Tag Archive | "2020-03"

Ein letztes Wort im März

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Ein letztes Wort im März


… mit dem Mininisterpräsidenten Stefan Weil.

Herr Weil, sortieren Sie mal Thüringen für mich, was ist da passiert?
Da sind eigentlich alle passenden Begriffe schon gefallen: Dammbruch, Tabubruch, ein wirklich ein schlimmer Vorgang, ein riesiger Schaden für unsere Demokratie. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik haben zwei demokratische Parteien, die CDU und die FDP, gemeinsam mit einer rechten Partei, der AfD, einen Ministerpräsidenten gewählt. Dieser Vorgang hat aus guten Gründen große Aufregung ausgelöst. Man hat einer Partei Einfluss auf die Regierungsbildung eingeräumt, die gerade in Thüringen im Verdacht steht, rechtsextremistisch zu sein.

Was haben Sie gedacht, als diese Nachricht zum ersten Mal durch die Medien schwappte?
Das kann doch nicht wahr sein! Ich war fest davon überzeugt, dass Bodo Ramelow im dritten Wahlgang gewählt würde. Dass er es in den ersten beiden Wahlgängen nicht schaffen würde, das war abzusehen. Aber ich hätte mir nicht im Traum vorstellen können, dass ein FDP-Mann zum Ministerpräsidenten gewählt wird – der Kandidat einer Partei, die es bei der Wahl mit nur etwa 70 Stimmen über den Durst überhaupt in den Landtag geschafft hat. Was für eine Verhöhnung des Wählerwillens.

War das alles ein abgekartetes Spiel, gab es vorher Absprachen? Was meinen Sie?
Zumindest sind Christdemokraten und Liberale sehenden Auges in eine Falle getappt. Das Vorgehen von AfD-Fraktionschef Höcke war allerdings nicht besonders raffiniert und man hätte seinen Plan im Vorfeld erkennen können und müssen. Und offenbar hat es ja auch warnende Stimmen gegeben. Spätestens nach Vorlage des Abstimmungsergebnisses hätte die Reißleine gezogen werden müssen. Niemand ist gezwungen, eine solche Wahl anzunehmen. CDU und FDP waren in Thüringen keine überraschten Nebendarsteller, sondern sie hatten eine tragende Rolle. Das liegt klar auf der Hand.

Bei der CDU ist mit diesem Vorgang die Zerrissenheit innerhalb der Partei sehr deutlich geworden. Es gibt starke, sehr konservative Kräfte, die mit der Entwicklung der Partei alles andere als zufrieden sind. Über diese Zerrissenheit haben wir schon vor Jahren gesprochen. Jetzt scheinen die Fliehkräfte entfesselt. Wohin wird künftig die Reise gehen mit der CDU?
Zunächst einmal ist festzustellen, dass es bei der CDU momentan eine sehr klare Beschlusslage gibt. Demnach soll es auf keinen Fall eine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Das ist auch im Koalitionsausschuss in Berlin nochmal ausdrücklich und schriftlich bestätigt worden. Aber es ist wohl unbestreitbar, dass relevante Kräfte in der Union das durchaus anders sehen, vor allem in den ostdeutschen Landesverbänden. Und das ist Ausdruck einer Entwicklung, die wir schon im vergangenen Jahr bei den Landtagswahlen dort gesehen haben: Die AfD hat im Osten inzwischen eine ganz andere Verankerung in der Gesellschaft und in der Politik, als das zum Beispiel in Niedersachsen der Fall ist. Was aber nichts daran ändert, dass die Verbände vor Ort den Beschlüssen der Gesamtpartei verpflichtet sind und in den eigenen Reihen für Ordnung sorgen müssen. Das wird die CDU intern klären müssen, man kann so einen Zwiespalt in den eigenen Reihen nicht lange mitschleppen. Ich nehme den allermeisten CDU-Politikerinnen und -Politikern ab, dass es ihnen absolut gegen den Strich geht, sich eine Zusammenarbeit mit der AfD auch nur vorzustellen. Das gilt etwa ausdrücklich für die niedersächsische CDU. Aber dann muss man gemeinsam auch dafür sorgen, dass alle Teile der Partei sich entsprechend verhalten.

In Thüringen hat die CDU nun nicht nur geschlossen mit der AfD gestimmt, sondern sie sind auch dabei geblieben, es gab kein Zurückrudern, man hat sogar noch die eigene Parteivorsitzende auflaufen lassen. Das zeigt schon eine sehr klare Ausrichtung der CDU in Thüringen.
Der Eindruck drängt sich jedenfalls auf. Wobei ich, wie gesagt, die einzelnen Akteure dort nicht persönlich kenne. Aber es war deutlich zu sehen, dass man sich nur äußerst ungern von der eigenen Parteispitze an die Beschlusslage erinnern lassen wollte. Und man will sich augenscheinlich nach wie vor nicht an diese Beschlusslage halten. Das ist ein gravierender Vorgang. Leider ist überhaupt nicht gesagt, dass das der einzige Landesverband der Union ist, der sich künftig so aufstellen und verhalten könnte. Es ist alles in allem ein wirklich alarmierender Vorgang, der viele Leute in Deutschland aufgerüttelt und erschreckt hat.

Vielleicht ist das nun aber auch ein heilsamer Schock. Über den Rechtsruck reden wir schon recht lange, dass Teile der Union sich jetzt so verhalten, zeigt deutlich die bedrohlichen Tendenzen.
Es ist wirklich beunruhigend. Wir haben noch ein sehr junges Jahr, und es hat im Januar bereits die Schüsse auf das Bundestagsbüro des SPD-Abgeordneten Karamba Diaby gegeben. In Niedersachsen ist es zum Eklat im Landtag in der Gedenkstunde zum 75. Jahr der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gekommen: Ein AfD-Abgeordneter hat die Verfolgung der Juden und anderer Opfer mit keinem Wort erwähnt, sondern die AfD als Opfer dargestellt. Dann der gravierende Vorgang in Thüringen. Anfang Februar wurden  mehrere Mitglieder einer mutmaßlich rechten Terrorzelle verhaftet. Und schließlich der furchtbare Anschlag in Hanau bei dem neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet wurden. Es ist deutlich zu sehen, dass dieses Gift von rechts allmählich überall einsickert. Ich kann uns allen nur wünschen, dass die Politik und die Gesellschaft hellwach sind, um dieser Entwicklung deutlich entgegenzutreten. Wir müssen gemeinsam unsere Demokratie verteidigen.

Wie finden Sie denn eigentlich diese Gleichmacherei von links und rechts? Gehören Ramelow und Höcke in einen Topf?
Gerade an diesen Personen zeigt sich sehr deutlich, dass diese Gleichsetzung einfach falsch ist. Bodo Ramelow ist unbestritten ein kompetenter und seriöser Politiker. Strukturell, so würde ich mal behaupten, ist er ein Sozialdemokrat, ob er das nun hören mag, oder nicht. Einen solchen Politiker gleichzusetzen mit einem Herrn Höcke, den man von Gerichts wegen Faschist nennen darf, verbietet sich einfach von selbst. Ich stehe der Linken wirklich alles andere als unkritisch gegenüber, auch in der Linken gibt es Kräfte, denen man aus meiner Sicht mit einer gehörigen Portion Skepsis gegenübertreten muss. Trotzdem rechtfertigt das in keiner Weise die Gleichsetzung mit der AfD.

Bei der Union ist festgeschrieben, dass man weder mit der Linken noch mit der AfD arbeiten will. Ist so eine Festlegung gut für die Demokratie?
Ich finde schon, dass eine Festlegung richtig ist, soweit es um Kräfte geht, deren Politik man fundamental ablehnt. Eine SPD beispielsweise, die nicht klipp und klar sagt, dass es mit der AfD keine Zusammenarbeit gibt, wäre für viele Menschen zu Recht nicht wählbar. Das gleiche muss auch für die CDU gelten. Bei der Linken sieht man über die Jahrzehnte hinweg eine deutliche Entwicklung und Veränderungen. Das ist keine Partei, die ich besonders schätze, aber es ist auch keine extremistische oder extreme Partei, sondern eine linkssozialistische Partei. Die Kernfrage muss sein, wie es eine Partei mit der Verfassung hält. Und da sind deutliche Unterschiede erkennbar zwischen der AfD und der Linken.

Werfen wir mal kurz einen Blick auf die Junge Union, die steht weitaus mehr rechts als die CDU, habe ich den Eindruck. 

Ja, da gibt es zwischendurch durchaus sehr schrille Töne, auch im Zu-
sammenhang mit Thüringen. Es sind nicht allein nur ostdeutsche Landes-verbände, die über den rechten Tellerrand hinaus schielen. Die CDU muss das insgesamt in den Griff bekommen, was übrigens auch viele aus der Union fordern. Deutschland ist im Großen und Ganzen immer sehr gut gefahren mit zwei großen Volksparteien links und rechts von der Mitte. Die SPD muss im Bund dringend wieder Rückhalt bei den Wählerinnen und Wählern zurückgewinnen, und auch die CDU ist momentan dabei, diesen Rückhalt zu verlieren. Dies alles ist insgesamt nicht gut für unsere Demokratie. Wir tauschen eine recht stabile Situation gegen ganz viel Verunsicherung. Das sollten wir aus meiner Sicht dringend vermeiden. Darum, das mag aus meinem Munde vielleicht merkwürdig klingen, aber es ist so: ich wünsche mir eine stabile CDU mit einer klaren Abgrenzung zum rechten Rand. Und natürlich eine noch wesentlich stabilere und erfolgreichere SPD (lacht).      Interview: Lars Kompa

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Elektropop Girls On Collision

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Elektropop Girls On Collision


Zielstrebig am Mainstream vorbeidancen kann man zum raffinierten Sound des hannoverschen Elektropop-Duos Girls On Collision, bestehend aus Nicht-Girl Matthias Sturm und Stef Awramoff, Szene-Kennern von ihrer aktuellen Band beatbar oder früher von Czech bekannt. In den letzten Jahren entwickelten die beiden ihre Stücke vorwiegend im Homerecording und verbanden dabei satte Bässe, treibende Retro-Synths und das Klickern von Elektrosounds mit ausdruckstarkem, elektronisch verspiegeltem Gesang und markanten Hooklines. Für ihren absolut tanzbaren Song „Your Soul Shows Art“ wurden sie kürzlich mit dem „German Songwriting Award“ geehrt, der sich schwerpunktmäßig an die kreativen Köpfe hinter den aufführenden Musik-künstlern richtet und die Schaffenskraft von Songwritern, Textern, Produzenten und Bands mit eigenen Songs feiert.

In der Kategorie Electronic Dance Music – Electro-Producer suchte die Jury nach starken EDM-Tracks, die einen direkt auf die Tanzfläche ziehen, und die Girls On Collision konnten mit ihrer elektronischen Popmusik überzeugen. Den Gewinner-Song „Your Soul Shows Art“ treiben wuchtige Drums voran, gepaart mit ordentlichen 80er-Jahre-Synths und energiegeladenem Gesang.
Konfusion geht durch Ohren und Rückenmark in die Beine, Halleffekte wurden bereichernd angewendet, auch klangliche Game-Anleihen piepen sich durch knallige Beat-Wendungen, werden zu atmosphärisch-poetischem Dahinschweben und zwischendurch geerdet mit rhythmischer Strenge.
Auch vereinzelte Gitarrenklänge kommen zum Vorschein, denn die beiden Musiker haben ebenfalls eine Vergangenheit in „handgemachten“ Musikgenres. Das kann man wunderbar sehen im Video zu „Three Days“, das Stef nachdrücklich am Schlagzeug zeigt, mit deren Hilfe sie beim Ansehenden und -Hörenden – wenn nicht sofortiges Losdancen – mindestens Fingertrommeln und Fußwippen verursacht. Optisch fein gemacht sind auch die cleanen Messages in Blockschrift: „Give me your beat, Boy. Give me your hand, Girl“, abwechselnd dazu hyperventiliert flirrendes Gekritzel sich in Unformen über den Vordergrund. Hintergründig beruhigt die unprätentiöse Gegenwart von Sturm, dem offensichtlichen Ruhepol des Duos mit dem konträren Namen, der gelassen die Gitarre händelt.
„Kiki“ von Stefs Band beatbar, eine – im Ukulelen-Cajon-Rassel-Gewand etwa auf dem Limmerstraßenfest vorgetragen noch reggaeeske – Nummer mit hohem Mitwipp-, aber auch entspanntem Chillfaktor, klingt auf Kollisionskurs mit den „Girls“ zum Beispiel im Remix wie ins Kettenkarussel gesetzt und dann schwindelig vorm Spielautomaten abgesetzt. Sängerin Stefs Stimme einfach ein paar Umdrehungen verpasst und elektronisch energisch zum Stottern gebracht, und schon klingt das wie ein völlig neuer Song. Man darf gespannt sein, was für Kollisionen sich die beiden querbeet aber durch und durch talentierten, musikalischen Menschen noch so einfallen lassen!

Anke Wittkopp

Wer neugierig auf den Gewinner-Song geworden ist,
wird hier fündig:
www.youtube.com/watch?v=Itj42A0PM0w
SoundCloud.com/girlsoncollision
Facebook.de/girlsoncollision

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Tonträger im März

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Tonträger im März


Fette Hupe: Modern Tradition
Moderne Musik, Stücke aus der Feder verschiedener Bandmitglieder – live aufgenommen mit Hilfe eines analogen Mischpults und speziellen Mikrofonen zum Erzeugen eines „alten Sounds“ im Stil von Duke Ellington, das ist der Ansatz, des Hannoverschen Jazzorchesters Fette Hupe um den Dirigenten, Komponisten, Arrangeur und Schlagzeuger Jörn Marcussen-Wulff auf ihrem neuen Album.

 

 

 

Dan Deacon: Mystic Familiar
Der für seine interaktiven Live-Shows bekannte Komponist und Avantgarde-Musiktüftler aus Baltimore verpackt die düsteren Botschaften seines fünften Albums in psychedelische, hektisch pluckernde, regenbogenbunte, digitale Elektropop-Sphären mit Falsettgesang, die sich zwischen ziemlich eingängig, wie die Vorab-Single „Sat By A Tree“ und relativ unhörbar bewegen.

 

 

 

 

Leon Braje: Ein Blick
Sein Talent wurde dem jungen Ronnenberger schon bei einem bekannten Casting-Format attestiert. Mit seinem Debüt hat er sich Zeit gelassen, was sich gelohnt hat: Über zweieinhalb Jahre entstanden, produziert von Claudio und Christian Lanz, 12 stilistisch recht unterschiedliche Songs, die zeigen, dass der Sänger noch auf dem Weg ist, aber auf einem guten. Anspieltipp: „Manchmal alles was ich brauche“.

 

 

 

 

Noir Reva: Continuance
Kontinuität streben die vier Post-Rocker aus Koblenz an und haben ihrem Debüt-Album „Nuance“ von 2016 noch zwei Silben vorgehängt. Auf „Continuance“ fließen athmosphärisch dichte, mal schwebende, mal flirrende Shoegaze-Gitarrenarrangements, mit Schlagzeug-getriebenen, krachigeren Parts ineinander und lassen völlig vergessen, dass hier gar nicht gesungen wird.

 

 

 

 

Kvelertak: Splid
Ja, genau, die Vorband von Mastodon war das, dessen Sänger Troy Sanders auf „Crack of Doom“ sogar Gastvocals beisteuert. Früher dafür bekannt, nur auf Norwegisch zu texten, hat sich das mit dem 2018 eingestiegenen Sänger Ivar Nikolaisen geändert. Die Hardcore-Metalband gönnt uns jetzt auch den einen oder anderen psychedelischen Moment, bevor sie wieder losbrät, durchaus auch mal hymnisch.

 

 

 

Colour Haze: We Are
Die 1994 gegründete Münchner Stoner-Rockband pflegt seither ihren sehr eigenen heavy-psychedelic-Stil mit einer Prise Jazz, ein Kosmos aus fein gewebten Melodien, basslastigen Strukturen, prägenden, hippieesken Gitarrenriffs und eher zurückgenommenem Gesang. Und ja, es ist schon das 13 Album der Band, was vielleicht ein bisschen langweilig wäre – wäre „We Are“ nicht einfach klasse.

 

 

 

 

Kjellvandertonbruket: Doom Country
Für Eingeweihte schon zu erahnen, handelt es sich hier um eine Zusammenarbeit des schwedischen Songwriters Christian Kjellvander mit der Tonbruket, einem Ensemble, bestehend aus dem Bassisten Dan Berglund, dem Gitarristen Johan Lindstöm, Keyboarder Martin Hederos und Schlagzeuger Andreas Werliin. Zusammen erzeugen sie einen einzigartigen Bandsound zwischen Jazz, Psychedelic Rock und Neo-Folk.
Kjellvander ist ein Geschichtenerzähler vom Format eines sanften Nick Cave. Er schrieb die Songs oder auch nur Bauteile davon innerhalb von zwei Tagen, lud die Jungs von Tonbruket in sein Haus ein, wo innerhalb von 24 Stunden genug Material live eingespielt werden konnte, um daraus ein vierzigminütiges Album zu mixen. Das Ergebnis zeigt Kjellvanders feinen Sinn für melancholisch-knarzige Melodien, klingt im Hugo Race-Sinne australisch und schert sich wenig um Radio-kompatible Songstrukturen.

 

 

We Here Now: Chikipunk Years
In Kalkutta geboren, zog Indrayudh Shome zum Studieren in die USA, wo er heute als Musiker und Filmemacher lebt. 2018 gründete der Bassist gemeinsam mit dem brasilianischen Gitarristen Pedro „Sozinho“ Salvador und dem aus Peru stammenden Drummer Panchito El Sofista die Band We Here Now. Ihr Debütalbum überrumpelt durch einen wilden, polyrhythmischen Mix der unterschiedlichsten Strukturen und wäre dank der klassischen Gitarre-Bass-Schlagzeug-Besetzung Krautrock, würde sich nicht immer wieder südamerikanische und indische oder afrikanische Einflüsse herausschälen. Zuweilen möchte man überprüfen, ob vielleicht mit der Abspielgeschwindigkeit etwas nicht stimmt, doch alles okay, das soll so, wie der eine oder andere ruhigere, psychedelisch wabernde Part uns versichert. Aufgepeitscht von hektischen Breaks und immer wieder kurz hypnotisch eingelullt, reiben wir uns nach 10 Tracks verwundert die Ohren: Was war das denn? Verspielte, atemlose Weltmusik für Progger.

Annika Bachem

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Beate Gonitzki & Christina Bötel vom Bildungsverein

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Beate Gonitzki & Christina Bötel vom Bildungsverein


Nach 35 Jahren musste der Bildungsverein in der Wedekindstraße der Eigennutzung durch Gundlach weichen und hat nach zwei Jahren Suche von Familie Blindow eine weitaus größere Bleibe an der Stadtstraße / Ecke Marienstraße angeboten bekommen, die er zum Jahresanfang bezogen hat. Etwa 1400 Quadratmeter bietet der neue Standort, in den die Verwaltung mit eingezogen ist. Mit drei weiteren Lernorten und 39 Seminarräumen (Am Listholze, Viktoriastraße und Schulenburger Landstraße), 350 DozentInnen und rund 20.000 Teilnehmenden ist der Bildungsverein die zweitgrößte Volkshochschule Niedersachsens. Im Gespräch in der hellen Cafeteria dreht sich vieles, aber nicht alles um den neuen Standort, auch die Menschen, die den Bildungsverein seit Langem oder ganz neu mitgestalten, kommen zur Sprache. Was dem Bildungsverein und ihnen selbst an Bewährtem und in Zukunft wichtig ist, erzählen die beiden Geschäftsführerinnen Beate Gonitzki und Christina Bötel.

Zunächst berichten die beiden Lindenerinnen von ihren unterschiedlichen Wegen zum und im Bildungsverein. Beate lacht: „Ich zuerst, ich bin auch zuerst da gewesen. Der Bildungsverein bietet Lerngruppen, die politische Bildung machen, eine Plattform. Das habe ich schon seit Anfang der Neunziger gemacht, war dem Bildungsverein dadurch bekannt und kannte den Bildungsverein. Als zwei seiner Gründerväter in Rente gegangen sind, bin ich gefragt worden, ob ich mich nicht auch als Fachbereichsleitung für den politischen Bereich bewerben möchte. Dazu gehört auch, die Arbeitskreise, die wir haben, das sind ungefähr 80, zu koordinieren und die pädagogische Verantwortung dafür zu übernehmen. Ich musste nicht lange überlegen, hab mich beworben und bin es dann 2012 auch geworden. Hinter den Arbeitskreisen, die wir verantworten, stecken andere Vereine und Träger, mit denen mache ich relativ viel, bin dann auch der Kontakt zur Stadt, zur Gleichstellungsbeauftragten zum Beispiel. Seit zweieinhalb Jahren bin ich jetzt hier Geschäftsführung und mache den Fachbereich Kultur und Politik und die Öffentlichkeitsarbeit.“
Bei Christina war der Weg ganz anders: „Ich bin erst seit zweieinhalb Jahren hier. Vorher war ich bei der Stadt Hannover in der Koordinationsstelle ALBuM, und kenne den Bildungsverein seit 2004 aus der intensiven Zusammenarbeit als einen von inzwischen 13 Kooperationspartnern, die in dem Netzwerk zusammenarbeiten. Als sich mit Wolfgang Niess der dritte Geschäftsführer in den Ruhestand verabschiedete, hat Udo Husmann (der dann mit uns dritter Geschäftsführer gewesen ist) mich angerufen und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, von der Stadt zu wechseln. Die Aufgabe hat mich dann schon gereizt und ich dachte, das passt auch wirklich zusammen. Ich habe vorher mit dem Netzwerk vor allem Projekte im Integrationsbereich gemacht, meistens berufliche Qualifizierung für Menschen mit Migrationsgeschichte. Hier beim Bildungsverein habe ich den Bereich Berufliche Bildung und Rhetorik/ Kommunikation übernommen. Die Akteure, wie z.B. vom Jobcenter, von der Agentur für Arbeit, von den Kammern, waren mir natürlich bekannt, da konnte ich an vieles anknüpfen, was ich vorher gemacht habe. Als Aufgabe der Geschäftsleitung sind meine Schwerpunkte die Finanzen, Personal und Qualitätsmanagement. Momentan mache ich auch noch den Bereich Deutsch als Fremdsprache, aber wir suchen aktuell eine neue Geschäftsleitung, die dann die Bereiche QM, Finanzen, Berufliche Bildung und Kommunikation übernehmen soll.“
Ganz (gender)neutral gefragt, ob sich die beiden eine Vorstellung von einem Wunschkandidaten machen, ist die Antwort eindeutig. „Die Person muss in den Bildungsverein passen und zu uns. Für eine gute Zusammenarbeit, die durchaus kontrovers sein kann, aber eben konstruktiv und aufeinander bezogen sein muss. Insgesamt steht der Bildungsverein auch für Vielfalt, das darf sich gerne in der Geschäftsleitung widerspiegeln, aber es darf eben auch kein Zwang sein,“ sagt Christina. Beate schmunzelt schon wieder und räumt ein: „Ich scherze immer – aber das ist wirklich nur ein Scherz – es hat jetzt 35 Jahre lang nur Männer gegeben, die den Bildungsverein geführt haben, jetzt wird’s mal Zeit für Frauen. Im Ernst: Wer jetzt kommt, muss einfach die Besonderheiten des Vereins kennen und auch annehmen.“
Den Bildungsverein gibt es schon seit 1981, jetzt sind zwei Frauen Geschäftsführerinnen – gibt es da rein gar nichts, was sich deswegen geändert haben könnte? Beate wendet ein: „Alleine unser Umzug ist ja schon ein historischer Einschnitt gewesen, nach 35 Jahren an einem Ort. Ich glaube, dass über dieses ,Projekt Umzug‘ ein modernerer Umgang mit den Mitarbeitenden Einzug gehalten hat, und jetzt sind wir einfach viel mehr Menschen. Mit so vielen neuen MitarbeiterInnen muss sich das erstmal finden – und genauso mit neuen Menschen an der Spitze.“ Christina sieht das ähnlich und erinnert: „Ich denke, wenn man lange Zeit oder schon immer an einem Ort ist, dann guckt man die Dinge nicht mehr so genau an. Sobald man aber an einen neuen Standort kommt, fängt man an, nochmal ganz neu zu überlegen oder zu hinterfragen. Und genauso ist es auch als neue Person in einem Verein oder Unternehmen: Wer neu kommt, der darf Fragen stellen, die sonst keiner mehr stellen würde – und das bringt Dinge in Bewegung.“
Wobei im Bildungsverein sowieso immer gefragt wird, sagt Beate: „Bevor wir umgezogen sind, haben wir eine ziemlich groß angelegte Umfrage unter unseren Teilnehmenden gemacht und erfahren, was wir gar nicht viel ändern sollen, weil es schon total gut läuft: Eine gewisse familiäre Atmosphäre, die hier herrscht, dass wir auch mal flexibel reagieren und versuchen, Lösungen zu finden, die nicht den ganz großen bürokratischen Umweg gehen, und dass sich Dozierende hier ausprobieren können. Wir leben zu einem Großteil ja auch von unseren Dozierenden, unseren MitarbeiterInnen und natürlich auch von den Teilnehmenden, die sich alle hier einbringen können.“
Dazu muss man wissen: Viele sind über Jahre oder Jahrzehnte mit dem Bildungsverein verbunden, haben hier ihre ersten Schritte als Dozenten gemacht, und klinken sich in Gestaltungsprozesse ganz anders mit ein als die wenigen, die nur ein- zweimal im Jahr ein Seminar geben. Um den Kontakt zu diesen Wurzeln nicht zu verlieren, werden einmal im Jahr Mitarbeitergespräche und alle zwei Jahre Mitarbeiterbefragungen durchgeführt. Unabhängig von diesem immer wiederkehrenden Prozess hat die kritikfähige Geschäftsleitung vor dem Umzug versucht, in Workshops und Feedback-Befragungen alle mit einzubeziehen, mit Hilfe von Evaluationsbögen konnten die TeilnehmerInnen die Räume bewerten und ihre Meinung mitteilen.
Auf fast 400 Quadratmetern mehr Fläche als zuvor eröffnen sich nun ganz neuartige Gestaltungsräume, freut sich Beate: „Es sind 6 Seminarräume mehr, das heißt, abgesehen von dem Platz an sich haben wir jetzt auch Raum für Innovationen, für Experimente, können neue Netzwerke aufbauen und auch dort mal Platz geben, Sachen zu testen. Ein Beispiel: Im Sommer werden wir hier eine Rollenspiel-Convention veranstalten, wo das Rollenspiel als Mittel für die politische Bildung ausprobiert wird, da arbeiten wir mit ganz neuen Leuten zusammen.“ Und Christina ergänzt: „Die Räume sind zum Teil mit Medien wie SmartBoards ausgestattet, was nochmal zusätzliche Impulse für den Unterricht bringt, weil die Dozenten digitale Lernmittel nutzen können, auf die sie (auch) online zugreifen können. Das soll nicht heißen, dass hier plötzlich alles nur noch digitalisiert läuft – das ist als zusätzliche Bereicherung zu sehen, nicht als Ersatz. Auch zeitlich bietet der Mehrraum Chancen, neue Dinge aufzugreifen, neue Bildungsurlaube aufzunehmen etwa, für die vorher einfach kein Platz mehr war, weil alle Räume belegt waren.“
Auch der Außenraum soll noch ausgebaut werden, erzählt Beate und deutet aus dem Fenster: „Wir wollen den Bildungsverein als Lernort sehen, aber auch als Vernetzungs- und Kommunikationsort, und da können wir jetzt ein bisschen nachrüsten. Zum Beispiel mit einem Außenbereich, den wir hier für die Seminarpausen und Nachbesprechungen oder den geselligen Austausch bei einem Kaffee im Grünen gestalten wollen. Wir sammeln hier Erfahrungen, die wir gerne in Zukunft auch auf die anderen Standorte übertragen wollen. Allerdings ist hier einfach räumlich einiges möglich, das bei den anderen Standorten nicht geht, z.B. haben wir jetzt einen Lifter, auf dem man mit einem Rollstuhl in das Gebäude kommt. Mit einem breiten Elektro-Rolli passt man zwar leider nicht in den Aufzug, wir sind aber immer bereit, bei Anfragen die Seminarräume so zu tauschen, dass man dann den unteren, barrierefreien Raum und das barrierefreie WC nutzen kann.“ Christina macht klar: „Nach unseren Wunschvorstellungen ist es nicht optimal, klar. Aber Bestandsflächen barrierefrei umzugestalten ist nicht finanzierbar, d.h. das hier ist schon die beste Situation von allen Objekten, die wir im Blick hatten. Unser Standort Am Listholze ist auf der untersten Etage auch seit zwei Jahren barrierefrei umgebaut, das sind noch ein paar Seminarräume mehr. Wir können immer anbieten, wenn jemand Interesse an einem Seminar hat, alle Möglichkeiten auszuloten, um das so hinzubekommen, dass das für denjenigen erreichbar ist.“
Vorträge, etwa zum Verhältnis von Kunst und Öffentlichkeit oder unter Titeln wie „Nichts ist, wie es scheint“ fallen beim Blick ins Programm auf. Wer entscheidet über die Richtung, die der Bildungsverein inhaltlich einschlägt, frage ich Beate: „Das erarbeiten die jeweiligen Fachbereichsleiter und wir im Austausch. Erstmal beobachten wir ständig, was andere anbieten, dann können die Teilnehmenden auch Vorschläge machen, was ihnen fehlt, und dann sind wir ja auch am Puls der Zeit – dass zum Beispiel Nachhaltigkeit und Klima die Themen der Stunde sind, oder Demokratiestärkung jetzt mit einer überzeugten politischen Haltung nötig ist, ist durch den kollegialen Austausch, auch mit anderen VHSen, klar. Und Wolfgang Niess und Ulrich Schröder bringen ihr Know-how, das sie 40 Jahre gesammelt haben, ebenfalls weiter mit ein.“
Christina spricht zuletzt von den Besonderheiten des Bildungsvereins: „Es geht uns darum, nicht zwingend immer nur den Mainstream zu bedienen. Es gibt genug Anbieter, die Trends aufgreifen und dazu Vorträge anbieten, wir wollen eher kritisch hinterfragen. Das zu trainieren, kon-struktiv streiten zu können und nicht immer nur Menschen in einem Raum sitzen zu haben, die von vorneherein schon gleicher Meinung sind, sondern Argumente auszutauschen – da haben wir einen ganz großen Bedarf.“ Beate weiß: „Diese Ausrichtung liegt an der Gründungsgeschichte des Bildungsvereins. Wir sind nicht kommunal gebunden, sondern ein gemeinnütziger Verein, der sich etabliert hat, obwohl es schon eine VHS gab in Hannover. Die Leute dazu zu ermächtigen, eine politische Position zu finden, das haben wir uns bewahrt bis heute – für mich einer der zentralen Unterschiede zu vielen Volkshochschulen.“
Christina dazu: „Darum gibt es das niedersächsische Erwachsenenbildungsgesetz, weil es wichtig ist, dass man politische Bildung hochhält. Wenn das ein Selbstläufer wäre, bräuchte man dafür keine staatliche Förderung. Man muss immer wieder Impulse geben, kreativ bleiben und auch mit neuen Formen – seien es Rollenspiele oder Escape Rooms oder sonst was – auch politische Themen beleben. Da gilt es, mit den anderen Anbietern zusammenzuarbeiten, um möglichst viele zu erreichen, die man bewegen kann, über sich und die Gesellschaft nachzudenken.“
Ein wichtiges Anliegen, ein ambitionierter Auftrag. Ist dieses Ziel heute weiter weg als zu Vereins-Gründungszeiten, oder kommt nur mir das so vor, denke ich laut, und Beate stimmt mir zu: „Je arbeitsintensiver das Leben der Leute wird, desto weniger Kraft haben sie, politische Themen anzugehen. Was sehr frustrierend sein kann, zu beobachten, wenn weniger Wochenendseminare gebucht werden, weil die Leute kaputt sind. Stressbewältigung ist der absolute Renner, weil die Welt halt immer stressiger wird, so einfach ist das. Da dürfen wir aber nicht lockerlassen und sehen es als eine unserer Aufgaben, trotzdem weiter Angebote auf allen Ebenen zu machen. Ich möchte, dass unser Kommunikationscharakter stärker in den Vordergrund tritt, deswegen schaffen wir ja jetzt auch Ecken, wo man zusammensitzen kann, miteinander reden kann. Hier kommen einfach sehr sehr viele unterschiedliche Leute zusammen, und wenn die alle die Erfahrungen der anderen mitkriegen, ist schon so viel mehr geschehen, als wenn man nur homogene Gruppen hat, wo alle ähnliche Erfahrungen gemacht haben im Leben.“ Und Christina hat ein schönes Schlusswort: „Man kann Wissen vermitteln über irgendwelche Medien, man kann sich alles selbst online beschaffen – aber die Auseinandersetzung damit fehlt. Welcher Weg ist vielversprechender, wie sieht das jemand, der von der anderen Seite oder von oben draufguckt? Verschiedene Sichtweisen kann man sich nur erarbeiten, wenn man miteinander im Austausch, im Gespräch ist. Und das ist etwas, was ein Bildungsort leisten kann, was alle anderen Instrumente und Medien nicht können.“  Interview und Text: Anke Wittkopp

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Gisela Hänel vom Deutschen Schwerhörigen- bund (DSB) Landesverband Niedersachsen e.V.

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Gisela Hänel vom Deutschen Schwerhörigen- bund (DSB) Landesverband Niedersachsen e.V.


Im Foyer des Sprengel Museums hat sich ein Grüppchen überwiegend älterer Menschen Foto: Annika Bachemversammelt und lauscht den einleitenden Worten einer Führung. Erst auf dem zweiten Blick ist zu erkennen, dass einige von ihnen einen kleinen Empfänger an einem Band um den Hals tragen. Zwischen ihnen wuselt Gisela Hänel. „Bei mir kommt nichts“, ruft ein Herr etwas hilflos – sein Problem mit dem Lautstärkeregler ist sekundenschnell behoben, und die Gruppe setzt sich in Bewegung.

Dass die Gruppe Schwerhöriger an diesem Vormittag entspannt der Führung „Norwegen und England –
Kurt Schwitters in den 1930er- und 1940er-Jahren“ lauschen kann, verdankt sie dem Engagement von Gisela Hänel, die im Januar für ihre Arbeit von der Region Hannover geehrt wurde. Die Kulturbeauftragte des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB) ist mit einer schwerhörigen Mutter aufgewachsen und hat so selbst erlebt, wie Betroffene sich oft zurückziehen und zunehmend isolieren, da es je nach Grad ihrer Einschränkung anstrengend bis hin zu unmöglich ist, kommunikativ am öffentlichen Leben teilzunehmen. Aufgrund ihrer Ausbildung zur Sonderschullehrerin und Sprachheilpädagogin mit den Fächern Deutsch und Kunst wird sie vor etwa zehn Jahren angesprochen, einen Mundabseh-Kurs an der Volkshochschule Hannover zu übernehmen. Bewusst spricht sie hier nicht von „Lippenlesen“, denn tatsächlich sind nicht alle Laute zu erkennen, indem man auf die Lippen guckt. Viele Laute werden weit hinten im Rachen gebildet. „Von Ablesen kann keine Rede sein, das ist nur eine Unterstützung. Mit dem Resthörvermögen, dem Mundabsehen und dem Hörgerät kommen aber auch stark Schwerhörige insgesamt gut zurecht.“
Als die Kursteilnehmer erfahren, dass Hänel auch Kunst studiert hat, äußern sie sofort den Wunsch, auch mal mit ihr ins Museum zu gehen. Sie überlegt sich ein Konzept für Rundgänge mit rahmenden Gesprächen, und die inklusiven Kurse „Erlebnis Museum – Das Gespräch zum Kunstgenuss“ sind geboren. Die Tonübertragungsanlagen, sogenannte „FM-Anlagen“, bei denen die vortragende Person ein Mikrofon mit einem Sender trägt, und jeder, der Unterstützung beim Hören braucht, einen Empfänger, leiht sie bei der Volkshochschule aus. Diese Anlagen übertragen die Sprache per Funk direkt auf Hörgeräte. Alternativ können Kopfhörer mit individuell angepasster Lautstärke getragen werden.
Seither engagiert Gisela Hänel sich mit viel Erfolg dafür, dass Museen selbst „Anlagen für Leichtes Hören“ anschaffen. So verfügt das Sprengel Museum heute, finanziert durch die Stadt Hannover, über eine eigene Anlage mit 20 Empfängern, die für Führungen jedem zugänglich sind. Eine Art Telefon am Kassentresen erleichtert die anfängliche Verständigung, ein Ohrsymbol weist hier auf die Anlage hin. Auch das Historische Museum, das Museum August Kestner oder die Tourist Informationen im Rathaus und am Hauptbahnhof sind mit den Anlagen ausgestattet, deren Name auf Prof. Dr. hab. Erika Schuchardt zurückgeht, die sich schon zu Hänels Studienzeit für die Integration von Menschen mit Einschränkungen einsetzte.
Wichtig ist Hänel die Abgrenzung zwischen Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit. „Guthörende setzen bei Hörgeschädigten oft voraus, dass ein Hörgerät alle Hörprobleme löst, doch leider ersetzt noch kein Hörgerät ein gesundes Ohr.“ Mit weiteren Museen auch in der Region wie dem Schloss Landestrost, dem Naturparkhaus Marburg oder der Gedenkstätte Ahlem, ist Hänel schon im Gespräch. Ebenso Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäuser hat sie auf der Agenda, denn gerade hier ist eine reibungslose Verständigung wichtig.
Eine Art Pilotprojekt des DSB ist die Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus Vinzenzstift und einem Altenheim. „Leichtes Hören“ soll in der Pflege etabliert und das Personal damit vertraut gemacht werden.
Gemeinsam mit den Behindertenbeauftragten der Stadt und der Region, Andrea Hammann und Sylvia Thiel, sowie mit Nils Meyer, dem Leiter der Hörregion, mit Ninia Binias, Beirätin im Büro Kulturhauptstadt für Menschen mit Behinderung, mit dem DSB Niedersachsen, der VHS Hannover und ihren Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmern hat Gisela Hänel ihre Herzensangelegenheit zu einem starken Bestandteil der Hannoverschen Kulturhauptstadtbewerbung gemacht: Hier setzt das „Leuchtturmprojekt Leichtes Hören in der Hörregion Hannover” an, um für die Teilhabe Hörgeschädigter durch mehr Anlagen für Leichtes Hören in Museen, Stadt und Alltag als Vorbild für Europa zu werben. Das steht einer UNESCO City of Music gut zu Gesicht, gerade, wenn man sich vor Augen führt, dass laut DSB mehr als 13 Millionen Menschen mit Hörbehinderungen leben, oder anders gesagt – jeder sechste Mensch schwerhörig ist.
„Nicht sehen können trennt von den Dingen, nicht hören können trennt von den Menschen“, dieser Immanuel Kant zugeschriebene Satz fasst Gisela Hänels Motivation gut zusammen. Sie hat sich auf die Fahnen geschrieben, diese trennenden Mauern wieder einzureißen. Annika Bachem

02.03. ab 15.30 Uhr: Forum zum Welttag des Hörens
im Haus der Region
Absehkurs und inklusive Museumskurse
unter www.vhs-hannover.de
Ansprechpartner für die Installation von Anlagen für Leichtes Hören: DSB Landesverband Niedersachsen e.V.,
Rolf Erdmann (0511) 83 86 523 oder erdmann.rolf@gmx.de

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OhMyGoddess Accessoires für Göttinnen

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OhMyGoddess Accessoires für Göttinnen


Mira Reuter und Luise Kokkelink haben sich im PR-Studium in Hannover kennengelernt und gehen seitdem als Freudinnen durch dick und dünn. Ein gemeinsamer documenta-Besuch in Athen 2017 hat ihrer beider Leben verändert: Die Handwerkskunst griechischer Schmuck-Designerinnen hat die beiden Frauen so begeistert, dass sie im November 2019 ihr eigenes Startup OhMyGoddess gründeten, über das sie die Arbeiten der Designerinnen vertreiben.

Mira Foto: OhMyGoddessund Luise hatten beide Jobs im Marketing, als der Funke fürs griechische Design so übergesprungen ist, dass sie ihr eigenes Unternehmen gründen wollten. Die Greek-Design-Fans denken zurück: „Bei unserem Besuch in Athen haben wir zufällig das Atelier von Katerina entdeckt und ihre Designs haben uns geflasht! Sie interpretiert Formen der griechischen Antike in ihren Kreationen völlig neu, verwendet neben Gold und Silber in ihren Arbeiten eine breite Palette an Materialien wie Quarze, Halbedelsteine, echte Swarovskis, Holz oder Textilien. Wir haben viel gekauft und der Kern unserer Geschäfts-idee war gelegt.“ Sie sind die einzigen in Deutschland, die sich auf junge griechische Designerinnen spezialisiert haben. Es finden sich heute – neben Arbeiten von Katerina –
Schmuckstücke von mittlerweile fünf anderen Designerinnen, die zum Teil bisher noch in keinem Shop in Deutschland präsent waren, in ihrem Portfolio.
OhMyGoddess bietet einzigartigen Designschmuck zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis, Unikate und Statement-Schmuck in Kleinserien, von dem Mira und Luise jedes Stück selbst ausgesucht haben, wie sie betonen: „Uns ist der persönliche Kontakt zu den Künstlerinnen sehr wichtig. Wir kaufen fertigen Schmuck, können aber durch den direkten Kontakt auch Sonderanfertigungen anbieten. Neben dem Onlineshop möchten wir unser Konzept mit weiteren Partner-Stores wie „siebenundsiebzig“ in der Bödekerstraße in Hannover ausweiten. Unser Schmuck ist anders, extravagant, aber aufgrund der fairen Preise durchaus alltagstauglich. In naher Zukunft wollen wir besonders Messen und Pop-up-Stores nutzen, um unsere Marke vielen Frauen bekannt zu machen. Daneben haben wir noch viele Ideen wie beispielsweise eine virtuelle Anprobe für unseren Onlineshop.“ Ein paar Hürden können die beiden bei all dem Enthusiasmus zwar auch nennen, wenn es um die Unternehmensgründung geht, aber sie haben auch Tipps zum Nachmachen:
„Der größte Schritt war es, unsere berufliche Sicherheit aufzugeben und die Selbstständigkeit zu wagen. Alle im Umfeld haben das hinterfragt, da muss man wirklich von seiner Idee überzeugt sein, um sich von den Ängsten nicht anstecken zu lassen. Abschalten ist nicht immer leicht, weil dauernd neue Herausforderungen warten. So experimentieren wir gerade mit Büsten, um unseren Schmuck adäquat zu präsentieren. Als Frauenteam, das Frauennetzwerke unterstützt, werden wir herzlich und zugleich kritisch von Gründerinnen-Consult bei hannoverimpuls begleitet, das pusht uns ungemein. Wir haben mit „Gründung Kompakt“ quasi einen 4-Wochen-Schnellkurs für UnternehmerInnen absolviert, sehr zu empfehlen! Und ja, wir haben uns auch beim Gründungswettbewerb Startup-Impuls beworben. Daumen drücken, bitte!“

OhMyGoddess
Mira Reuter und Luise Kokkelink
im Store: siebenundsiebzig,
Bödekerstraße 77, Hannover
on tour:
15.02.-16.02. Ladylike in Recklinghausen,
24.04. WomanPower auf der Hannover Messe
online: www.OhMyGoddess.de
kontakt@ohmygoddess.de

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