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Ein letztes Wort im März

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Ein letztes Wort im März


mit dem Ministerpräsidenten Stephan Weil

Herr Weil, die Demonstrationen gegen den Rechtsruck in Deutschland und gegen die AfD gehen immer weiter. Das stimmt optimistisch, oder?
Ja, das ist wirklich eine ganz große Ermutigung. Wir hatten eine Phase, in der wir das Gefühl hatten, dass extremistisches Gedankengut in unserer Gesellschaft so gut wie unwidersprochen stetig zunimmt. Und jetzt wird sichtbar, dass es viele, viele Menschen gibt, die sich dieser Entwicklung entgegenstellen und sich für ein tolerantes und solidarisches Miteinander einsetzen.

Waren Sie überrascht von der Größe der Demonstrationen?
Ja! Das war wirklich gigantisch neulich auf dem Opernplatz. Die Debatte um dieses Treffen der extremen Rechten mit kruden Ideen zu einer Remigration war offensichtlich der Tropfen, der bei ganz vielen Leuten das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Jung und Alt gehen nun auf die Straße, um zu zeigen, dass sie solche Ideen in Deutschland nicht wollen. Ich wünsche mir sehr, dass die Menschen weiter Haltung zeigen werden, auch im Alltag. Es muss jetzt weitergehen, wenn auch nicht mit allwöchentlichen Demonstrationen, aber beispielsweise indem man sich einmischt und protestiert bei abfälligen Bemerkungen über Menschen, die irgendwie anders sind.

Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus diesen Demonstrationen?
Zunächst mal – und das teile ich mit sehr vielen Menschen – habe ich im Laufe des Jahres 2023 wirklich oft gedacht, dass das alles doch gar nicht wahr sein kann, was da passiert. Und jetzt gehen tausende und abertausende Menschen auf die Straße und eben nicht nur jene, die sich ohnehin schon regelmäßig an Demonstrationen beteiligen. Ich habe auf dem Opernplatz ganz viele gesehen, die vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben auf einer Demonstration waren. Und wir haben überall im Land Demonstrationen erlebt, auch in kleinen Kommunen. Es gibt offenbar doch eine sehr gefestigte demokratische Substanz in unserer Gesellschaft. Das hat auch den Menschen aus anderen Kulturen, die bei uns leben, Mut gemacht. Und es ist ein starkes Zeichen an die Wankelmütigen. Das heißt nicht, dass ich glaube, dass die AfD nun bald Geschichte sein wird. Aber für die, die gerade mit der AfD liebäugeln, waren das wichtige Signale. Ich wünsche mir sehr, dass zum Beispiel auch am 23. Mai zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes wieder ganz viele Gesicht zeigen und dieses Jubiläum feiern werden. Ich bin überzeugt: unser Grundgesetz ist die beste Grundlage für ein gutes Zusammenleben.

Die Union zieht aus den Demonstrationen andere Schlussfolgerungen …
Sie meinen, dass diese Demonstrationen sich auch gegen die Politik der Ampel richten. Da ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Die Demonstrierenden wenden sich gegen einen Rechtsruck und gegen die AfD. Natürlich gibt es Kritik an der Ampel, aber diese Demonstrationen haben einfach ein anderes Thema. Ein verbindendes Thema. Es war zum Beispiel sehr beeindruckend, dass der Präsident der Unternehmerverbände, die rund 150.000 Unternehmen vertreten, auf einer Kundgebung in Hannover geredet hat. Das war etwas völlig Neues. Sehr viele Wirtschaftsunternehmen positionieren sich momentan ganz klar. Und was die CDU angeht, da habe ich zumindest für Niedersachsen den Eindruck, dass es auch deren Anhängerschaft um die Demokratie geht und nicht darum, den Regierenden eins auszuwischen. Es waren ja auch viele Konservative bei den Demos dabei.

Im Bund ist der Grundsound der Union aber ein anderer.
Ja, leider. Es gab zum Beispiel eine sehr würdevolle Stunde zum 75. Jahrestag der Ausschwitz-Befreiung und danach hat Friedrich Merz direkt auf die Ampel eingedroschen, als ob der Bundestag ein Bierzelt wäre. Sein Ton ist sehr oft sehr verfehlt.

Was sagen Sie denn zu seinem Vorwurf, die Regierung würde mit dem Neuzuschnitt von Wahlkreisen der Demokratie schaden?
Ein kompletter Blödsinn. Und auch hier ist es vor allem wieder die Tonalität. Merz spricht von Wahlrechtsmanipulation. Wirklich Unfug – quasi eine alternative Realität mit alternativen Fakten. Und letztlich ist er es dann selbst, der mit solchen Vorwürfen der Demokratie schadet. Ich denke, dass es zu oft mit ihm durchgeht, dass er eine viel zu kurze Zündschnur hat für das Amt, das er anstrebt.

Zurück zum Rechtsruck. Dieser Fokus auf die Zuwanderung und insbesondere auf die Probleme, Stichwort Überforderung, andere Kultur, kleine Paschas, soziale Hängematte, Sozialtourismus usw., das war in den letzten Monaten immer wieder Thema und alle haben plötzlich Härte signalisiert. Auch Ihre SPD hat sich nach meinem Eindruck angesteckt. Teilen Sie meinen Eindruck?
Nein, zumindest nicht, was die SPD angeht. Die SPD sagt klar, dass, wer schutzbedürftig ist, in Deutschland weiter Schutz bekommen soll. Punkt. Gar keine Diskussion. Wir halten an unseren humanitären Ansprüchen fest und schützen an dieser Stelle auch unsere Verfassung. Und etwa 60 bis 70 Prozent derjenigen, die zu uns kommen, sind schutzbedürftig. Sie haben einen Asylanspruch und das müssen wir stemmen, solange es uns nicht gelingt, die Menschen im Europa besser zu verteilen. Die anderen 30 bis 40 Prozent aber haben kein Bleiberecht, sie sind nicht schutzbedürftig. Und wenn wir unseren humanitären Ansprüchen gerecht werden wollen, dann müssen wir auch bei diesen 30 bis zu 40 Prozent konsequent sein. Es ist nicht so, dass ich kein Verständnis für Leute habe, die auf der Suche nach einem besseren Leben zu uns kommen, aber ohne Bleiberecht geht das bei uns nicht. Wir stellen fest, dass viele Kommunen einfach nicht mehr wissen, wo sie die Menschen unterbringen sollen. Und wir müssen zusehen, dass die Aufnahmebereitschaft bei den Bürgerinnen und Bürgern wieder auf ein Niveau kommt, das wir brauchen, um bei der Integration erfolgreich sein zu können.

Wenn man das alles ruhig und differenziert diskutiert, ist das für mich in Ordnung. Aber wenn nur noch Schlagwörter gesetzt werden, wenn über einen Kamm geschoren wird, wenn es populistisch wird, dann finde ich das höchst problematisch.
Das ist es auch. Wir müssen bei allen notwendigen Diskussionen immer im Hinterkopf haben, dass es um Menschen geht. Um Schicksale.

Was ich meine, ist beispielsweise so ein Satz: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.“ Das sagt Olaf Scholz auf einem Spiegel-Titel …
So einen Satz werden Sie von mir nirgends lesen. Denn wir werden das Thema der Migration ja nicht über Abschiebungen lösen. Wir müssen mehr von denjenigen, die zu uns kommen, auch tatsächlich wieder zurückschicken, um bei der Integration erfolgreich bleiben zu können. Aber das ist ein schwieriges Thema mit vielen Facetten. Oft haben die Betroffenen keine Pässe, wir wissen also nicht, aus welchem Land sie stammen. Oder die Herkunftsländer weigern sich, die Leute zurückzunehmen. Und dann ist eine Ausweisung schlicht nicht möglich. Das Thema ist nicht einfach und eignet sich darum auch nicht für kurze, plakative Sätze.

Ich hätte mir einen ganz anderen Satz gewünscht: „Wir müssen endlich im großen Stil die Leute an die Hand nehmen, zugewandt sein, sie gut integrieren!“ Wie wäre es mit so einem Spiegel-Titel?
Ich unterstreiche das sofort für alle Menschen, die ein Schutzrecht haben. Und da können wir in der Tat auch noch viel besser werden, wenn ich zum Beispiel an die Integration in den Arbeitsmarkt denke. Da sind wir viel zu dogmatisch. Ich finde nicht, dass alle erst gut unsere Sprache lernen müssen, bevor sie arbeiten können. Ich kann ganz passabel Englisch sprechen, aber das habe ich nicht primär in der Schule gelernt, sondern als ich gezwungen war, Englisch zu sprechen. Für die Integration in unsere Gesellschaft ist es einfach wichtig, dass die Leute früher anfangen zu arbeiten. Und wenn diese Menschen dann für den eigenen Lebensunterhalt sorgen, steigt auch die Akzeptanz bei den anderen. Bei der Integration in den Arbeitsmarkt müssen wir noch eine Schippe drauflegen.

Ich habe für mich übrigens auch eine Schlussfolgerung aus den Demonstrationen. Und zwar, dass es sich vielleicht lohnen könnte, ausnahmsweise mal wieder in der demokratischen Mitte zu fischen. Oder bei den Nichtwähler*innen. Was meinen Sie?
Ich denke, dass die SPD genau das tut.

Na ja, Olaf Scholz habe ich ja eben zitiert. Wobei Sie Recht haben, gegen Friedrich Merz nimmt sich das eher harmlos aus. Der bestätigt gerne mal genau das, was die AfD sagt, und auch der Sound ist oft recht ähnlich. Müssen sich da jetzt nicht alle mal wieder besinnen?
Ich wünsche mir das sehr. Denn es gehört sich einfach nicht, aus Ängsten Kapital zu schlagen. Nicht wenige Menschen haben tatsächlich Angst. Angst, dass wir die Probleme nicht mehr im Griff haben. Diese Angst können wir nur lindern mit guter Politik. Wir sollten die Ängste aber nicht noch verstärken durch populistische Zuspitzungen. Das zahlt am Ende auf das falsche Konto ein.

Interview: Lars Kompa

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Stadtkinder essen: Nazar

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Stadtkinder essen: Nazar


Wir mögen diese Restaurant-Kritiken. Immer, wenn du etwas gut besprochen hast, schleppt meine Frau mich da hin. Aber weißt du was: Ich esse so schrecklich gerne Döner. Vielleicht kannst du da mal was machen!“ Nun, ich bin ja kein Unmensch, weshalb ich mich auf die Suche nach einem wirklich guten türkischen Schnellrestaurant gemacht habe. Genug Auswahl ist durchaus da, zumal in Hannover-Mitte, aber welches ist denn richtig gut? Ich hab da was gefunden!

Am Steintor, auf der Kurt-Schumacher-Straße, da, wo die ehemalige Haltestelle liegt, befindet sich das Nazar.
Unscheinbar schmiegt es sich in die Ladenzeile, aber mit Zwiebeltürmen hat auch niemand gerechnet.
Innen ist es sehr sauber, mit Sitzplätzen auf zwei Etagen. Da wir furchtbar hungrig sind, bestellen wir uns erst einmal Vorspeisen: Vier Zigarren-Börek (5,50€), die mit Schafskäse gefüllt sind, sowie eine traditionelle Lammkopfsuppe (7,00€). Ein kapitaler Fehler! Nicht, dass es nicht geschmeckt hat – dazu gleich – aber: Hätten wir geahnt, was uns beim Hauptgang erwartet, hätten wir uns die Vorspeisen gespart.

Dennoch sind sie sehr lecker: Die Blätterteigröllchen sind saftig und kein bisschen trocken, der Käse innen ist mild und leicht geschmolzen. Die Röllchen kommen mit einer kleinen Portion Cacik, das dankenswerterweise nur wenig nach Knoblauch, dafür aber deutlich nach Gurke und Minze schmeckt.
Die Lammkopfsuppe, bestehend aus Kopffleisch, Tomate, Paprika und reichlich Gewürzen, erinnert an ein mildes, aber würziges Gulasch. Wer die Mund-Hirn-Schranke ausschalten kann, sollte sie auf jeden Fall einmal probieren.
Schon kommt ein Gruß aus der Küche: Ein hausgebackenes Lavash (Fladenbrot), dazu eine kleine Portion gemischter Salat und drei Dips: Etwas mehr Cacik, eine tomatige Würzpaste, die an Pico de Gallo erinnert, sowie ein großartiger Karottendip mit Joghurt, Mayonnaise und Knoblauch. Klingt simpel, ist aber eine Erleuchtung, zumal mit dem Brot. Das Nazar hat nämlich einen eigens hergestellten Ofen, der das Fladenbrot in nur anderthalb Minuten perfekt bäckt. Munter futtern wir weiter, bis das Hauptgericht kommt.

Wir haben uns zum einen für den Dönerteller mit Kalbfleisch (12,00€) entschieden. Mehr als nur randvoll gefüllt ist der Teller: Eine sehr großzügige Portion wirklich gutes Kalbfleisch, das auf magische Weise sowohl knusprig als auch saftig ist, dazu Bulgur mit Tomate, scharfe Saucen, Salate und etwas Schafskäse. Alles schmeckt frisch und würzig – allerspätestens jetzt bereuen wir die Vorspeise: Die Portion ist so gewaltig, dass sie unmöglich aufzuessen ist. Noch deutlicher wird es bei dem anderen Hauptgericht, dem gemischten Grillteller (25,00€). Hierzu öffnet der Chefkoch seinen gläsernen Fleischschrank. Auf einem Brot- und Salatbett (unter anderem der leckere türkische Salat aus rohen Zwiebeln und Petersilie, mit Sumak bestreut) richtet er Lammkoteletts, ein kurzgebratenes Stück aus der Keule, etwas Kalbsdönerfleisch, Köfte, einen Lammhack- und einen Hähnchenbrustspieß an.
Alles ideal gegart, alles unterschiedlich gewürzt und mit tollem Raucharoma. Wir kriegen uns gar nicht wieder ein vor lauter Superlativen und bedauern erneut die doch sehr begrenzte Kapazität unserer Mägen.

Fazit: Natürlich ist das Nazar kein veganer Fresstempel – es gibt allenthalben Fleisch. In der Karte ist jedoch vermerkt, dass die Betreiber ihr Fleisch aus bekannter und nachhaltiger Quelle beziehen. Das glauben wir einfach mal so – die Qualität spricht durchaus dafür.

Restaurant Nazar
Kurt-Schumacher-Straße 33
30159 Hannover

www.nazar-hannover.de


https://www.facebook.com/RestaurantAnatolienHannover


https://www.instagram.com/nazar.restaurant

Montag – Sonntag 11:00-24:00
+49 511 35399880

 

IH

Fotos: Gero Drnek

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Pinke Zitrone e.V.

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Pinke Zitrone e.V.


Diese Selbsthilfegruppe ist anders: Hier gibt es keine klischeehaften Treffen in Klinikatmosphäre – im Gegenteil: „Wir wollen mit unseren Aktionen und Workshops Mut machen, den Krebs in den Hintergrund rücken und den Frauen schöne Momente bereiten“, erklärt Mareen Bongartz, Vorstandsmitglied des Pinke Zitronen e.V. Unter dem Motto „Lust auf Leben“ bietet der Verein Selbsthilfe 2.0 für junge Brustkrebspatientinnen.

2018 gegründet richtet sich Pinke Zitronen e.V. an junge Frauen mit Brustkrebs zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung. „Eine Krebsdiagnose verändert dein Leben nachhaltig und wir fangen die Frauen jederzeit auf.“ Die insgesamt fünf Frauen aus dem Vorstand haben selbst in der Vergangenheit mit einer Krebsdiagnose umgehen müssen oder sind nach wie vor in Therapie. „Bei uns muss sich niemand verstellen, denn wir sitzen alle im gleichen Boot“, betont Bongartz.

Im selben Boot sitzen einige der Vereinsmitglieder wortwörtlich. Eines der sportlichen Angebote der Pinken Zitronen ist das Drachenbootfahren. Ansässig im Hannoverschen Kanu-Club von 1921 e.V. gibt es die Amateursportmannschaft, Pink Dragonistas, die in den vergangenen Jahren sowohl den deutschen Meistertitel geholt als auch Europa- und Weltmeisterschaften in der Pink Paddling Sparte gewonnen hat, und die Hannover Pinkx, eine Fun-Sport-Gruppe für Einsteigerinnen. „Drachenbootfahren ist nicht nur medizinisch gut für Brustkrebspatientinnen, weil es den Lymphfluss anregt, sondern hat auch eine tolle Symbolkraft“, schildert Bongartz, die selbst lange Zeit mit den Pink Dragonistas gepaddelt ist. Die Frauen beschäftigen sich mit den gleichen Thematiken, haben die gleichen Sorgen und Ängste und sitzen gemeinsam mit Gleichgesinnten im Drachenboot. „Du schaltest nicht nur alles andere aus, du empfindest auch ein extremes Gemeinschaftsgefühl und merkst, du bist nicht allein.“ Zusätzlich zu den zwei Paddel-Teams, gibt es die Lauf- und Walking-Gruppe Pink Runners und die YogaLemons. Außerdem wird die Möglichkeit geboten, an Tanzworkshops und am jährlichen Muddy Angel Run teilzunehmen. Abseits von ihren Sportangeboten gehen die Pinken Zitronen zusammen ins Upcycling-Bastelzimmer, ins Malcafé, zum Action-Painting, treffen sich zum Kochen oder Backen. Einmal im Monat kommen sie zum gemeinsamen Frühstück im Café Mezzo in der Oststadt zusammen.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Pinke Zitronen e.V. sind Enttabuisierung und Aufklärung. So sind die Pinken Zitronen bei Gesundheitsveranstaltungen oder allgemeinen öffentlichen Anlässen, wie Messen, stets präsent. Genauso wie die Unterstützung ihrer Mitglieder ist es für Pinke Zitronen e.V. sehr wichtig, „aufzuklären und dem Ganzen ein Gesicht zu geben“, so Bongartz, „wir wollen möglichst viele Menschen erreichen und über Brustkrebs informieren“.

Auch an die Kinder von Brustkrebspatientinnen wird bei den Pinken Zitronen gedacht. Die so genannten LemonKids sind Stärkungsgruppen, in denen Kinder und Jugendliche mit Gleichaltrigen und unter psychoonkologischer Betreuung zielgruppengerechte Workshops abhalten können. Zusätzlich gibt es gelegentliche Familienausflüge, um den Kindern eine Auszeit vom Alltag zu ermöglichen. „Wir waren schon zusammen im Wisentgehege und im Zoo, sind mit Hannover 96 und mit den Recken vernetzt“, berichtet Bongartz und erzählt, dass die Kinder beim Handball bereits Spalierstehen durften.

Regelmäßige Expertentalks über Zoom runden das Angebot des Pinke Zitronen e.V. ab. Hier halten Ärzt*innen Vorträge beispielsweise zur Entwicklung neuer Therapieformen, Anwält*innen klären Rechtsfragen und es wird auf tiefergehende Thematiken wie persönliche Anliegen der Frauen eingegangen. Darüber hinaus gibt es zwei WhatsApp-Gruppen: „Wir haben eine Info-Gruppe, in die wir vom Vorstand Termine und wichtige Infos schreiben, und wir haben eine ‚Sabbel-Gruppe‘, wo Frauen, die sich aktuell in Therapien befinden, reinkommen, wenn sie es möchten, um sich untereinander auszutauschen“, erklärt Bongartz. „Wir helfen, wo wir können, und jede kann sich aus unserem Angebot bei dem bedienen, was ihr guttut – alles kann, nichts muss“.

Laura Druselmann

Allgemeine oder projektbezogene Spenden an:

Pinke Zitronen e.V., Sparkasse Hannover, DE30 2505 0180 0910 4217 73, Verwendungszweck: Ihr Name, Ihre Anschrift und „Spende für Pinke Zitronen e.V.“

Pinke Zitronen e.V.
Nicola Jahnke-Sieche
Schlehenweg 2
30900 Wedemark

E-Mail: pinkezitronen@web.de
http://www.pinkezitronen.de
Instagram: http://www.instagram.com/pinkezitronen
Facebook: Pinke Zitronen e.V.

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Der besondere Laden: Haarhaus – die Perücke, das Toupet

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Der besondere Laden: Haarhaus – die Perücke, das Toupet


Gelockt, glatt oder kraus – Haare kommen in verschiedensten Variationen daher. Wer keine oder kaum noch welche auf dem Kopf hat, dem*der kann Birgit Kröger sechs Tage die Woche in ihrem HaarHaus zu einer neuen Haarpracht verhelfen.

Traurig rein, glücklich raus“ – so verläuft ein Besuch im HaarHaus oft ab. „Meine Kund*innen kommen und sind unglücklich mit der Situation, die sie haben. Egal, ob das die abgebrochenen, blondierten Haare sind, ob es die Krebskranke ist oder der haarlose Mann. Wenn sie den Laden mit einem Zweithaar verlassen, dann sind sie in der Regel glücklich. Und das ist das, was ich toll finde“, erklärt Birgit Kröger. Sie ist die Inhaberin von HaarHaus, dem Fachbetrieb für Perücken und Zweithaar in jeglicher Form. Ob Haarteile, Toupets, Haarverlängerungen oder Perücken, ob Echthaar, Mischhaar oder Kunsthaar – für jedes haarige Problem hat Kröger eine Lösung. Und auch wenn ein Zweithaar noch nicht ganz den Wünschen entspricht, ist das kein Problem: „Wir können farblich verändern, wir können verkleinern, vergrößern, wir können schneiden, wir können reparieren, wir können alles Mögliche machen“, betont Kröger. „Ich finde das besonders toll, wenn ich etwas personalisieren kann. Wenn etwas nicht zu 100 Prozent stimmt, kann ich für die Kund*innen 100 Prozent rausholen. Das Zweithaar so anpassen, dass es wirklich zur Kundin oder zum Kunden passt.“

Schon während ihrer Ausbildung zur Friseurin hatte Kröger Berührungspunkte mit Haarersatz. Sie wusch Perücken und zu ihrer Meisterprüfung musste sie sogar eigens ein Haarteil fertigen. „Und da ist die Liebe zu diesem ganzen Metier gewachsen. Ich wollte das eigentlich auch immer machen und bin aber nie dazu gekommen“, erklärt sie.

Der Liebe wegen zog Kröger aus Hamburg nach Hannover – und fand hier zum HaarHaus. 2014 begann sie zunächst als Angestellte in dem Geschäft für Zweithaar und machte eine Zusatzausbildung. Nur vier Jahre später übernahm sie das Geschäft.

Ihr gelernter Beruf findet auch im HaarHaus noch Umsetzung. Denn die Dienstleistungen, die Kröger und ihre Mitarbeiter*innen im Fachgeschäft für Zweithaar anbieten, gehen über den bloßen Verkauf hinaus. Etwa Toupets werden noch vor Ort angebracht und frisiert. „Das Einzige, was nicht geht, ist, dass die Dame oder der Herr von außen hereinkommen und sagt: ‚Ich hätte gerne waschen, schneiden, föhnen.‘ Wir sind kein normaler Friseur“, erklärt Kröger.

Doch eine kleine Ausnahme gibt es. Denn anderen Menschen zu helfen, liegt Kröger besonders am Herzen. Aus diesem Grund können im Haarhaus auch Haare gespendet werden, die mindestens 35 Zentimeter lang sind. „Wir nehmen abgeschnittene Zöpfe an, aber wir schneiden auch selbst und machen dann Haarschnitte. Und zwar kostenfrei“, erklärt die gelernte Friseurin. Die gespendeten Haare gehen dann entweder an die Charity-Aktion „Rapunzel, die mit dem Erlös der gesammelten Haare eine besondere gemeinnützige Organisation unterstützt. Oder an die Aktion „Zopfliebe“ von HaarVital, die mit dem Erlös die Rexrodt von Fircks Stiftung unterstützt und damit krebserkrankte Mütter und ihre Kinder in der Verarbeitung der psychischen Belastung der Krankheit. Eine besondere Möglichkeit in einem besonderen Laden. „Ich bin immer glücklich, wenn Leute herkommen und ihre Haare spenden wollen. Also, wenn Menschen ihre Haare loswerden wollen, gerne bei mir.“

HaarHaus I Die Perücke I Das Toupet

Lister Meile 28, 30161 Hannover

Öffnungszeiten: Mo-Fr 09.30-18 Uhr, Sa 09.30-13 Uhr

E-Mail: info@ihreperuecke.de
Tel.: 0511 3480809

www.ihreperuecke.de

Jule Merx

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Ein offener Brief an Heidi Klum

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Ein offener Brief an Heidi Klum


Liebe Heidi,
genial! Männer! Wie naheliegend. Da hätte man auch schon früher drauf kommen können. Aber klar, manchmal fällt der Groschen halt später. Passiert. Und alles braucht ja auch seine Zeit. So etwas muss sich entwickeln. So eine Show muss reifen und gleichzeitig mit der Zeit gehen, wenn sie groß bleiben will. Dann braucht es zwischendurch mehr Drama und mehr Diversity und Curvy Models und Best-Ager. Und jetzt kommen die Männer. Statt Curvy Models und Best-Agern, versteht sich. Man darf eine Show ja auch nicht überfrachten. Du weißt das. Du kennst dich aus. Du machst diese Show seit 2006. Du kennst alle Tricks. Und jetzt Männer! Kreisch! Genial! „Es sind heiße Boys dieses Jahr dabei.“

Wir baden geradezu in Vorfreude. Das wird die geilste Show ever. Weil ja jetzt noch Sex mit reinkommt. Irgendein Pärchen wird sich finden. Und irgendjemand wird eifersüchtig sein. Das kann man im Zweifel auch alles wunderbar skripten. Und vielleicht lässt du dich ja auch hinreißen, liebe Heidi, und kneifst im Vorbeigehen mal in den einen oder anderen Knackhintern. Warum nicht? Das wäre doch bestimmt ein quotenträchtiger Skandal. Und Tom würde es dir bestimmt nachsehen. Ihr müsst ja auch ein bisschen an die Kohle und an später denken. Aber vielleicht reicht es auch, wenn ein paar deiner Models übereinander herfallen.

Ob es wohl dazu kommen wird? In irgendeiner Besenkammer. Und dann: erwischt! Voll drauf die Kamera. So richtig Porno. Es wäre schon enttäuschend, wenn das nicht passiert. Klar, es wird auch ohne Sex wieder jede Menge Anlässe für ausgiebige Lästereien geben. All die schönen Gesichter werden sich zwischendurch verzerren zu hasserfüllten, eifersüchtigen, gierigen, neidischen Fratzen. Diese Show wird wieder all das Gute zeigen, was in uns Menschen steckt, aber eben auch all das Böse und Abgründige. Aber mit einer Prise Sex wäre das alles noch viel schöner, oder? Denk mal drüber nach, Heidi. Falls es nicht sowieso schon im Skript steht, dann los! Und vielleicht gelingt ja sogar der ganz große Coup. Sind eigentlich Kondome zugelassen? Böser Fehler. Wäre doch der Hammer, wenn nach der Staffel das erste GNTM-Baby geboren wird.

Hach, wir freuen uns! Diese Staffel wird bestimmt krass. Was man jetzt so alles anstellen könnte. Wie wäre es mit ein paar Anspielungen auf alte Vorwürfe. Die Models könnten sich beispielsweise gegenseitig die Füße mit Öl massieren. Das würde wahrscheinlich auch die Sex-Geschichte befördern. Und dann müssten sie alle danach auf den Laufsteg. Das wäre ein Spaß. Es braucht unbedingt ein paar vertrauensvolle Ansprechpersonen für die Models. Denen können sie dann verraten, wer wen heiß findet, und das können die vertrauensvollen Ansprechpersonen dann dem jeweils anderen stecken. Auf dass es richtig knacken möge. Und dann kommt das Nacktshooting. Wer braucht eigentlich Weihnachten, wenn demnächst so ein Fest vor der Tür steht. Die Mädels müssen dann die Jungs anmachen, sie müssen sich im Wasser räkeln und du wirst sie dabei anfeuern: „Mach ihn heiß mit deinem Blick!“ Ob da jemand eine Erektion bekommen wird? Das wäre im wahrsten Sinne des Wortes der Oberhammer!

Wir sind dir so dankbar, liebe Heidi. Man hat dich so sehr angefeindet in den vergangenen Jahren, du bist als herzloses, geldgeiles Monster diffamiert worden, aber du hast dich nicht beirren lassen. Du bist immer positiv geblieben und hast einfach weitergemacht. Um für uns die bestmögliche Unterhaltung zu kreieren. Und diese 19. Staffel schreit danach, in die Geschichte einzugehen. Männer! Genial!

Wir sind schon ganz gespannt, was du 2025 zur 20. Runde aus dem Hut zaubern wirst. Wie wäre es mit Menschen, die sechs Finger haben oder sechs Zehen? Oder warte, Menschen ganz ohne Haar. Die sehen dann alle aus wie Crashtest-Dummies. Oder vielleicht nur lesbische und schwule Models. Oder nur Models, die im Rollstuhl sitzen. Oder nur Schwarze Models. Oder Models, die einen Hund haben und dem möglichst ähnlich sehen. Oder warte, wie wäre es mit Schwarzen lesbischen oder schwulen Menschen, die sechs Finger oder sechs Zehen plus einen Hund haben und im Rollstuhl sitzen? Das wär’s doch. Vielleicht könnten das auch blinde Menschen sein. Und/oder taube Menschen. Oder du nimmst einfach wieder Männer. Vielleicht Männer, die in einem früheren Leben in Pornos mitgespielt haben. Und dazu werden dann endlich wieder 16-jährige Models zugelassen. Das war eh Altersdiskriminierung.

Ach egal, wir verlassen uns ganz auf dich. Du bist Miss Mastermind, dir wird schon was einfallen.

GAH

Foto: Melanie / Pixabay.com

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El Kurdis Kolumne im März: mein erstes Mal

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El Kurdis Kolumne im März: mein erstes Mal


Ich möchte nicht missverstanden werden: Poetry-Slam ist ein absolut begrüßenswertes Phänomen! Junge Menschen schreiben, lesen vor, hören zu – was will man mehr in Zeiten wie diesen, in denen 25 Prozent der deutschen Grundschüler*innen Probleme mit Buchstaben und Sätzen haben. Im Ranking der IGLU-Studie liegen wir damit nicht nur, wie zu erwarten war, hinter Hongkong, Norwegen, Dänemark und Singapur, sondern auch hinter Russland, Macau und Österreich!

Insofern: Gelobt sei die Jugend, die sich in der Kulturtechnik des Lesens und Schreibens übt, die Lyrik und Prosa produziert, die mit Worten spielt. Alles gut. Sicher, man fragt sich, warum alle Texte immer im gleichen künstlichen Slam-Singsang vorgetragen werden müssen, und wer diesen wann auf welcher Bühne erfunden hat – aber okay, genauso könnte man fragen, wieso circa 62,7 Prozent der Kulturwissenschaftsstudentinnen einen Micro-Pony kurz unterm Haaransatz tragen oder warum irgendwer glaubt, Süßkartoffel-Pommes wären ein guter Ersatz für Standard-Fritten. Oder gar ein kulinarischer Fortschritt.

Als ich anfing, auf Bühnen vorzulesen, war diese Form der Text-Darbietung noch nicht erfunden. Ich gehöre zur „Lost Generation“: Zu jung für „Social Beat“, zu alt für „Poetry Slam“. Ich bin quasi zwischen die Zeit-Sofapolster gerutscht. Wie schon zuvor, als ich zwischen die Fronten von Progrock und Punk geriet. Oder politisch in die Twilight-Zone zwischen K-Gruppen und Grüne. Nur für eine Sache befand ich mich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort: Für die Ausstrahlung einer Sitcom über einen abgestürzten Außerirdischen mit Katzenappetit. Das ist die einzige Generationen-Community, in die ich mich ohne Bedenken einordnen würde: Die „Generation ALF“. Weswegen ich in meinem Kopf bis heute vieles im Tonfall und mit der Stimme von Tommy Piper kommentiere. Aber darüber rede ich nur mit meiner Therapeutin.

Dennoch dachte ich vor einiger Zeit: Einmal muss ich das machen. Einmal in meinem Leben muss ich an einem Poetry-Slam teilnehmen. Also ging ich ins Kulturzentrum meines Vertrauens, ließ mich auf die Liste setzen und enterte den Backstagebereich. Als ich den Raum betrat, hörten alle auf zu reden und schauten mich an, als sei ich der Rektor, der unangekündigt im SV-Raum erscheint, um zu kontrollieren, ob da nicht vielleicht gekifft wird.

Ich sagte: „Hallo, ich bin Hartmut, ich lese heute auch.“ Die Gesichter entspannten sich. Die Gespräche wurden fortgesetzt. Um mich herum. Mit mir wurde nicht geredet. Vermutlich aus Respekt vor dem Alter. Vielleicht hatten sie auch Angst, ich würde Sütterlin oder Fraktur sprechen. Keine Ahnung. Irgendwann erbarmte sich eine junge Frau und sprach mich auf meine „Vintage-Freitag-Tasche“ an: „Die ist doch bestimmt 20 Jahre alt?“ In meinem Empfinden hatte ich sie mir erst vorgestern gekauft. Bei einem Basel-Besuch. Dann fiel mir ein, dass der Grund für den Besuch eine Lesung gewesen war, zu der mich mein Freund Mazze, damals Dramaturg am dortigen Stadttheater, eingeladen hatte. Es musste also 2002/2003 gewesen sein. „Ja, kommt ungefähr hin“, antworte ich. Sie nickte anerkennend. „Ey, wenn du die mal verkaufen willst …!“ – „Im Moment nicht, aber klar, dann sag ich Bescheid!“

Mein Auftritt rückte näher. Wahrscheinlich wirkte ich etwas nervös. Zumindest sprach mich ein anderer Teilnehmer – „Finn“, so Anfang zwanzig – freundlich und in vermutlich beruhigender Absicht an: „Bist Du aufgeregt? Ich hab Dich noch nie bei einem Slam gesehen“. – „Ist auch mein erster.“ – „Cool, neulich war ich bei einem Slam in Osnabrück, da war einer, der war siebzig oder so. Finde ich krass, wenn man das in dem Alter noch probiert.“ Ich nickte. Ich fands auch krass.

Ich zog meinen Text aus meiner „Vintage-Freitag-Tasche“. Finn zeigte auf die Blätter. „Ich mache meine Texte immer auswendig. Das würde ich dir auch empfehlen. Da ist man lockerer und viel freier.“ – „Nee klar“, sagte ich und beschloss meine Rolle als Senioren-Slammer noch auszubauen, „aber weißte, das Gedächtnis …“ – „Verstehe“, antwortete Finn „vorlesen geht natürlich auch“. Er gab mir dann noch ein paar Tipps für meine Performance, über den Umgang mit dem Publikum, den Sinn und Unsinn von Pausen und noch einiges mehr. Schließlich war er schon mindesten eineinhalb Jahre im Business. Ich bedankte mich höflich. Und dann ging ich auf die Bühne und las vor, wie ich eben so seit über 30 Jahren vorlese.

Ich wurde Vorletzter. Ich hätte mal lieber auf Finn – den souveränen Sieger des Abends – hören sollen.

 

Hartmut El Kurdi

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