den Fußball sein könnte, was dich alarmieren und motivieren sollte. Wie wäre es mit Nordkorea als Austragungsort der WM 2030?

GAH

Bild: 3D Animation Production Company / Pixabay.com


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