Tag Archive | "2022-08"

Stadtkinder essen… im Butjer

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Stadtkinder essen… im Butjer


Stadtkinder essen…

Butjer

Damals, als Linden noch ein eigenständiger Ort war und nicht zu Hannover gehörte, nannten sich die Lindener stolz „Butjer“, womit sie sagten: „Wir gehören nicht dazu!“. Die Hannoveraner gebrauchten „Butjer“ wiederum als Schmähbegriff für unerwünschte Gäste „von außerhalb“ – man war sich also halbwegs einig. Nach der Eingemeindung Linden-Limmers (1920) war es mit den Butjern offiziell vorbei. Heute heißen diese Menschen Hipster (Scherz! Das war ein Spa-haß!).

Ende Januar 2020 hat das „Falken-Eck“ seine Tore geschlossen – eingezogen ist das Küchenteam vom „The Harp“ gleich um die Ecke und firmiert seit November 2021 unter dem Namen „Butjer“.

Irgendwo zwischen Eckkneipe und Trendgastro hat man sich etabliert.

Es gibt Bier vom Fass (Herrenhäuser, Lindener Spezial, Jever und Newcastle Brown Ale) und aus der Flasche, jedes Fußballspiel von Hannover 96 zu sehen und – was gut ist, denn deswegen sind wir hier – was zum Essen.

Die Karte ist klein und gerade wurde sie noch mal aktualisiert. Drei Burger stehen drauf, allerdings denken wir uns: „Nicht noch ein Burgerladen!“ und entscheiden uns deshalb für Fritten. Da stehen fünf Gerichte zur Auswahl, aber zwei springen uns direkt ins Auge.

Wir bestellen und bekommen kurze Zeit später zwei Auflaufformen serviert.

Die „Hangover-Fries“ bestehen aus, na klar, Fritten, die beladen sind mit Käsesauce, knusprigem Speck, Jalapenos, fein gewürfelten Senfgurken, rohen roten Zwiebeln, einer Art Cocktailsauce und Schnittlauch. 7,50€ kostet der Spaß und katapultiert einen direkt ins Fresskoma. Trotz der schweren Ladung sind die Fritten noch erstaunlich knusprig und die roten Zwiebeln bringen zusammen mit den Senfgurken eine interessante Frische ins Spiel.

Auch die „Pulled Pork Fries“ für 9,00€ können sich sehen lassen: Die Fritten schlummern unter einer enormen Portion Pulled Pork, Käse-, BBQ- und Crème fraîche-Sauce, frischen Tomaten, Zwiebeln und Koriander. Auf die Idee wären wir nie gekommen – zum Glück hatte die jemand anders. Denn das ist wirklich lecker!

Mehr aus Neugier als aus Hunger (die Angst, nicht satt zu werden bestand keine Sekunde!) bestellen wir dazu eine Portion Chili Cheese Nuggets (4,90€) – wir wollten einfach mal sehen, ob sie selbst gemacht sind. Sind sie nicht, macht aber nix. Ist ja schließlich kein Sternerestaurant hier.

Nein, fine dining sucht man hier vergebens. Das ist aber völlig in Ordnung und nicht im geringsten despektierlich, immerhin gibt es deutlich mehr Anlässe für nicht-Haute Cuisine als andersrum. Mädelsabend, zum Beispiel. Oder Jungsabend. Gemischtabend mit Vorglühen, PMS, Liebeskummer,… die Liste ist beliebig erweiterbar. Denn im Butjers wir in erster Linie Feelgood-Essen serviert, das am besten in Gesellschaft schmeckt. Dazu noch das eine oder andere frisch gezapfte Bier und der Mensch ist glücklich und zufrieden.

Und ob von „buten“ oder „binnen“, im Butjer ist jeder willkommen – das lässt einen der extrem freundliche Service sofort spüren. Der Butjer ist auf jeden Fall ein Gewinn für Lindens, beziehungsweise Hannovers, Gastroszene.

IH

Fotos: Gero Drnek

Butjer Food & Beer

Falkenstraße 11a

30449 Hannover

Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag 12 – 15 Uhr

Dienstag – Donnerstag 17 – 00 Uhr

Freitag & Samstag 17 – 01 Uhr

Sonntag 15 – 21 Uhr

www.butjer-linden.de

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Neu in der Stadt 2022-08: Sugar Sisters, Eismanufaktur keQ & Belleza Jes


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Der besondere Laden: Atelier Fräulein MaMe

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Der besondere Laden: Atelier Fräulein MaMe


Melanie Klinkenberg

Bereits seit zwölf Jahren schmückt sich Hannovers Kanalstraße mit einem kleinen, aber feinen Goldschatz – dem Goldschmiedeatelier Fräulein MaMe. Inhaberin und Goldschmiedin Melanie Klinkenberg zeichnet sich nicht nur durch ihr handwerkliches Talent, sondern auch durch ihre detailverliebte und sorgfältige Arbeit aus, mit der sie ihre Kund*innen regelmäßig zum Strahlen bringt.

Ich habe immer gerne was repariert, auch zu Hause. Kleine VHS-Kassetten auseinandergenommen, die Bänder neu reingemacht, mit Tesafilm verklebt und neu aufgerollt. Meine Mutter hat mir alles Mögliche gegeben. Irgendwann habe ich mir kleine Schraubenzieher gekauft und an Sachen getüftelt. Dann kam die Nachbarschaft – kann die Melanie das mal reparieren? Das hat mir einfach Spaß gemacht.“ Durch die Freude daran, Sachen zu reparieren und aus Alt Neu zu machen, kam sie schließlich zum Beruf der Goldschmiedin. Als ein junger Goldschmiedemeister eine Goldschmiede in ihrem Heimatort aufmachte, begann sie ihre Lehre. Ihre zweijährige Ausbildung absolvierte sie im Ruhrpott und kam dann der Liebe wegen nach Hannover, wo sie gemeinsam mit ihrer ehemaligen Geschäftspartnerin Marlene Neuschulz den kleinen Laden am Steintor kaufte. Der Ateliername Fräulein MaMe setzt sich zusammen aus den Vornamen der beiden und steht seit mittlerweile zwölf Jahren für individuelle Handwerkskunst.

Die Werkstatt befindet sich direkt über dem liebevoll eingerichteten Laden, in dem viele kleine Vitrinen, Schmuckständer und auch die beliebten Yankee Candles aus den USA ihren Platz finden. Neben einem großen Werktisch und unzähligen kleinen Werkzeugen ist die Werkstatt mit einer Walze, einem Schmelzofen, einem Polierraum und einer Graviermaschine ausgestattet. Je nachdem, worum es sich handelt und wie detailliert ein Schmuckstück am Ende sein soll, dauert die Herstellung eine Stunde bis zu einem ganzen Tag.

Es kommt natürlich immer auf das Schmuckstück an und auf die Wünsche“, erklärt Melanie Klinkenberg. Die Werkstatt öffnet sie übrigens auch für Goldschmiede-Kurse. Neben Ketten, Armreifen, Ringen und Ohrringen aus dem Atelier kann man sich bei Fräulein MaMe unter Anleitung sein eigenes Schmuckstück anfertigen und gemeinsam mit der Goldschmiedin einen kompletten Samstag in der Werkstatt verbringen. Melanie Klinkenberg arbeitet sehr gerne eng mit ihren Kund*innen zusammen und geht genau auf die persönlichen Vorstellungen ein. Man erfahre recht viel über die unterschiedlichen Stile der verschiedenen Kund*innen und es kämen bei einer Tasse Kaffee auch mal persönlichere Gespräche zustande, berichtet sie. „Aber ich finde es natürlich auch cool, wenn Kund*innen mir sagen, ich soll mein eigenes Ding machen.“

Mit 20 Jahren Erfahrung im Goldschmiedegeschäft lernt man, wie Kund*innen auf Schmuckstücke blicken und wie der eigene Blick ausfällt. Das geschulte und selbstkritische Auge von Melanie Klinkenberg macht ihre Schmuckstücke zu etwas ganz Besonderem. „Das Schöne an meinem Beruf ist auch, dass man am Ende des Tages, wenn man das Licht ausmacht, immer etwas in der Hand hält und sieht, was man geschafft hat“, sagt sie. Und wenn dann Kund*innen mit ihren Kreationen glücklich von dannen ziehen, mit ganz neuen und einzigartigen Schmuckstücken, vielleicht um jemand anderen zu überraschen, dann geht immer auch ein kleines Stück von ihr selbst hinaus in die Welt. „Und das ist ein gutes Gefühl!“

Jule Merx und Laura Druselmann

Atelier Fräulein MaMe

Kanalstraße 12, 30159 Hannover

Instagram: @fraeulein_mame

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Hanover4Ukraine

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Hanover4Ukraine


Ehrenamtliches Engagement in Hannover

Hanover4Ukraine

Der 24. Februar war ein einschneidendes Erlebnis für uns alle, da sich sowohl in unserem eigenen, aber auch im Leben von vielen Bekannten und natürlich von Millionen von Menschen ganz, ganz viel verändert hat.“, erzählt Jannik Bruns, Vorsitzender von „Hanover Helps e.V.“ und Initiator von „Hanover4Ukraine“. Zusammen mit Anja Schollmeyer, ebenfalls Vorsitzende von „Hanover Helps e.V.“, erzählen die beiden von der Initiative „Hanover4Ukraine“. Gemeinsam mit rund 200 weiteren Freiwilligen versuchen sie zu helfen, wo Hilfe benötigt wird.

In den ersten Tagen des Krieges waren Jannik Bruns und seine Freunde geschockt. Ein Gefühl, mit dem sie, rund um die Welt, nicht allein waren. Und schnell stand die Frage im Raum: „Was kann man jetzt machen?“ Jannik nahm Kontakt zu seinem Freund Felix auf. Die beiden waren gemeinsam für den „Jugend rettet e.V.“ in der Hilfe für Geflüchtete aktiv. „Hier konnten wir bereits vorhandene Spenden sinnvoll einsetzen, um in der aktuellen Situation direkte Hilfe zu leisten“, meinte Felix. Schon am 28. Februar gründete sich Hanover4Ukraine und nur vier Tage später, am 04. März, fuhren sieben Bullis und ein LKW aus Hannover nach Przemyśl ins ukrainisch-polnische Grenzgebiet. Über zehn Kubikmeter an Spendengütern, gespendet von Privatpersonen, Unternehmen und der Region Hannover, konnten so an die Grenze gebracht werden. Zudem wurden elf Menschen nach Deutschland gebracht. Das Résumé der Aktion: „Für die erste Hilfe war es gut, dass wir da waren. Langfristig sollten wir das aber den professionellen Akteuren mit jahrelanger Erfahrung in diesem Bereich überlassen“, sagt Jannik.
Jetzt einfach aufhören war allerdings keine Option. Der Fokus wurde nun auf die gezielte Hilfe in Hannover gelegt. Zeitgleich kamen bereits die ersten Menschen in Hannover auf dem Messegelände an. „Da haben wir uns sehr schnell gemeldet, haben uns das angesehen und überlegt, wie wir zügig helfen können“, erzählt Anja Schollmeyer. Innerhalb von fünf Tagen entstand so in einer der Messehallen eine 120 Quadratmeter große Spiellandschaft, ebenfalls möglich gemacht durch viele Spender*innen.

Die Bereitschaft war so groß, die Leute haben nur auf uns gewartet. Bei unserer ersten Spendensammlung kam so viel zusammen, dass direkt klar war, wir machen weiter!“, erzählt Anja. Vier weitere Spiellandschaften folgten. Sie sollten den vielen Kindern in den sonst eher kühl eingerichteten Hallen eine unbeschwerte Spiel- und Tobemöglichkeit bieten. Ebenfalls auf die Beine gestellt hat Hanover4Ukraine eine Schulranzen Aktion, bei der knapp 420 gefüllte und bepackte Schulranzen an Kinder verteilt wurden. „Wenn irgendwas anfällt und wir irgendwas tun können, sind wir da“, betont Jannik.

Das ist auch die Grundidee des Vereins Hanover Helps e.V., der sich aus der Initiative Hanover4Ukraine gegründet hat und themenübergreifend in Hannover helfend aktiv sein möchte. Aktuell sammelt Hanover4Ukraine gemeinsam mit der Landeshauptstadt Sachspenden für die polnische Partnerstadt Poznan, um diese bei der Notunterbringung von rund 40.000 Geflüchteten aus der Ukraine zu unterstützen. Doch auch hinter den Kulissen leisten viele Ehrenamtliche enorme Arbeit. „Unsere Stärke ist einerseits, ad hoc Aktionen aufzuziehen und sehr schnell aus dem Stand zu agieren. Gleichzeitig jedoch auch eine Struktur zu geben, gerade auch für andere Initiativen, die noch in der Initiativphase sind,“, erklärt Jannik. Um diese Strukturen zu verfestigen und anderen zur Verfügung stellen zu können, ist momentan viel Verwaltungsarbeit nötig, die bewältigt werden muss. In der Whats-App-Gruppe von Hanover4Ukraine sind rund 200 Menschen unterwegs – ein Netzwerk, das Hilfe koordiniert und dem Informationsaustausch dient. Acht, neun Leute bilden das Kernteam. „Wir sind immer auf der Suche nach Sach- und Geldspenden. Und einen ganz großen Bedarf gibt es natürlich immer an freiwilligen Helfer*innen.“ Ob für die spontanen Aktionen, die Social-Media-Betreuung, für das Kernteam und die Verwaltungsarbeit oder mit eigenen Projektideen – helfende Hände werden immer gebraucht. „Wer Bock hat auf ein echt modernes Ehrenamt, der ist bei uns richtig“, meint Anja und Jannik fügt hinzu: „Wenn ihr Lust habt, uns zu unterstützen oder an den größeren Projekten mitzuarbeiten, dann kommt vorbei, redet mit uns und wir finden auf jeden Fall einen Einsatzort für euch!“

Jule Merx

Hanover4Ukraine

Telefon oder WhatsApp unter Tel. (0511) 91160979

Facebook und Instagram unter @Hanover4Ukraine

Per E-Mail an info@hanover4ukraine.de

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Ein letztes Wort im August

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Ein letztes Wort im August


Ein letztes Wort

mit dem Ministerpräsidenten

Stephan Weil



Herr Weil, wir sprechen Mitte Juli. Urlaubszeit, auch Sie waren ein paar Tage wandern, ehe es in den kommenden Tagen dann direkt in den Wahlkampf geht. Und die CDU holt gerade auf. Das wird kein Spaziergang, oder?

Beim Wahlkampf liegt die Betonung immer auf der zweiten Silbe, gerade in Niedersachsen. Von einem Spaziergang kann also wirklich nicht die Rede sein. Aber mir macht eine solche Auseinandersetzung Spaß und deswegen gehe ich frohgemut auf die Zielgerade.

Wenn man sich anschaut, welche politischen Probleme in Niedersachsen bei den Leuten auf der Agenda stehen, dann rangieren die Themen Bildung, Schule und Ausbildung sehr weit oben. Finden Sie, da hat sich genug getan in den vergangenen Jahren während Ihrer Amtszeit?

Im Moment dominieren die Sorgen wegen der Energiepreise und der Versorgung, aber natürlich geht es auch immer um Bildung. Passiert ist sehr viel und zwar positiv und negativ. Positiv: Wir haben die Kita-Beiträge abgeschafft, das war eine enorme Entlastung, gerade für viele Alleinerziehende mit kleinem oder mittlerem Einkommen. Die Ausbildungszahlen für Erzieherinnen und Erzieher sind stark gestiegen und wir hatten noch nie so viele Lehrkräfte in Niedersachsen. Das sind nur einige Beispiele. Aber die Belastungen sind auch gestiegen: Corona hat die Schulen enorm gestresst und wir haben heute 35.000 Kinder und Jugendliche mehr an den Schulen als vor einem Jahr, viele davon aus der Ukraine.

Die Unterrichtsversorgung ist so schlecht wie nie, bei der Digitalisierung läuft es eher zäh und das Corona-Management von Minister Tonne wird beispielweise von den Lehrerverbänden massiv kritisiert. Hat die Landesregierung wirklich ihre Hausaufgaben gemacht?

Bei der Unterrichtsversorgung werden oft Äpfel mit Birnen verwechselt. Durch den zusätzlichen Förderbedarf bei immer mehr Kindern stehen leider nicht alle Lehrerstunden auch im Unterricht zur Verfügung. Die Schüler-Lehrer-Relation in Niedersachsen ist dennoch im Bundesvergleich gut. Aber unbestritten brauchen wir mehr junge Leute, die als Lehrkräfte vor allem an Haupt- und Realschulen gehen wollen. Das ist der Hauptgrund, warum ich diese Lehrerinnen und Lehrer, und die an den Grundschulen, künftig genauso bezahlen will wie Gymnasialkräfte. Dieser Unterschied ist ein alter Zopf, der endlich weg muss. Und was die Kommunikation während der Pandemie gegenüber den Schulen anbelangt: Da habe ich bei meinen Schulbesuchen viel Positives beispielsweise über die Briefe gehört, mit denen Grant Hendrik Tonne regelmäßig über die nächsten Schritte berichtet hat. Das sehen Verbände vielleicht manchmal anders als die Basis.

Ganz oben auf der Agenda stehen auch die Themen Energiepolitik und Energiewende. Sie haben in Niedersachsen große Pläne … 

Ja, Niedersachsen soll 2040 klimaneutral sein und wir wollen das Energieland Nummer eins in Deutschland werden.

Aber wie kann man das realisieren, wenn in der Koalition im Bund die FDP ständig auf die Bremse tritt?

Den starken Ausbau der Erneuerbaren Energien hat sich die ganze Bundesregierung vorgenommen, auch die FDP. Und nach meinem Eindruck hat auch sie inzwischen begriffen, dass darin die Zukunft unserer Energieversorgung liegt. Die Erneuerbaren sind nicht nur klimaschonender, sondern auch wirtschaftlicher. Jetzt wünsche ich mir, dass wirklich alle Menschen das auch einsehen und wir schnell viele Windanlagen realisieren können. Diejenigen, die in der Nähe solcher Anlagen leben, sollen dann davon auch finanziell profitieren. 


Die Themen Klimawandel und Umweltschutz sind eng mit der Energieproblematik verknüpft. Momentan richten sich alle Blicke auf die LNG-Terminals, aber wie steht es denn in Niedersachsen bislang wirklich um den Ausbau der Wind- und Solarenergie?

Wir produzieren mit Abstand am meisten Windenergie in Deutschland. Aber auch wir sind in den letzten Jahren nicht so weit gekommen, wie wir das eigentlich wollten. Insbesondere der frühere CDU-Wirtschaftsminister Altmaier stand permanent auf der Bremse. Inzwischen hat die Ampel für neue gesetzliche Regelungen auf Bundesebene gesorgt. Darin wird der Klimaschutz höherwertiger eingestuft als andere Belange. Damit werden auch viele noch offene verwaltungsgerichtliche Verfahren jetzt endlich zugunsten des Klimaschutzes entschieden werden können. Um Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir die Photovoltaik um weitere 65 Gigawatt ausbauen, die Windenergie um 30 Gigawatt an Land und um 70 Gigawatt auf See.

Mobilität und Verkehr sind ebenfalls wichtige Themen für viele Menschen in Niedersachsen. Mittlerweise sind Sie auch für ein Tempolimit. Ein Sinneswandel, oder?

Der ist jetzt auch schon wieder locker zwei oder drei Jahre alt. De facto kann man doch schon lange auf den Autobahnen kaum mehr als 130 km/h fahren. Das reicht doch auch.

Was tut Niedersachsen konkret für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, wie unterstützt das Land die Kommunen?

Das Land Niedersachsen fördert den Ausbau und die Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs in diesem Jahr mit mehr als 100 Millionen Euro. Darunter sind inzwischen vor allem auch Rufbusse, die in Regionen mit geringerer Bevölkerungsdichte individuell auf die Bedarfe der Fahrgäste eingehen. Das finde ich eine richtig gute Perspektive in unserem Flächenland.

Anderes Thema, die Gründung einer Landeswohungsbaugesellschaft ist ein wichtiges Vorhaben in ihrem Wahlprogram zur kommenden Landtagswahl. Auch ein Sinneswandel, die Forderung hat es viele Jahre nicht auf die Agenda geschafft. Warum ist so eine Gesellschaft jetzt eine gute Idee? 

Von mir aus hätten wir diese Gesellschaft schon längst. Beim Bau von neuen Wohnungen zu bezahlbaren Preisen klemmt es schon länger. Nach meiner tiefen Überzeugung muss auch die öffentliche Hand selbst mit dafür sorgen, dass es in Niedersachsen genug bezahlbaren Wohnraum gibt. Das können wir nicht nur dem Markt überlassen.


Kommen wir zuletzt noch einmal zur aktuellen Situation, die steigenden Energiepreise und die Inflation setzten die Menschen zunehmend unter Druck. Wie können und sollten Bund und Land das abfedern? 

Wir werden die drohende Energieknappheit und die steigenden Preise nur gemeinsam in den Griff bekommen. Gemeinsam bedeutet auch mit den Bürgerinnen und Bürgern, die durch kleine, freiwillige Energiesparmaßnahmen unsere Gasvorräte und ihren eigenen Geldbeutel schonen. Besondere soziale Härten müssen abgefedert werden. Da ist zuallererst die Bundesebene gefragt, die auch schon vieles geleistet hat. Es muss aber weitere Entlastungspakete geben, insbesondere für Rentnerinnen und Rentner und andere Bevölkerungsgruppen mit kleinem Einkommen. Und es ist richtig, dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Grundsicherung anheben möchte – wenn es nach mir ginge, lieber sofort und nicht erst Anfang nächsten Jahres. Das Land tut, was es kann. Wir sind in intensiven Gesprächen mit den hiesigen Energieunternehmen, Wohnungsbaugesellschaften, mit den Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, den Sozialverbänden und den Kirchen. Wir wollen mit Moratorien und mit Härtefallfonds gemeinsam verhindern, dass Menschen in Niedersachsen ihre Wohnung verlieren, die Energie abgeschaltet bekommen oder sich nicht mehr genug zu essen kaufen können. 

 

Ich würde mir für jene Menschen, die nun tatsächlich in Existenznöte geraten, die gleiche Bazooka wünschen, die man während der Pandemie für die Wirtschaft parat hatte. Sie auch?

Ja, und ich hoffe sehr, dass das auch die FDP in der Ampelregierung im Bund einsehen wird. Für viele Menschen, die noch nie einen Cent öffentliche Unterstützung gebraucht haben, geht es jetzt bei der Energiepreisexplosion ans Eingemachte. Dass Friedrich Merz in einer solchen Situation vor neuen sozialen Wohltaten und damit verbundenen höheren Schulden warnt, ist perfide. Wer so redet, lebt offenbar in einer ganz anderen Welt und kann sich finanzielle Not gar nicht mehr vorstellen. 

Interview: Lars Kompa

 

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