Tag Archive | "Stadtkind 2023-06"

Ein letztes Wort im Juni

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Ein letztes Wort im Juni


Ein letztes Wort

mit dem Ministerpräsidenten Stephan Weil

 

Herr Weil, Sie sind gerade zurück vom Flüchtlingsgipfel. Was hat’s denn gebracht?

Einiges, aber nicht genug, deshalb müssen wir unbedingt weitermachen. Die Bundesregierung hat zugesagt, die Kommunen mit zusätzliche einer Milliarde Euro bei der Unterbringung von Geflüchteten zu unterstützen. Das war ein Zwischenerfolg, aber schon der war hart errungen. Ich bin trotzdem nicht unzufrieden, denn die Alternative wäre ein großer Eklat zwischen Bund und Ländern gewesen. Einen solchen Eklat aber sollten wir uns gerade bei dem Thema Zuwanderung wirklich ersparen. Im Kern gibt es dennoch nach wie vor einen deutlichen Dissens. Die Kommunen und wir Länder plädieren für ein atmendes System. Die Kommunen dürfen nicht davon abhängig sein, dass der Bund in jedem Jahr neu entscheidet, in welchem Umfang er bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten hilft. Wir brauchen ein System, das sich an der Zahl der Menschen orientiert, die zu uns kommen. Wenn wenige kommen, muss der Bund entsprechend wenig zahlen, kommen viele, muss die Hilfe angepasst werden.

Was hat der Bund dagegen?

Erstens wird signalisiert, dass kein Geld da sei, und zweitens wird ins Feld geführt, dass der Bund schon viel Geld bezahle. Letzteres stimmt ausdrücklich, das gilt aber gleichermaßen für die Länder und die Kommunen selbst. Und zum ersten Punkt stellt immer die Frage, welche politischen Prioritäten gesetzt werden. Aus meiner Sicht sollte das Thema Geflüchtete sehr weit oben stehen, denn wir wissen alle, dass es dabei implizit auch um andere Fragen geht: um die Stabilität der Gesellschaft und am Ende um das Vertrauen in die Demokratie. Darum überzeugen mich die Argumente der Bundesregierung nicht und ich kann die Kritik aus den Kommunen inhaltlich gut verstehen.

Die Not scheint groß. Welche Probleme sind akut?

In Niedersachsen haben wir derzeit noch eine besondere Situation: wir haben im letzten Jahr mehr Geflüchtete aufgenommen als wir nach dem bundesweiten Verteilungsschlüssel hätten aufnehmen müssen. Das führt dazu, dass wir momentan bei uns eine kleine Verschnaufpause haben. Aber auch in Niedersachsen ist der Wohnungsmarkt in vielen Teilen des Landes angespannt. Dies ist übrigens ein erster deutlicher Unterschied zu 2015/2016: damals war der Wohnungsmarkt entspannt. Die Kommunen haben es also momentan sehr schwer, Unterkunftsmöglichkeiten zu finden. Punktuell sind Turnhallen belegt, das ist immer ein Gradmesser. Die Anmietung von Hotels ist derzeit noch selten notwendig, aber das hat auch mit der besagten Verschnaufpause zu tun. Im vergangenen Jahr war dies vielerorts notwendig. Unterm Strich sind bundesweit zahlreiche Kommunen überfordert. Die Berichte aus den anderen Länden sind teilweise noch besorgniserregender als die aus Niedersachsen.

Hätte man sich nicht schon vor Monaten ganz anders darauf einstellen müssen, dass viele Flüchtlinge aus der Ukraine kommen?

Aktuell (im Mai 2023) sind es nicht so sehr die Menschen aus der Ukraine, die uns Sorgen machen. Diese Zahl ist derzeit weitgehend stabil. Diese Geflüchteten haben bei uns einen gesicherten Rechtsstatus und es sind weniger gekommen, als man hätte annehmen können. Das ist ein Hinweis auf dem Mut und die bewundernswerte Entschlossenheit der Ukrainer, ihr Land zu verteidigen. Was gestiegen ist und weiter steigt, ist die Zahl der sonstigen Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus allen möglichen Ländern. Wir verzeichnen bei den Anträgen momentan eine Steigerung von 80 bis 100 Prozent. Und die warmen Sommermonate mit potentiell hohen Zahlen kommen ja erst noch. Da kommt ein Problem auf uns zu, vor dem wir alle großen Respekt haben sollten. Und wir dürfen dieses Thema auch nicht kleinreden. Es ist eine große Herausforderung, unserem humanitären Anspruch gerecht zu werden, die Situation in den Kommunen und das gesellschaftliche und politische Klima im Land aber nicht zu überfordern.

Vielleicht können wir das mal insgesamt so ein bisschen aufdröseln. Wir brauchen einerseits eine gesteuerte und geordnete Zuwanderung, uns fehlen die Arbeitskräfte. Wir haben dazu die Flüchtlinge und die humanitäre Pflicht, Asyl zu gewähren. Und wir haben die illegale Zuwanderung. Wobei da größtenteils nicht Menschen kommen, die Böses im Schilde führen, sondern Menschen, die arbeiten wollen, die sich ein besseres Leben aufbauen wollen.

Ganz genau, es geht um drei Herausforderungen gleichzeitig, die in einem direkten Zusammenhang stehen. Das macht die Lage und die Diskussionen darüber unübersichtlich. Wir haben erstens eine humanitäre Verpflichtung gegenüber den Menschen, die dringend unseren Beistand und Schutz benötigen. Das sind zahlenmäßig neben den Ukrainerinnen und Ukrainern deutlich mehr als die Hälfte derjenigen, die bei uns Asyl beantragen. Insbesondere sind es Menschen aus Syrien, aus dem Iran und aus Afghanistan. Wir sollten uns alle gemeinsam anstrengen, dass die Aufnahmebereitschaft in Deutschland für politisch Verfolgte so zugewandt bleibt, wie sie in den letzten Jahren war und derzeit noch ist. Dies erfordert aber auch, dass wir illegale Zuwanderung möglichst unterbinden. Auch da aber kommen nicht Menschen, die Böses im Sinn haben, sondern Menschen, die sich eine Perspektive für sich und ihre Familien suchen. Aber wir haben bereits 2015/2016 die Erfahrung gemacht, dass Deutschland nicht stellvertretend ein europäisches Problem lösen kann. Wir können nicht allen Menschen eine Perspektive bieten, die sich das wünschen, und müssen die Aufnahmefähigkeit unserer Kommunen und die Stabilität unserer Gesellschaft im Auge behalten. Und darum ist es unerlässlich, dass wir so gut wie möglich die illegale Zuwanderung unterbinden. Und schließlich brauchen wir umgekehrt im Unterschied zu 2015/2016 zugleich mehr legale Zuwanderung. Bei uns fehlen Arbeitskräfte an allen Ecken und Kanten. Von der Bundesregierung haben wir einige wirklich gute Vorschläge gehört, um die Möglichkeiten legaler Zuwanderung auszuweiten. Das geht für mich in die richtige Richtung. Wenn wir keine legalen Alternativen bieten, dann werden sich viele Menschen in die Illegalität flüchten. Mit all den bekannten Problemen.

Das dauert nur und wird uns im Sommer jetzt nicht helfen …

Ja, das dauert. Und es wird nicht allein in Deutschland entschieden. Beim Grenzschutz etwa oder beim Thema Verteilung ist es eine  europäische Entscheidung. Leider sind sieben Jahre verstrichen, ohne dass sich in Europa in Sachen Flüchtlingspolitik Nennenswertes getan hätte. Aber vielleicht haben wir jetzt eine Chance, weil zum ersten Mal alle Beteiligten unter Druck stehen, auch die osteuropäischen Länder. Sie hatten sich vor sieben Jahren der Aufnahme von Flüchtlingen weitgehend verweigert. Wenn wir jetzt keine europäische Lösung hinbekommen, werden wir auch weiterhin nur an den Symptomen herumdoktern.

Ich habe im Moment eher die Wahrnehmung, die europäischen Länder überbieten sich darin, sich möglichst unattraktiv für Flüchtlinge zu machen, Stichwort „Schmuckgesetz“ in Dänemark. Möglichst viel Schikane und möglichst laut drüber reden, damit sich möglichst wenig Menschen auf den Weg machen … Angesichts dieses Tendenzen halte ich eine europäische Einigung für reichlich utopisch, ehrlich gesagt.

Ich habe trotzdem die Hoffnung, dass ganz am Ende die Notwendigkeit gesehen wird, nicht allein auf die nationalen Interessen zu blicken. Wir bekommen ja im Augenblick sehr klar vor Augen geführt, dass es Zeiten geben kann, in denen man auf die Hilfe anderer angewiesen ist.

Migrationspartnerschaften sollen jetzt dafür sorgen, dass Ausreisepflichtige in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können. Das ist mit vielen Ländern, und gerade mit jenen, aus denen die meisten Ausreisepflichtigen kommen, aber völlig utopisch.

Das stimmt für Afghanistan und Syrien oder für den Iran, aber mit einigen afrikanischen Staaten kann das durchaus funktionieren. Und ich halte das durchaus für einen klugen Ansatz: Diese Länder sollen helfen, die illegale Zuwanderung zu unterbinden, und wir öffnen uns im Gegenzug gleichzeitig für die Möglichkeit, dass Menschen von dort legal zu uns kommen. Diese Männer und Frauen können dann wiederum ihre Familien im Herkunftsland unterstützen. Es wäre gut, wenn wir versuchten, die unterschiedlichen Interessen zu berücksichtigen. Das fehlt bislang.

Rechtsstaatliche Asylverfahren an der Außengrenze der EU, was sagen Sie dazu …

Ich finde den Ansatz richtig, die Umsetzung ist gleichwohl schwierig.

Wenn ich mir ansehe, was an den Grenzen vor Ort geschieht, wie überfordert man dort teilweise schon jetzt ist, kann ich mir rechtsstaatliche Asylverfahren nur mit sehr viel Fantasie vorstellen.

Letztlich geht es darum, dafür zu sorgen, dass Menschen sich eben nicht mehr in die Schlauchboote setzen müssen. Sie haben ja recht, es gibt viele praktische Fragezeichen. Aber mir ist es wichtig, dass wir jetzt zunächst einmal eine gemeinsame Zielvorstellung entwickeln. Klar ist, dass sich Zustände wie beispielsweise im Flüchtlingslager Moria nicht wiederholen dürfen. Aber so wie es jetzt ist, kann es auch nicht bleiben. Das Sterben auf dem Mittelmeer ist doch unerträglich – wir müssen handeln.

Handeln wäre mal gut. Zumal wir schon wieder einen Wettbewerb der Populisten erleben. Und da meine ich nicht nur die AfD. Ich höre auch Fragwürdiges von ganz links. Und ich erlebe dazu eine CDU/CSU, die bewusst verkürzt, vermischt und polemisiert.

Und das war – um auf unseren Ausgangspunkt zurückzukommen – der Grund, warum ich beim Flüchtlingsgipfel mit aller Kraft versucht habe, einen Eklat zu vermeiden. Denn wer hätte sich am Ende darüber gefreut? Doch nur jene, die nicht wollen, dass Deutschland weiter offen bleibt für humanitäre Aufnahme. Und darum sollten alle, die Verantwortungsbewusstsein haben, jetzt mal verbal einen Gang runterschalten und sich besinnen. Leider erleben wir in Teilen der CDU/CSU momentan das Gegenteil. Da werde in unverantwortlicher Weise Ängste geschürt und das halte ich für einen Riesenfehler.
Interview: Lars Kompa

 

 

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Stadtkinder essen: Heimathafen

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Stadtkinder essen: Heimathafen


An Bord alle Mann, wir fahren zur See.
Na gut, ein kleines Bisschen nur, aber besser als nichts.
Im Yachthafen der List liegt seit gut 20 Jahren ein ziemlich geschichtsträchtiges Wasserfahrzeug im Mittellandkanal vor Anker. Gebaut 1928 in Hamburg wurde das 51 Meter lange Schiff bis Kriegsende als Schleppleichter eingesetzt und im Anschluss zum Getreidesilo umfunktioniert. Es diente als Depot- und Werkstattschiff, bis es 1999 von der Marinekameradschaft Hannover gekauft wurde und schließlich 2003 das wurde, was es heute ist: Eine Gastronomie.
Das Schiff hat diverse Betreiber kommen und gehen sehen – seit Herbst 2022 firmiert es nun unter dem Namen „Heimathafen“.

Etwas versteckt gelegen, am Ende der Werftstraße (am besten zu erreichen mit den Buslinien 128/134 „Nordring“) gehen wir an Bord. Das Sonnendeck ist herrlich – sofern die Sonne scheint, aber das Glück haben wir nicht – hier können die Gäste wunderbar draußen sitzen und ihr Essen mit Blick auf den Mittellandkanal genießen.

Da es leider gerade regnet und es auch noch ziemlich kühl ist, treibt es uns in den Rumpf des Schiffes. Da sieht es aus wie – nun ja – im Rumpf eines Schiffes. Das super freundliche Personal geleitet uns zu einem Tisch am „Fenster“, durch die Bullaugen können wir das Wasser sehen. Es ist gemütlich hier, wenn doch mehr auf die 80er-Jahre-Art.
Der Boden, die Möbel und die Wandvertäfelung sind aus dunklem Holz, die an der Fensterseite befestigten Sitzbänke mit marineblauem Kunstleder überzogen. Auf den Tischen und in den Bullaugen wurde mit maritimer Streudeko gearbeitet, es gibt kleine Leuchttürme, Rettungsringe, und Schellhornmuscheln. Alles in allem herrscht eher Pub-Atmosphäre, wozu sicherlich auch die Raumakustik beiträgt. Ein Schiffsrumpf ist nun einmal ein gewaltiger Klangkörper – ohne es beschönigen zu wollen: Für Fine-Dining in ruhiger Umgebung ist es hier schlichtweg zu laut.

Wir bekommen die Karte und machen uns an das Rätsel der Entzifferung. Ein Rätsel deswegen, weil die Schriftart, in der die Karte gedruckt ist, so verschnörkelt ist, dass man schon ganz genau hinschauen muss. Zum Glück ist die Karte klein und bietet logischerweise größtenteils Fisch, sowie einige Salate, Pasta- und Fleischgerichte an, außerdem Burger (hier leider keinen mit Fisch).

Wir entscheiden uns für eine kleine Portion frittierter Tintenfischringe mit Aioli und Salatbeilage (7,50€) und dazu eine Backofenkartoffel mit Kräuterquark (4,90€), sowie einer Fischplatte mit Grillgemüse (27,90€). Dazu trinken wir Bier, bzw. Alster.

Die Fischplatte beinhaltet Zanderfilet, Lachs, Garnelen und einige weitere Calamarisringe, während das Grillgemüse aus Zucchini, Champignons, Paprika und roten Zwiebeln besteht und in einer tomatisierten Sauce kommt. Der Gargrad bei Fisch und Gemüse ist ideal, auch wenn der Fisch leider etwas unterwürzt ist und ungeschickterweise so auf dem Gemüse drapiert wurde, dass die einst knusprige Hautseite des Fischs nun auf der Tomatensauce liegt. Gerne bringt man uns Salz und Pfeffer, damit wir das mit dem Würzen selbst übernehmen können. Die Calamarisringe schmecken gut, auch wenn sie ein bisschen blass sind. Die Backofenkartoffel jedoch ist leider weder warm noch gar, was wir reklamieren müssen. Wir bekommen aber sehr zügig eine neue, die dann wiederum gut ist.

Puh – ein schwieriges Fazit an dieser Stelle. Der Heimathafen ist, was die Location angeht, etwas völlig Anderes als andere Lokale. Das Essen ist solide – Fehler können jedem passieren – und der Service wirklich herausragend freundlich.
In einer größeren Gruppe und bei gutem Wetter ist es auch allemal einen Ausflug wert. Für ein intimes Essen zu zweit bei Regen jedoch – Ermessenssache.

Öffnungszeiten: Montag-Sonntag 12:00-22:00 Uhr
Werftstraße 19
30163 Hannover
www.restaurant-heimathafen.de

IH,
Fotos Gero Drnek

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Kulturhafen e.V.

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Kulturhafen e.V.


Ehrenamtliches Engagement – Kulturhafen e.V.

Seit Monaten arbeiten die Mitglieder des Kulturhafens auf diesen Tag hin. Es wurde geschraubt, gesägt, gebohrt, geplant, geschwitzt. Die Anspannung ist genauso groß wie die Vorfreude. Der Winterschlaf ist vorbei, die Tore des Kulturhafens öffnen sich wieder…

Es ist verrückt, was wir hier geschaffen haben“, sagt Janis, Teil des Vorstandes im Kulturhafen e.V.
Er sitzt auf einer selbst gezimmerten Bank in der Sonne und schaut dem Treiben auf dem Kulturhafen-Gelände zu.
Zwischen dem Lindener Hafen, Bürogebäuden und einem Wohngebiet liegt das ca. 1.000 Quadratmeter große Open-Air-Gelände, wo später die Künstler*innen Goda Goda, Yowlandi, Crush Hour und Tennisteam musikalisch die neue Saison einläuten werden. „
Henri und ich hatten die Idee mit 16, 17 Jahren.

Wir waren immer Fans davon, unter freiem Himmel Party zu machen, auch tagsüber Programm zu haben und unterwegs zu sein. Wir haben uns gefragt, warum es das in Hannover nicht gibt“, erzählt Janis. „Daraus ist die Idee entstanden, einen Ort für kulturelle Vielfalt zu schaffen. Wichtig war uns dabei immer, ein niederschwelliger Zugang zu Kultur für alle zu sein“, fährt er fort. „Im April 2019 haben wir angefangen, hier rumzubauen. Wir haben uns ein bisschen Werkzeug aus dem Schuppen von Henris Oma geholt und angefangen zu schrauben. Dann kamen immer mehr Freund*innen dazu. Seitdem ist unfassbar viel passiert“, erinnert er sich zurück.

Musik weht über das Gelände, ab und zu werden Janis Erzählungen vom Kreischen einer Säge verschluckt. Die letzten Vorbereitungen, um bald Gäste auf das Gelände zu lassen, laufen auf Hochtouren. „Alle, die hier dabei sind, haben einfach Bock, machen das ehrenamtlich. Das ist wirklich unglaublich, was wir hier für talentierte Leute dabei haben. Sei es handwerklich, musikalisch, künstlerisch, geschäftlich – alles. Während den Veranstaltungen übernehmen die Ehrenamtlichen alle Schichten – die Abendleitung, Barschichten, Kassenschichten und die Awareness-Schichten. Ohne die läuft es hier nicht“, erklärt Janis.

Es ist der Tag der Eröffnung. In einer Stunde öffnet der Kulturhafen für die Besuchenden die Tore. Der Moment, auf den die Vereinsmitglieder seit Monaten hinarbeiten. Auf die kommende Saison stößt das Team des Kulturhafens noch einmal an. Rund 25 Menschen recken ihr Getränk in die Luft. „Leute, ihr seid klasse. Was ihr hier wieder gerissen habt, ist absolut genial. Ich freu’ mich auf die Saison. Auf euch!“, sagt Janis grinsend, prostet in die Runde und schaut dabei in freudige, gespannte und stolze Gesichter. Erst wird gejubelt, dann getrunken. Der Tag kann los gehen. Und schon um 18 Uhr, nur drei Stunden nach Veranstaltungsbeginn, ist Einlassstopp. Der Andrang ist groß, die Schlange vorm Einlass lang. Auf dem Gelände tummeln sich die Menschen, tanzen, stehen an der Bar und bestellen Getränke, sitzen in der Sonne und unterhalten sich. Als letzten Act des Openings spielt Tennisteam – das sind Janis und Henri. Die zwei Freunde, die die Idee für den Kulturhafen hatten, beenden den heutigen Abend. Die Tanzfläche ist inzwischen proppenvoll, auch auf der Bühne, rund um das DJ-Pult drängen sich tanzende Menschen. Die Stimmung ist ausgelassen, die Gäste bewegen sich im Takt der Musik, springen, grölen. Der Abend neigt sich dem Ende zu. Janis und Henri spielen einen der letzten Songs an, ein Edit von Whitney Houstons Klassiker „I Wanna Dance With Somebody“. I wanna feel with the heat with somebody ertönt es aus den Boxen, viele singen mit, liegen sich in den Armen. With somebody who loves me, erklingt es ein letztes Mal. Henri und Janis strahlen, vor ihnen stehen fast 600 Menschen, die jubeln, eine Zugabe verlangen.
Schnell huscht jemand in den Technikcontainer, kommt wieder und drückt Janis ein Megaphon in die Hand.
Er verschafft sich mit der eingebauten Sirene kurz Aufmerksamkeit, grinst über beide Ohren und ruft über das Jubeln und die Zugaberufe der Menge hinweg: „Ihr wisst das doch, bei uns ist immer nur bis 22 Uhr“. Die Menge lacht. „Das war die erste Veranstaltung, die Saison geht gerade los. Lasst uns weiter so schön Party machen. Vielen Dank, dass ihr da wart! Danke an das ganze Team, die das überhaupt erst möglich machen. Danke an alle, das ist wirklich einfach wunderschön. Wunderschönen Abend euch, bis zum nächsten Mal! Ab jetzt jeden Donnerstag und Samstag!“, ruft Janis, doch der letzte Teil geht schon im Jubeln der Menge unter.

Jule Merx

Fotos: Felix Albertin

Kulturhafen e.V.

Eichenbrink 5, 30453 Hannover

Öffnungszeiten Do 18-22 Uhr, Sa 15-22 Uhr

Instagram @kulturhafen.hannover

www.kulturhafen-hannover.de

Eintritt variiert

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Der besondere Laden: Pâtisserie Elysée

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Der besondere Laden: Pâtisserie Elysée


An der Auslage der Pâtisserie Elysée am Vahrenheider Markt kann man sich kaum satt sehen – und kaum satt essen. Fein säuberlich verzierte Tartes und Törtchen, Macarons, Praliné, Eclairs und Croissants buhlen hier um die Aufmerksamkeit der Kundschaft. Das Verlangen, alle essbaren Kunstwerke einmal zu probieren, ist groß …

365 Tage im Jahr, 24 Stunden, rund um die Uhr – in der Backstube der Pâtisserie Elysée ist immer etwas los. Es ist der Ort, an dem täglich die französischen Feinbackwaren mit viel Leidenschaft und handwerklichem Geschick entstehen. Serge Maranzana ist der Maître Pâtissier, der Konditormeister, und verantwortlich für die kleinen zuckrigen Wunder. „Unser Maître Pâtissier ist das Besondere. Er hat sein Handwerk in Paris im berühmten Café Lenôtre gelernt. Dieses französische Handwerk tragen wir in unsere Pâtisserie“, erzählt Christina Hochheuser, die Geschäftspartnerin von Maranzana.

Hochheuser und Maranzana lernten sich vor mehr als zwei Jahrzehnten über ihre damalige Arbeit kennen. „Schon damals haben mich französische Backwaren sehr fasziniert. Die sehen ganz anderes aus als etwa die deutschen Erzeugnisse und auch das Handwerk ist ein ganz anderes“, meint Hochheuser.
Die geteilte Leidenschaft wurde zur Geschäftsidee. Im April 2003 eröffneten sie das Café am Vahrenheider Markt. „Das war schon recht abenteuerlich, weil wir bei null angefangen haben. Wir mussten alles von der Pike an aufbauen“, erinnert sich Hochheuser.
Doch das Geschäft läuft gut, heute haben sich die Beiden einen Namen in Hannover gemacht. „Die Torte, nach der wir uns benannt haben, ist die Elysée-Torte, eine Mousse au chocolat mit einer leichten Himbeernote und dunklem Biskuit. Außerdem ist der Élysée-Vertrag der Vertrag der deutsch-französischen Freundschaft – das prägt unser Unternehmen natürlich ebenfalls sehr“, erklärt Hochheuser. „Wir sind stolz darauf, dass wir schon so lange zusammen arbeiten, dass wir uns verstehen, dass alles klappt. Und das vor allem, weil wir uns respektieren“, betont sie.

Die Freude und Leidenschaft für französische Feinbackwaren trägt der Laden auch nach außen: „In den letzten zwanzig Jahren gab es natürlich sehr viele schöne Momente, aber das Schönste ist die Wertschätzung unserer Kundschaft, wenn jemand begeistert ist, von dem, was wir hier machen.“ Seit 20 Jahren ist die Pâtisserie Elysée am Vahrenheider Markt die Anlaufstelle für qualitativ hochwertige, französische Feinbackwaren – weitere Filialen sind im Laufe der Zeit hinzugekommen. Und auch Großkunden wie etwa Hotels werden mit französischen Leckereien versorgt.

Für die Zukunft haben sie noch einiges vor. „Wichtig ist, dass man immer offen bleibt für neue Ideen und Ansätze. Wir wollen uns weiterentwickeln, vielleicht deutschlandweit unsere Produkte vertreiben. Was bei uns so schön ist: Wir sind klein genug, um Dinge schnell umzusetzen und schnell zu reagieren, wenn besondere Anfragen kommen. Wir verstricken uns nicht in Verwaltungsakten, sondern können sehr schnell etwas Schönes zaubern – das macht einfach Spaß.“

Jule Merx

Pâtisserie Elysée

Vahrenheider Markt 1, 30179 Hannover

Öffnungszeit Mo – Mi & Fr 8-18 Uhr. Do & So 8.30-17 Uhr, Sa 8-17 Uhr

E-Mail mail@patisserie-elysee.de

www.patisserie-elysee.de

Weitere Filialen gibt es auf dem Engelbosteler Damm 26, in der Joachimstraße 6 und in der Großer Hillen 12.

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Randgruppenbeleidigung im Juni

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Randgruppenbeleidigung im Juni


Royalisten

Ist schon klar, so ein König ist super! Folklore ist super! Das schweißt ja auch zusammen, das verbindet, da fühlt man sich als großes Volk. Und das scheint ja irgendwie wichtig zu sein, so ein Volksgefühl. Also hat man die Königin viele Jahre geliebt, und verehrt nun den König – gemeinsam mit den vielen anderen Irren, die für das ganze Theater Millionen ausgeben. Würde das Geld nicht an anderer Stelle ziemlich dringend gebraucht werden, man könnte fast drüber lachen.

Okay, wir wollen ehrlich sein, wir lachen trotzdem drüber. Eine Nation züchtet sich Gossip. Ein bisschen wie die Truman Show, nur in echt. Da gibt es dann eine Familie, deren Mitglieder aufgrund ihrer Abstammung privilegiert sind, die mit dem berühmten goldenen Löffel im Mund geboren werden, denen von Kindesbeinen an kübelweise Puderzucker in den Allerwertesten geblasen wird. Und klar, wenn sie nicht absolut resilient sind, dann degenerieren sie im Laufe der Zeit und werden zu rotwangigen, ungeduldigen Riesenbabys, die bei defekten Füllfederhaltern nervös werden und die auf krude Dinge stehen, worüber man eigentlich gar nichts wissen will, aber trotzdem alles erfährt.

Zwischendurch darf dann mal eine Weltliche in den Zirkus einheiraten, um für ein bisschen frisches Blut zu sorgen. Zur Freude der versammelten Royalisten, der Spanner mit Fähnchen, denn so eine Weltliche ist ja nicht von Kindesbeinen an auf den Job vorbereitet und darum vielleicht ein bisschen dünnhäutig, und eventuell steht sie auch gar nicht auf krude Dinge – und dann fällt die königliche Sippschaft über die Weltliche her. Daran kann man sich als Royalist natürlich wunderbar ergötzen. Es sei denn, jemand stirbt. Dann ist man mal kurz traurig. Aber wenn Prinz Harry dann auf einer Kostümparty als Nazi unterwegs ist, dann muss der gemeine Royalist doch wieder schmunzeln. Humor hat der Junge ja. Trotz der großen Tragödie.

Aber inzwischen ist ja längst wieder alles gut, die Königin ist tot, lang lebe der König mit Queen Camilla an seiner Seite – und wie man so hört, sollen die beiden ja immer noch …. Nein, niemand will das wissen. Bitte, macht keine Fotos. Hört keine Telefongespräche mehr ab. Also, alles ist wieder gut, ein Söhnchen hat sich verabschiedet und mit ein bisschen Dreck geworfen, aber ansonsten läuft die Monarchie-Maschine, die Firma funktioniert, die Medien berichten gerne positiv – und ausschließlich positiv, Kritiker werden wegen Landesfriedensbruchs von der Polizei festgenommen, wer in Großbritannien gegen die Monarchie protestiert, lebt nicht ungefährlich. Man sollte sich vor allem in Acht nehmen vor dem Royalisten-Lynchmob. Alles in schönster Ordnung im Königreich. NICHT!

Royalisten sind wirklich eine Pest. Sag was gegen die Monarchie, und sie versuchen dich mit ihrer Teetasse zu erschlagen. Wobei sie natürlich trotzdem höflich bleiben. Und warum das alles? Um das eigene belanglose Leben verdrängen zu können. Wer einem König zujubelt, fühlt ja beinahe schon selbst wie ein König, oder wahlweise wie eine Königin. Das kann man dann auch gerne jedes Jahr mit 100 Millionen Pfund subventionieren, auf dass die zweitklassige Seifenoper niemals enden möge. Man könnte fast drüber lachen …

VA

Foto: PixelAnarchy / Pixabay.com

 

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Ein offener Brief an die letzte Generation

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Ein offener Brief an die letzte Generation


Liebe Letzte Generation,
ihr müsst jetzt ganz stark sein:
Es bringt nichts.
Euer Protest ist aussichtslos.
Ihr scheitert aktuell, ihr werdet künftig scheitern.
Man wird euch sogar noch mehr ächten, man wird euch immer wieder an den Pranger stellen, euch beschimpfen, euch anfeinden, euch hassen.
Und ja, wahrscheinlich wird man euch demnächst sogar umbringen. Irgendein SUV wird über euch hinwegrollen, am Steuer ein aufgeregter Mensch, der wegen euch zu spät zur Arbeit kommt und dem es einfach mal reicht – weil ihr ihn ja terrorisiert. So wird es kommen, ganz sicher. Was natürlich traurig ist. Denn eigentlich müssten alle Menschen euch verdammt dankbar sein, für euren unermüdlichen und hartnäckigen Einsatz. Sind sie aber nicht. Sie finden eure Aktionen stattdessen „völlig bekloppt“. Weil Menschen speziell sind.
Das müssen wir euch vielleicht kurz erklären.

Also, es gibt Menschen, die informieren sich, die recherchieren die Fakten, die hören ganz genau zu, wenn die versammelte Wissenschaft sich unfassbar einig ist und nachdrücklich warnt, dass wir es alle gemeinsam momentan voll vor die Wand fahren. Solche Menschen sind nach ihrer Recherche alarmiert und angesichts der Tatenlosigkeit von Politiker*innen und vielen Mitmenschen fassungslos. Sie resignieren dann entweder, oder sie fangen an, sich zu engagieren. Und manche, so wie ihr, kleben sich irgendwann auf der Straße fest. Eher so aus Verzweiflung.

Und dann gibt es die anderen, eine große Gruppe, die aus unterschiedlichsten Gründen auf alle Fakten pfeift. Ein Grund kann beispielsweise völlige Verblödung sein. Solche Menschen „informieren“ sich, falls überhaupt, in ihrer Facebook-Gruppe, via Telegram oder sie lesen die BILD. Bei solchen Menschen ist Hopfen und Malz verloren, die würden es selbst dann nicht kapieren, wenn wegen der ständigen Hitze kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt, die würden eher folgendes sagen: „Wie kann das denn sein? Es wurde doch immer gesagt, der Meeresspiegel steigt. Aber klar, alles nur Panikmache! Verdammte, verlogene Wissenschaft.“ Diese Menschen finden, dass ihr, liebe Letzte Generation, einfach nur nervt. So ähnlich wie die Grünen, diese verdammten, bevormundenden Besserwisser. Aber ihr seid noch schlimmer, weil ihr nicht nur das Grillen verbieten wollt, und überhaupt alles, was sonst noch Spaß macht, ihr seid noch schlimmer, weil ihr auf irgendwelchen Straßen rumlungert und ehrliche Leute von der Arbeit abhaltet. Wenn die mit euch tun dürften, was sie sich so wünschen und worüber sie im Internet gerne fantasieren, dann würden mindestens einzelne Körperteile von euch auf dem Asphalt zurückbleiben, nach eurer höchst gewaltsamen Entfernung.

Dann gibt es eine weitere große Gruppe, darunter viele Politiker*innen, die sind fast noch gefährlicher als die Idioten. Die kennen zwar die Fakten, aber sie pfeifen trotzdem drauf, zum Beispiel, weil sie gut daran verdienen. Oder weil ihnen die kurzfristige Karriere wichtiger ist. Oder weil sie noch immer an das Märchen vom ewigen Wachstum glauben und sich einfach nichts anderes vorstellen können. Sie sind gefährlich, weil sie zwar etwas tun könnten, aber lieber bremsen, außer natürlich auf der Autobahn. Schlimme Menschen!

Und neben ein paar anderen kleineren Randgruppen gibt es schließlich noch die mit der Todessehnsucht. Das sind Menschen, gar nicht so wenige, die sich auf die Apokalypse freuen. Das eigene Leben ist langweilig, mit so einer handfesten Apokalypse wäre endlich mal wieder richtig was los. Der Weltuntergang ist der beste Freund dieser Menschen. Ein Klimakrieg? Wunderbar!

Also, lauter sehr spezielle Menschen. Und jetzt kommt ihr, liebe Letze Generation, und versucht, mit euren Aktionen in den Köpfen dieser Menschen etwas zu bewegen. Ihr müsst zugeben, die Idee ist schon ein bisschen absurd, oder? Klar, werdet ihr sagen, man darf sich von diesen Leuten nicht abhalten lassen, von den Idioten, den Korrupten und den Lebensmüden. Sie sollten nicht die maßgebliche Instanz sein und die Richtung vorgeben. Tun sie aber. Und darum bringt das alles nichts. Dazu müsste die Kleberei erst zum Massenphänomen werden. Das wird auch passieren, in ein paar Jahren, wenn es zu spät ist. Was schade ist.

VA

Foto: Ryan McGuire / Pixabay.com

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