Ein offener Brief an Olaf Scholz

Lieber Olaf,

kurz vor der Sommerpause noch schnell ein großes Dankeschön von unserer Seite. Wir geben zu, wir waren ein bisschen beunruhigt. Wegen dem Krieg und der Inflation und der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Eindruck, dass sich die Ampel die ganze Zeit nur fetzt und gerade jetzt, wo es darum geht, mal ein bisschen in die Zukunft zu planen, völlig versagt. Wir hatten sogar gelegentlich schlaflose Nächte.

Aber dann hast du das große Sommerinterview gegeben und uns ist echt ein Findling vom Herzen gefallen. Alles ist gut! Wir sind so unfassbar erleichtert. Die Ampel streitet sich gar nicht, man führt nur notwendige, ernsthafte, sachorientierte, seriöse Diskussionen und geht ansonsten sehr vertrauensvoll und freundschaftlich miteinander um. Das Menschliche funktioniert. Und auch das neue Heizungsgesetz funktioniert. Es ist sozial total vorbildlich ausgewogen. Dass auch Villenbesitzer unterm Strich genauso gefördert werden wie alle anderen, ist gar kein Problem, weil es gar kein Problem ist. Und das Gesetz ist nach all den Änderungen immer noch total super für gegen den Klimawandel, weil es total super ist für gegen den Klimawandel. Klasse!

Wäre ja auch zu schade gewesen, wenn nach all der Aufregung das Gesetz nur noch eine Farce wäre und man zum Beispiel vor 2030 munter weiter Ölheizungen einbauen könnte, was man zwar kann, was aber nicht schlimm ist, weil das so kompliziert verpackt ist, dass es ohnehin niemand versteht. Und dann auch niemand macht. Womit die Klimaziele erreicht werden. Also alles gut. Auch beim Ausbau von Windrädern. Das wird demnächst schneller und schneller gehen, gar keine Frage. Mit dem neuen Deutschlandtempo. Und Expert*innen, die das Gegenteil behaupten, sind keine Expert*innen. Und wenn man lange genug mit denen diskutiert, sehen die das irgendwann auch ein.

Darum auch die Diskussionen innerhalb der Koalition. Um die Expert*innen, aber auch die Bürger*innen mitzunehmen. Um allen zu zeigen, dass man um die besten Lösungen streitet. Um das transparent zu machen, nachvollziehbar für die Bevölkerung, dafür braucht es die öffentliche Auseinandersetzung. Und eben keine Machtwörter, die solche Prozesse im Keim ersticken würden. Es braucht keinen kompromisslosen John Wayne, sondern einen grübelnden, nachdenklichen Olaf, der die Dinge sachlich durchmoderiert und dabei freundlich und entspannt bleibt. Übrigens auch im Umgang mit anderen Staatenlenkern. Der Macron scheint ja sogar fast so etwas wie ein Fan von dir zu sein. So eng, so gut die Freundschaft, da passt kein Blatt Papier dazwischen. Sehr gut! Da wurde ja auch gemunkelt, dass es hinter den Kulissen ein bisschen kracht. Ausgeräumt. Stark!

Und noch ein großes Glück: Die AfD ist nur eine Schlechte-Laune-Partei. Da ist uns gleich noch einmal ein veritabler Findling vom Herzen gefallen. Wenn die nur eine Schlechte-Laune-Partei sind, dann ist das alles ja eher niedlich als bedrohlich. Denen ist nur die eine oder andere Laus über die Leber gelaufen. Alles nur halb so schlimm. Gott sei Dank! Wir hatten schon gedacht, da wären echte Nazis unterwegs, die wirklich Böses im Schilde führen. Aber wenn die nur schlechte Laune haben, dann ist es tatsächlich auch gar kein Problem, dass die AfD in Umfragen jetzt vor der SPD liegt. Wenn es nur nach der schlechten Laune geht, da gibt es ja Tage, da würden wir am Telefon bei einer Umfrage vielleicht auch mal ein bisschen die schlechte Stimmung rauslassen. Ist ja nur Spaß, in Wirklichkeit. Und darum gehen diese 20 Prozent demnächst auch ganz bestimmt wieder von allein weg. Spätestens wenn alle endlich begreifen, was die Ampel für eine großartige Arbeit leistet. Klar, das muss man den Menschen noch ein bisschen erklären, rund 80 Prozent sind momentan mit der Ampel nicht zufrieden, es braucht noch viele öffentliche Diskussionen. Aber zur nächsten Wahl ist ja noch reichlich Zeit. Das wird sich schon noch zurechtruckeln, wenn es erst mit jedem Tag im neuen Deutschlandtempo weiter vorangeht, und wir alle gemeinsam, auch dank dir und deiner klugen, besonnenen Art, das nächste Wirtschaftswunder erleben. Blühende Landschaften. Jetzt kann der Sommer wirklich kommen.
Danke, Olaf!

VA


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